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Beschreibung des Oberamts Vaihingen/Kapitel A 7

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« Kapitel A 6 Beschreibung des Oberamts Vaihingen Kapitel B 1 »
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Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.
1. Politischer Zustand.

So vielfache Spuren ihres Aufenthaltes in diesem Bezirke die Römer, welche am Schluß des 3. Jahrhunderts aus dem nachherigen Schwaben vertrieben wurden, zurückgelassen haben, so taucht doch im Oberamt kein Ortsname aus ihrer Zeit für unsere Kenntniß auf.

In der deutschen Zeit gehörte der Bezirk zu Alemannien, und zwar zu dem Theil, welcher am Ende des 5. Jahrhunderts unter die Oberherrlichkeit der Franken gelangte und in Deutschfranken (Francia teutonica) umgenannt wurde.

Die Orte werden sämmtlich unter dem Enzgau begriffen (Stälin Wirt. Gesch. 1, 313), und als Bestandtheil dieses Gaues sind namentlich aufgeführt: Glattbach (Groß- oder Klein-) im Jahr 782, Haslach 801, Hochdorf 801, Horrheim 784. 801. 1200, Leinfelden (Leinfelder Hof) 801, Mühlhausen 892, Nußdorf um 1100, Rieth 813, Riexingen 793, Sersheim 792 (Cod. Laur. Nr. 2387. 2348. 2349. 2388. 2365. Cod. Hirsaug. 34b, Cod. Laur. Nr. 2397. 2373. 2394. Horrheim 1200 im Wirt. Urkundenbuch 2, 334).

Aus den Schenkungen an die Klöster Lorsch an der Bergstraße, Fulda, Weissenburg im Elsaß und Hirschau hat sich die früheste Kunde über Ortschaften des Bezirks erhalten. Nach ihrem frühesten geschichtlichen Erscheinen geordnet, treten sie folgendermaßen ans Licht: Horrheim 771, Glattbach 782, Sersheim 792, | Riexingen 793, Haslach, Hochdorf, Leinfelden 801, Rieth 812, Mühlhausen 892, Vaihingen Jh. 9, Weissach Jh. 9, Sachsenheim um 1090, Aurich, Eberdingen und Nußdorf um 1100, Iptingen um 1120, Pulverdinger Hof um 1140, Roßwaag 1148, Enzweihingen 1152, Eselsberg 1194.

Von den Grafen des Enzgaues ist aus sehr früher Zeit nur der Name eines einzigen Walaho, vom J. 902 aufbewahrt worden (Cod. Laur. Nr. 56, Stälin Wirt. Gesch. 1, 332), aus dem J. 1100 Bruno (Wirt. Urkundenbuch 1, 318), aus dem J. 1200 Adelbert (eb. 2, 334).

Über den Bezirk dehnte sich, als im 11. Jahrhundert die Grafschaften nach Burgen bezeichnet wurden, die Grafschaft Ingersheim (Nussdorf in Entzgowe in comitatu Ingersheim, 11. Jh., Cod. Hirsaug. 69a). Diese Grafschaft stund unter einer Familie, welche sich zum Theil „von Ingersheim“, hauptsächlich aber, bei früher Verdrängung dieses Namens, „von Calw“ schrieb, und aus welcher die Grafen von Vaihingen sich abzweigten. Einzelne Orte, wie Mühlhausen, Rieth, waren in sehr früher Zeit Reichsgut.

In der lichteren Zeit der Geschichte nahm die Herrschaft der Grafen von Vaihingen, welche im 13. Jahrhundert zeitweise auch Neuenbürg besessen hatten, fast den ganzen Bezirk ein; sonst hatten diese Grafen nirgends einen lange andauernden anderweitigen Besitz von Bedeutung; indeß war doch ihr Lehnhof etwas weiter greifend (Sattler Topogr. 251).

Die ältesten bekannten Grafen von Vaihingen sind die Egino in Urkunden von 1113–1175, einer namentlich in der Mitte des 12. Jahrhunderts am Hoflager der Hohenstaufen K. Konrads III. und K. Friedrichs I. öfters erscheinend (Stälin Wirt. Gesch. 2, 373). An diese ältesten Vaihinger Grafen lassen sich übrigens die späteren, welche letztere gewiß eine Abzweigung der Calwer Grafen sind, nicht vermittelst sicherer Bindeglieder anreihen. Wenn die Nachrichten des Würzburger Geschichtschreibers Lorenz Fries († 1550, Gesch. der Bischöfe von Würzburg 1, 204, Ausg. v. 1848) sich begründen ließen, so hätte zur Familie der ältesten Grafen von Vaihingen gehört Rugger, Bischof von Würzburg 1122–25; Fries, auch sonst an dieser Stelle ungenau, fügt die schwerlich erweisbare Angabe hinzu: dieses Geschlecht habe einst das besondere Vorrecht genossen, nach dem Tode des jeweiligen Bischofs von Würzburg und bis zur Wahl seines Nachfolgers im Herzogthum zu Franken Bann und Acht auszuüben, und solches Recht bis auf die Zeiten Bischof Otto’s (von Wolfskeel, saß 1344–45) besessen.

