Beschreibung des Oberamts Waiblingen/Kapitel B 16
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Die Lage des Ortes ist freundlich, in Bezug auf Reinlichkeit ist er aber nicht zu loben. Er ist an den Hügel angebaut, in welchem sich die Winnender Hochebene in westlicher Richtung gegen den Zipfelbach abdacht, und liegt an der über Hohenacker führenden Vicinalstraße nach Marbach. Die übrigen Nachbarschaftswege sind schlecht. An Quellwasser ist kein Mangel; nur dürfte es besser gefaßt seyn.
Die Zehent- und übrigen Grund-Gefälle bezieht der Staat. Das Cameralamt Waiblingen erhebt statt des großen Zehentens 124 Sch. Frucht nach Rauhem, 300 fl. für den kleinen und 5 fl. 10 kr. für den Noval-Zehenten, 93 fl. Surrogatgelder, 3 fl. 45 kr. und 8 Sch. Frucht an Lehengefällen, 5 Sch. Landacht und 44 fl. 42 kr. für Bodenwein.
Hochdorf hat 51 Haupt- und 28 Neben-Gebäude. Die Kirche ist gut erhalten, bietet aber nichts Merkwürdiges dar. Im Innern sind einige ältere Grabmäler, deren Inschriften aber nicht mehr lesbar sind. Da sie Eigenthum der Gemeinde ist, liegt die Baulast auf der Stiftungspflege. Unmittelbar neben derselben liegt frei, hoch und angenehm das Pfarrhaus, welches von der Kloster Lorch’schen Pflege Münster her der Staat zu erhalten hat. Nicht weit davon steht das vormalige Schloß, nun Rathhaus und zumal Schulhaus. Es wurde vor etwa 60 Jahren vom Staat um 2000 fl. an einige Bürger verkauft. Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche her. Die Markung umfaßt 7744/8 Morgen, ohne die Waldung, wovon dem Staat 3837/8 Morgen gehören, so daß auf 1 Familie etwa 4 Morgen treffen. Von den Gütern des Staats sind 139 Morgen in Theilen von 2 bis 4 Vierteln an die Einwohner in derselben Weise, wie jene in Hochberg verpachtet, 229 Morgen aber bilden eine, übrigens nicht geschlossene, Meierei, welche der Staat mit Gebäuden und der Schäferei auf 18 Jahre gegen 1600 fl. 150 Sch. | Dinkel und 75 Sch. Haber verpachtet hat. Dieses Grundeigenthum rührt von der Herrschaft Hochberg her. Die Einwohner leben vom Ackerbau; Weinbau hat der Ort nicht mehr, da die Weinberge schlechten Ertrag gewährten. Der Ort gehört zu den ärmsten des Bezirkes, und hat die wenigsten alten Leute (s. oben). Die Landwirthschaft wird zwar fleißig betrieben, es fehlt aber an einem erweckenden und aufmunternden Beispiele. Die besten Güter gehören dem Staat und die meisten haben eine so abhängige Lage, daß der bessere Boden und der Dung bei starkem Regen weggeflößt werden. Von der Brache wird nur 1/3 angebaut. Die Aussaat ist 6 S. und der Ertrag 5 bis 6 Sch. Der Acker wird hauptsächlich mit Ochsen gebaut. Außer Klee werden keine Futterkräuter gepflanzt. Das Erzeugniß an Kleesaamen ist bedeutend. Die Wiesen sind ergiebig. Die Obstzucht ist im Zunehmen; die Äpfel herrschen vor. Ein Morgen Acker kostet 100 bis 200 fl., Wiesen 60 bis 100 fl. Die Schafzucht verdient hier Anerkennung. Das Rindvieh ist vom Landschlag. Auf der Markung sind zwei Steinbrüche, die gewöhnliche Bausteine liefern. Von Gewerben sind nur die beiden Getreidemühlen am Zipfelbache, worunter die Schnellenmühle, und 11 Weber zu erwähnen.Die Pfarrei bestand schon vor der Reformation. Die früheren und jetzigen Patronatsverhältnisse sind wie jene zu Hochberg. Filialien hatte die Pfarrei nie. Die kathol. Einwohner sind nach Öffingen eingepfarrt. An der Schule steht ein Schulmeister. Winters besteht eine Industrieschule. Das Capitalvermögen der Gemeindepflege ist etwas größer, als das von Hochberg; dasselbe gilt von der Stiftungspflege, die 4678 fl. besitzt. Kein Gemeindewald.
Hochdorf hatte seit dem Jahr 1434, in welchem die hiesige Burg von Fritz von Hochdorf (wohl dem letzten seines Geschlechts) an die Herren von Nothaft verkauft wurde, dieselben Schicksale mit Hochberg. Wie dieses gehörte der Ort zum ritterschaftlichen Canton Kocher. – Die Familie seiner frühesten Herren tritt um 1110 in die Geschichte ein mit Remming de Hochdorf (cod. Hirsaug. 54 ed. Stuttg.); im Jahr 1279 erscheint Elphricus de Hohdorf miles als Zeuge Bertholds von Neuffen, damaligen Inhabers der Herrschaft Winnenden (Mone Anzeig. 1835, 138), im Jahr 1288 kommen vor Ortwin und Brennmül Ritter Brüder. Eberhard von Hochdorf, Bürger zu Eßlingen, hatte Zehnten in Baltmannsweiler und Thomashart 1322, 1329. Graf Heinrich von Löwenstein verkaufte 1423, Juni 10., seinen Hof zu Hochdorf Margarethen Sweblerin, Engelhard Helmunds Frau, für 200 fl. rhein. Außerdem hatten die beiden Caplaneien zu Bittenfeld hier 3 Höfe. Die hiesige Pfarrei war im siebzehnten Jahrhundert eine | Zeit lang aufgehoben und der Ort von 1637 bis 1661 und 1666 bis 1668 Filial von Hochberg, 1662 bis 1666 Filial von Bittenfeld; die Pfarrei gehörte dem Kloster Lorch.Auf der Höhe gegen Neckarrems stand das zur Herrschaft Hochberg gehörig gewesene Hochgericht, wo 1766 eine Kindsmörderin hingerichtet ward.
Am 7. Mai 1519 befand sich das schwäbische Bundesheer in Hochdorf.
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