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Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 19

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Schlichten,
Gemeinde III. Kl. mit 284 ev. Einw. Pfarr-Filial von Winterbach.


Das Dorf Schlichten, früher auch Schlichtenweiler, die kleinste Gemeinde des Oberamtes, liegt 5/4 Stunden südlich von Schorndorf auf dem Schlichtenwald, an der Straße von Schorndorf in das Filsthal. Gegen Osten dacht sich die Markung nach dem bei Baiereck genannten Herrenbachthälchen, nördlich gegen das Remsthal, südöstlich gegen die Baierecker Thalschlucht ab, und nur in südlicher Richtung gegen Thomashardt ist die Lage eben. Die Aussicht außerhalb des Dorfes ist reizend; sie erstreckt sich über die ganze Alpkette, nach Ludwigsburg und bis zum Michelsberge. Wassermangel entsteht auch bei anhaltender trockener Witterung nicht. Der magere Lehmboden ist nur mittelmäßig fruchtbar. Der Kappelberg ist für Schlichten eine Wetterscheide, da die westlich aufziehenden Gewitter sich entweder nördlich oder südlich ziehen; die von Süden oder Osten kommenden dagegen sind gefährlicher. Das Mineralreich liefert Sandsteine und gute Töpfererde.

Die Zehenten und übrigen Grund-Gefälle, mit Ausnahme von 1 fl. 50 kr. der Orts-Gemeinde-Pflege zustehender Hellerzinse, gebühren dem Staat. Derselbe hat, nachdem 27 fl. 3 kr. Geldzinse und der ganze Heuzehente für 1651 fl. 28 kr. abgelöst worden, noch 9 fl. 27 kr. Geld- und 30 Sch. 4 S. 3 V. 4 E. Frucht-Gilten, sowie 80 fl. 11 kr. und 50 Sch. 2 S. Frucht für den Zehenten zu erheben.

Das Dorf mit seinen unscheinbaren 50 Haupt- und 6 Neben-Gebäuden liegt ganz frei. Außer dem Schulhause ist nur das ganz massive Kirchlein zu erwähnen, an dessen Stelle der Sage nach einst eine Kapelle gewesen seyn soll, in welcher sich die Kaiser aus dem Hause der Hohenstaufen bei ihrer Durchreise nach Waiblingen Messe lesen ließen (s. o. S. 74).| Die Kaiserstraße führt an der Kirche vorüber und vor ihr steht eine große Linde, welche besonders wegen ihrer starken, weitverbreiteten Wurzeln merkwürdig ist. Die kleine, namhaft veränderte Kirche, hat spitzbogige Eingänge und an der Südseite ein niedliches, gothisches Fensterchen. Nach einer in der Kirche befindlichen Inschrift ist dieselbe 1460 erbaut, 1707 von den Franzosen verbrannt und 1717 wieder errichtet worden.

Die Ortsmarkung enthält 143/8 M. Gärten, 2992/8 M. Äcker und 2285/8 M. Wiesen, fast 2 M. Baufeldes auf den Kopf. Von 1819–1845 wurden 14 M. Allmand angebaut. (1716 – 118, 1774 – 164, 1815 – 232 Einwohner.) Die unter Aichelberg angegebenen Nahrungs- und landwirthschaftlichen Verhältnisse sind auch auf diesen Waldort zu beziehen. Wie dort bemerkt, ist der hier wachsende Dinkel und Haber sehr gesucht, und es wird auch davon nach Schorndorf zu Markt gebracht. Auf 1 M. werden 1 Sch. Dinkel, oder je 4 S. Roggen, Gerste und Weizen und 5 S. Haber an Aussaat, sowie 5–8 Sch. Dinkel, 3–5 Sch. Roggen oder Gerste und 5–8 Sch. Haber als Ertrag gerechnet. Der Flachsbau ist hier noch bedeutend; seiner Feinheit wegen gesucht, wird der Flachs meistens vorausbestellt. Die Wiesen, nur zu 1/5 ergiebig, geben leichtes Heu; daher wird Futter von Außen gekauft. Ein M. Ackers wird mit 200–400 fl., Wiese mit 40–500 fl. bezahlt. Der Obstbau ist im Zunehmen. Die Rindviehzucht ist verhältnißmäßig sehr bedeutend und eine Hauptnahrungsquelle. Es wird theilweise noch ausgetrieben. Außer dem Handeln mit Holz ist von Gewerben nur die Fertigung guten Töpfergeschirrs zu erwähnen. –

