Beschreibung des Oberamts Rottweil/Kapitel B 13
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Von dem am Südende des Orts schön gelegenen, dem hl. Xaver geweihten Kirchlein hat man eine prächtige Rundsicht; es schließt vieleckig und trägt einen Dachreiter mit zwei kleinen Glocken. Über dem rundbogigen Eingang (im Westen) steht das Jahr der Erbauung 1726. Das freundlich ausgeschmückte flachgedeckte Innere enthält einige Holzbilder aus älterer Zeit. Neben dem Kirchlein steht ein steinerner Bildstock im Renaissancestil, mit der Jahreszahl 1725 und H. J. B., und ganz in der Nähe südwestlich, von einem Tannenhag umfaßt, dehnt sich mit schönen Schmiedeisenkreuzen der im Jahre 1838 angelegte Friedhof hin. Die Unterhaltung des Kirchleins ruht auf der Stiftungspflege.
Das in der Mitte des Orts freistehende Schulhaus ist im vorigen Jahrhundert erbaut und 1864 letztmals vergrößert worden; es besteht aus drei Stockwerken, hat eine freundliche Verblendung und enthält zwei geräumige Lehrzimmer, die Wohnung des allein an der Schule angestellten Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath. Auch sind 3 Back- und Waschhäuser und ein Armenhaus vorhanden.
Den Trinkwasserbedarf liefern hinreichend ein laufender, 21 Pump- und ein Ziehbrunnen, das Wasser einiger Brunnen hat einen schwefeligen Beigeschmack. Überdieß vereinigen sich innerhalb des Orts der Weiherbach und der Knollenbach und fließen vereint an der Westseite des Dorfs in die Prim, auch nimmt der Weiherbach unfern (nördlich) des Dorfs den Jungbrunnenbach auf. Sämtliche Gewässer treten häufig schadenbringend aus und haben namentlich im Jahr 1872 die anliegenden Güter viermal heimgesucht. Im allgemeinen ist die Markung sehr reich an fließenden und Quellwassern, auch kommen mehrere periodisch fließende Quellen, sogen. Hungerbrunnen, vor. Von Brücken bestehen je eine steinerne über die Prim und den Weiherbach und je eine hölzerne über den Jungbrunnenbach und über den Knollenbach, überdieß sind noch 10 Stege angelegt. Die Unterhaltung sämtlicher Brücken und Stege hat die Gemeinde.
Die Haupterwerbsquellen der im allgemeinen fleißigen und geordneten Einwohner sind Feldbau und Viehzucht, während die Gewerbe sich nur auf die nöthigsten Handwerke beschränken, von denen Maurer und Zimmerleute auch auswärts arbeiten. Als Nebengewerbe wird das Korbflechten, Besenbinden und die Gewinnung von Streusand von minder Bemittelten getrieben. Zwei| Schildwirthschaften und 2 Kramläden sind vorhanden. Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören zu den mittelmäßigen und der begütertste Bürger besitzt etwa 50 Morgen, die mittelbegüterte Klasse 10–15Morgen und die ärmere Klasse 1/2–1 Morgen Grundeigenthum. Einzelne haben gar keinen Grundbesitz. Auch haben mehrere Ortsbürger Güter auf angrenzenden Markungen.
Die nicht große Markung, von der überdieß noch ein namhafter Theil aus Wald besteht, ist mit Ausnahme der Thalebenen hügelig, der bewaldete Theil aber sehr bergig und hat einen mittelfruchtbaren, schweren, hitzigen Boden, der, soweit er für den Feldbau benützt wird, aus den Zersetzungen des unteren, häufig von Gips unterlagerten Keupermergels, in den Waldungen aber aus den Produkten der verschiedenen Keuperschichten bis hinauf zu den Knollenmergeln besteht. In den Thalebenen haben sich fruchtbare, dem Wiesenbau günstige Alluvionen abgelagert. Der nordwestlich vom Ort aus 3 großen Brüchen gewonnene Gips wird theilweise in Altstadt gemahlen und in den Handel gebracht; ein Keuperwerksteinbruch ist abgegangen.
Die klimatischen Verhältnisse sind wie in dem nahe gelegenen Rottweil.
Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des Brabanter- und Wendepflugs, theilweise auch der eisernen Egge fleißig betrieben und der Boden außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln durch Asche und Kompost zu verbessern gesucht. Man baut Dinkel, Haber, Gerste, Weizen, Mengfrucht, Kartoffeln, dreiblätterigen Klee, Luzerne und Esparsette. Von den Getreideerzeugnissen werden jährlich etwa 200 Schffl. Dinkel, 15 Schffl. Gerste, 30 Schffl. Haber und 6 Schffl. Weizen meist in’s Badische abgesetzt; indessen wird auch von einigen Familien Frucht und Mehl von außen bezogen. Der Wiesenbau ist verhältnißmäßig ausgedehnt und liefert gutes Futter, das theilweise nach außen verkauft wird. Wässerung besteht nicht. Von keiner Bedeutung ist die mit späten Mostsorten, namentlich mit Junkersbirnen sich beschäftigende Obstzucht, deren Ertrag im Ort verbraucht wird. Eine Gemeindebaumschule und ein Baumwart sind vorhanden.
