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Chemnitz am Ende des XIX Jahrhunderts in Wort und Bild/Siebente Gruppe

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Sechste Gruppe Chemnitz am Ende des XIX. Jahrhunderts in Wort und Bild
von Körner & Lauterbach; Wilhelm Zöllner
Achte Gruppe
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SIEBENTE GRUPPE.

Gesellschaftshäuser.

Naturgemäss sind auch in Chemnitz, dem Zuge der Zeit folgend, im Laufe des verflossenen Jahrhunderts überaus zahlreiche Vereinigungen entstanden, die sich alle neben den mannigfachsten Sonderaufgaben die Pflege der Geselligkeit angelegen sein lassen und von denen einige sich ihre eigenen Gesellschaftshäuser geschaffen haben. Hierzu gehört an erster Stelle


Casinogebäude.

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das Casinogebäude,

nicht nur weil es einer der ersten und ältesten Gesellschaften der Stadt gehört, sondern auch weil in dem prachtvollen Saale dieses Casinogebäudes zur Zeit auch die hervorragendsten und vornehmsten musikalischen Veranstaltungen unsrer äusserst musikliebenden Stadt vor sich zu gehen pflegen.

Die Anfänge der Casinogesellschaft gehören noch dem Ausgange des 18. Jahrhunderts an: denn 1786 erbaute sich die damals aus 35 Mitgliedern bestehende Gesellschaft in der Lohgasse ein eignes Vereinshaus. Im Jahre 1820 siedelte dann die inzwischen auf 100 Mitglieder angewachsene Gesellschaft nach dem ihr noch jetzt gehörigen Grundstück an der Theaterstrasse über, das nun in den nächsten Jahrzehnten, der stetig sich vergrössernden Mitgliederzahl entsprechend, immer weiter ausgebaut wurde. Ein grösserer Brand, der am 27. Dezember 1884 das Saalgebäude zerstörte, führte dann zu dem jetzigen schönen Neubau, den die Casinogesellschaft nach den Plänen der Architekten Georg Weidenbach und Anton Käppler durch Herrn Baumeister Döderlein-Chemnitz mit einem Kostenaufwand von ca. einer Million Mark herstellen liess. Im Frühjahr 1886 wurde dieser Bau begonnen und am 2. Dezember 1888 feierlich geweiht.



Gesellschaftshaus Eintracht.

Das Gesellschaftshaus der „Eintracht.“

Das zweitälteste Gesellschaftshaus der Stadt ist das der Gesellschaft Eintracht, das, in der Aue gelegen, seit fast einem halben Jahrhundert neben der Gesellschaft Eintracht selbst gar oft die besten Kreise der Stadt zu edler Geselligkeit in seinen Räumen zusammenführte. Im Jahre 1853 erwarben einige Mitglieder des bereits am 11. Oktober 1828 gegründeten „Sonnabend-Vereins“ den „Gasthof zur Aue“, der in der politisch bewegten Zeit der 30er und 40er Jahre der Schauplatz so mancher stürmischen Arbeiter- und Volksversammlung gewesen war, und überliessen ihn ihrem Verein [118] zur Benutzung. Im Zusammenhang damit konstituierte sich nun der genannte Sonnabend-Verein am 15. November 1853 als „Gesellschaft Eintracht.“ Nachdem diese später das Recht einer juristischen Person erlangt hatte, übernahm sie am 29. März 1882 das Vereinshaus in eignen Besitz. Die stetig wachsende Mitgliederzahl der Gesellschaft sowie der gute Ruf, den die Wirtschaft der „Eintracht“ auch in den übrigen Kreisen der Stadt bei festlichen Veranstaltungen geniesst, haben einen der Neuzeit entsprechenden Vergrösserungs- und Umbau des Gesellschaftshauses nötig gemacht, der mit Beginn des neuen Jahrhunderts zur Ausführung gelangen soll.



Kaufmännisches Vereinshaus.

Das Kaufmännische Vereinshaus.

Auch der am 31. August 1846 gegründete, für die Chemnitzer Handelsschaft so hochbedeutsame Kaufmännische Verein ist noch am Ende des Jahrhunderts zur Errichtung eines eignen Vereinshauses geschritten. Nachdem im Jahre 1896 der vormals Düll’sche Holzhof an der Ecke der Zschopauer- und Moritzstrasse erworben worden war, liess hier der Kaufmännische Verein durch Herrn Architekten und Maurermeister C. L. Mehner-Chemnitz unter der Führung des Herrn Architekten K. O. Hirsekorn-Chemnitz nach den Entwürfen des Architekten Richard Schleinitz-Dresden einen Bau errichten, der nach seiner im Jahre 1900 bevorstehenden Vollendung bei einem Gesamtkostenaufwand von fast einer Million Mark zu den vornehmsten und grossartigsten Bauwerken des neuzeitlichen Chemnitz gehören wird.


