Zum Inhalt springen

Beschreibung des Oberamts Gmünd/Kapitel B 4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Gmünd Kapitel B 5 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Degenfeld,
Gemeinde III. Kl. mit 300 Einw., worunter 185 Kath. – Ev. Pfarrei. Die Kath. sind nach Weissenstein, Oberamts Geislingen eingepfarrt. 23/4 Stunden südöstlich von Gmünd.
Der Ort hat eine gar schöne, malerische Lage in dem tiefen Albthal der Lauter, am Fuße des Kuhbergs, auf dessen östlichem Vorberg einst die Stammburg der Grafen von Degenfeld stand, von der jetzt nur noch der Burggraben zu sehen ist. Das Lauterthal, von Norden gegen Süden ziehend, ist eng und hat zu beiden Seiten | mächtige Berggehänge, die, meist von üppigem Laubwald bewachsen und von großen Felsgruppen belebt, aus dem frischen, wiesengrünen Thalgrund steil und kühn emporsteigen Beim Orte selbst erweitert sich das Thal, weil hier von Ost, Nord und West Schluchten hereinbrechen. Herrliche Aussichten bieten sich überall auf den Höhen, die schönste aber auf dem Bernhardusberge, wo sich gegen Norden und Osten ein fast unermeßlicher Blick über die Lorcher, Welzheimer, Gaildorfer und Ellwanger Gegenden mit ihren Hügelketten aufthut, gegen Nordwest das reiche Land bis an den Stromberg und die fernen Vogesen; gegen Westen aber die ganz nahe stehenden, herrlich geformten, kahlen Bergpyramiden des Stuifens, Rechberg und Staufens in ganz ungewöhnlich großartiger und schöner Gruppirung sich darstellen, eine Ansicht, die kein Punkt der Alb wieder ähnlich prächtig gewährt. Auch von dem nahen Galgenberge genießt man eine überraschend schöne Aussicht in das Weissensteiner und in das Donzdorfer Thal, wie auch an die Alb selbst und an ihre hohen Vorberge. Das unregelmäßig gebaute Dorf, von reinlichen wohlgekandelten Straßen durchzogen und von Obstbäumen dicht umgeben, liegt sehr schön, und macht mit seinen hübschen, oft noch strohgedeckten Bauernhäusern und der malerisch auf der höchsten Stelle stehenden alterthümlichen Kirche einen sehr günstigen Eindruck. Dieses bemerkenswerthe Bauwerk hat einen großen Thurm gegen Osten und stammt aus romanischer Zeit; die Südmauer des Schiffes zeigt noch alte, sehr schmale Rundbogenfensterchen; sonst sieht man an der Kirche noch einige spätgothische Fenster. Das erste Geschoß des zweistockigen, mit achteckigem Zeltdach bekrönten Thurmes ist noch ganz im romanischen Stil erhalten; im Innern tragen vier sehr starke Rundsäulen die hohen, schweren Kreuzrippen; das Gewölbe selbst ist als Halbkugel gestaltet und aus lauter großen Quadern zusammengesetzt; die Kapitelle der Säulen zeigen die Würfelform und zwar belebt mit Blättern oder Thiergestalten, beides schrecklich dick übertüncht; auch der Triumphbogen ist noch der alte, ein ganz ungetheilter Rundbogen, auf schlichten Kämpfern ruhend. An der Nordwand des Thurmes befindet sich ein zierliches, durch die Treppe halbverdecktes Grabmal eines im 17. Jahrhundert gestorbenen Knäbleins aus dem Degenfeld’schen Hause; an derselben Wand hängt ein hübscher Todtenschild mit der Umschrift: Anno dom. 1551 auf den 7. Augusty starb der edel und vest junker wylhalm v. Degenfeld. Auf dem Altare steht ein schönes, altes Krucifix. Die Kirche wurde in neuerer Zeit gegen Westen verlängert. Von den drei Glocken ist die größte von 1788, die zweite hat die Umschrift: s. lucas. s. marcus. s. matheus. s. iohannes. 1446. iar., darunter ein Relief Christus am Kreuz mit Maria und Johannes; die dritte Glocke trägt ebenfalls die vier Evangelistennamen, ferner die Jahreszahl 1465 | und ein Relief, Christus im Weinberg. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Das Pfarrhaus, ein schönes, zweistockiges, ganz von Stein 1861/1862 errichtetes Gebäude, steht mit Scheune und großem Obstgarten nördlich von der Kirche und ist vom Staat zu unterhalten.

