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Calliste

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Textdaten
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Autor: Christian Fürchtegott Gellert
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Titel: Calliste
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Zweytes Buch. S. 145-147
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
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Bearbeitungsstand
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[145]
Calliste.


O Leser! stelle dir mit zärtlichem Gemüthe
Einmal die größte Schönheit vor,
Auf deren Stirn der Frühling lächelnd blühte,
Um deren Herz sich längst ein edelmüthig Chor

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Entzückter Jünglinge bemühte,

Die stell itzt deinem Geiste dar,
Und fühl es recht, wie schön sie war.

     Die, deren Schicksal ich erzähle,
Calliste, groß durch ihren Stand,

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Und edler noch durch ihre Seele,

Ließ, weil sie sich nicht wohl befand,
Und weil der Doktor ihr den Aderlaß befohlen,
Des Königs ersten Wundarzt holen.

     Er, dieser so berühmte Mann,

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Der schmachtend ingeheim Callistens Reiz verehrte,

Weil ihm ihr hoher Stand ein größer Glück verwehrte,
Nahm die Gelegenheit mit tausend Freuden an.
Er kam. O wär er nie gekommen!
Er nimmt den weißen Arm, und streift ihn ängstlich auf,

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Und forscht, von Lieb und Ahndung eingenommen,

Mit Zittern nach der Adern Lauf,
Und streift in trunkner Angst den Arm noch vielmal auf.

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     Callistens Freundinn sieht ihn zagen,

Und sagts ihr, (heimlich sagt sies ihr.)

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O! spricht sie: Lassen Sie den Herrn nur ruhig schlagen,

Und schlüg er zweymal fehl: so werd ich doch nichts sagen,
Ich weis, er meynt es gut mit mir.
Der Arzt sprach noch, das wollen wir nicht hoffen,
Und schlug, und rief: O unglückselger Schlag!

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Ich habe ja den Puls getroffen!

Und taumelte, bis er danieder lag.

     Sie, noch für den besorgt, (kann man was edlers denken?)
Der so gefährlich sie verletzt,
Verbot ihm oft, sich nicht um sie zu kränken,

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Und blieb zween Tage lang bey allem Schmerz gesetzt.

Doch dieß war nur geringes Leiden.
Die Aerzte sahn nunmehr die tödtliche Gefahr,
Und wurden grausam eins, den Arm ihr abzuschneiden,
Weil sonsten keine Rettung war:

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Und ohne sich darüber zu beklagen,

Reicht sie den Arm, den schönen Arm schon dar,
Und bittet nur, den ja um Rath zu fragen,
Der Schuld an diesem Unglück war.

     So ward der Schöne denn das Leben

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Für den Verlust des Arms gegeben?
[147]
So war das Leben denn für so viel Schmerz der Lohn?

Sieh nur den Doktor an, sein Schrecken sagt dirs schon!
Er sieht den Brand, und spricht mit bangem Ton:
Sie können länger nicht, als noch drey Tage leben!

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     O Gott, wie kurz ist diese Frist!

Ihr Aerzte, helft ihr doch, wenn ihr zu helfen ist!

     Auch hier blieb noch das große Herz gelassen.
So, sprach sie, sterb ich denn? Wohlan! Er ist nicht Schuld.
Er würde gern für mich erblassen.

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Gott hats verhängt; Gott ehr ich durch Geduld,

Und bin bereit, den Augenblick zu sterben;
(Der Wundarzt trat indem herein,)
Sie aber, fuhr sie fort, setz ich hiemit zum Erben
Von allen meinen Gütern ein,

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Sie möchten sonst unglücklich seyn!

Sie sprachs, und schlief großmüthig ein.