In der jüngeren Grafenlinie machte sich Graf Gottfried, der | älteste in derselben, am Ende des 12. und im Anfang des 13. Jahrhunderts in der Umgebung K. Heinrichs VI. und K. Philipps bekannt. Ein Graf Konrad starb im Spätjahr 1234 in Italien, dem K. Friedrich II. Kriegsdienste leistend, in einem Treffen gegen die Römer den Heldentod (Böhmer Regesta imperii 1198–1254 S. 159). Spätere sind Konrad († vor 1. Dez. 1277) und Gottfried (1246. 1250); letzterem Konrad entsproßten noch fünf Generationen im Mannsstamm, welcher zwischen 1356–64 erlosch (s. die Stammtafel bei Stälin a. a. O. 3, 711). Neben den bereits angeführten Taufnamen dieser Linie kommen noch vor die Namen Heinrich und Johann. – Das Wappen dieser Grafen war ein auf vier Bergspitzen rechts schreitender rother Löwe im goldenen Felde. Ihrer Freigebigkeit verdankten die Klöster Rechentshofen, Maulbronn, Herrenalb, Hirschau, Denkendorf und Steinheim manche Besitzungen. Viel Erwerbsglück blühte nicht diesem Hause; ein Graf Konrad heirathete vor 1307 eine Erbtochter, Elisabeth, Tochter Gottfrieds von Schlüsselberg und Mechthildens, geb. Gräfin von Werthheim, auch mittelbare Erbin an den Gütern ihres mütterlichen Großvaters, Graf Rudolfs von Werthheim, und ererbte durch sie Antheil an der Burg Neideck (bei Ebermannstadt) und an der Burg und Stadt Prozelten am Main mit mehreren Nachbarorten, ohne jedoch auf diese Erbgüter hin einen dauernden Besitz für sein Haus begründen zu können. Zur Zeit desselben Grafen Konrad († um 1350), bereits durch Kaufbrief vom 23. Juni 1339, gelangte die Stammburg Vaihingen über die Grafen Ludwig und Friedrich von Oettingen, Landgrafen des Elsaßes, an den Grafen Ulrich von Württemberg, welcher die vielleicht von den Oettinger Grafen an das Vaihingische Haus noch nicht bezahlte Kaufsumme von 18.500 Pf. Heller entrichtete, und nur ein sehr geschmolzener Rest des Stammguts, hauptsächlich die Burg Eselsberg mit dem darunter gelegenen Ort Ensingen, die Vesten Hohen-Haslach und Horrheim und die Vogtei über das Kloster Rechentshofen, wo das Erbbegräbniß der Familie war, vererbte sich auf Graf Konrads gleichnamigen Sohn († um 1357) und Enkel Graf Heinrich († vor 27. März 1364). Aber noch zu Lebzeiten seines Vaters, den 26. Sept. 1356, vermachte dieser Graf Heinrich, welcher den Mannsstamm beschloß, den letzten Güterrest, was alles ihm von seinem Vater anfallen möchte, unter Bedingungen an den Grafen Eberhard von Württemberg. Ansprüche, welche Heinrichs Schwester (Gemahlin in erster Ehe Markgraf Hermanns von Baden zu Alt-Eberstein, in zweiter Graf Friedrichs von Zollern-Eselsberg) durch | solches Vermächtniß sich verletzt fühlend, erhob, wurden im Jahr 1364 mit 7500 Pf. H. abgefunden (Mon. Zoller. Nro. 344).

Im württembergischen Lehensverzeichniß von 1420 erscheint unter den Reichslehen die Grafschaft Vaihingen mit den Städten Vaihingen, Riexingen, Horrheim, Haßlach und andern Dörfern, Weilern und Zugehörungen (Steinhofer 2, 706).

Neben Württemberg, zuletzt aber gleichfalls in dieser Herrschaft aufgehend, erwarb sich das um 1140 gestiftete nahe Kloster Maulbronn, großentheils schon im ersten Jahrhundert nach seiner Gründung, aus dem Besitzthum der Grafen von Vaihingen und deren Dienstleute ebenfalls einen sehr bedeutenden Besitz im Bezirk, die westlichen Orte Weissach, Iptingen, Groß-Glattbach, Roßwaag, Mühlhausen (letzteres freilich später wieder veräußert).

