Zum Inhalt springen

Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg/Kapitel B 16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 15 Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg Kapitel B 17 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Oßweil,


Gemeinde II. Kl. mit 1751 Einw., worunter 5 Kath. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Das sehr ansehnliche, reinlich gehaltene, gerade nicht regelmäßig gebaute Pfarrdorf liegt 1/2 Stunde östlich von Ludwigsburg auf einer fruchtreichen Hochebene, welche sich allmählig gegen das im Osten ziehende Neckarthal senkt. An den breiten, größtentheils gekandelten Ortsstraßen lagern sich die im Allgemeinen freundlichen Wohnungen, von denen mehrere ziemlich ansehnlich, Wohlhabenheit verrathend, einzelne sogar im städtischen Style erbaut sind; der größere Theil der Gebäude ist übrigens ziemlich klein und verkündigt die Mittellosigkeit, die man hier nicht selten neben der Vermöglichkeit trifft.

Beinahe in der Mitte des Dorfs steht an der Hauptstraße die ansehnliche, im spät germanischen Styl erbaute Pfarrkirche, deren spitzbogige Fenster, an Schiff und an Chor, in den Bogentheilen mit Fischblasenmaßwerk gefüllt sind. Der mit einem halben Achteck schließende Chor ist mit Strebepfeilern versehen und der an der Nordseite stehende, unten viereckige, gegen oben in ein Achteck übergehende Thurm trägt ein blechbeschlagenes Bohlendach, aus dem ein kleines Thürmchen (Laterne) emporstrebt. Auf dem Thurme, von dem man eine anziehende Aussicht genießt, hängen drei Glocken, die eine, ziemlich große, wurde im Jahr 1701, die andere 1779 gegossen und die kleinste in der sog. Laterne hängende ist aus neuerer Zeit. Das geräumige Innere der Kirche ist flach gedeckt und war früher mit Wandmalereien geziert, die weiß übertüncht wurden. Der hohle Taufstein ist im germanischen Styl mit Astwerkverzierung schön gehalten; um denselben liegen mehrere, jetzt beinahe ganz abgenützte steinerne Grabplatten der Herren von Kaltenthal und deren Gemahlinnen seit dem 15. Jahrhundert, und derer von Baldeck aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. An der nördlichen Innenwand des Schiffs ist das Kaltenthaler Wappen mit der Überschrift „Heinrich von Kaltental“ aus Stein gehauen eingemauert. Die Orgel wurde im Jahr 1846 angeschafft und die Kanzel ist im Jahr 1855 an der Stelle der früheren neu errichtet worden. Der um zwei| Stufen höher gelegte Chor, unter dem sich die Gruft der ehemaligen adeligen Besitzer des Orts befindet, enthält ein schönes Netzgewölbe mit fünf Schlußsteinen, die übrigens so stark getüncht sind, daß ihre Bildwerke nicht mehr erkannt werden können. Das untere Stockwerk des Thurms, welches ursprünglich als Kapelle diente, ist mit einem Netzgewölbe gedeckt und enthält eine im germanischen Geschmack schön gehaltene Wandnische (Tabernakel). Die Kirche wird von der Stiftungspflege und der Gemeindepflege gemeinschaftlich unterhalten.

Der um die Kirche gelegene Begräbnißplatz ist längst abgegangen und seine feste Umfriedigungsmauer abgetragen worden; einen später an der Ludwigsburger Straße angelegten ließ man ebenfalls eingehen und errichtete hiefür im Jahr 1843 den gegenwärtigen, außerhalb (nördlich) des Orts gelegenen.

Das unweit der Kirche an der Hauptstraße angenehm gelegene Pfarrhaus, welches von dem Staat in gutem Stande erhalten ist, bildet mit seinem Ökonomiegebäude und Garten einen sehr freundlichen Pfarrsitz.