Das Handwerkervereinshaus.

Eine nicht minder grosse Bedeutung hat für Chemnitz der im Jahre 1829 gegründete Handwerkerverein erlangt. Durch seine seit nunmehr 70 Jahren bestehende, mit einer Heizerschule verbundene Handwerkerschule sowie durch seine gleichfalls seit Anfang bestehende, von 1864 aber

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Handwerkervereinshaus.

ständig unterhaltene Weibliche Fortbildungsschule lässt der Verein alljährlich einen segensreichen Strom geistiger und sittlicher Bildung in die verschiedensten Zweige unsres Chemnitzer Gewerbelebens ausgehen, durch seine Vorträge, seine stattliche Bibliothek und durch sein schönes, 1876 gegründetes Gewerbemuseum arbeitet er unausgesetzt an der Erhaltung und Förderung der gewerblichen Tüchtigkeit und Intelligenz in den ihm nahestehenden Kreisen unsrer Chemnitzer Bevölkerung.

Im Jahre 1882 erwarb der Handwerkerverein für 40 000 Mark das vormalige Landgerichtsgebäude an der Herrengasse und baute es bis 1883 mit einem Kostenaufwand von rund 42 000 Mark für seine Zwecke um.


Das Schützenhaus-Altendorf.

Eine der ältesten bürgerlichen Vereinigungen der Stadt, die Privilegierte Scheibenschützengesellschaft, die aus den vormaligen Büchsenschützen der Stadt hervorgegangen ist, deren Anfänge ins 16. Jahrhundert zurückreichen und die sich noch jetzt, wie vordem, der ehrenden Huld des Landesherrn sowie der fördernden Gunst der Stadtbehörde erfreut, hat dem Wachstum der Stadt weichen


Schützenhaus Altendorf.

[120] und ihr Schiesshaus aus der Stadt hinausverlegen müssen. Nachdem sie jahrhundertelang ihre Schiessübungen im Bruch vor dem Chemnitzer Thore, dem jetzt Haubold’schen Grundstück an der Schützenstrasse, abgehalten hatte, errichtete sie 1850 das an der andern Seite der Schützenstrasse gelegne Schützenhaus. Die Ausdehnung der Stadt aber sowie die Sicherheit für die unmittelbar an den Schiessständen vorüberführende Eisenbahn machten 1872 eine abermalige Verlegung des Schützenhauses nötig. Nachdem die Gesellschaft nun in den nächsten Jahren ihre Übungen auf den ermieteten Schiessständen des Waldschlösschens in Hilbersdorf abgehalten hatte, erwarb sie einen 12 000 Quadratmeter umfassenden Grundstückskomplex in Altendorf und erbaute hier 1876 das in unserm Bild dargestellte Schützenhaus. Alljährlich findet hier auch das uralte Pfingstschiessen statt, das vordem auf dem Stadtanger, dem jetzigen Neustädter Markte, abgehalten worden war.

Im Anfange standen der Gesellschaft zu Schiessübungen nur wenig Scheiben zur Verfügung, heute benutzt die Gesellschaft in ihren allseitig als mustergiltig anerkannten Schiessständen ausser den Ständen für Jagd- und Pistolenschiessen noch über 20 Stände für Scheibenschiessen, gewiss ein überzeugender Beweis dafür, dass die Gesellschaft in grosser Blüte steht. Wiederholt hatte die Gesellschaft die hohe Ehre, ihren Landesfürsten in ihren Räumen begrüssen zu dürfen; S. Majestät König Albert von Sachsen geruhte hierbei, seine weitbekannte Treffsicherheit auf dem Jagdscheibenstand zu verschiedenen Malen zu erproben.

Noch besonders erwähnenswert ist, dass die im Schützenhaus aufbewahrten Königsscheiben der Gesellschaft unter anderem gleichsam die Entwicklung der Stadt im Bilde zeigen und dadurch eine ganz eigenartige, aber gewiss wertvolle Chronik von Chemnitz darstellen. Zur Zeit besteht die Gesellschaft aus 175 Mitgliedern, welche den verschiedensten Berufsständen angehören.