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Beschreibung des Oberamts Waiblingen/Kapitel A 3

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« Kapitel A 2 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel A 4 »
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III. Einwohner.


1. Bevölkerung.
A. Stand derselben.

a) Volksmenge. Nach der Volkszählung auf den 3. December 1846 hatte das Oberamt 28.481 Ortsangehörige, und zwar 14.018 männliche und 14.463 weibliche.

Frühere Zählungen hatten ergeben:

1812 (1. Nov.) 11.553 männliche, 11.940 weibliche, zus. 23.493
1822 (1. Nov.) 12.061 12.521 24.582
1832 (1. Nov.) 12.857 13.401 26.258
1842 (15. Dec.) 13.994 14.461 28.455

Von der ortsangehörigen Bevölkerung des Jahres 1846 waren abwesend 3555; dagegen Fremde anwesend 1837; die Zahl der Ortsanwesenden belief sich also damals auf 26.763. – Im Jahr 1822 betrug dieselbe 23.951.

Auf einer geographischen Quadratmeile lebten, nach dem Stand vom 3. December 1846 10.967 Ortsangehörige resp. 10.305 Ortsanwesende. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist hienach | eine der stärksten des Landes; sie übersteigt dessen Mittel um beziehungsweise 122 und 111 Procent, und in der Reihenfolge der Oberämter nach der Dichtigkeit ihrer Bevölkerung nimmt Waiblingen die dritte Stelle ein.

Nach der Morgenzahl treffen auf einen Angehörigen 1,59 Morgen Flächenraum.

b) Geschlechtsverhältniß. Der Überschuß der weiblichen über die männliche Bevölkerung belief sich im Jahr 1846 auf 445, oder es kamen auf 1000 männliche 1032 weibliche Angehörige.

Jener Überschuß betrug

im Jahr 1812   387
1822 460
1832 544
1842 467

c) Altersstufen. Von der angehörigen Bevölkerung des Jahres 1846 standen in einem Alter

  Es kamen auf
männl. weibl. 10.000
männl.
10.000
weibl.
unter 6 Jahren 2240 2228 1598 1541
von 06–14 Jahren  2427 2581 1731 1785
von 14–20 Jahren 1514 1599 1080 1105
von 20–25 Jahren 1266 1236 903 855
von 25–40 Jahren 2902 3165 2070 2188
von 40–60 Jahren 2608 2677 1861 1851
von 60–70 Jahren 693 701 494 485
von 70–80 Jahren 318 238 227 164
von 80–90 Jahren 49 37 35 25
von 90–100 Jahren 1 1 1 1
im Ganzen 14.018 14.463 10.000 10.000

28.481

Von der Bevölkerung des Jahres 1822 (1. Nov.) kamen auf

10.000 männl. 10.000 weibl.
Einwohner
unter 14 Jahren 3028 3084
von 14–18 0 858 6916
von 18–25 0 1314
von 25–40 0 2091
von 40–60 0 1868
über 60 Jahr 841
10.000 10.000


d) Familienstand. Am 3. December 1846 befanden sich unter den Angehörigen:

|
Verehelichte 9031 oder 4516 Ehen.
Wittwer 516
Wittwen 844
Geschiedene 39
Unverehelichte   18.051
28.481

Die Familienzahl war zu gleicher Zeit 5894. Es kamen hienach auf eine Ehe 6,3, auf eine Familie 4,8 Angehörige und beide Ziffern stehen über dem Durchschnitt des Landes (6,27 und 4,57). Die Familienzahl war

1837 (15. Dec.)   5390
1840 (15. Dec.) 5627
1843 (15. Dec.) 5576

e) Kirchliches Verhältniß.

im Jahr
     Christen:
1822
1846
evangelisch-lutherische 24.349 28.141
evangelisch-reformirte 1
römisch-katholische 22 60
von andern christlichen Bekenntnissen 15
Juden 195 280
zusammen
24.582 28.481

f) Gewerbs- und Nahrungs-Verhältnisse. Die neueren Bevölkerungslisten enthalten hierüber keine Angaben. Im Jahr 1822 zählte man im Oberamt

     Bedienstete:
in Königl. Militärdiensten 307
in Königl. Civildiensten 105
in gutsherrschaftlichen Diensten 2
in Commundiensten 473
Gewerbsleute, Professionisten etc. 1533
Ohne Gewerbe, von eigenem Vermögen lebende 166
Bauern und Weingärtner 2407
Taglöhner 320
in Almosen stehend 171
5484
B. Gang der Bevölkerung.