Das an der ehemaligen Kirchhofmauer stehende Schulgebäude ist schon alt, wurde aber im Jahr 1826 erneuert und durch ein weiteres Stockwerk vergrößert; dasselbe enthält außer den Wohngelassen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen drei Lehrzimmer; der Unterlehrer erhält Hausmiethe-Entschädigung. Eine Industrieschule besteht schon längst und eine Kleinkinderschule ist im Jahr 1849 errichtet worden.

Das alte, übrigens ziemlich gut erhaltene Rathhaus steht beinahe in der Mitte des Dorfs zunächst der Schule; an der südwestlichen Ecke desselben befindet sich ein Erker und auf dem First trägt es ein blechbeschlagenes Thürmchen mit Glocke. Ein Gemeindebackhaus wurde im Jahr 1840 mit einem Aufwand von 800 fl. erbaut, auch sind drei Armenhäuser, die zusammen sechs Wohnungen enthalten, vorhanden. Die ehemalige herrschaftliche Zehentscheuer hat die Gemeinde im Jahr 1852 um 1125 fl. erkauft. Ein der Gemeinde gehöriges Schafhaus steht an der Westseite des Dorfs.

Am südlichen Ortsende befindet sich das längst in Privathände übergegangene Schloß, welches imposant über das Dorf emporragt und zu der malerischen Ansicht desselben Vieles beiträgt. Die namhaften Schloßgebäude verrathen theilweise ein hohes Alter, namentlich zeigt der sog. Thurm, der übrigens zu Wohnungen eingerichtet und mit einem Walmdach versehen ist, noch an den Ecken Buckelsteine; an demselben befindet sich ein später angebautes Thürmchen,| das die zu den Gelassen des Gebäudes führende Wendeltreppe enthält und über dem Eingang die Jahrszahl 1566 trägt. Gegen Osten steht das eigentliche, in einen modernen Styl geänderte Schloß, welches durch einen unbedeutenden Zwischenbau mit dem Thurmgebäude verbunden ist. Die Schloßgebäude schließen in Verbindung mit einer starken Ringmauer den inneren Hofraum ein und sind rings mit einem tiefen, ausgemauerten, früher mit Wasser gefüllten Graben umgeben, über den an der Stelle der ehemaligen Zugbrücke eine steinerne Brücke führt. Außerhalb dieser ehemals festen Burg steht ein ansehnliches Ökonomiegebäude, das nebst dem äußeren Hofraum und einem großen, schön angelegten Garten ebenfalls mit einer Mauer umfriedigt ist. Besitzer des Schloßguts waren seit dem Jahr 1800: Johann Friedrich Wagenseil bis zum Jahr 1811, Gottlieb Mayer bis zum Jahr 1820, J. Sanböuf bis zum Jahr 1825, Regierungs-Präsident Staatsrath v. Bühler bis zum Jahr 1848, Schultheiß Schneck bis zum Jahr 1849 und seither die Familie des erst kürzlich verstorbenen Freiherrn v. Wirsing.

Dem Schloß gegenüber an der nördlichen Ortsseite steht die ehemalige, längst in eine Bauernwohnung umgewandelte Holderburg, die mit tiefem Graben, der in neuerer Zeit größtentheils ausgefüllt wurde, umgeben war; innerhalb des Grabens lief eine theilweise noch erhaltene feste Mauer und schloß mit den Schloßgebäuden den Burghof ein, zu dem eine Zugbrücke führte. Von dem ursprünglichen Schloß ist die hintere, auf die Burgmauer stoßende Seite noch ganz erhalten und trägt das entschiedene Gepräge hohen Alters, während die Vorderseite nur in ihrem unteren massiven Stockwerk noch aus alter Zeit zu stammen scheint; dasselbe hat rundbogige Eingänge, von denen einer 20′ über der Erdfläche sich befindet und auf die Ringmauer führt. Um die Holderburg liegt ein großer Garten, der auf drei Seiten mit einer Mauer umfangen ist.

