Beschreibung des Oberamts Heidenheim/Kapitel B 15
« Kapitel B 14 | Beschreibung des Oberamts Heidenheim | Kapitel B 16 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Unter den Einwohnern, einem körperlich kräftigen und gutgearteten Menschenschlag, [1] herrscht viel Wohlstand, der sich hauptsächlich auf den vortheilhaften Betrieb des Ackerbaus gründet. Die Gemeinde besitzt außer den angeführten liegenden Gütern c. 1000 fl. Kapitalien. Als Nutzung ist jedem Bürger ein Kartoffelland zugetheilt. Holzgaben von 1/2 Klafter kommen nur etwa alle 15-20 Jahre zur Vertheilung. Die Zehenten bezieht der Staat, einige grundherrliche Abgaben an Geld und Naturalien das Hospital in Giengen, und die Stiftungspflegen hier und zu Altheim. Die Frohnen sind abgelöst, und zwar wurden sie im jährl. Betrag von 10 fl. 45 kr. angenommen. Auch wurden abgelöst Gebäudeabgaben, Hundsthaler etc. jährlich 3 fl. Aufgehoben wurden Gewerbezinsen, Hirtenstab etc. jährl. 18 fl. 59 kr.
Heuchlingen ist 31/4 geom. St. südlich von Heidenheim, ganz frei auf einer Kuppe gelegen und stellt sich schon aus der Ferne vortheilhaft dar. Der Ort enthält mehrere ansehnliche Bauernhäuser, und zählt 153 Wohngebäude. Die Vicinalstraße von Dettingen nach Heldenfingen, Gerstetten etc. führt mitten hindurch. Brunnquellen sind im Ort selbst keine, wohl aber südlich und westlich in der Entfernung von 1/4 St. An der Nordseite des Dorfes steht etwas erhöht die 1792 ganz neu und zweckmäßig erbaute Pfarrkirche mit einem sehr hübschen Kuppelthurm. Die Baulast ist zwischen | der Gemeinde und der Stiftungspflege getheilt. Letztere hat 800 fl. Kapitalien, und c. 90 fl. jährl. Einkünfte. Die Pfarrei wird gegenwärtig durch den Pfarrer von Dettingen versehen, wird aber einen eigenen Pfarrer erhalten, sobald das neu zu erbauende Pfarrhaus fertig seyn wird, zu welchem Zweck die Pfarrbesoldung zurückbehalten wird. Vor vier Jahren ist ein neuer Begräbnißplatz nördlich von dem Orte angelegt worden. Das Schulhaus hat die Gemeinde im J. 1825 erneuert und vergrößert; Rathhaus besitzt sie keins, seine Stelle vertritt eine Wirthsstube. – Ein abgegangener Weiler, von dem ein Felddistrikt den Namen Jungholzerhof führt, soll 1/2 St. südöstl. von dem Orte gestanden haben. Ein anderer Distrikt, 1/4 St. westlich, heißt die Römerhalde.Am äußersten Ende der diesseitigen Markung im sogenannten Hunger- oder Hungerbrunnen-Thal, wo die oben S. 13 erwähnte periodische Quelle zu Tage kommt, an demselben Punkt, wo die Markungen von Altheim, Heldenfingen und Heuchlingen zusammenstoßen, ist ein kleiner, ungefähr 40’ langer und 30’ breiter Platz, der in älteren Zeiten mit Marksteinen bezeichnet war und für eine Freistätte galt. Die genannten Gemeinden, die hier ein gemeinschaftliches Waidrecht hatten, feierten auf diesem Platze abwechselnd am Ostermontag und am ersten und zweiten Sonntag nach Ostern einen lustigen Tag mit einem kleinen Markt und Tänzen, wozu die Spielleute aus den Gemeindekassen bezahlt wurden. Blutige Händel und Unsittlichkeiten aller Art gesellten sich jedesmal zu diesem Volksfest, doch keine Polizei glaubte sich befugt, auf dem zwischen Württembergischer und Ulmischer Herrschaft neutralen Freiplatz einzuschreiten. Im J. 1705 aber beschloß der Rath zu Ulm (Protoc. d. d. 29. Apr.), daß, wenn Altheim den Tanz halten würde, der Amtmann zu Ballendorf „diesem actui beiwohnen und die Gebühr observiren solle.“ Und ums J. 1730 vereinigten sich endlich Württemberg und Ulm zu gemeinschaftlicher Aufhebung dieser Volkslustbarkeit. Doch ist der alte Brauch nicht ganz untergegangen; noch jetzt kommen am Palmsonntag junge Leute von hier, mehr aber noch von Heldenfingen, auf den Platz, wo sich jetzt zwar weder Krämer noch Fiedler, aber einige Bäcker einfinden, welche an die jungen Burschen Bretzeln verkaufen. Diese beschenken damit ihre Mädchen, und am Ostertag wiederholt sich der Besuch des Platzes, wo dann das Mädchen jenes Geschenk mit einem Osterei erwiedert. Nach kurzem Aufenthalt zieht man in bester Ordnung singend wieder heim.
Als Huchelingen cum silua, que dicitur Juncholz (Jungholz) tritt das Dorf im Jahr 1143 unter den Orten, wo Kloster Anhausen Güter erhielt, in die Geschichte ein. Genanntes Kloster | blieb hier beständig im Besitze vieler Liegenschaften, welche unter der Vogtei der Herrschaft Heidenheim standen. [2]Im Jahr 1390 verkaufte Herzog Friedrich von Teck, Gemahl der Helfensteinerin Anna, an Albrecht von Rechberg, zugleich mit der Veste Falkenstein, Leute und Güter in Heuchlingen und mehreren anderen Orten (Arch. Urk.). Diese rechbergischen Erwerbungen giengen den 27. April 1593 durch Kauf an Herzog Ludwig von Württemberg über (Scheffer, 128). Ein Haupttheil von Heuchlingen war schon im Jahr 1448 von den Grafen von Helfenstein an Württemberg gekommen.
Im Jahr 1614 wurde in einem Vergleich zwischen Württemberg und Ulm der Commun Heuchlingen „ihr berechtigtes Wildobstklauben, Häuung der Hölzer und Sammlung des dürren Holzes mit seinen Einschränkungen bestätigt.“ (Sattler, Herzoge 6, 92).
« [[Beschreibung des Oberamts Heidenheim/|]] | Beschreibung des Oberamts Heidenheim | Kapitel B 16 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|