Der jetzige Friedhof befindet sich am südwestlichen Ende des Orts, der alte, noch theilweise erhaltene, liegt um die Kirche.

Das Schul- und Rathhaus, erbaut 1831, enthält außer den Gelassen für den Gemeinderath ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend drei laufende Brunnen und zwei Pumpbrunnen; nie tritt Wassermangel ein. Dann entspringt auf der quellenreichen Markung die frische, krystallhelle Lauter, die während ihres Laufes über die Markung einige kleine Bäche, darunter den Glasklingenbach, aufnimmt; sie tritt zuweilen aus, jedoch ohne zu schaden. Nördlich am Dorf liegt ein kleiner, künstlicher Weiher.

Die Vicinalstraße von Gmünd nach Weissenstein geht durch den Ort; über die Lauter führen zwei steinerne und eine hölzerne Brücke, über den Glasklingenbach zwei Stege, sämtlich von der Gemeinde zu unterhalten.

Von den im allgemeinen kräftigen, geordneten Einwohnern sind gegenwärtig 3 über 80 Jahre alt. Ihre Volkstracht wurde durch die städtische verdrängt.

Die Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau und Viehzucht; unter den Gewerbetreibenden sind Schuster, Schmiede und Wagner am meisten vertreten, die jedoch nicht nach außen arbeiten; zwei Schildwirthschaften und zwei Kramläden bestehen.

Zunächst am Ort liegt eine Mahlmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang.

Degenfeld gehört zu den wohlhabendsten Orten des Bezirks; der Vermöglichste besitzt 150 Morgen Feld und Wald, der Mittelmann 70 und die ärmere Klasse 6–8 Morgen. Wenige Güterstücke liegen auf angrenzenden Markungen.

Gemeindeunterstützung erhalten sechs Personen, worunter drei Kinder.

Das Klima ist im Thale, das gerade gegen Süden zieht, ziemlich mild, dagegen auf den Höhen rauher, windiger, und nähert sich mehr den klimatischen Verhältnissen der Alb, daher auch die westlich vom Dorf gelegene Hochebene das „kalte Feld“ genannt wird; schädliche Frühlingsfröste kommen vor, dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten.

Die mittelgroße, gut arrondirte Markung ist mit Ausnahme der | Thalebene und der Hochflächen sehr gebirgig und hat im allgemeinen einen ziemlich fruchtbaren Boden, der im Thal aus einem schweren Lehm, an den Gehängen und auf den Hochebenen aber aus den kalk- und kieselerdehaltigen Zersetzungen des weißen Jura besteht und mit Trümmern dieses Gesteins gemengt ist; ein schwarzer, humusreicher Boden kommt nicht selten vor.

Einige Jurakalkbrüche, aus denen Mauersteine und Straßenmaterial gewonnen werden, sind vorhanden; Werksteine müssen von außen bezogen werden.

Auf dem sog. kalten Feld befinden sich ein paar Erdfälle.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben; wegen der bergigen Lage der Felder und des steinigen Bodens ist der Bett- und Wendepflug als der zweckmäßigste allgemein in Gebrauch. Gut angelegte Düngerstätten sind vorhanden; außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln benützt man auch Gips, Kompost und Asche.

Von den Getreidearten kommen vorzugsweise Dinkel und Haber, weniger Roggen zum Anbau; überdies pflanzt man sehr viel dreiblättrigen Klee und Esparsette; Flachs und Hanf wird für den eigenen Bedarf gezogen.

Über den eigenen Verbrauch können jährlich 200–300 Scheffel Dinkel und 250–350 Scheffel Haber nach außen verkauft werden.

Das Wiesenareal, von dem etwa 25 Morgen bewässert werden können, ist ausgedehnt und liefert ein gutes, nahrhaftes Futter, das im Ort verbraucht wird.

Die Obstzucht beschränkt sich hauptsächlich auf die um den Ort gelegenen Gärten; es werden Luiken, Palmisch-, Lang- und Nagelsbirnen, viel Zwetschgen und wenig Kirschen gezogen; der Obstertrag wird im Ort verbraucht.