Gutes Trinkwasser liefern ein laufender, ein Schöpf- und 24 Pumpbrunnen; überhaupt ist der Ort sehr wasserreich, indem überall leicht Pumpbrunnen errichtet werden können. Auf den Fall von Feuersgefahr sind zwei Wetten angelegt. Von den auf der Markung vorkommenden Quellen sind die bedeutendsten der Feldbrunnen, der Riedlesbrunnen und der Saubrunnen, welch letzterer übrigens nur periodisch fließt und als ein sog. Hungerbrunnen zu betrachten ist; auch im Ort selbst kommen einige periodische Quellen vor. In dem östlich vom Ort gelegenen Seeholz bestand früher ein See, der längst trocken gelegt ist.

Die im Allgemeinen körperlich kräftigen und wohl gewachsenen| Einwohner sind sehr fleißig; ein großer Theil derselben sucht sich in dem nahe gelegenen Ludwigsburg durch Taglohn und Fabrikarbeiten sein Auskommen zu sichern; besonders finden daselbst viele der im Ort ansäßigen Maurer und Zimmerleute (zwei Meister und 148 Gesellen) Arbeit und Verdienst. Die ökonomischen Verhältnisse der Einwohner sind sehr verschieden; man trifft einzelne Wohlhabende, viele Mittelbegüterte und auch viele Unbemittelte, so daß die Gemeinde dermalen etwa 800 fl. jährlich zur Unterstützung der Ortsarmen aufzuwenden genöthigt ist. Der bedeutendste Güterbesitz beträgt 65 Morgen, der häufigste 12 Morgen und ein großer Theil der Einwohner besitzt entweder gar kein Grundeigenthum oder nur 1–11/2 Morgen.

Die Haupterwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht; die vorhandenen Handwerker dienen, mit Ausnahme der schon angeführten Maurer und einiger Schneider und Schuster, nur den örtlichen Bedürfnissen. Eine kleine Cigarrenfabrik beschäftigt 4–5 Personen; übrigens bestehen vier Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, ein Kaufmann und ein Krämer.

Die Markung ist ziemlich groß und war, ehe Ludwigsburg einen Theil derselben wegnahm, noch viel bedeutender; übrigens besitzen die Oßweiler ziemlich viele Güter nicht nur auf der neu gegründeten Markung Ludwigsburg, sondern auch auf der von Aldingen.

Die Feldgüter liegen mit Ausnahme der steilen Gehänge gegen das im Osten die Markung berührende Neckarthal, beinahe eben und haben im Allgemeinen einen ziemlich gleichen, fruchtbaren Diluviallehmboden, der in Verbindung mit den günstigen klimatischen Verhältnissen alle gewöhnlichen Feldfrüchte reichlich hervorbringt. Nur südlich vom Ort, auf der sog. Schanze, tritt in geringer Ausdehnung Mergel auf, dessen Verwitterung einen ziemlich stark gebundenen Thonboden liefert, der die Feuchtigkeit nicht gehörig durchläßt und deßhalb in trockenen Jahrgängen ergiebiger ist, als in nassen.

Straßenmaterial wird aus einigen Muschelkalksteinbrüchen im östlichen Theil der Markung gewonnen.

Gewitter sind selten und Hagelschlag ist seit Menschengedenken nicht vorgekommen.

Die Landwirthschaft wird sehr gut betrieben und dem ohnehin ertragreichen Boden durch kräftige Düngung immer mehr nachgeholfen; außer den im Ort gewonnenen Düngungsmitteln wird noch viel Straßendünger und Gülle in Ludwigsburg aufgekauft und für die Felder verwendet; auch etwas Compost und ziemlich Gyps kommt in Anwendung. Verbesserte Ackergeräthschaften, wie der Brabanter| Pflug, die Walze, die Repssämaschine, haben allgemeinen Eingang gefunden und das einfache Joch hat das lästige Doppeljoch beinahe ganz verdrängt.

