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Chanson (Tucholsky)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Chanson
Untertitel:
aus: Mit 5 PS Seite 338-339
Herausgeber:
Auflage: 10. – 14. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Ernst Rowohlt
Drucker: Herrosé & Ziemsen
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus: Wenn der alte Motor wieder tackt
Erstdruck in: Weltbühne, 30. November 1926
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
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Bearbeitungsstand
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[338]

 Chanson

Aus dem Ungarischen     
Gesungen von Gussy Holl

Da ist ein Land – ein ganz kleines Land –
Japan heißt es mit Namen.
Zierlich die Häuser und zierlich der Strand,
 zierlich die Liliputdamen.

5
Bäume so groß wie Radieschen im Mai.

Turm der Pagode so hoch wie ein Ei –
 Hügel und Berg
 klein wie ein Zwerg.
Trippeln die zarten Gestalten im Moos,

10
fragt man sich: Was mag das sein?

 In Europa ist alles so groß, so groß –
 und in Japan ist alles so klein!

Da sitzt die Geisha. Ihr Haar glänzt wie Lack.
 Leise duftet die Rose.

15
Vor ihr steht plaudernd im strahlenden Tag

 kräftig der junge Matrose.
Und er erzählt diesem seidenen Kind
davon, wie groß seine Landsleute sind.
 Straße und Saal

20
 pyramidal.

Sieh, und die Kleine wundert sich bloß –
denkt sich: Wie mag das wohl sein?
 In Europa ist alles so groß, so groß –
 und in Japan ist alles so klein!

25
Da ist ein Wald – ein ganz kleiner Wald –

 abendlich dämmern die Stunden.
Horch! wie das Vogelgezwitscher verhallt …
 Geisha und er sind verschwunden.

[339]

Abendland – Morgenland – Mund an Mund –

30
welch ein natürlicher Völkerschaftsbund!

 Tauber, der girrt,
 Schwalbe, die flirrt.
Und eine Geisha streichelt das Moos,
in den Augen ein Flämmchen, ein Schein …

35
 In Europa ist alles so groß, so groß –

 und in Japan ist alles so klein.