Etwa 70 Morgen Gemeindewaldungen ertragen jährlich 5 Klafter und 250 Stück Wellen, welche unter die Bürger vertheilt werden. In den Jahren 1851–1861 wurden die Waldungen, in denen die Ortsbürger Holzgerechtigkeiten hatten, vertheilt, so daß jetzt jeder Berechtigte (30 an der Zahl) 11 Morgen Wald besitzt.

Eigentliche Weiden sind viele vorhanden; sie werden theils für Schafe mit Vortheil benutzt, theils den Bürgern als Allmanden zur Anbauung überlassen. Die Gemeinde bezieht aus den Weiden, mit Einschluß der Brach- und Stoppelweide, eine jährliche Pachtsumme von 900 fl. und überdies trägt ihr die Pferchnutzung noch 100 fl. ein.

Nicht bedeutend ist die mit einer gewöhnlichen Landrace sich beschäftigende Pferdezucht, während die Rindviehzucht in beträchtlicher Ausdehnung betrieben wird; man hält die Simmenthaler Race, die durch zwei Farren nachgezüchtet wird und legt sich hauptsächlich auf Melkvieh; von der gewonnenen Milch werden täglich 50–80 Maß an die im Ort bestehende Käserei abgesetzt. Auf benachbarten Märkten | wird einiger Handel mit Vieh getrieben. Viehaustrieb findet theilweise noch statt.

Die von Ortsbürgern betriebene Schafzucht (deutsche Race und Bastarde) ist sehr namhaft; es laufen den Sommer über 1000 bis 1200 Stück, den Winter über 120 Stück auf der Markung. Die Wolle wird auf inländischen Wollmärkten abgesetzt.

Das Fischrecht in der Forellen führenden Lauter steht dem Grafen v. Rechberg zu.

Die Stiftungspflege besitzt an Kapitalvermögen 1590 fl.; besondere Stiftungen sind 250 fl. vorhanden, deren Zinse unter die Ortsarmen beider Konfessionen vertheilt werden.

Außer den schon oben angeführten letzten Überresten der Stammburg der Herren v. Degenfeld, befindet sich südwestlich vom Ort in dem sog. unteren Laubenhäule eine etwa 400′ lange Schanze, Graben und Wall; letzterer gegen 8′ hoch. Ganz in der Nähe, auf der sog. Burghalde wurden schon römische Münzen gefunden, was vermuthen läßt, daß die Schanze ein Werk der Römer sei, die sie zur Deckung der hier über das Thal führenden Römerstraße angelegt hatten (s. hier. den Abschn. Römische Altertümer).

Etwa 1/8 Stunde östlich vom Ort kommt der Flurnamen „Buittingen“ vor, was auf einen abgegangenen Wohnort deutet.

Auf dem Bernhardusberg stand eine Kirche zum heil. Bernhardus, mit einer Priesterwohnung und Wirthschaft, wohin stark gewallfahrtet wurde; die Gebäude, welche übrigens nicht mehr zu dem Bezirk gehörten, sind jetzt gänzlich abgegangen.

Degenfeld wird erstmals in Urkunden genannt bei Erwähnung der von da benannten Herrn v. Degenfeld, deren Genealogie und Geschichte folgt. Westlich vom Dorf stand ihre Stammburg, deren letzte Mauern erst 1811 abgebrochen wurden. Auch im Dorf neben der Kirche stand später ein Herrschaftshaus. Der Ort gehört zum alten Rechbergischen Gebiet und im Besitz waren zur Hälfte die Herren von Rechberg selbst, zur Hälfte deren ritterliche Dienstmannen „von Degenfeld“, welche auch in der Umgegend zu Weissenstein, Nenningen, Grünbach, Weckerstel, Kuchalp etliche Besitzungen hatten (vgl. auch Iggingen und Muthlangen).

Über die Hoheit und Gerichtsbarkeit gabs wiederholt Streit zwischen v. Rechberg und v. Degenfeld, doch mußte in dem entstandenen Proceß anerkannt werden, daß die Rechberg das höhere Recht hatten und während jeder Theil die Gerichtsbarkeit haben sollte über seine Unterthanen und auf deren Gütern, behielt Rechberg die Strafgewalt über alle auf den Gassen und der Almand; die malefizische Obrigkeit hat Degenfeld blos innerhalb Etters, nach Verträgen von 1515, 27, 31 und 79. Diese Differenzen mögen zu dem Entschluß Christofs v. Degenfeld beigetragen haben, sein Erbgut, | 1/2 Degenfeld mit 18 Unterthanen (1476 waren es je 11) und fünf Höfe zu Nenningen an Württemberg zu verkaufen 1597 um 17.500 fl. Die neue Erwerbung wurde 1605 der Landschaft incorporirt und dem Klosteramt Königsbronn zugetheilt. Württemberg und Rechberg schlossen 1603 einen neuen Vergleich, welcher das bestehende Recht bestätigte.