Im üblichen Dreifeldersystem werden die gewöhnlichen Getreidearten und von diesen vorzugsweise Dinkel, Hafer und Gerste gebaut; in der beinahe vollständig angeblümten Brache zieht man hauptsächlich Kartoffeln, Angersen, Ackerbohnen, dreiblättrigen Klee, Welschkorn, Riesenmöhren und von Handelsgewächsen Hanf, Mohn, Reps und Zuckerrüben. Zur Aussaat rechnet man auf den Morgen 6–7 Sri. Dinkel, 3–4 Sri. Hafer und 21/4 Sri. Gerste; der durchschnittliche Ertrag wird zu 8–9, ausnahmsweise 12–15 Scheffel Dinkel, 6–7 Scheffel Hafer und 5–6 Scheffel Gerste pr. Morgen angegeben. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich im Durchschnitt zwischen 200 und 420 fl., die geringsten und weit vom Ort entfernten Äcker werden noch mit 150 fl. pr. Morgen bezahlt. Die Größe eines Grundstücks beträgt meist 1/2 Morgen, öfter auch 2–4 Morgen. Von den Felderzeugnissen werden über den eigenen Verbrauch nach Außen abgesetzt etwa 2550 Scheffel Dinkel, 300 Scheffel Hafer, meist an das Militär in Ludwigsburg, und 400 Scheffel Gerste; auch Ackerbohnen kommen in nicht unbedeutender Ausdehnung zum Verkauf, deßgleichen Reps und Kartoffeln.

Der Wiesenbau ist im Verhältniß zu dem bedeutenden Viehstande nicht ausgedehnt, daher auch Futtersurrogate eifrig gepflanzt werden; die Wiesen, denen keine Wässerung zukommt, liefern ein nahrhaftes Futter und zwar von dem Morgen durchschnittlich 25–30 Centner Heu und 12–15 Centner Öhmd. Ihre Preise bewegen sich zwischen 200 und 400 fl. pr. Morgen.

Der früher in geringer Ausdehnung betriebene Weinbau ist in den Mißjahren seit 1812 vollends abgegangen.

Die im Zunehmen begriffene Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit den im Bezirk allgemein eingeführten Mostsorten und etwas Tafelobst. Zwetschgen werden wenig gezogen, dagegen hat die Gemeinde auf einer Allmand (Lochrain) gegen 300 Kirschenbäume gepflanzt, die in kurzer Zeit einigen Ertrag versprechen. Das Obst wird theils nach Außen abgesetzt, der weit größere Theil aber im Ort selbst verbraucht.

Gemeindewaldungen sind nicht vorhanden, dagegen haben mehrere Bürger eigene Waldungen (1–4 Morgen). Im Jahr 1854 wurden 59 Morgen Staatswaldungen, welche auf der Markung lagen, an Ortsbürger verkauft und von diesen größtentheils ausgestockt.

| Der Rindviehstand (Neckarschlag mit Simmenthaler Kreuzung) ist beträchtlich und wird durch fünf, theils Simmenthaler, theils Landfarren immer mehr verbessert. Die Anschaffung und Haltung der Farren ist einem Bürger überlassen, wofür ihm die Gemeinde neben der Nutznießung von vier Morgen Wiesen jährlich 140 fl. Unterhaltungskosten reicht. Der Handel mit Vieh auf benachbarten Märkten ist nicht unbeträchtlich, auch wird ein namhafter Milchverkauf nach Ludwigsburg unterhalten, der jährlich gegen 4000 fl. einträgt.

Die Schafzucht wird von einem Schafweidebeständer, der wegen Veredlung der Schafe schon mehrere Preise erhielt, gut betrieben; derselbe läßt 500 Stücke feine Bastarde auf der Markung laufen und setzt die gewonnene Wolle in Kirchheim ab. Der Herbstweidepacht sichert der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von 525 fl. und die Pferchnutzung trägt ihr etwa 300 fl. ein.

