Beschreibung des Oberamts Rottenburg/Kapitel B 6
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in älteren Urkunden auch Argozingen, Ergazingen, Ergensingen u. s. w., ein Marktflecken mit einer kath. Pfarrey und Frühmeßnerey, und 1361 Einw. Es liegt 3 St. von der Oberamtsstadt, an der Straße von Rottenburg nach Horb, in einem etwas vertieften Grunde, und ist einer der Hauptorte des sogenannten Gäues. Der Ort hat zum Theil gute Wohngebäude, eine Ziegelhütte und 2 Handölmühlen. Die Einwohner sind gewerbsam. S. 91. Die Kunst, Pfeifenköpfe zu schneiden, wurde durch einen Tyroler, Namens Sonntag, 1659 hieher gebracht, und seit der Zeit fleißig geübt. Auch sind hier 2 sehr besuchte Jahrmärkte. Die Ortsmarkung ist zugleich sehr beträchtlich, und reich an guten Äckern und Wiesen. In zu trockenen Jahrgängen wird zuweilen einiger Mangel an Wasser verspürt.
Den Großzehnten bezieht der Staat (früher Kloster Kirchberg und Stift Horb) zu 4/5, die Pfarrey zu 1/5, letztere zugleich den Noval-, den Klein- und den Heuzehnten; jedoch sind die meisten Wiesen zehntfrey, und in den Gärten wird blos vom Kernobst der Zehnte gereicht. Zehentfrey sind 361/2 M. Äcker, in der Brache der Klee. Der Zehnte des Staats ist an die Gemeinde auf 9 Jahre um 264 Sch. Dinkel, 120 Sch. Haber und 65 Sch. Gerste verpachtet.
Über diesen Ort ist eine eigene Schrift, eine Dissertation über dessen medicinische Topographie, im Druck erschienen. Dissertatio inauguralis medica, sistens Topographiam medicam Pagi Ergenzingen, praeside Autenrieth etc. Auctor: F. Baur. Tubingae 1810. Sie enthält interessante Beobachtungen über die physischen, besonders auch die Bevölkerungsverhältnisse des Orts.
Ergenzingen ist ein sehr alter Ort; ob es aber das in | den Traditionen von Lorsch 782 vorkommende Corgozinga sey, wie Neugart angibt, ist wenigst nicht vollkommen erwiesen, obschon sehr wahrscheinlich. S. S. 7. Schon frühe muß dieser Ort eine Pfarrey gewesen seyn; 1276 kommt in einer Urkunde, nach welcher ein gewisser Berthold Miles, genannt Sueler von Wilerstein mit Zustimmung seines Herrn, des Herzogs von der Teck, eigene Leute zu Rexingen dem dortigen Commenderiehaus übergibt, schon als Zeuge vor C. Plebanus Ecclessiae in Ergescingen, auch Walter Villicus in Ergescinga. Es waren zwey durch ihre Wappen unterschiedene Geschlechter, die sich von Ergenzingen schrieben. 1300 lebten Rufo und Heinrich von Ergazingen, welche dem Kloster Kirchberg einen Platz zu Deißlingen verkaufen, 1317 lebte Otto von Ergenzingen, er war Richter zu Horb, 1311 unterschreibt sich als Zeuge H. Sutorde Argezingen in einer Urkunde. Nach Urkunden lebte 1341 zu Rottenburg Albrecht von Ergazingen. Dieser Albrecht, des Wirths seel. Sohn, und Frau Anne von Waldeck, seine eheliche Wirthin, haben 5 Mltr. Roggen, jährliches, ewiges und aigens Gelds, so aus ihrem Hof zu Ergenzingen gehen an Pfaff Otto von Ergenzingen, Frühmesser von Empfingen verkauft. Diese Gilt kam nachher an das Stift zu Ehingen. Graf Ulrich von Würtemberg gestattet Heinrich von Ergazingen 1345 den Kauf des Gutes zu Berkvelt, das er von Burkhard von Bondorf erworben. Um die Jahre 1400–1420 waren Aulbert und Eberhard von Ergazingen Stiftsherren zu Ehingen, sie machten mehrere Vergabungen zu diesem Stift. Von der zweyten Familie derer von Ergazingen lebten 1407 Albrecht, genannt Ast, dann 1422 drey Brüder, Ulrich, Eberlin und Luitfeld von Ergenzingen zu Rottenburg. Ein Sohn obigen Ulrichs war Schultheiß zu Rottenburg. Es ist kein Zweifel, daß Ergenzingen zu den Besitzungen der Grafen von Hohenberg gehört habe; allein mehrere Urkunden besagen, daß auch die Pfalzgrafen von Tübingen hier Lehengüter und eigene Leute besessen haben. Später hatten die von Gültlingen Besitzungen hier, namentlich hatten | sie den Pfarrsatz, den die Gebrüder Heinrich und Caspar von Gültlingen unter Zustimmung des Wolf Schweikard von Stein, und der Ursula von Remchingen, einer geb. von Gültlingen 1511 an Philipp von Ehingen abgetreten haben, worauf Jacob von Ehingen, Herr zu Kilchberg und Sulzau solchen 1614 an Wildhansen von Neuneck zu Dettensee überließ, von welchem aber derselbe 1619 an die Commende Hemmendorf, mit deren Säkularisation aber an Würtemberg kam.1482 hat die Gemeinde eine Frühmesse auf eigene Kosten gestiftet, und deswegen immer auch das Nominationsrecht gehabt. Der Pfarrsprengel soll sich früher auch über Eckenweiler erstreckt haben; dagegen ein Theil der Einwohner von Ergenzingen in die benachbarte Pfarrey zu Eutingen gehörte. Eckenweiler wurde wohl zur Zeit der Reformation getrennt. 1515 wurde aber der zur Pfarrey Eutingen gehörige Theil der Pfarrey Ergenzingen einverleibt. Die Kirchenpflege hat, so weit sie zureicht, die Baulast an der Kirche, welche jedoch erst 1740, unter Beyhülfe der Zehentbesitzer, neu erbaut worden; die Baupflicht am Pfarrhaus liegt gleichfalls den Zehentherren, dem Staat zu 4/5, dem Pfarrer zu 1/5 ob.
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