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Beseitigung lästiger Haare

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: C. F.
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Titel: Beseitigung lästiger Haare
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Beseitigung lästiger Haare.

Die Natur hat den Haarschmuck gar ungleich unter die Menschen vertheilt. Der eine verdeckt seine Blöße mit der Perücke, der andere kauft Bartwuchspomaden, die bekanntlich nur den Beutel erleichtern, ein dritter reißt sich in voller Verzweiflung die Barthaare aus.

Es gab und giebt auf der Welt außerordentliche Bärte, ellenlange Bärte, sie brachten aber den Besitzern nicht immer Glück und Segen. Hans Steininger, Bürgermeister zu Braunau, kam ja anno 1572 durch seinen bis auf den Erdboden reichenden Bart ums Leben, da er ihn beim Besteigen des Pferdes in den Steigbügel verwickelte und dadurch zu Falle kam. Außergewöhnlich sind jedoch nicht bloß solche Riesenbärte, außergewöhnlich sind auch kurze Bärtchen, wenn sie ein Frauenantlitz – schmücken. Sorgsame Raritätenforscher haben eine ganze Reihe von Bildnissen bärtiger Frauen aus verschiedenen Zeiten gesammelt, und wenn man den Spezialärzten Glauben schenken darf, so soll der Frauenbart eigentlich kein so seltenes Vorkommniß sein. Nur wird er nicht stolz zur Schau getragen, sondern im stillen Kämmerlein in seinem Wachsthum unterdrückt, sobald er sich vorwitzig über die Hautoberfläche hinauswagt.

Dieselben Erfahrungen wie die Aerzte machen auch die Redakteure der Familien- und Frauenblätter, auf deren Tischen sich nicht selten zierlich geschriebene anonyme Briefchen einfinden, in denen höflich und dringend gebeten wird, im Briefkasten unter „Treue Abonnentin“ ein Mittel anzugeben, das den Haarwuchs gründlich und ein für alle Mal beseitigt.

Bis vor wenigen Jahren waren Aerzte und Redakteure in der schlimmen Lage, erklären zu müssen, daß sie nicht zu helfen vermöchten; man konnte das Haar nicht nach Belieben auf kahlen Stellen wachsen lassen und an behaarten es nicht gründlich vertilgen.

Da das Rasieren die Spuren nicht vollständig genug entfernt, hat man seit uralten Zeiten verschiedene „Depilatorien“, Enthaarungsmittel, ersonnen: aus ätzenden Stoffen bereitete Pasten, welche auf die zu enthaarenden Stellen gestrichen werden. Je nach der Zusammensetzung der Masse läßt man dieselbe 3 bis 8 Minuten auf der Haut liegen; in dieser Zeit werden die Haare völlig erweicht, so daß sie sammt der Paste mit lauem Wasser abgewaschen werden können. Die enthaarte Stelle erscheint rein und glatt, manchmal auch geröthet und empfindlich, die Grübchen der Haarbälge heben sich als braune und schwarze Punkte ab, ein „Fehler“, der leicht durch Puder verdeckt werden kann. Die Haare sind auf solche Weise tief in die Haut hinein zerstört, allein die Haarpapille bleibt erhalten, und so erneuert sich das Haar mit der Zeit, aber es wächst so langsam nach, daß die Vertilgung nur alle zwei bis vier Wochen vorgenommen zu werden braucht.

[786] Bekanntlich enthalten manche dieser Depilatorien, wie das orientalische Rusma, das giftige Schwefelarsen, von ihrem Gebrauch ist daher dringend abzurathen.

Ein anderes Mittel besteht darin, daß man die Haare vermittelst einer Haarpincette oder – klebender Pechflaster ausreißt. Doch sogar das mit Schmerzen ausgerissene Haar wächst nach einiger Zeit nach.