Nach zehnjährigen Durchschnitten von 1812/22 und von 1836/46 kommen auf 1 Jahr

| a) Geburten:
1812/22 1836/46
männliche
417,1 581,2
weibliche
405,1 555,0
zusammen 822,2 1136,2
darunter uneheliche
81,8 104,4

Todt kamen zur Welt von 1812/22 im Durchschnitt jährlich

männliche
26,8 0000
weibliche
17,3
zusammen 44,1

b) Sterbfälle. Es sind jährlich gestorben:

1812/22 1836/46
männliche
350,8 414,8
weibliche
331,3 401,3
zusammen 682,1 816,1

c) Wanderungen. Eingewandert sind jährlich:

1812/22 1836/46
männl. weibl. männl. weibl.
aus fremden Staaten
1,5 1,6 1,9 2,7
aus andern Orten des Inlands
51,2 84,5 138,0 194,0
52,7 86,1 139,9 196,7
Ausgewandert: 0
nach fremden Staaten
31,6 33,0 27,4 23,9
nach andern Orten des Inlands
68,5 99,6 160,2 223,1
100,1 132,6 187,6 247,0
also mehr fortgezogen
47,4 46,5 47,7 50,3

(Auf die Auswanderungen werden wir hiernach zurückkommen.)

d) Veränderungen im Stand der Ehen. Von 1812/22 wurden neue Ehen geschlossen:

im Durchschnitt jährlich 161,6
und aufgelöst, durch Tod 141,3
Scheidung 2,8
144,1 [1]

e) Wachsthum der Bevölkerung und Verhältnisse derselben. Die Bevölkerung des Bezirks hatte zugenommen:

von 1812/22 um:

508 männliche, 581 weibliche (0,463 Procent jährl.)

von 1836/46 um:

867 männliche, 831 weibliche (0,634 Procent jährl.)

| Der Überschuß der Geburten über die Gestorbenen (der natürliche Zuwachs), betrug im ersten Zeitraum 2219, im zweiten 3201. Das Verhältniß der Gebornen zu den Lebenden war von 1812/22 wie 1:26,5, oder auf 10.000 Einwohner kamen 377 Geburten; von 1836/46 wie 1:24,6 oder auf 10.000 Einwohner kommen 407 Geburten.

Unter 100 Geburten befanden sich von 1812/22 9,1, von 1836/46 9,2 uneheliche, und es verhalten sich die unehelichen zu den ehelichen[ER 1] wie 1:10,1 und wie 1:9,9.

Mit Unterscheidung der Geschlechter kommen auf 1000 weibliche Geborne von 1812/22 1035,5, und von 1836/46 1047,2 männliche Geborne. Das Verhältniß der Todtgebornen zu sämmtlichen Gebornen war von 1812/22 wie 1:20,5, im ganzen Lande wie 1:25,9.

Gestorbene kamen auf 10.000 Lebende, von 1812/22 284,6 (1:35,1 Einw.), von 1836/46 290,3 (1:34,4 Einw.).

