Beschreibung des Oberamts Tübingen/Kapitel B 13
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Gemeinde III. Klasse mit 374 Einwohnern, worunter 2 Kath. – Dorf, Filial von Mähringen; die Kath. sind nach Tübingen eingepfarrt. 11/2 St. südöstl. von Tübingen gelegen.
Der freundliche Ort liegt auf der Hochfläche zwischen dem Neckar- und Echazthal in einem flachen gegen Nordost ziehenden Seitenthälchen des Hebbachthales. Die meist ansehnlichen Bauernhäuser stehen unregelmäßig und zerstreut an den ziemlich ansteigenden und gekrümmten Straßen, von denen die hier durchführende Staatsstraße chaussirt und gekandelt ist. Vor vielen Häusern liegen Gärtchen und rings um den Ort gehen schöne Obstbaumwiesen. Der Lindenbach, auch Holbach genannt, fließt durch den unteren Theil des Dorfes und wird hier zu einer großen Wette geschwellt.
Die kleine Kirche, nordwestlich auf der Höhe gelegen, ist außen und innen ziemlich unförmlich. An dem von unregelmäßigen Fenstern durchbrochenen Schiffe stammt der Westgiebel noch aus frühgothischer Zeit und erinnert an den der Kirche in Mähringen. Über dem rundbogigen Eingang der Südseite ist 1616, das Jahr der Erneuerung der Kirche, eingehauen. Der Thurm steht im Osten an der Stelle des Chores. Das niedrige Innere hat eine flache Decke; der | Triumphbogen ist alt und spitzbogig. Der Altar dient zugleich als Taufstein, der ursprüngliche gothische liegt an der westlichen Wand; eine Orgel soll demnächst angeschafft werden. Die kleine hölzerne Sakristei ist südlich angebaut. Der starke dreistockige Thurm, ein alter Wartthurm, zeigt gothische Gurtgesimse, große rundbogige Schallfenster und wird von zwei Staffelgiebeln bekrönt; von seinen Glocken ist die größere gegossen von G. G. Neubert in Ludwigsburg 1827 und schön verziert mit Rosen- und Rebengewinden, die andere Glocke ist klein und sehr alt, ihre Umschrift besteht aus unleserlichen gothischen Majuskeln. Die Baulast der Kirche hat die Gemeinde. Der 1837 angelegte ummauerte Begräbnißplatz liegt außerhalb südwestlich des Orts. Im gleichen Jahre wurde ein Schul- und Rathhaus errichtet, es enthält die Gelasse für den Gemeinderath, ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.Ein Armenhaus besteht.
Früher befand sich in der Mitte des Dorfes auf einem Hügelchen eine Burg, man sieht von ihr noch einige Mauern, worauf jetzt kleine Bauernhäuser stehen, und Spuren des Grabens.
Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 2 laufende und 4 Pumpbrunnen; ersteren wird das Wasser in hölzernen Deucheln zugeleitet; außerhalb des Ortes sind viele Quellen, wovon die bedeutendste der sog. Buzenbainkbrunn; dann fließen über die Markung der Lindenbach und der Lumpenbach.
Die Staatsstraße von Tübingen nach Reutlingen und die Vicinalstraße von Mähringen nach Kusterdingen führen hier durch. Über den Lindenbach geht im Ort eine steinerne Brücke oberhalb, eine hölzerne und ein hölzerner Steg unterhalb der Wette; ferner führt über den Lumpenbach ein Steg und beim Übergang der Staatsstraße eine hölzerne Brücke, welch letztere der Staat zu unterhalten hat.
Die Einwohner sind kräftige großgewachsene Leute, die sich in ihrer kleidsamen Volkstracht recht gut ausnehmen; man trifft bei ihnen im allgemeinen Ordnungsliebe und vielen Fleiß.
Haupterwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht; überdieß sichern die Liaskalksteinbrüche, die allenthalben auf der Markung angelegt werden können und die ganze Umgegend mit Pflastersteinen versehen, eine namhafte Einnahme.
Von den Gewerben setzt nur die Linnenspinnerei von ihren Erzeugnissen nach außen ab; zwei Schildwirthschaften und zwei Kramläden bestehen.
Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren, es herrscht| kein besonderer Wohlstand, aber auch keine besondere Armut; der begütertste Bürger besitzt 30, der Mittelmann 12–15, der arme 2–3 Morgen Grundeigenthum; übrigens sind auch Bürger vorhanden, die außer ihren 17/8 Morgen Allmandtheilen nichts besitzen. Gemeindeunterstützung erhält gegenwärtig eine Person, und eine Familie hat freie Wohnung. Ziemlich viele Güterstücke, die hiesigen Bürgern gehören, liegen auf angrenzenden Markungen. Die Markung bildet mit Ausnahme einiger unbedeutend eingefurchten Thälchen ein flachwelliges Land, dessen mittelfruchtbarer Boden meist aus einem etwas naßkalten, theilweise mit Steinen untermengten Lehm besteht. Die klimatischen Verhältnisse sind wie die der nächsten Umgegend; Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.Die Landwirthschaft wird mit Fleiß betrieben und immer noch zu heben gesucht; verbesserte Ackergeräthe, wie der Suppinger und Brabanter Pflug, die eiserne Egge, Walze, Repssämaschine und das Halbjoch haben Eingang gefunden. Von den Getreidearten werden vorzugsweise Dinkel und Gerste, weniger Haber, Roggen und Einkorn gebaut; in der Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Erbsen, Wicken, Kraut, und von Handelsgewächsen, welche theilweise zum Verkauf kommen, Reps, Hanf und Flachs. Getreidefrüchte können ziemlich viele nach außen abgesetzt werden.
