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Christliche Symbolik/Leiden

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Leiden.

Gottes Sohn litt, um die Menschen zu erlösen. Die Martyrer litten, um ihren Glauben mit Blut zu besiegeln. Freiwillig übernommenes Leiden öffnet das Paradies, wie verbotene Lust es verschloss. Unfreiwilliges Leiden dient zur Prüfung, wie das des Hiob, und ist die letzte Strafe der Verdammten. Wie das Leiden somit auf der unfreiwilligen Seite den tiefsten Abgrund erreicht, so auf der andern die heiligste Höhe, auf der es ganz mit dem Begriffe der Liebe verschmilzt, nach dem schönen Liede:

Ob lieben leiden sey,
Ob leiden lieben sey,
Weiss ich zu sagen nicht etc.

Daher eine eigenthümliche Gabe mancher Frommen, in Leiden Lust zu finden. Am berühmtesten in dieser Beziehung war Lidwina von Schiedam in Holland. Dieselbe lebte im 15ten Jahrhundert, ein krankes, verkrüppeltes Mädchen, das beständig im Bette und angeblich 19 Jahre lang ohne Speise und Trank zubrachte, contract, bewegungslos, von Würmern zerfressen, innerlich verfault, in beständiger Fieberhitze, mit nie endendem Kopfweh, Zahnweh, schlaflos etc., schwamm dennoch in beständiger Seligkeit und erheiterte durch ihren Frohsinn die trauernde Umgebung. Denn die Mutter Gottes erbarmte sich ihrer und hielt häufigen Umgang mit ihr, führte sie in langen Visionen in die himmlischen Freuden ein, oder sandte ihr wenigstens Engel zur Unterhaltung mit Geschenken. Als eine grosse Pest ausbrechen sollte, flehte sie Gott, alle Qualen derselben auf sie allein zu häufen, und siehe, sie wurde bedeckt mit ungeheuren [23] Pestbeulen, während das Land verschont blieb. Einst sah sie im Himmel eine noch unvollendete Krone. Es war die ihrige, und sie war unvollendet, weil ihr noch einige Verdienste fehlten. Nach 28jährigem Leiden kam einmal die Madonna und legte ihr ihren süssduftenden Schleier um das müde Haupt, worauf sie nur noch sechs Stunden lebte. Als sie starb, erschien Christus selbst, als Priester angethan, um ihr die letzten Weihen zu geben, mit unzähligen Heiligen und Seligen. Sobald sie todt war, strahlte ihr sonst so kranker Leib in Fülle der Gesundheit und Schönheit. Acta SS. 14. April. Silbert, Legenden I. Gumppenberg, marian. Atlas Nr. 576. — Die selige Passidea, Nonne von Siena, quälte sich von Jugend auf, fastete, geisselte sich, wälzte sich in Dornen und Nesseln, im Winter in Schnee und Eis etc. Johanna von Carniola vertiefte sich so sehr in das Leiden der Heiligen, dass sie an jedem Tage die Marter des Heiligen, dem der Tag geweiht war, mitempfand.

Inzwischen lastet das Leiden mit zu grosser Schwere auf der Menschheit, als dass man damit spielen könnte. Daher auch die kirchliche Kunst den heiligen Gegenstand um so wahrer auffasst, je mehr sie in Christo, wenn er auf dem Oelberg kniet und am Kreuz hängt, so wie auch in der schmerzenreichen Mutter das Leiden in seiner ganzen Bitterkeit ausdrückt.