Zucht von Schweinen findet nicht statt, dagegen kauft man viele Ferkel, meist englische Bastarde, in Ludwigsburg auf und mästet sie größtentheils für den eigenen Bedarf.

Hühner und Gänse werden viele gezüchtet und mit letzteren, wie auch mit Eiern, ein kleiner Handel nach Ludwigsburg getrieben.

Durch den Ort führt die frequente Vicinalstraße von Ludwigsburg nach Neckargröningen und weiter in das Remsthal; überdieß ist das Dorf mit den umliegenden Orten durch ziemlich gute Wege verbunden. Die Entfernung auf die nächste Eisenbahnstation Ludwigsburg beträgt 1/2 Stunde.

Die Gemeindepflege besitzt eigene Güter (Wiesen und Krautgärten), die ihr eine Pachtsumme von 389 fl. jährlich eintragen. Die alljährliche Gemeindeschadensumlage ist hauptsächlich wegen der ziemlich vielen Ortsarmen bei dem geringen Stiftungsvermögen bedeutend. (Tab. III.)

Ehemals führte durch den Ort eine von Poppenweiler herkommende Römerstraße (s. den allg. Theil).

Auf dem sog. Vorhof, östlich am Dorf, befindet sich ein beträchtlicher, künstlich aufgeworfener Hügel, der mit einem tiefen Graben umgeben ist und ohne Zweifel von den Römern zur Überwachung der hier vorüberziehenden Heerstraße aufgeführt wurde. Ein ähnlicher Hügel stand an der Stelle der Wohnung des gegenwärtigen Ortsvorstandes.

Als im Jahr 1820 Gottlieb Renz sein östlich von dem Schloß gelegenes Haus erbaute, stieß man auf etwa 40 Grabstätten, welche in dem Lehm eingesetzt waren und von denen nur einzelne eine| Umfriedigung mit Steinplatten hatten; sie enthielten außer den Skeletten alte Waffen, namentlich sog. Sachse, glasirte, durchlöcherte Thonkügelchen etc. In der Nähe dieses Leichenfeldes wird eine erhaben gelegene Stelle, an der man schon Grundmauern ausgrub, „auf der Kapelle“ genannt; überhaupt stößt man allenthalben, namentlich am östlichen Ende des Orts auf Grundreste abgegangener Gebäude, die sich durch viele Erhöhungen und terrassenförmige Absätze sogar an der Oberfläche kund geben. Südwestlich vom Ort, auf der sogn. Mauer, wurden vor 8 Jahren Grundmauern ausgegraben, die auf einen abgegangenen Wohnplatz hindeuten.

Auch sind südlich am Ort an einem etwas erhöhten Punkt, „auf der Schanze“ genannt, alte Münzen gefunden worden.

Etwa 1/2 Stunde nordöstlich vom Ort lag auf einem flachen Ausläufer gegen den Neckar der längst abgegangene Ort Hausen, von dem noch die Stelle „zu Hausen“ und ein von Oßweil dahinführender Weg „der Häusinger (Hausener)“ Weg genannt wird.

Westlich vom Ort, in der Richtung gegen Ludwigsburg, lag das Pfarrdorf Geißenang, dessen Namen sich noch in den zu Oßweil gehörigen Gütern „Geißnang (Geißneck)“ erhalten hat. (s. oben bei der Stadt Ludwigsburg.)

In Oßweil hatte das Kloster Murrhard eines seiner Widemsgüter und noch bis in’s 16. Jahrh. Besitzungen, wenn gleich die Urkunde K. Ludwigs von 817, worin eines Hofs dieses Klosters in Ozewile gedacht wird (Wirt. Urkundenbuch 1, 87) unterschoben ist. Um 1100 erhielt das Kloster Hirschau hiesige Besitzungen (Cod. Hirs. 27 b. 30 b.). Das Kloster Bebenhausen erkaufte 1279 allhier einen von Schwigger von Blankenstein zu Lehen gehenden Laienzehnten (Mone Zeitschr. 3, 331) und erhielt zu Geschenk in demselben Jahr einen Zehentantheil von Ita, geb. von Berg, Wittwe Bertholds von Lichtenstein (Mone 3, 342, vrgl. eb. 424).