Nach den Altersstufen waren durchschnittlich von 1812/22 unter

10.000 Gestorbenen
männlichen weiblichen
Geschlechts
Todtgeborne 764 522
unter 1 Jahr alt 3626 2988
vom 01–07. Jahr 1474 1627
vom 07–14. 0 288 398
vom 14–25. 0 348 281
vom 25–45. 0 795 927
vom 45–60. 0 815 1072
vom 60. und darüber 1890 2185
10.000 10.000 [2]

Hienach wurden also in dem genannten Zeitraum von 100 lebendig Gebornen beiderlei Geschlechts 33,1 oder nahe 1/3 vom Tode weggerafft, ehe sie das erste Lebensjahr erreichten, und doch ist dieses Verhältniß noch günstiger als das vom ganzen Lande, (36,7 Procent) wonach mehr als 3/8 der lebendig Geborenen eine Beute des Todes werden, ehe sie das erste Lebensjahr erreichen.

Mit Unterscheidung der Geschlechter kommen auf 1000 weibliche Gestorbene von 1812/22 1059, von 1836/46 1034 männliche Gestorbene.

Auf 1000 Todesfälle kommen von 1812/22 1325, von 1836/46 1392 Geburten, und nach den Geschlechtern auf 1000 Gestorbene | männlichen Geschlechts von 1812/22 1311, von 1836/46 1401 Geborne desselben Geschlechts, und auf 1000 Gestorbene weiblichen Geschlechts von 1812/22 1340, von 1836/46 1383 Geborne gleichen Geschlechts.

Unter 1000 Menschen des natürlichen Zuwachses befanden sich von 1812/22 männliche: 492, weibliche: 508; von 1836/46 männliche: 520, weibliche: 480.

Unter 1000 Personen der Abnahme durch Auswanderungen waren von 1812/22 505 männliche, 495 weibliche; von 1836/46 487 männliche und 513 weibliche.

Unter 1000 Köpfen des gesammten Zuwachses befanden sich von 1812/22 482 männliche, 518 weibliche; von 1836/46 534 männliche, 466 weibliche.[3]

Trauungen sind von 1812/22 im Durchschnitt jährlich 161,6 vorgekommen, wonach 1 Trauung auf 148,3 Menschen fällt.

Unter den einzelnen Gemeinden des Bezirks haben sich folgende durch bemerkenswerthe Verhältnisse, nach dem 10jährigen Durchschnitt von 1836/46, ausgezeichnet:

Durch geringere Sterblichkeit: Bretzenacker, auf 1000 Angehörige 18,4 Todesfälle; Klein-Heppach 23,3; Breuningsweiler und Groß-Heppach 23,5; Buoch 23,9; Höfen 25,3; Hahnweiler 25,9.

Durch größere Sterblichkeit: Hohenacker, auf 1000 Angehörige 36,9 Gestorbene; Nellmersbach 35,6; Steinach 35,2; Reichenbach und Leutenbach 34,1; Oppelsbom 32,5; Winnenden 32,4.

Die meisten alten Leute (mehr als 70 Jahre zählende) befanden sich den 3. December 1846 zu Strümpfelbach, auf 1000 Menschen 39,1, zu Höfen 34,9; zu Klein-Heppach 33,3; zu Reichenbach 27,8; zu Endersbach und Nellmersbach 26,2.

Die wenigsten Leute dieses Alters hatten: Hochdorf, unter 1000 Angehörigen nur 2,4; Hegnach 8,7; Bretzenacker 10,9; Hochberg 13,5; Ödernhardt 13,6; Neckarrems 15,9.

Die Geburten waren am Zahlreichsten in den Gemeinden Bittenfeld und Hohenacker, auf 1000 Einwohner 49,1; Korb 47,3; Hegnach und Steinach 45,2; Oppelsbom 45,0; Hahnweiler 44,8.[4]

| Am Geringsten war die Zahl der Geburten in den Gemeinden Bretzenacker, auf 1000 Einwohner nur 26,5; Groß-Heppach und Strümpfelbach 32,9; Klein-Heppach 35,5; Beinstein 35,6; Endersbach 35,8; Baach 36,2.

Die geringste Zahl unehelicher Geburten zeigte sich bei Hahnweiler, unter 100 Geburten nur 2,9; Ödernhardt 5,4; Hochberg 5,5; Oppelsbom 5,6; Nellmersbach 6,0; Hertmannsweiler 6,3.