Nach der Weise des Mittelalters hatte auch hier fast jeder Ort seinen Adel, welcher von den Grafen dieses Bezirks und anderen geistlichen und weltlichen Herren Lehen trug. Am bekanntesten sind die Herren von Roßwaag und die von Sachsenheim; sonst kommen vor Herren von Iptingen, Mühlhausen, Riexingen, Nußdorf. Auch waren viele Adelige aus der Nachbarschaft im Bezirke begütert. (Das Nähere s. bei den betr. Ortsbeschreibungen).

Die Haupterwerbungen Württembergs in diesem Bezirk fallen, wie so eben erwähnt, ins Jahr 1339 und in die Zeit zwischen 1356–1364. Spätere Erwerbungen sind, nach der Zeitfolge gereiht, unter anderen folgende: 1385 der größte Theil von Rieth von den Edlen Röfflin, 1389 Aurich von Adelheid von Remchingen, vermählten von Grafeneck, 1392 1/6 von Nußdorf von Hans von Remchingen, 1504 die Schirmherrlichkeit über die Klostermaulbronnischen Orte Groß-Glattbach, Iptingen, Mühlhausen, Roßwaag, Weissach, welche – mit Ausschluß des von dem Kloster Maulbronn selbst noch verkauften Mühlhausens – durch die Reformation im Jahr 1535 noch inniger mit Württemberg verbunden wurden, 1535 gleichfalls durch die Reformation das Kloster Rechentshofen und der Klosterhirschauische Besitz in Eberdingen etc., 1561–1562 die Sachsenheimischen Besitzungen, 1648–81, 1687–1714 der größere Theil von Unter-Riexingen, 1785 Mühlhausen.

Aus dem früheren Besitz der Grafen von Vaihingen bildete Württemberg das Amt Vaihingen (1714 kam Unter-Riexingen hinzu, wurde aber schon 1739 wieder an das Markgröninger Amt abgetreten. In den Jahren 1762–69 gehörte Ober-Riexingen zum Amt Markgröningen, dagegen während dieser Zeit Illingen und Roßwaag zum Amt Vaihingen.) Auf die früher Sachsenheimischen | Besitzungen hin wurde im Jahr 1562 das Amt Sachsenheim errichtet. (Die weitere Eintheilung s. oben I. 5.)

Alle Bestandtheile des jetzigen Oberamts kamen den 18. März 1806 zum Kreis Ludwigsburg. Aus den im Jahr 1805 der württembergischen Oberherrlichkeit unterworfenen ritterschaftlichen Besitzungen wurden den 28. März 1807 drei bald wieder im Oberamt aufgegangene Patrimonialämter gebildet: 1) Rieth, Nußdorf und Eberdingen, 2) Hochdorf, 3) Unter-Riexingen. Durch die Decrete vom 20. Dezember 1806 und 25. April 1807 wurde das Amt Sachsenheim, die Klosterhofmeisterei Rechentshofen mit dem Oberamt Bietigheim (nachherigem Oberamt Besigheim), das Stabsamt Mühlhausen mit dem Oberamt Vaihingen vereint und letzterem noch Unter-Riexingen vom Markgröninger Amte zugetheilt. Den 26. April 1808 kam zum Oberamt Vaihingen: Groß- und Klein-Sachsenheim, Sersheim, Untermberg, Rechentshofen und Freudenthal, von denen das letztere den 27. October 1810 an das Oberamt Besigheim abgetreten wurde, wogegen das Oberamt Vaihingen damals Weissach vom OA. Leonberg und Roßwaag vom OA. Maulbronn erhielt. Den 6. Juli 1842 durch Groß-Glattbach und Iptingen (frühere Orte des OA. Maulbronn) vergrößert, erhielt das OA. Vaihingen seinen jetzigen Bestand. Den 27. Oktober 1810 wurde solches der Landvogtei an der Enz und den 18. Nov. 1817 dem Neckarkreis zugetheilt.


