Christliche Symbolik/Regenbogen
Sinnbild des Friedens. Zunächst des Bundes zwischen Gott und den Menschen, denn der schöne Bogen steht im Himmel wie ein Ring, dessen andere Hälfte in die Erde geht, und bindet gleichsam beide an einander. Nach dem 1. Buche Mosis 9, 13–17. spricht der Herr nach der Sündfluth zu Noah: „Meinen Bogen hab ich gesetzt in die Wolken, der soll das Zeichen seyn des Bundes zwischen mir und der Erden. Und wenn es kommt, dass ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund, dass nicht mehr hinfort eine Sündfluth komme.“ Ein herrliches Bild. Nach der langen Sturm- und Regenzeit durchbricht die Gnadensonne wieder das Gewölk und malt den schönen Bogen auf den dunkeln Hintergrund der fliehenden Wolken.
Auf diese älteste Nachricht des 1. Buches Mosis bezieht sich der Glaube des Mittelalters an ein Verschwinden des Regenbogens vor dem Weltende. Wie vierzig Tage vor dem [265] Erscheinen des ersten Regenbogens die Sündfluth eintrat, so soll vierzig Jahre vor dem Weltende der letzte Regenbogen erscheinen und dann keiner mehr. Nach demselben Glauben bedeuten von den Hauptfarben im Regenbogen das Blau die erste Sündfluth, das Roth den künftigen Weltbrand. Gervasius Tilber. I. 24. Wenn nun gleichwohl nach der Offenbarung Johannis 4, 3. Christus beim Weltgericht auf dem Regenbogen thront, was schon bei Ezechiel 1, 28. vorgebildet ist, so kann das entweder gedeutet werden: „Ich habe den Bund gehalten, den ihr gebrochen habt,“ oder es ist ein neuer Bund für den neuen Himmel und die neue Erde gemeint. Daher auch auf altdeutschen Bildern des Weltgerichts Christus häufig auf zwei Regenbogen zugleich thront, auf dem neuen sitzend, auf den alten tretend. Schon auf den ältesten christlichen Wandbildern der römischen Katakomben thront Christus auf einem bogenförmig gewölbten Schleier des heidnischen Himmelsträgers Atlas. Aringhi I. 277. 317. Zuweilen haben die Maler den Bogen des alten Bundes dem Weltrichter nur zum Fussschemmel, und einen zweiten Bogen des neuen Bundes zum Thronsitz gegeben. Kreuser, Kirchenbau I. 504. II. 48. Auf einem Bilde zu Padua ist Christus von einem regenbogenfarbenen Kreise umgeben, in dem lauter Cherubim schweben. Kunstblatt 1838, Nr. 13.
Damit hängt auch die Symbolik der Regenbogenfarben zusammen. Das Blau bedeutet die Sündfluth, das Roth den künftigen Weltbrand, das Grün die neue Erde. Gottfried von Viterbo, am Schluss des 2ten Theils und Gilbert Tilb. a. a. O. Man hat jedoch die drei Hauptfarben auch einfach als Sinnbild der heiligen Dreieinigkeit gedeutet und, wie es scheint, auch als Sinnbild der drei Himmel. Auf alten Miniaturen, z. B. des berühmten Psalteriums der Stuttgarter Bibliothek Nr. 23, wird Gott gewöhnlich durch eine Hand bezeichnet, die aus einem oben am Himmel befindlichen dreifachen und regenbogenfarbigen Zirkel heruntergreift. Damit scheint eben so wohl die heilige Dreieinigkeit als der dreifache Himmel bezeichnet zu seyn. Auch sofern der Regenbogen [266] in der Luft stehend einen Fuss auf die Erde, den andern auf das Meer stellt, nahm man ihn als Sinnbild der Dreieinigkeit. Wegen der sieben Farben auch als Sinnbild der sieben Geister Gottes und der sieben Sakramente.
Der Regenbogen ist auch Sinnbild der Maria, weil sie die Mutter der Liebe und Versöhnung ist. Darum heisst sie in den altkirchlichen Hymnen arcus pulcher aetheri, wobei arcus (der Bogen) auf arca (die Arche) anspielt, beides Bilder der Sündfluth, die auf Marien bezogen werden. Nakateni, coeleste palmetum p. 249. Auf alten Bildern kommt Maria zuweilen vor, wie sie auf einem Regenbogen thront. Didron, icon. 269. Man erklärt das Sinnbild nicht blos als Zeichen des Friedens und der Versöhnung, sofern die grosse Fürbitterin Maria Himmel und Erde zusammenbindet, sondern auch als das Thor, durch welches sie die Seligen in den Himmel einführt, den „Himmelrinc“, wie es in einem alten Marienliede in Haupts Zeitschrift VIII. 282. heisst, Maria, die uns die Himmelpforte zu öffnen gebeten wird. Wieder anders fasst Picinelli (mundus symb. 94.) das Bild als verbum divinum, humana carne vestitum, sofern im Regenbogen die himmlische Sonne in irdischen Farben incarnirt wird, und circumdat immensum, sofern er gleichsam den ganzen Himmel umspannt. Aus Menestrerii symbol. p. 613 und 614 ist noch hinzuzufügen: ein Regenbogen in einer ganz schwarzen Wolke, der die Empfängniss der heiligen Jungfrau bedeuten soll, mit der Devise: Ex nigra, sed pura. Ein anderer Regenbogen, auf die Maria Magdalena gedeutet: Ex lachrymis meus decus.