Die meisten unehelichen Geburten hatten: Klein-Heppach, unter 100 Geburten 16,2; Reichenbach 15,0; Hochdorf 13,1; Bürg 12,4; Baach 11,9; Öschelbronn 11,2.


2. Stamm und Eigenschaften der Einwohner.[5]
Der Abstammung nach gehören die Einwohner des ganzen Bezirks zu den Schwaben. Der Menschenschlag ist in den weinbauenden Ortschaften durchschnittlich etwas weniger stattlich und kräftig als in solchen, wo der Feldbau vorherrscht, weil daselbst die Leute schon von früher Jugend an in der Regel zu anstrengender Arbeit angehalten werden, wodurch sodann meist auch die Entwicklung etwas zurückgehalten wird. Hiezu liefern unter Anderem namentlich auch die beiden Städte des Bezirks vielfache Belege; und was die Arbeit nicht thut, das mag durch feuchte und enge Wohnungen, wo die Leute oft sehr gedrängt beisammen wohnen, und in Winnenden vielleicht auch durch die ungesunde Beschaffenheit der Schulen, herbeigeführt werden. Dem Einfluß der ackerbauenden Klasse ist es zunächst auch zuzuschreiben, wenn unter den Militärpflichtigen verhältnißmäßig viele schlanke junge Männer getroffen werden, und es steht in dieser Beziehung der Bezirk unter den fünf ersten des Landes. Unter 1000 Militärpflichtigen fanden sich in den 5 Jahren 1829–1833[6] | 338, welche eine Größe von 6 Fuß und darüber hatten, und die mittlere Größe derselben betrug 5′ 8″ 6,5‴; in ersterer Beziehung wurde der Bezirk nur von 3, Rottweil, Wangen und Reutlingen, in letzterer von 4, Wangen, Reutlingen, Rottweil und Münsingen übertroffen. Dagegen fällt es auf, daß auch in Beziehung auf die Zahl kleiner Individuen der Bezirk mit unter den 8 ersten des Landes steht; es fanden sich nämlich unter 1000 Conscribirten auch 190, die eine geringere Größe als 5′ 5″ hatten. In Beziehung auf Kränklichkeit oder Gebrechen fanden sich unter 1000: 510 Gebrechliche, 85 Körperschwache und Kränkliche, 15 Skrophulöse, 150 mit Kröpfen, 32 mit Brüchen Behaftete, 50 mit krankhaftem Bau des Brustkorbes, 0,23 Taubstumme. Die Weingärtner des Remsthales sind meist mager und blondhaarig; die Haare der Kinder häufig gelb oder röthlich.

1

Von endemischen Krankheiten sind außer dem Kropf der Cretinismus und die Skropheln anzuführen, welcher Fehler in früheren Jahren häufiger als jetzt, namentlich aber in dem Remsthale vorkam; im Jahr 1843 fanden sich nach pfarramtlichen Berichten in 11 Orten des Bezirks mit 8365 Einwohnern 38 cretinische Personen; Dr. Rösch[7] will in Waiblingen in 9 Familien 17, in Beinstein in 13 Familien 20, in Klein-Heppach in 8 Familien 11, in Winnenden unter 20 Familien 25 cretinische, stumpfsinnige oder blödsinnige Subjekte gefunden haben, was bei diesen 4 Ortschaften mit zusammen 7903 Einwohnern zusammen 73, also nahezu ein Procent der Bevölkerung betragen würde. Auch er macht die Bemerkung, daß ein großer Theil der Schuld den armseligen, dumpfen und zum Theil feuchten Wohnungen und der Unreinlichkeit in Straßen und Häusern zuzuschreiben sey, und da dieß in neuerer Zeit besser geworden, auch unter der Jugend nur noch selten dergleichen Unglückliche getroffen werden; wie denn auch im | Remsthal durch einige Correktionen des Flußbettes bei Beinstein die Überschwemmungen weniger verheerend geworden sind, auch in den meisten Orten durch verbesserte Wasserleitungen besseres Trinkwasser als früher hergestellt wird. Die Skropheln sind besonders in den 2 Städten häufig und wohl auch zum Theil Folge der ärmlichen Wohnungen und Lebensweise.