Die Rechbergische Hälfte gehörte schon frühe zur Herrschaft Weissenstein, z. B. 1385 und circa 1450; es hatte aber jeder Theil im Dorfe seinen Amtmann neben den Vierleuten der Gemeinde. Eine Hube in Degenfeld wird 1494 unter den Aushöfen der Herrschaft Hohenrechberg genannt. Die Gesamtgemeinde hatte von jeher Antheil an dem „Gemeindswald“ auf dem Aalbuch, mit Weissenstein und der Herrschaft Rechberg zu Dritteln späterhin vertheilt. Sibylle v. Laubenberg, geb. v. Rechberg, verkaufte auch etliche Rechte und Gerechtigkeiten 1605 an Württemberg und die ganze Rechbergische Hälfte kam in Verbindung mit Württemberg, als sie – mit andern Gütern – zu Lehen genommen wurde, 1791, um Kelmünz frei zu machen. Die Reichsritterschaft hatte Besteuerung auch der württembergischen Hälfte in Anspruch genommen, was aber durch Vertrag von 1769 abgewendet wurde.

Die Pfarrei ist alt. Pfaffe Diemar von Degenfeld war 1344 Besitzer des Kirchsatzes. Die Familie blieb im Besitz und verkaufte 1597 mit dem halben Dorf die Collatur und das jus patronatus et advocatiae, samt dem Lehenhof des heil. Sebastian, worauf Württemberg die Reformation einführte und einige Zeit die Pfarrei durch Vicare versehen ließ, bis 1606 ein Pfarrer verordnet wurde.

Rechberg wies seine Unterthanen nach Weissenstein und über die Verrichtung parrochialer Acte in Degenfeld durch katholische Geistliche gab es wiederholt Zwistigkeiten, z. B. 1778. Der Kirchhof und die Kirchenglocken blieben gemeinschaftlich.


Die Herren von Degenfeld.


Die Abstammung dieser Herrn von den schweizerischen Freiherrn von Tegernfeld (Wappen: ein geschachter Schild mit einem Herzschilde, worin ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen) gehört zu den zahllosen genealogischen Fabeln, aus der Namensähnlichkeit herausgesponnen. Die Herren v. Degenfeld (mit einmal getheilten Wappenschild, dessen kleinere obere Hälfte quadrirt ist, in roth und weiß, die untere Hälfte blau) sind Stammverwandte der benachbarten Herren v. Schneggen- oder Hohenroden (Oberamts Aalen), von welchen Ulricus de S. 1349 dasselbe Wappen führte, und sie waren Dienstmannen der Herren v. Rechberg, wie z. B. Conz v. Degenfeld 1352 den Wilhelm v. Rechberg seinen Herrn nennt, Conz v. Degenfeld 1353 den Wilhelm v. Rechberg seinen gnädigen Herren. Heinrich | v. Rechberg und Martin sein Sohn sagen 1482: als der frumm und veste Martin v. Degenfeld sich gegen uns mit erbarn Diensten, deßgleichen seine Vordern mit unsern Vordern lange Zeit mit aller Gutwilligkeit, Lieb und dienstlichem Fleiß geübt und erzeigt haben, weßhalb wir ihm und dem Namen Degenfeld im besondern geneigt sind, versehen wir uns zu ihm und allen Andern von Degenfeld nichts anders, denn alles Guts u. s. w.