Erst der Neuzeit blieb es vorbehalten, ein Mittel zur dauernden Entfernung lästigen Haarwuchses zu erfinden, das bei seiner Anwendung keine Narben zurückläßt. Allerdings geschah die Erfindung zuerst nicht in der Absicht, das schöne Geschlecht schöner zu machen, sondern um den Menschen in einem ernsten Leiden zu helfen.

Die Wimperhaare pflegen mitunter in fehlerhafter Richtung zu wachsen, sie üben dann einen fortwährenden Reiz auf das Auge aus, führen zu Augenentzündungen und selbst zu Verletzungen der Hornhaut, die für das Augenlicht gefährlich werden können. Reißt man ein solches Wimperhaar aus, so wächst es von neuem und ruft wieder die alten Beschwerden hervor. Die Aerzte waren darum von jeher bemüht, die Wimperhaare, wo es anging, durch Operationen in eine richtige Lage zu bringen oder auch sie dauernd zu beseitigen durch Zerstörung der Haarpapille. Das war auf verschiedene Art möglich, allein nach den Eingriffen blieb stets eine lästige Narbe zurück. Da wandte Dr. Michel in St. Louis im Jahre 1879 die Elektrolyse zuerst und mit Erfolg zur dauernden Beseitigung fehlerhaft gewachsener Wimperhaare an. Die Methode wurde zunächst unter den Augenärzten bekannt, nach und nach aber fand man heraus, daß sie sich ebenso dazu eigne, andere Haare, die an unrechtem Ort sich hervorwagten, zu entfernen, da bei ihrer Anwendung keine Narben an den enthaarten Stellen entstehen.

Die Elektrolyse, die man in Amerika, Deutschland und Frankreich mit Erfolg benutzt, wird derart ausgeführt, daß man den konstanten elektrischen Strom vermittelst einer Nadel auf die Haarpapille einwirken läßt. Der Strom ruft in den Geweben unter Entwicklung von Wasserstoff eine chemische Zersetzung hervor, durch welche die Haarpapille zerstört und das Haar ein für allemal beseitigt wird, so daß es nicht mehr nachwachsen kann.

Die Operation selbst geschieht in folgender Weise. Vor uns steht eine galvanische Batterie, die Patientin hält das mit dem positiven Pol verbundene Drahtende in der Hand, am Drahte des negativen Pols ist eine Stahlnadel befestigt. Der Operateur tritt vor die Patientin, in der linken Hand eine Haarpincette, mit welcher er das zu beseitigende Haar erfaßt und ein wenig vorzieht. In der rechten Hand hält er die Nadel, die er dicht am Haare in die Haut einsticht, bis er die Haarpapille erreicht hat. Dann wird der elektrische Strom geschlossen, und man läßt ihn etwa 15 bis 20 Sekunden einwirken. Nachdem die Nadel herausgezogen worden ist, wird das Haar mit der Pincette herausgehoben. Ist die Haarpapille wirklich zerstört, also die Operation gelungen, so läßt sich das Haar ohne merklichen Kraftaufwand leicht entfernen. Sitzt es noch fest, so ist das ein Zeichen, daß die Haarpapille nicht erreicht wurde und die Operation noch einmal vorgenommen werden muß. Die Sache ist natürlich nicht schmerzlos und nicht eben bequem. Die Operation ist eine langwierige, denn es können in einer Sitzung nur verhältnißmäßig wenig Haare, etwa 20 bis 30, beseitigt werden. Die Hand des Operateurs ermüdet und auch sein Geist wird bei dieser Arbeit abgespannt, andererseits wollen die Patientinnen meist zunächst das Schwinden der unausbleiblichen Hautröthung abwarten, bevor sie sich weiter operieren lassen.

Die dauernde Beseitigung der Haare auf elektrolytischem Wege ist somit nicht so einfach, sie erfordert Geschick und Geduld, ist eine Miniaturarbeit in vollem Sinne des Wortes. Sie erfordert auch so viel Sachkenntniß, daß sie nur vom Spezialarzte ausgeführt werden kann. C. F.