Von Epidemien ist außer den gewöhnlichen Kinderkrankheiten, Masern, Scharlach und Keuchhusten hauptsächlich das nervöse Schleimfieber anzuführen, welches im Verlauf der letzten 20 Jahre an manchen Orten schon die Runde gemacht hat, ohne jedoch sich zur eigentlichen Epidemie zu steigern. Von andern Krankheiten herrschen in den höher gelegenen Ortschaften hauptsächlich entzündliche und rheumatische, in den tieferen rheumatische, katarrhalische und gastrische Krankheitsformen.

In Beziehung auf moralische und intellektuelle Eigenschaften stehen die Bewohner gegen die übrigen des schwäbischen Mittellandes in keiner Weise zurück; im Allgemeinen fleißig, sparsam, genügsam, ausdauernd und empfänglich für religiöse Wahrheit, haben namentlich die Bauern und eigentlichen Weingärtner der Dörfer noch häufig die alte schwäbische Sitteneinfachheit und Gesinnungstüchtigkeit sich bewahrt, während bei den Städtebewohnern und den mit Handel sich Befassenden es auch nicht an dem Gegentheil fehlt, wobei dann freilich auch der Druck der Zeiten und die Verarmung ihre Rolle spielen. Bei Vielen ist eine entschieden religiöse, oft pietistische Richtung nicht zu verkennen, und wenn sich auch hie und da eine gewisse Selbstgefälligkeit, Scheinheiligkeit oder mitleidiges Herabsehen auf Andere damit verbindet, so muß doch anerkannt werden, daß in solchen Familien sich viele tüchtige und ehrenwerthe Persönlichkeiten finden, daß unter ihnen Familienglück, reger Sinn und aufopfernde Thätigkeit für das allgemeine Beste und höhere Interessen überhaupt, Gewerbsfleiß und Wohlhabenheit heimischer sind als unter | dem übrigen Volke. In manchen Orten will man übrigens bemerken, daß der Gemüthszustand etwas gedrückt und der Charakter mehr niederhaltend als offen sey. Eigenthümliches s. bei Breuningsweiler, Hahnweiler, Hegnach, Hochberg und Neckarrems.

Die Nahrung der Landleute ist den bescheidenen Vermögensverhältnissen angemessen. Die Ärmeren genießen Sommers am Morgen gewöhnlich keine Suppe, sondern essen, wie auch Nachts, abgenommene Milch mit Brod oder Erdbirnen, Winters Erdbirnen mit Milch. Nur Sonntags, und auch da nicht immer, kommt Fleisch auf den Tisch. Auch das Obst, frisch und getrocknet, bildet eine Hauptnahrung. In reicheren Häusern Morgens und Abends Suppe; Mittags kein Fleisch in der Woche, sondern Mehlspeisen, zum Theil mit Salat; Winters Erdbirnen, Linsen, Erbsen, Zwetschgen mit Knöpflen und zweimal wöchentlich Kraut, wozu Sonntags Schweinfleisch. Sommers ist die Sonntagsspeise Nudeln mit Fleisch, oder Reis. In der Ernte ein- oder einigemale gebackene Weckenschnitten. Das Getränke besteht in Obstmost, der namentlich in den „Berglen“ nicht fehlen darf, indeß in und um Winnenden der Weingärtner den Druck seines Weinerzeugnisses selbst einkellert und genießt. Kaffee, auch nur an Sonntagen, wird bloß in sehr wenigen Häusern getrunken, wohl aber häufig bei Krankheiten und Taufen.