2. Kirchliche Verhältnisse.

Vor der Reformation gehörte der Bezirk zum Bisthum Speier, und zwar theils zu dem Landcapitel Vaihingen, welches dem Archidiaconat des Dreifaltigkeitstifts zu Speier zugetheilt war, theils zu dem Landcapitel Pforzheim, welches unter dem Archidiaconat St. Guido zu Speier stund. Die Orte des Landcapitels Vaihingen waren: Vaihingen, Aurich, Ensingen, Enzweihingen, Hochdorf, Hohen-Haslach, Horrheim, Klein-Glattbach, Leinfelden, Nußdorf, Ober- und Unter-Riexingen, Rieth, Roßwaag, Sersheim, Sachsenheim, Weissach, und wohl auch Eberdingen, Ensingen (welche beiden Orte im Register bei Würdtwein nicht genannt sind); die Orte des Landcapitels Pforzheim: Groß-Glattbach, Iptingen, Mühlhausen (Würdtwein Subsid. 10, 342. 335).

Die Reformation wurde im größten Theil des Bezirks 1535 unter Herzog Ulrich durch Schnepf eingeführt. In der Synodalordnung Herzog Ulrichs von 1547 wurde aus den Ämtern Vaihingen, Markgröningen, Bietigheim und Asberg ein Decanat gebildet (Sattler Herz. 3 Beil. Nr. 80 S. 277).

| Im vorigen Jahrhundert gehörten zum Decanat Vaihingen: Vaihingen, Aurich, Eberdingen, Ensingen, Enzweihingen, Hohen-Haslach, Horrheim, Klein-Glattbach, Nußdorf, Ober-Riexingen, Rieth, Sersheim. Dazu kamen in diesem Jahrhundert Hochdorf, Unter-Riexingen (vom Decanat Markgröningen), Groß- und Klein-Sachsenheim (vom Decanat Bietigheim), Mühlhausen, Roßwaag und Weissach (vom Decanat Dürrmenz), Groß-Glattbach und Iptingen (vom Decanat Knittlingen, nachdem das Dürrmenzer hierhin verlegt worden war), und so umfaßt das Decanat nun das ganze Oberamt, mit Ausnahme von Untermberg, welches nach Bissingen, Decanats Ludwigsburg, eingepfarrt ist.

Früher unter der Generalsuperintendenz Maulbronn stehend, wurde das Decanat Vaihingen bei der neuen Bezirkseintheilung der evangelisch-lutherischen Generalate vom 18. Oktober 1823 dem Generalat Heilbronn zugetheilt.