Die Gemeinde besitzt 204 Morgen Nadelwaldungen, deren jährlicher, in 80 Klftrn. und 4000 Stück Wellen bestehender Ertrag zu Gunsten der Gemeindekasse um 6–800 fl. verkauft wird. Ferner bezieht die Gemeinde aus der Brach- und Stoppelweide die Pachtsumme von 400 fl., aus der Pferchnutzung 200 fl. und aus Allmanden, von denen jedem Bürger je 2 Morgen um jährlich 4 fl. zur Benützung überlassen werden, 532 fl.
| Die Pferdezucht und Pferdehaltung ist unbedeutend, dagegen die Rindviehzucht (Landschlag, theilweise mit Simmenthaler Kreuzung) in gutem Zustande und wird durch 3 tüchtige Farren zu verbessern gesucht. Viehaustrieb findet im Spätjahr noch statt. Zum Verkauf kommt nur das entbehrlich gewordene Vieh. Auf der Markung läßt ein fremder Schäfer 202–250 Stück deutsche und Bastardschafe laufen.Über den westlichen Theil der Markung läuft zum Theil noch gut erkenntlich die römische Heerstraße von der römischen Niederlassung bei Sulz zu der nach Rottweil und weiter an den Oberrhein, von ihr geht eine Römerstraße unter der Benennung „Schelmenwegle“ ab über das sogen. Schelmenbrückle nach Altstadt und weiter nach Dunningen. Das über die Prim führende Schelmenbrückle, von dem noch große behauene Quader herumliegen, wurde in neuerer Zeit abgebrochen und durch eine hölzerne Brücke ersetzt. Auf den sog. „Maurenäckern“ am südlichen Ende des Orts unfern der Kirche stand ein römischer Wohnplatz; man findet auf dieser Stelle noch viele Bruchstücke von römischen Gefässen, Heizröhren, Ziegeln etc. und ist schon öfters auf Grundreste von Gebäuden gestoßen, daher auch der Name der Flur „Maurenäcker“. Zunächst der nördlich vom Ort gelegenen Gipsbrüche sieht man noch den Rest eines Walls, der etwa 60 Schritte lang, 10′ hoch ist und rechtwinkelig auf die Römerstraße hinzieht; vermuthlich lief er früher bis an den Neckar hinab und war zur Deckung der Römerstraße, die unfern dieser Stelle das Primthal überschreitet, aufgeworfen worden. Auf der sog. Nonnenwies am östlichen Ende des Dorfs soll ein Nonnenkloster gestanden sein; daselbst befindet sich ein rund ausgemauerter, jetzt zugeschütteter Brunnen. An die Nonnenwies stößt die Flur „Groß-Hofen“, was ebenfalls auf einen abgegangenen Wohnplatz hindeutet, von dem jedoch keine Spuren mehr vorhanden sind und daher nicht nachgewiesen werden kann, ob er der römischen oder einer späteren Periode angehört. Etwa 1/4 Stunde nordöstlich von Göllsdorf stand auf einem hohen hervorragenden Punkt die Burg Stauffenberg, von der noch Graben und Wall sichtbar ist. Auf dem eine halbe Stunde nordöstlich vom Ort gelegenen bewaldeten Vorsprung gegen das Jungbrunnenthal „Burgstall“ stand eine Burg, welche den Herren von Falkenstein gehört haben soll und von der noch wenige Reste des Grabens und Walls vorhanden sind. Geschichtliches über diese beiden Burgen ist nicht bekannt.
Der Ort, dessen ursprünglicher Name Geroldisdorf (später auch Greßdorf) an die gestürzte schwäbische Herzogsfamilie erinnert, erscheint zuerst in der Geschichte dadurch, daß einer der Stifter des| Kl. Alpirsbach, Gr. Adelbert von Zollern, demselben um das J. 1099 bei seinem Eintritt in das Kloster seine hiesigen Besitzungen übergab, was P. Paschalis den 12. April 1101 bestätigte (Wirt. Urkb. 1, 316. 328. 363). Allein in der Folge wurde ein anderes Kloster, St. Blasien, hier mächtig. Den 30. Sept. 1281 erwarb es von einem Rottweiler Bürger Burkard, gen. Hüpscher, seine Güter im Bann der villa Gelstorf um 13 Mark Silber Rottweiler Gewichts, und verlieh seine hiesigen Güter an verschiedene, namentlich den sog. Frohnhof an die Mayer von Göllsdorf. Allein den 2. Nov. 1466 verkaufte es das Dorf mit allen Zugehörden, Gerichten, Herrlichkeiten, Zwing, Bann u. s. w., auch dem halben Frohnhofe daselbst, während die andere Hälfte nach des Besitzers Hans Mayer Tod ohne Eintrag der Erben desselben noch dazu kommen sollte, an die Stadt Rottweil um baare 500 schwere Rh. fl. Den 8. Okt. 1471 verkaufte übrigens genannter Hans Mayer den halben Frohnhof (St. Blasisches Lehen), seinen eigenen Hof und seinen sonstigen hiesigen Besitz um 50 Pfd. Hllr. jährlichen Leibgedings an die Stadt. Das Kl. Rottenmünster kommt hier im J. 1302 als begütert vor, vertauschte im J. 1475 einen hiesigen Hof an U. L. Frauen-Kapelle zu Rottweil, und erwarb den 29. Juli 1739 die sct. blasischen Gefälle allhier. – Im J. 1348 erscheint Renher von Rüti hier mit Besitz. Am Ende des 14. Jahrhunderts war das hiesige sog. Beringer Gut ein Lehen des Rottweiler Bürgers Eberhard Seger von den Herren von Falkenstein.Im J. 1356 kommt ein Acker in Göllsdorfer Bann „an des Kunigs Gebraitun“ (d. h. zusammenhängender Güterkomplex) vor, was wohl auf früher königlichen Besitz allhier schließen läßt.
Zu der Gemeinde gehört:
Haslerhof, 1/2 Stunde nördlich vom Mutterort unfern der Rottweil–Balinger Landstraße.
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