Die Oberherrlichkeit über Oßweil mag im Jahr 1308 als Theil der Grafschaft Asperg an Württemberg gekommen sein. Mit der hohen Gerichtsbarkeit war in alter Zeit das Wildfangsrecht (das Recht alle unehliche Kinder etc. für Leibeigene zu behandeln) verbunden. Den 21. Januar 1316 verzichteten die Gebrüder Herter gegen den Grafen Eberhard von Württemberg auf ihre Ansprüche an die Güter zu Oßweil. Im Jahr 1446 freite Graf Ludwig von Württemberg den Hof seines Kammersecretärs Mangold Schreiber von Steuern, Landschaden, Reise und Diensten (Sattler Topogr. 489).

Das Hauptlehengut mit der Burg war anfangs in Händen des nach dem Ort sich nennenden Adelsgeschlechts, welches| ursprünglich zu den Ministerialen der Grafschaft Asperg gehörte und ein nach Rechts gekrümmtes, am Rücken ausgezacktes Widderhorn als Wappen führte. Wintherus de Oswile kommt um 1100 vor (Cod. Hirs. 27 b.). Als Zeugen Graf Hartmanns von Gröningen für das Kloster Steinheim erscheinen den 4. März 1257 Herbrandus senior de Byhingen, Herbrandus filius ejus de Oswil (St.A.). Später kommen vor die Taufnamen Schwigger 1289 (Mone 4, 124), Wolfram 1300, Hans 1300 (Reichsst. Arch.Urk. 1, 25), Gerhard 1308, 1317, Volknand 1320, Wolf 1322, 1323 u. s. f. Die Familie trug ansehnliche Lehengüter an verschiedenen Orten, so hatte sie namentlich zeitweilig halb Schöckingen (Beschr. des O.A. Leonberg, S. 240). Johann v. Oßweil starb 1378 ohne männliche Nachkommenschaft; seine einzige Tochter, Bryda, welcher er Lehensgüter in Oßweil, Neckarweihingen, Beihingen und Poppenweiler hinterließ, heirathete Bertholden zu Stein und in zweiter Ehe 1398 Reinharden von Münchingen. Mit Brennmül von Oßweil, welcher 1/4 Erdmannshausen von Württemberg zu Lehen trug, erlosch 1390 der Mannsstamm des Geschlechtes.

Nach dem Aussterben der Herren von Oßweil erscheinen als Besitzer des adeligen Gutes die Herren von Kaltenthal; durch Heirath bekamen die von Remchingen Besitzungen. Den Herren von Kaltenthal kaufte das Stift Stuttgart einen Hof ab, welchen es 1454 an Graf Ulrich von Württemberg vertauschte (Steinhofer 2, 962).

Anna von Kaltenthal brachte einen Theil von Oßweil ihrem Gatten Otto von Baldeck zu, dessen Enkelinnen Anna und Sibylla (Wolfs von Neuhausen Ehefrau), Hans von Baldecks Töchter, es an Herzog Ulrich von Württemberg den 26. Juni 1536 verkauften (mit einem Theil von Eglosheim, s. d.).

Wegen der Obrigkeit und Herrlichkeit zu Oßweil wurde am 3. Jul. 1582 zwischen dem Herzog Ludwig von Württemberg und Hans Caspar von Kaltenthal ein Vergleich aufgerichtet des Inhalts, daß die peinliche Gerichtsbarkeit zu Oßweil allein dem Haus Württemberg zustehe, dagegen von den Geldstrafen gegen die kaltenthalischen Leibeigenen nur zwei Drittheile der Herrschaft Württemberg, das letzte Drittheil aber dem von Kaltenthal gehören solle.