3. Besondere Schicksale.
Ein Bezirk, durch dessen Hauptstadt die nächste Verbindung des Mittelpunkts von Altwürttemberg mit dem Mittelrhein führte, überhaupt der alte Straßenzug von Ulm in genannte Rheingegend ging, war natürlich von manchen, besonders kriegerischen Bewegungen heimgesucht. Im Krieg des schwäbischen Bundes gegen den Herzog Ulrich ergab sich Vaihingen den 9. April 1519 an den Bund, jedoch ohne das Schloß, in welchem sich der Hauptmann Reinhard von Sachsenheim noch eine Zeitlang behauptete. In demselben Kriege lagerte Georg von Frundsberg am 13. Juni des Jahrs bei genannter Stadt und bei Enzweihingen. Der Bauernkrieg im Jahr 1525 that dem Kloster Rechentshofen empfindlichen Schaden; es wurde geplündert und dann den 19. April noch ausgebrannt. In Vaihingen lagerte, von Horrheim hergezogen, der wilde Haufe vom 23. auf den 24. April. Im 30jährigen Krieg besetzte den 29. September 1630 der kaiserliche Generalcommissär, Oberst von Ossa, Roßwaag mit Musketieren, erlitten Stadt und Amt Vaihingen in den Jahren 1634–36 400.000 fl. an zu zahlenden Schatzungen, überhaupt bis 1648 entsetzlich durch Hunger, Pest und Raub, genannte Stadt namentlich im Frühjahr 1638 gräuliche Plünderung. Im Jahr 1676, während des zweiten niederländischen Krieges, lagerte Ende Septembers der Kurprinz von Sachsen mit seinen Truppen bei Vaihingen. Beim Einfall der Franzosen im Jahr 1688 hielten am Schluß des Jahrs und im Anfang von 1689 die deutschen Truppen Vaihingen und Enzweihingen besetzt, während der französische Brigadier Feuquiere | bei Pforzheim sich aufgestellt hatte. Zur letztgenannten Zeit legte eine Abtheilung Franzosen in Nußdorf Feuer ein, ließ sich aber durch das Trommeln eines Nußdorfers, welches sie für ein Zeichen anrückender deutscher Soldaten hielten, vertreiben. Im Sept. 1692 erlitt Vaihingen von den Franzosen viertägige Plünderung, überhaupt einen Schaden von 101.411 fl., die flüchtigen Einwohner wurden verfolgt und zum Theil bis aufs Hemd ausgezogen; mit etlich 100 Wagen führte der Feind den in und um Vaihingen gemachten Raub hinweg. Im Jahr 1693 Ende Mai verwüstete der Mordbrenner Melac mit 6000 Mann die Gegend von Vaihingen und zog den 13. (23.) Juli der Dauphin mit einem neuen französischen Heere von Enzweihingen, in welchem Tags zuvor 60 Gebäude, ohne Zweifel durch die Schuld der Franzosen, in Asche gesunken waren, nach Ober-Riexingen, wo er sich am 15. (25.) Juli mit dem Marschall de Lorge vereinigte und noch am selben Tage die Enz überschritt, so daß Eglosheim sein nächstes Hauptquartier wurde. Um dieselbe Zeit nahmen die Franzosen den Kirchhof zu Weissach, den Flüchtungsplatz der Einwohner, ein und plünderten ihn nebst der Kirche. Im spanischen Erbfolgekrieg zog eine der Colonnen Marlboroughs in der zweiten Juniwoche 1704 über Vaihingen und Enzweihingen. Im August d. J., als die verbündeten drei Feldherrn Prinz Eugen, Marlborough und Ludwig von Baden wieder westwärts dem Rhein zu marschiren ließen, hatte Vaihingen abermals Truppendurchzüge. Am 25. Mai 1707 befand sich das kaiserliche Kürassierregiment Mercy bei Enzweihingen, auf dem Rückzug begriffen, wogegen der verfolgende französische Marschall Villars am folgenden 2. Juni mit einem Theile seiner Truppen bei Vaihingen lagerte. Nicht lange nachher wurde Mühlhausen von den Franzosen ausgeplündert. Im Feldzug des Jahrs 1796 zog das österreichische Hauptheer unter dem Erzherzog Karl den 14. Juli von Pforzheim nach Vaihingen zurück, wo sofort das Hauptquartier des Erzherzogs war. Der linke Flügel des Heers lagerte beim Schloß Vaihingen, der rechte auf den Anhöhen über der Enz gegen Illingen hin; die Sachsen bezogen den 15. Juli ein Lager beim Pulverdinger Hof; eine Abtheilung Österreicher stund bei Sersheim. Bald aber folgte weiterer Rückzug vor den Franzosen. Auch im Feldzug des Jahrs 1799 hatten die Österreicher wiederholt ihre Hauptquartiere in Vaihingen (Martens 709 ff.). In den späteren Feldzügen Frankreichs gegen Österreich 1805 etc. war Vaihingen eine Haupt-Etape für die durch Württemberg hin- und hergezogenen französischen Truppen.

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4. Alterthümer.
A. Römische [1].

Die Römer, welche das Zehentland (agri decumates) in dem Winkel zwischen dem Rhein und der Donau besessen, hatten wohl auch in dem diesseitigen Bezirke an mehreren Stellen sich wohnlich niedergelassen und nach verschiedenen Richtungen Straßen angelegt. Nach den bisherigen Auffindungen römischer Wohnplätze war der wichtigste derselben bei Enzweihingen, wo mehrere Römerstraßen zusammenliefen und vereinigt über die Enz führten (s. unten); hiefür sprechen auch häufige Spuren von römischen Gebäuden, welche daselbst sich vorfinden; namentlich wurden zunächst (südlich) am Ort vor einigen Jahren mehrere römische Souterrains aufgedeckt und bei dieser Veranlassung ein gut gearbeiteter Mannskopf eines antiken Steinbildes, welcher jetzt im K. Museum der bildenden Künste aufbewahrt wird, ausgegraben. Auf der sog. Breite, nordöstlich von Enzweihingen, findet man in nicht unbeträchtlicher Ausdehnung nur einige Fuß unter der Oberfläche Grundreste römischer Gebäude, römische Ziegel etc. Auf der anderen Seite der Enz in der Nähe des Leinfelder Hofs kommen noch ausgedehntere Spuren einer abgegangenen römischen Niederlassung vor; außer vielen Grundresten römischer Gebäude, hat man daselbst schon gepflasterte Räume und eine gemauerte, mit Kalk ausgegossene römische Wasserleitung, in der thönerne Teicheln eingelegt waren, aufgedeckt. Überdieß findet man in großer Ausdehnung zerstreut herumliegende römische Ziegel, Fragmente von Gefäßen etc. Auf der Flur Bonlanden, etwa 1/4 Stunde südwestlich vom Ort, entdeckte man, neben Spuren römischer Gebäude, einen rund ausgemauerten Brunnen. Über weitere Spuren und vorkommende Benennungen, die auf alte Ansiedelungen und Befestigungen hindeuten, s. die Ortsbeschreibung von Enzweihingen. Ferner wurden noch an folgenden Stellen Spuren abgegangener römischer Wohnplätze aufgefunden, und zwar:

1) In dem der Gemeinde Eberdingen gehörigen Wald Steig (Wünschloch), wo nach der Sage ein Schloß gestanden sein soll, ist man vor etwa 10 Jahren auf Grundmauern etc. gestoßen; röm. Ziegel, welche daselbst gefunden werden, lassen auf ehemalige röm. Gebäude schließen.

| 2) Etwa 1/8 Stunde südlich von Klein-Glattbach in der Flur „Rohr“ finden sich Grundreste von Gebäuden, namentlich eine Menge römischer Ziegel, Fragmente von gemodelten Heizröhren, Gefäßen, worunter mehrere von Sigelerde etc., daselbst wird eine Stelle „auf dem Steinmäuerle“ genannt.

3) Nur etwa 1/8 Stunde südöstlich von letzterer Stelle bestand auf der Flur Bürg, zunächst des immer fließenden, sehr alt und gut in Stein gefaßten Bürgbrunnens, eine ausgedehnte, römische Niederlassung, von der man unter der Oberfläche nicht nur bedeutende Reste von Gebäudesubstructionen, sondern auch Ziegel, Bruchstücke von Heizröhren, Gefäßen etc. in großer Menge findet.

4) Auf dem Burgfeld bei Groß-Sachsenheim stößt man nicht selten auf Grundmauern, bei denen römische Ziegel etc. gefunden werden.

5) Nur 1/8 Stunde von dieser Stelle, auf dem sog. Mäurich, in der Nähe des Holderbüschles und des Höllbrunnens, finden sich ausgedehnte Reste eines Wohnplatzes, von denen erst vor einigen Jahren Grundmauern ausgegraben wurden.

6) Etwa 1/8 Stunde westlich von Groß-Sachsenheim auf dem Klingenberg, einer kleinen Bergspitze zwischen dem Metter-Thal und dem Seepfad-Thälchen, fand man starke Mauerreste nebst römischen Ziegeln, Heizröhren etc. Wir hätten demnach auf der Markung Groß-Sachsenheim Spuren von drei in unbedeutenden Entfernungen von einander gelegenen Niederlassungen, die als römische angenommen werden dürfen.

7) Auf der Markung Horrheim, etwa 1/2 Stunde vom Ort, fand man in der Nähe einer über den Stromberg führenden Römerstraße Gebäudeschutt, Backsteine, römische Ziegel etc., die einen römischen Wohnplatz anzeigen. Nach der Sage soll an dieser Stelle ein Nonnenkloster gestanden sein.

8) Auf den Dorfäckern, 1/4 Stunde nordwestlich von Horrheim, wo ein Dorf gestanden sein soll, wurden noch Ziegel, Mauerreste etc. ausgegraben, welche auf vormalige römische Gebäude zurückweisen. Über die Äcker selbst zog einst eine römische Straße (s. unten).

9) Auf den sog. Ziegelhälden (Markung Klein-Sachsenheim) trifft man auf einem, jetzt dem Gemeinderath Matthäus Pfeifer gehörigen, Grundstücke Spuren von Gebäuden mit röm. Ziegeln, Heizröhren etc.

10) Nicht fern vom Weißenhof, wo viele röm. Alterthümer gefunden wurden (s. Oberamtsbeschr. von Besigheim S. 89), kommen auf einem Bergvorsprung, im Thal genannt (Markung Klein-Sachsenheim), Spuren von Gebäuderesten nebst röm. Ziegeln etc. vor.

| 11) Auf den sog. Burgegarten, 1/2 Stunde südlich von Nußdorf, wurden ausgedehnte, mit einer Mauer umgebene Grundreste röm. Bauwerke, Souterrains, zu denen steinerne Treppen führten, Gelasse mit Estrichböden und Hypocausten etc. ausgegraben.

12) Unfern, nördlich von Ober-Riexingen, liegen die „Weileräcker“, auf welchen man zuweilen Backsteine und Ziegel ausackert, die einen ehemaligen römischen Wohnplatz mit aller Wahrscheinlichkeit vermuthen lassen.

13) Etwa 1/4 Stunde nordwestlich von Rieth, zunächst der von Enzweihingen nach Nußdorf führenden Römerstraße (s. unten), fand man auf der Flur „Winter-Geislingen“ ziemlich ausgedehnte Gebäudereste, römische Ziegel, Gegenstände von Bronce und einen rund ausgemauerten Brunnen.