Die Kleidung verliert mehr und mehr ihre Eigenthümlichkeiten. Nach Memorabilien des Herrn Rektors Wolff, vormals Pfarrers in Beinstein, „saß noch bis 1820 der Gemeinderath mit Mantel und Schmerkappe auf dem Rathhaus und lüpfte die letztere, wenn ein Befehl vom Landesherrn verlesen wurde. Bis vor 30–35 Jahren waren diese Mäntel bei Confirmanden und Abendmahlsgästen gebräuchlich, und jeder Vater, der eine Taufe anzuzeigen hatte, erschien in solchem bei dem Pfarrer. Sie waren theuer und erforderten 7–8 Ellen Zeug. Bis ebendahin trug man am Werktag Zwilchkittel und Sonntags | nach der Kirche Flachskittel, dazu meist weißlederne Hosen, baumwollene weiße Strümpfe und Schuhe mit Schnallen. Zur Kirche trugen Alle blautuchene Röcke mit einem kurzen stehenden Kragen und einigen Knöpfen am Ärmelschlitz, sowie theure Brusttücher von rothem Scharlach mit Rollenknöpfen. Im Winter ein zwilchenes gefüttertes Wamms und einen Kittel darüber, dazu zwilchene Gamaschen.“ Wie in Beinstein, so bestand die Mannstracht im Allgemeinen in Lederhosen, Schnallenschuhen, weißen Strümpfen, blauen tuchenen Röcken und Jacken, rother Scharlachweste, nicht selten mit silbernen Knöpfen, Dreispitzhut (runder Hut bei dem Handwerker) oder gebrämter Kappe. Nur hinsichtlich der Beinkleider und Fußbekleidung kamen Abweichungen vor. Gelbe Lederhosen mit Schuhen trug hauptsächlich der reine Weingärtner, indeß diejenigen Weingärtner, welche zugleich Ackerbau trieben, in schwarze Lederhosen und Stiefel gekleidet waren. Nun aber treten die Lederhosen, Schuhe und Dreispitze immermehr gegen Tuchhosen, Stiefel und Mützen zurück und die ganze, einst so kleidsame Tracht weicht der städtischen, wozu namentlich die Handwerker und früheren Soldaten Veranlassung geben. Ebenso verhält es sich, nach der zuvor erwähnten Mittheilung, mit der Weibertracht. „Statt der alten Hölzerschuhe haben jetzt Manche 2–3 Paar Tuchschuhe, auch vielerlei Hauben auf die verschiedenen Anlässe; und mehrere Barchet- und Tuch-Röcke, statt der früheren leinen-wollenen Röcke, die sie Sommers trugen. Bis vor 50 Jahren waren noch hohe Hauben, vorne mit Flor; Goller, die über den Kopf hereingezogen wurden, von verschiedenen Farben und Stoffen mit Goldbesetzung; aufgenähte Mieder, oft mit silbernen Hacken und Knöpfen, dann ein Fürstecker, bei den Reichen von Scharlach, im Gebrauch. Im Sommer trugen die Weibsleute schwarze Leinwandleibchen (Sonntags von Tuch), hinten und vornen, an beiden Seiten mit Schnäbeln. Jetzt ist die Tracht auch mehr städtisch: eine Bändelhaube, Zeugleskleid | und Barchetschürze, baumwollene Tüchlein, blaue Strümpfe, ein „Potterle“ und schwere Schuhe, das Haar in einen Zopf geflochten; am Sonntag Marlinhauben, zitzene Schürzen, seidene Tüchlein, weiße Strümpfe.“ So auch mit unbedeutenden Abweichungen in den übrigen Dörfern.