Zur Handhabung der Polizei sollte ein aus 12 Richtern – worunter 8 württembergische und 4 kaltenthalische Leibeigene – bestehendes Gericht eingesetzt werden, von welchem aus die Appellation an das württ. Ober- und Hofgericht statt hatte.

Einen weitern Antheil hatten die von Nothaft gehabt, welche ihn schon im J. 1504 besaßen; an Heimeran v. Nothaft vertauschte| der Herzog Christoph das hiesige, von dem Kloster Murrhard erhandelte Patronat den 14. Jan. 1551 gegen das zu Beihingen.

Später erscheint ein Theil des Orts in den Händen Ferdinand Wilhelm Taubers von Taubershard, dessen Tochter ihn ihrem Gatten Pfaudt von Kürnberg zubrachte. Von ihr kam er an seine beiden Söhne, Franz Pfaudt von Kürnberg, brandenburgischen Forstmeister und Christoph, von denen jeder seinen Antheil an Georg Philipp von Bidenbach-Treuenfels, damals Oberforstmeister in Heidenheim († 1722), verkaufte[1], ersterer im Jahr 1694 für 2000 fl., letzterer im Jahr 1698 für 1000 fl. und 3 Dukaten.

Im Jahr 1748, ein Jahr nach dem Tode des unvermählten Württ. Neustadtischen Oberstallmeisters Hercules Felix von Bidenbach verkaufte dessen Schwester und Erbin, die verwittwete Frau Oberst von Castanier, ihr steuerfreies Schloßgut und ihr der Reichsritterschaft in Schwaben Cantons am Kocher immatrikulirtes Drittel an Oßweil salvo tamen jure collectandi um 42.000 fl. an Württemberg, welches im Jahr 1751 auch die v. Kaltenthalischen Besitzungen auskaufte (Scheffer 226). Der ganze Ort kam nun unter das Stadtvogtamt (nachher Oberamt) Ludwigsburg. Zu den Rechten, zu denen Württemberg allhier gelangte, gehörte auch das bereits erwähnte Wildfangsrecht.

Das Stift Stuttgart erkaufte im Jahr 1431 von Hans von Kaltenthal für 456 fl. dessen hiesigen Hof und noch andere Güter, von Hans von Stein und Georg von Münchingen im Jahr 1454 gleichfalls einen Hof von Graf Ulrich von Württemberg und ertauschte im Jahr 1467 von ebendemselben Grafen dessen ganzen Zehentantheil, wie solcher vor Zeiten zur Kirche von Neckarrems gehört hatte. Einzelne Besitzungen hatte auch der Eßlinger Spital (schon 1304).

Am 10. (20.) Sept. 1634 brannten die Kaiserlichen das Dorf zur Hälfte ab, nachdem es rein ausgeplündert und die Bürgerschaft fürchterlich mißhandelt worden war, und am 10. (20.) Mai 1635 wurde der Rest des Dorfs vollends von den kaiserlichen Belagerungstruppen vor Asperg in Brand gesteckt. Vom Jahr 1637–41 stund es ganz öde. In den nächst folgenden Jahren war es zeitweise nach Aldingen und nach Neckarweihingen eingepfarrt. Im Jahr 1693 plünderten es die Franzosen und legten 21 Gebäude in Asche.

| Zur hiesigen Pfarrei haben als Filialien der Fuchshof und der Erlachshof gehört, welche bei der Gründung der Stadt Ludwigsburg überbaut wurden.

Den Kirchensatz erwarb Württemberg im Jahr 1555 vom Kloster Murrhard, wie auch heut zu Tage die Nomination und Confirmation der Pfarrer der Krone zusteht.


  1. Indeß hatte schon Georg Wilhelm Bidenbach von Treuenfels, württ. Geh. Regimentsrath und seit 1671 Obervogt zu Leonberg, die niedere Jurisdiction und das Schloßgut Oßweil.
« Kapitel B 15 Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg Kapitel B 17 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).