Zuerst begegnete uns ein Hermann v. Degenvelt, Prior in Komburg 1319 und 1320 (Reg. boic. 6, 3), 1342/1352 kommen vor Cunz v. Degenfeld und sein Bruder Pfaff Diemar zu Degenfeld, welcher verschiedene Güter dem Kloster Lorch (wo sein Oheim Ludwig Abt war) vermachte (Cleß 2, 264). Ein zweites Brüderpaar erscheint 1362: Rüdiger v. Degenfeld und ux. Jutte v. Nellingen verkaufen 1 Pfund H. aus Haus und Hof zu Süßen; Zeuge ist sein Bruder Utz v. Degenfeld (Gabelcover.); Albrecht v. Degenfeld wird 1364 genannt, der auch mit Friedrich v. Degenfeld im Adelberger Todenbuch steht.[1])

Ein Conz oder Conrad II. v. Degenfeld wurde 1360 mit Degenfeld belehnt, verkaufte 1393 sein Gut in Unterweckerstell und † 1397. Ihm folgen Johann v. Degenfeld, Kirchherr ebenda, und Cunz III. z. B. 1397 genannt, Cunz wieder 1398, † 1430. Hans v. Degenfeld kauft 1431 ein Gut zu Winzingen und vertauschte es 1440 gegen eines zu Degenfeld; besonders wichtig für seine Familie war die Erwerbung von Eybach 1456; auch Käufe in Unter-Kirneck und Holzheim sind bekannt, 1451 und 1451 (Oberamt Welzheim und Göppingen); Wilhelm v. Degenfeld war Kirchherr zu Böhmenkirch 1441 und Chorherr in Augsburg 1452 bis 1456. 1466 kauften Hainz und Martin v. Degenfeld, welch letzterer in enger Verbindung mit den Gmünder Patriziern stand; er blühte 1458 bis 1486 und saß 1482 zu Weissenstein auf dienstbaren, aber ihm gefreiten bürgerlichen Gütern. Auf Martin folgt in den Urkunden Wilhelm v. Degenfeld „zu Ybach“ † 1533; war er wirklich fast 100 Jahre alt, so muß er Martins Bruder (nicht Sohn) gewesen sein, und dazu stimmt, daß er schon 1468 in Rom zum Ritter geschlagen wurde. Von seinen acht Söhnen überlebte ihn blos der geistlich gewesene Martin II., der evangelisch wurde, heirathete und lange Zeit württembergischer Obervogt gewesen ist, † 1557. Er hinterließ c. ux. B. v. Stammheim zwei Söhne, Johann Christof und Conrad, die Stifter der zwei jetzt freiherrlichen und gräflichen Linien, deren Stammbaum wir um so mehr in Kürze geben | wollen, da Christof v. D. sein Stammhaus Degenfeld, 1597 an Württemberg verkauft hat, wo er auch ein sehr angesehener Mann war, Oberst-Landhofmeister, † 1604. Sein Sohn nahm 1600 ein trauriges Ende, von dessen drei Söhnen aber starb Christof Wilhelm 1624, Christof Wolfgang 1631 und der einzig überlebende Christof Martin I. gewann zum väterlichen Erbe vielen Ruhm und weitere Besitzungen. Zuerst zeichnete er sich in kaiserlichen Diensten aus unter Tilly, Spinola und Wallenstein, in Deutschland, den Niederlanden und gegen Dänemark, z. B. bei Wimpfen Höchst und Lutter. Beim Falle Wallensteins wurde auch sein Regiment aufgelöst 1630 und Degenfeld trat nun 1632 in schwedische Dienste mit zwei Reiterregimentern; seine guten Dienste wurden mit der Rechbergischen Herrschaft Straßdorf, den geistlichen Gütern in Gmünd, der Commende Kapfenburg u. a. m. belohnt, alles ging aber samt seinen Erbgütern durch die Schlacht bei Nördlingen verloren. Degenfeld trat 1636–1642 in französische Dienste, mit zwei deutschen Reiterregimentern, und wurde colonel général de la cavallerie étrangère. Durch Intriguen verdrängt, nahm er Kriegsdienste bei der Republik Venedig und erwarb hohen Ruhm gegen die Türken als Generalgouverneur von Dalmatien und Albanien bis 1649, worauf er seine Besitzungen Eybach und Dürnau wieder herstellte, † 1553[ws 1]. Schon 1625 war er, mit seinem Vetter Christof Jacob v. Degenfeld, vom Kaiser in den Freiherrnstand erhoben worden.

Von seinen Söhnen fielen Gustav und Adolf im Felde, Ferdinand wurde blind geschossen, Hannibal † ledig, Christofs Linie endete 1733 mit einem Sohne Christof Ferdinand und blos Maximilian setzte das Geschlecht dauernd fort, durch zwei Söhne: Joh. Martin II. und Philipp August, † 1750, während die schöne Tochter Louise der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz zur linken Hand[ws 2] heirathete und zur Raugräfin[ws 3] erhob.