Das Gemeinde-Vermögen besteht in 48 M. Grund-Eigenthum und 1270 fl. Kapitalien, die Gemeinde legt 400 fl. Gemeindeschaden um. Die Stiftungspflege hat nur 296 fl. Vermögen. – Der Pfarrer des Mutterorts Winterbach hat in Schlichten jährlich sechsmal zu predigen; als Reisekosten erhält derselbe jedesmal den sogenannten „Pfarrbatzen,“ von einem Bürger 4 kr., von einer Wittwe 2 kr. An der Schule steht ein Schulmeister; sie hat keine Stiftungen und nur 36 fl. Schulfond. Der Begräbniß-Platz ist außerhalb des Ortes.

Herzog Welf VI. (in seinem Siegel steht: Welfo Dei gratia dux Spol. March. Tuscie. princeps Sardinie) übergab 1185 dem Kloster Adelberg ein Gut in Ödenwälden (Oberwälden, OA. Göppingen) und erhielt dagegen von diesem aus den Händen des Kaisers Friedrich die Kirche Echterdingen und 2 Güter in Caninstatt und Slichtenwilare (Gabelkover). Bernold und Heinrich von Grüningen wurden 1344 von Württemberg mit einem Wald „uf Slithun“ belehnt (Sattler Gr. I. Beil. 104.)

Der ganze Ort bestand (nach Archivalien) ursprünglich nur aus| 10 Lehen (1400 mit 9 Häusern) und gehörte zum Schlichter Waldgerichte. Die Grundherrlichkeit mit Vogtei stand 1451 dem Eßlinger Bürger Peter Kaufherr zu. Im J. 1468 kaufte dieselbe das Klösterlein Engelberg (Cleß III. 184.), das auch den Heu- und kleinen Zehnten hatte. Im J. 1598 besaß das Kloster Adelberg 1 Lehen, die Kellerei den großen Zehenten und 10 ganze und 2 halbe Lehen. – Der Ort gehörte 1700 in den Stab Winterbach, war dann in neuerer Zeit eine eigene Gemeinde, von 1819–1823 aber der Gemeinde Thomashardt und von 1824 bis 1849, wo er wieder zur selbstständigen Gemeinde erhoben wurde, der von Winterbach zugetheilt.

Beim Einfalle der Franzosen 1707 wurde das Dörfchen ausgeplündert und mit der Kirche fast ganz abgebrannt. Als der Ort 1716 um eine Beisteuer zum Wiederaufbau der letzteren bat, sagte er, daß die Krone Frankreich durch einen Nachlaß von 210 fl. an der accordirten Brandsteuer einen solchen auch geleistet habe.

Etwa 1/4 Stunde südöstlich von dem Ort Schlichten stand auf einem zwischen zwei Schluchten hinziehenden, bewaldeten Bergvorsprung eine Burg, von der noch Graben und Wall sichtbar sind; die Stelle wird „beim Schlößle“ genannt. Nach dem mehrerwähnten Berichte von 1535 sind die Mauern davon zur (älteren) Stadtmauer von Schorndorf verwendet worden. Crusius sagt in seinen Collect. Heldenstein. prisca arx abolita zu Hochingen ob Urschlichten gelegen.“ Dieß scheint auch auf einen abgegangenen Ort hinzuweisen.


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