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Biesolt & Locke, Meißen, Meißner Nähmaschinenfabrik

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Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Biesolt & Locke, Meißen, Meißner Nähmaschinenfabrik
Untertitel:
aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Biesolt & Locke, Meißen
Meißner Nähmaschinenfabrik (gegründet 1869).


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Biesolt & Locke, Meißen
Meißner Nähmaschinenfabrik
(gegründet 1869).

Die Nähmaschine, die „eiserne Schneidermamsell“, ist ein Gegenstück zum photographischen Porträt: beide gehören zu den jüngsten Errungenschaften der modernen Wissenschaft, zu den jüngsten Erzeugnissen unserer Industrie, und beide haben binnen wenigen Jahrzehnten eine nahezu universale Verbreitung gefunden. Die Photographie an der Wand und die Nähmaschine am Fenster – beide findet man im kleinen, weltabgelegenen Dorfe, das so gut wie gar keine Beziehungen zur Außenwelt unterhält, droben im Gebirge, wo die Menschen noch keine Eisenbahn gesehen haben, auf der Hallig und im einsamen westfälischen Bauernhof, wo das Leben der Bewohner sich noch in denselben Grenzen bewegt, wie vor hundert Jahren. –

Es ist für den Kulturhistoriker hochinteressant, das Entstehen und Vervollkommnen solcher universeller Industrieprodukte, die in einem einzigen Siegeszuge gleich die ganze Welt erobern, zu verfolgen und einen Blick in die Werkstätten zu werfen, aus denen sie hervorgehen. Interessant besonders dann, wenn das betreffende Etablissement der Stadt, in der es domiziliert ist und damit den Meißner Landen mit seiner Branche einen neuen Industriezweig zuführt, der vorher dort noch nicht vertreten war. Dies ist hier bei der Firma Biesolt & Locke der Fall.

Unter sehr bescheidenen Verhältnissen gründeten die Herren Maximilian Reinhold Biesolt und Julius Hermann Locke 1869 in Meißen eine Nähmaschinenfabrik amerikanischen Systems, welch’ letzteres Anfang der sechziger Jahre man in Deutschland so gut wie gar nicht kannte.

Die Begründer waren vorher in fast allen größeren Industrie-Zentren Europas jahrelang praktisch thätig gewesen, und kehrten mit einem reichen Schatz an Erfahrungen in ihr Vaterland zurück.

Infolgedessen begann das Etablissement unter den günstigsten Auspizien und war eben im ersten Aufblühen begriffen, als der deutsch-französische Krieg ausbrach und schwere Zeiten für die junge Firma herbeiführte. Indes nach dem Friedensschluß nahm auch die Meißner Nähmaschinenfabrik Teil an dem allgemeinen Aufschwung, den die politische Neugestaltung für Handel und Industrie herbeiführte. Nicht lange dauerte es, und die Scharte war wieder ausgewetzt.

[Ξ] Die Entwicklung des Geschäftes nahm von da ab ihren regelmäßigen stetigen Fortgang, und heute gehört die Firma Biesolt & Locke zu jenen Vertretern der sächsischen Großindustrie, deren Export sich über die ganze Welt erstreckt. Sie versendet ihre Erzeugnisse in alle Länder Europas, nach Asien, Australien, in neuester Zeit sogar nach verschiedenen Gebieten Afrikas. Auch Amerika zählt zu ihren Absatzgebieten, soweit nicht die Vereinigten Staaten von Nordamerika in Betracht kommen. Die Einfuhr deutscher Nähmaschinen in Nordamerika ist leider solange unmöglich, als der seit den 1860er Jahren festgestellte, dem deutschen gegenüber 35-mal höhere amerikanische Eingangszoll bestehen bleibt.

Die gegenwärtige Produktion der Meißner Nähmaschinenfabrik erstreckt sich nicht nur auf Nähmaschinen für den Familienbedarf, sondern auch auf Maschinen für Handwerker und die Textil-Industrie. Die für deren Herstellung verwendeten Rohmaterialien sind ausschließlich Stahl, Gußeisen und Holz. Das Etablissement wird durch Dampfkraft in Betrieb gesetzt.

Von welcher Vorzüglichkeit die Fabrikate der Firma Biesolt & Locke sind, das beweisen die mannigfachen Auszeichnungen, die ihr auf Ausstellungen zu teil wurden. Sie besitzt außer einem Ehrendiplom und der Wettinmedaille nicht weniger wie 9 Medaillen von Ausstellungen, die sie nacheinander 1871 und 1875 in Dresden, 1873 in Wien (Weltausstellung), 1881 in Halle a/S. (Ausstellungsgebiet Königreich und Provinz Sachsen, Anhalt und Thüringische Staaten), 1883 Kr. V. d. Niederl., 1883 Goldene Medaille in Amsterdam (Weltausstellung), 1886 in Meißen, 1887 den ersten Preis Nähmaschinen-Weltausstellung London, 1892 in Krems erhielt.

Eine Anerkennung für sie bilden auch die zahlreichen Korporationen und Vertreter von städtischen und staatlichen Behörden, die ihre Werkstätten in Augenschein nahmen, unter den ersteren befinden sich der sächsische Ingenieurverein, sowie zahlreiche Handwerker- und Gewerbevereine.

Das Etablissement der Herren Biesolt & Locke hat zur Zeit, da dieses geschrieben wird, noch nicht das 25-jährige Jubiläum gefeiert, dagegen bereits ein anderes solenn begangen, das schwerwiegender und bedeutungsvoller ist als jenes: Das Jubiläum der Anfertigung der 100 000. Nähmaschine im Jahre 1885. Die Inhaber der Firma gaben ihrer Genugthuung hierüber in anerkennenswerter Weise dadurch Ausdruck, daß sie ihren Arbeitern außer den verschiedenen Fabrikfestlichkeiten ein größeres Kapital zur Begründung einer Invalidenpensionskasse zur Verfügung stellten.