Auch die früheren Volksbelustigungen: Eierlesen an Ostern, Kegeln auf freien Plätzen ohne geregelte Bahn, Ballwerfen, Geldwerfen u. dergl. verschwinden, indeß die Belustigungen der Jugend bei Märkten, Hochzeiten, Kirchweihen u. s. w. in einzelnen Orten roher werden, auch das Wirthshaus seit 15 Jahren fleißiger als früher besucht wird. Im Allgemeinen aber sind wegen des vorherrschenden religiösen Elementes die Volksbelustigungen hier etwas Fremdes und auch die Kirchweihen und Hochzeiten anständig und gesitteter, als in manchen andern Bezirken. Die Leichen sind einfacher geworden. Doch ist es noch gewöhnlich, daß die Männer in der Trauer beim Gottesdienst in die „Klagstühle“ sitzen. Der Leichensäger bekommt ein Paar Strümpfe. Bei der Taufe begleiten die Freundinnen und Nachbarinnen das Kind zur Kirche. Einzüge bei Hochzeiten halten nur die Ärmeren. In einigen Remsthalorten ist es Sitte, daß nach der Trauung die üblichen Geschenke dem Brautpaar auf der Straße dargeboten werden und daß die Trägerinnen sodann die Brautleute in das Hochzeithaus begleiten.

Besondere Neigung zu dem schon zuvor erwähnten Auswandern, zunächst durch ungenügenden Grundbesitz veranlaßt, zeichnete den Remsthäler schon in früheren Jahrhunderten aus; eine Bemerkung, worauf wir bei Beschreibung des Oberamtes Schorndorf zurückkommen werden. Insbesondere ist die Leichtigkeit charakteristisch, womit der Bewohner der „Berglen“ seinen Wohnort ändert; die Auswanderung nimmt er leicht und spricht von Amerika etwa wie von einem benachbarten Lande, da selten eine Familie sich findet, die nicht in den Vereinigten Staaten einen | nahen Anverwandten hätte. Es ist namentlich bemerkenswerth, wie ein Steigen der Fruchtpreise immer eine Zunahme der Auswanderung aus unserem Oberamte zur Nachwirkung hat. So sind von 1841 bis 26. October 1848 im Ganzen ausgewandert 861 Personen, worunter 268 verheirathete; davon zogen nach Nordamerika 455, nach Siebenbürgen 279, nach Polen und Rußland 9, in andere Staaten 118; das Vermögen, welches sie besaßen, betrug zusammen 203.376 fl. Den Jahren nach betrachtet wanderten namentlich aus: 1841 9, 1842 17, 1843 65, 1844 28, 1845 61, 1846 331, 1847 299, 1848 51 Personen.



  1. Die neuern Listen geben weder über die Zahl der Todtgeborenen, noch über die Veränderungen im Stand der Ehen Auskunft.
  2. Die neuern Listen enthalten die Classifikation der Gestorbenen nach Altersstufen nicht mehr.
  3. Im Januar 1842 starben in Hochberg ein Mann und seine Ehefrau, welche in einem und demselben Jahre und an demselben Tage geboren waren, ebenfalls an demselben Tage, und wurden mit einander beerdigt.
  4. Als seltene Beispiele ehelicher Fruchtbarkeit verdienen ausgehoben zu werden, daß die Frau eines armen Leinewebers zu Höfen, obgleich von schwacher Körperbeschaffenheit, am 9. Juli 1791 vier Kinder gebar. Sie starben zwar nach einigen Tagen; aber am 16. Februar 1793 gebar diese Frau wieder drei Kinder, einen Knaben und zwei Mädchen, welche gesund und stark heranwuchsen und noch im Juni 1800 mit einander die Schule besuchten. Ferner gebar eine Frau in Neckarrems in 41/2 Jahren sieben vollkommene Kinder, im October 1828 Zwillinge, im Februar 1831 Drillinge und im März 1833 wieder Zwillinge. – Eine Frau in Beinstein gebar nach fünf Zwillingsgeburten (vom Ende 1828 bis Januar 1835) Drillinge, so daß sie in nicht vollen 7 Jahren von 13 vollkommen lebensfähigen Kindern entbunden ward.
  5. Zum Theil nach gütigen Mittheilungen der Herren DDr. v. Truchseß und Wunderlich.
  6. Württ. Jahrbücher 1833. S. 384.
  7. Dr. Rösch Untersuchungen über den Cretinismus in Württemberg, Erlangen 1844. 8. S. 73.

Errata

  1. S. 34, L. 8 korrigiert gemäß Beschreibung des Oberamts Schorndorf S. 199.
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