14) Auf den östlich von Roßwaag gelegenen Maisern, einem sanft gegen die Enz sich neigenden Ackerland, finden sich auf den Grundstücken des Georg Haller, Gottlieb Höriegel und des Adlerwirths Waaser von Roßwaag namhafte Fundamente römischer Gebäude, Ziegel, Bruchstücke von Heizröhren, Gefäßen etc.; endlich kommen

15) in dem 1/2 Stunde nördlich von Weissach gelegenen Gemeindewald Sauhag Grundreste römischer Gebäude vor.

Von Straßen, welche ihre erste Anlage ohne Zweifel den Römern verdanken, sind folgende zu nennen:

1) Von Bietigheim herkommend, zog eine solche Straße über das Burgfeld bei Groß-Sachsenheim, durch den Wald Krähwinkel, über die Sträßlesäcker am Steinmäurich (Markung Sersheim) vorbei über die Burg (s. oben) nach Klein-Glattbach, von da durch den Wald Vorhacken nach Illingen etc.

2) Eine noch ziemlich gut erhaltene Römerstraße führt unter der Benennung „Sträßle“ von Metterzimmern her über den Schneeberg, Hagenach, Langmantel nach Rechentshofen, von da durch Nieder-Haslach auf den Stromberg, auf dessen Rücken sie unter der Benennung „Rennweg“ fortsetzt.

3) Unter den Benennungen Heimenweg, Pfaffenweg, alte Straße, führte ein Römerweg von Hemmingen her über den Pulverdinger Hof nach Ober-Riexingen und von da vermuthlich über die Weileräcker (s. oben) nach Sersheim.

4) Von dem Harthof führt eine wahrscheinlich zuerst von den Römern angelegte Straße unter dem Namen „alter Postweg“ schnurgerade durch den Hardtwald nach dem Burgstall bei Enzweihingen und von da bis an die Enzbrücke; auf der anderen Seite des Flusses ist die nach Vaihingen führende Landstraße auf diese ehemalige Römerstraße gegründet.

| 5) Unter der Benennung „Rittweg“ zieht eine gleiche Straße aus dem Oberamtsbezirk Leonberg her (s. die Oberamtsbeschr. von Leonberg) an der Westseite von Hochdorf vorüber, über die Flur „Weiler“ (Markung Enzweihingen) zu der sog. Frauenkirche und von da über die Flur „Heidenring“ bis zur Enzbrücke bei Enzweihingen. Von da hatte sie ihren Zug über die Schelmenhalde bei Vaihingen bis zu der Flur Rohr (Markung Klein-Glattbach), wo eine römische Niederlassung bestand (s. oben); von Rohr hatte sie unter der Benennung „alter Postweg“ ihren Zug östlich an Klein-Glattbach vorüber, weiter durch den Bardenwald, 1/8 Stunde westlich an Horrheim vorüber, oberhalb der Schleifmühle bei der sog. Furth über die Metter und die sog. Dorfäcker (wo ebenfalls ein römischer Wohnplatz bestand, s. oben) auf den Stromberg, wo sie sich bei dem Hornberg mit der zu 2 beschriebenen Straße vereinigt.

6) Von Enzweihingen führt eine Straße (alte Straße) über die Flur Bonlanden, wo römische Alterthümer gefunden wurden und an Winter-Geislingen, einen auf der Markung Rieth abgegangenen Orte, vorüber nach Nußdorf; von da unter den Benennungen Straße, Weinstraße gegen Friolzheim.

7) Ein sog. alter Postweg, der ebenfalls seine erste Anlage den Römern verdanken dürfte, führt von Enzweihingen herauf nördlich an Aurich und Groß-Glattbach vorüber, durch die Waldungen Mosig und Enkertsrein in das Großherzogthum Baden. Von Enzweihingen an ist die gegenwärtige Vicinalstraße nach Aurich eine namhafte Strecke weit auf diesen muthmaßlichen Römerweg gegründet.

8) Von Schöckingen her (s. Oberamtsbeschr. von Leonberg) führte eine römische Straße unter der Benennung „Sträßle“ an der sog. Wart bei Eberdingen vorüber nach Eberdingen; von hier an den Namen „Heerstraße“ erhaltend, zieht sie eine Strecke weit auf der gegenwärtigen Vicinalstraße nach Nußdorf fort, verläßt diese in der Nähe des Wolfsbergs und läuft dann in die zu 6) betriebene wahrscheinliche Römerstraße ein.