Der nicht sehr ausgedehnte Wiesenbau liefert ein gutes Futter, das jedoch für den vorhandenen Viehstand nicht hinreicht.
Früher wurde auch Weinbau getrieben und noch wird ein östlich vom Ort gelegener Abhang „die Weingarthalde“ genannt.
Die Obstzucht ist, obgleich das Obst nicht besonders gerne geräth, gut und im Zunehmen begriffen. Man pflegt vorzugsweise Luiken, Fleiner, Knausbirnen, Mostbirnen und Zwetschgen. In günstigen Jahrgängen können etwa 500 Simri nach außen verkauft werden.
Die vorhandenen 90 Morgen Gemeindewaldungen ertragen jährlich 3 Klafter und 500 St. Wellen, hievon erhält jeder Bürger 11 St. Wellen; das Stammholz wird verkauft, was der Gemeindekasse etwa 80 fl. einträgt.
Eigentliche Weiden bestehen nicht, und nur die Brach- und Stoppelweide ist an einen fremden Schäfer, der 200 St. Bastardschafe laufen läßt, um 150 fl. verpachtet; die Pferchnutzung trägt überdieß der Gemeindekasse 200 fl. ein.
Die Allmanden werden den Bürgern zur Benützung überlassen und zwar den älteren 17/8 Morgen, den jüngeren nur 1/8 Morgen;| hiefür bezahlt jeder Bürger jährlich 2 fl. 45 kr., was der Gemeinde 196 fl. einträgt, überdieß bezieht diese aus Gemeindegütern noch ein jährliches Pachtgeld von 573 fl.Die Zucht der Pferde ist nicht bedeutend und im Abnehmen; man sieht auf eine veredelte Landrace und bringt die Stuten auf die Beschälplatte nach Tübingen.
Dagegen ist die Rindviehzucht in gutem Zustande; man hält die Simmenthalerrace, die durch zwei Farren nachgezüchtet wird. Das nachgezogene Vieh und einiges gemästetes wird verkauft.
Von ziemlich bedeutender Ausdehnung ist die Schweinezucht, halbenglische Race; es werden gegen 200 Ferkel nach außen verkauft und nur wenige für den eigenen Bedarf gemästet. Geflügel wird viel gezogen und theilweise nach Tübingen zum Verkauf gebracht.
Das Stiftungsvermögen beträgt derzeit 246 fl., deren Zinse an Ortsarme ausgetheilt werden.
Etwa 1/8 Stunde südlich vom Ort führt eine Römerstraße unter den Benennungen „alte Straße, Sträßle, Weglang, Pflasterrain vorüber; an ihr lag eine starke Viertelstunde südöstlich vom Ort eine römische Niederlassung und nicht ferne davon liegt die Flur „Wasserstall“, auf der man schon öfters Mauerreste auffand. In der 1/8 Stunde westlich vom Ort gelegenen Flur „Maulbronn“ stand ebenfalls ein römischer Wohnplatz.
Der ursprüngliche und lange Zeit übliche Ortsname endete mit Bruck statt Burg und ist von einem Mannsnamen und der hiesigen Brücke abzuleiten.
Jettenburg gehörte einem Tübinger Vasallengeschlechte (1188 Wirt. Urk.-Buch 2, 253), dessen Glieder sich auch Freie nennen (1188. 1191. eb. 2, 254, 272.) Der älteste bekannte Herr von Jettenburg ist Bertholdus de Outinbrugge, welcher um 1130 das Kloster Zwiefalten mit einem Gut bei Wimsheim begabte (Berthold bei Pertz Script. 10, 121). Folgen darauf zwei Walther, Vater und Sohn, der ältere 1134 Zeuge in einer Stift-Backnanger Urkunde (Wirt. Urk.-Buch 1, 383) und um 1150 bei dem Rechtsspruch des Pfalzgrafen Hugo von Tübingen auf der Dingstätte Hochmauern bei Rottweil (eb. 2, 411). Der jüngere Walther erscheint den 18. Mai 1181 in Eßlingen als Zeuge Kaiser Friedrichs I. für das Kloster Denkendorf und in den Jahren 1187–1191 in mehreren Kloster-Bebenhauser Urkunden.
Später kam Jettenburg an die Becht von Reutlingen. Eberhard Becht verkaufte 1452 die Burg Jettenburg mit Zwinger, Graben,| Gärten und dem Weiler dabei an den Grafen Ulrich von Württemberg als den Vormund der Grafen Ludwig und Eberhard für 2682 fl., Graf Ludwig aber schenkte den 23. April 1455 seinem treuen Diener Vergenhans (Vater des nachherigen Kanzlers) unter Vorbehalt der Öffnung – die Burg („unser Hus“, Sattler Grafen 2. Beil. Nr. 104); Vergenhans veräußerte sie an Jörg Vogt, Vogt an Bentz Ziegler, Ziegler an Hans Vol zu Reutlingen, welch letzterer am 20. März 1465 mit der Öffnung und allen andern Sachen dem Hause Württemberg gehorsam und gewärtig sein zu wollen gelobte (Sattler a. a. O. 3. Beil. Nr. 37). Äcker und Wiesen allhier erhielt das Kloster Bebenhausen in den 1270er Jahren. (Würt. Jahrb. 1855b, 177).Eine hiesige Kapellenstiftung ist vom 6. April 1324 (capella SS. Udalrici epi. et Pangracii martiris sita in villa Oetenbrukge filia ecclesiae paroch. in Möringen).
Über das hiesige Gericht s. Mähringen am Schlusse.
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