Ihre Enkelin, die Gräfin Marie von Schomburg, Tochter des Herzogs Mainhard zu Schomburg und Leicester und der Raugräfin Caroline, heirathete Christof Martin II. von Degenfeld, † 1762, preußischen Minister und General der Cavallerie, welcher in den Grafenstand erhoben wurde und den Beinamen Schomburg annahm, samt Beifügung des Schomburgischen Wappens. Mit seinen Besitzungen war er Mitglied der schwäbischen und fränkischen Ritterschaft (Stebbach u. s. w.), wozu noch Schomburgische Erbstücke kamen jenseits und diesseits des Rheins.

Sein Sohn Graf August Christof v. Degenfeld-Schomburg, † 1814, vertheilte durch letztwillige Verfügung seine Besitzungen unter die vier Söhne, welche vier Familienzweige bildeten, in folgender Weise: 1) Graf Max Christof, durch seine Gemahlin in Siebenbürgen begütert, erhält baar Geld; 2) Friedrich Christof die Burg | Bellersheim in der Wetterau und die Herrschaft Ramholz und Vollmerz nebst Gütern zu Geisenheim am Rhein. 3) Hans Philipp Christof die Güter in Baden: Steppach und Streichenberg, Groß-Eicholzheim und Haydersbach; 4) Gustav Christof die Güter in Württemberg. Hiebei wurde bestimmt, daß diese Güter (Eybach und Großeislingen, Lehen, und die Allodien Dürnau und Gameltshausen mit Gütern in Geradstetten, Eckwälden, Dettingen unter Urach, Staufeneck mit Salach, Rechberghaufen und 1/3 Essingen; vgl. die betreff. O.A-Beschreibungen) ein blos für die Lehnserben im Mannesstamm vererbbares Familienbesitzthum bilden sollen, worin nach völligem Aussterben der gräflichen Linie die freiherrliche Linie und ihr die von einer Tochter Christof Martins abstammenden Herrn v. Welden folgen würden. Diese letztwilligen Verfügungen erhielten 1814 die königl. Bestätigung. Die weitere Entfaltung der Familie siehe in den genealogischen Taschenbüchern.

Die freiherrliche Linie, von dem oben genannten Johann Christof abstammend, setzte sich fort durch Jacob Christof und seinen Sohn Johann Christof II. v. Degenfeld. Durch wiederholte Vermählung mit Kraichgauischen Damen (von Neipperg, Göler von Ravensberg, Helmstadt, Horneck v. Hornberg, Gemmingen u. a. m.) wurden verschiedene Besitzungen im Kraichgau erworben. Von Joh. Christofs II. Söhnen stiftete Christof Friedrich die ältere Linie zu Neuhaus, mit Johann Friedrich und Christof Friedrich II. Der andere Sohn Ferdinand Friedrich und sein Sohn Christof Ferdinand besaßen Güter zu Ehrstädt, Waibstadt und Wagenbach; Christof Ferdinands Söhne bildeten drei Linien: Reinhard Philipp Friedrich auf Eulenhof bei Ehrstädt, Christof Eberhard Friedrich auf Neuhaus, und Christof Ferdinand Friedrich zu Ehrstädt. Alle drei Linien blühen fort und man findet sie in den genealogischen Taschenbüchern der freiherrlichen Häuser.

Diese Linie führt im quadrirten Schilde das alte Stammwappen

1. 4. und den grünen Sittig mit Krone und Halsband, das Wappenschild der mit Martins II. Gemahlin ausgestorbenen Herren von Stammheim im schräglinks getheilten, oben rothen, unten weißen Felde

2. 3.; im blauen Herzschild den (Tegernfelder) goldenen Adler – seit der Erhebung in den Freiherrnstand. – Die gräfliche Linie hat das Schomburgische Wappen beigefügt.



  1. Von da ab vergleiche Kapff, Christoph Martin v. Degenfeld. Samt kurzer Geschichte der Familie Degenfeld. Ulm 1844.
Anmerkungen Wikisource:
  1. vermutlich richtig 1653.
  2. meist morganatische Ehe genannt, d. h. die Ehepartner waren nicht ebenbürtig.
  3. Raugrafen, Titel des im Nahegau angesiedelten Adelgeschlechtes


« [[Beschreibung des Oberamts Gmünd/|]] Beschreibung des Oberamts Gmünd Kapitel B 5 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).