9) Endlich führten noch zwei, ohne Zweifel vormals römische Straßen, von Groß-Glattbach weiter und zwar: eine unter der Benennung „Heerweg“ in der Richtung gegen Iptingen oder Mönsheim, die andere unter der Benennung Hardtweg nach Wiernsheim und von da in den Hagenschieß, wo sie sich mit der von Canstatt nach Pforzheim führenden römischen Heerstraße vereinigt.

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B. Deutsche.

Altgermanische Grabhügel kommen vor: in dem sog. Pfaffenwäldle nördlich von Hochdorf 10, in dem südlich von Hochdorf gelegenen Gemeindewald 3, in dem Schelmenbusch bei Ensingen 1, und in dem 1/4 Stunde südöstlich von Rieth gelegenen Rietherhölzle 2.

Gräber, nicht unter aufgeworfenen Hügeln, sondern in dem gewachsenen Boden, entweder frei oder mit Steinplatten umfriedigt, und wohl einer späteren Periode als die Grabhügel angehörig[2], fanden sich auf der Markung Horrheim in der Flur Gukkenhausen und auf dem Schelmenwasen, bei Klein-Sachsenheim auf den Kapellenäckern, etwa 1/4 Stunde südlich von Roßwaag in der Nähe der sog. Burg, auf dem zur Markung Untermberg gehörigen Osenwäldle und auf dem neuen Kirchhof zu Weissach (s. auch die Ortsbeschreibungen).

Von abgegangenen Burgen und Schlössern, wovon sich noch mehr oder weniger Spuren finden, sind folgende zu nennen:

Auf der Markung Vaihingen, die verschwundene Burg auf dem Wolfsberg.
Auf der Markung Ensingen, die Eselsburg mit ihren Vorschanzen.
Auf der Markung Enzweihingen, der Burgstall.
Auf der Markung Groß-Glattbach, der Schloßbuckel.
Auf der Markung Groß-Sachsenheim, die Burgruine bei Untermberg.
Auf der Markung Hochdorf, die Burg Hohenscheid, von der noch Gräben und Wälle vorhanden sind.
Auf der Markung Hohen-Haslach, die Burg auf dem Teufelsberg und eine Burg, welche in der Nähe des Waldes Hardt südlich von Rechentshofen stand.
Auf der Markung Horrheim, der Burghof.
Auf der Markung Ober-Riexingen, die Burg Tuseck (Tauseck).
Auf der Markung Rieth, das abgegangene Helmstädtische Schloß.
Auf der Markung Roßwaag, eine Burg (noch Ruine), etwa 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort, und die sog. Burg, 1/4 Stunde südlich von Roßwaag.
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Auf der Markung Untermberg, das sog. Schlößle, 1/2 Stunde südlich vom Ort.
Auf der Markung Weissach, die Burg, 1/2 Stunde östlich vom Ort.

Näheres über die genannten Burgen, sowie über die theils noch bewohnten, theils für andere Zwecke eingerichteten Schloßgebäude in Vaihingen, Klein-Glattbach, Groß-Sachsenheim, Hochdorf, Klein-Sachsenheim, Mühlhausen, Nußdorf, Rieth, Sersheim und Unter-Riexingen ist in den Ortsbeschreibungen zu finden.

Abgegangene Orte und Gebäude, wie auch Flurnamen, die auf solche hindeuten, sind ausführlicher angegeben namentlich in den Ortsbeschreibungen von:

Vaihingen, die St. Nicolaus-Kapelle;
Enzweihingen, die Frauenkirche und Weiler;
Groß-Glattbach, die wüste Kirche;
Hohen-Haslach, eine Kirche bei Nieder-Haslach;
Horrheim, alten und jungen Guckenhausen, die Clause Böselsberg;
Iptingen, das sog. Nonnenhaus, Birkhof und Steckhof;
Rieth, Weiler;
Roßwaag, eine abgegangene Kirche;
Sersheim, die Johannes-Kapelle, Peterskirche und Spindelhofen;
Untermberg, Remmigheim;
Unter-Riexingen, die Ruine der Frauenkirche;
Weissach, Birkhof, Bonlanden und im alten Hof.

Unbestimmbar ist, auf welcher Markung das im Jahr 892 neben Sersheim genannte „Gumboldeshusen“ lag (Cod. Laur. Nr. 2365).


  1. Die hienach bemerkten römischen Straßenzüge und Niederlassungen sind von dem Finanz-Assessor Paulus entdeckt und an Ort und Stelle genau untersucht worden.
  2. In diesen Gräbern wurden, neben den Überresten des menschlichen Skelettes, nicht selten Speerspitzen, Schwerter, namentlich kurze einschneidige, sog. Sachse, gefunden.
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