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Beschreibung des Oberamts Balingen/Kapitel B 6

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6. Endingen,


Gemeinde III. Klasse, mit 646 Einw., worunter 27 Kath. a. Endingen, Pfarrdorf, 631 Einw.; b. Eckhaus, Haus, 8 Einw.; c. Kutzmühle, Haus, 7 Einw. Die Kath. sind nach Roßwangen, OA. Rottweil eingepfarrt.

Endingen liegt freundlich im Angesicht von Balingen, wie dieses selbst am Fuße des kleinen Heubergs, der hier auf einem Vorsprung, der Ilisburg, eine gar schöne Aussicht auf die Alb und ihr Vorland bietet, von der Steinach berührt und vom Wettbach zur einen Hälfte durchflossen, zur anderen von der alten Schweizerstraße durchschnitten. Unterhalb des Orts wird die durch liebliche Wiesen fließende Steinach von der Eisenbahn auf schiefem, von drei freien Pfeilern gestütztem Viadukte übersetzt. Der Ort selbst, von Obst- und Waldbäumen belebt, ist freundlich und reinlich, hat hübsche, alte Holzhäuser, doch auch zum Theil bescheidene Häuschen. Im ummauerten, alten, vom Wettbach umflossenen Kirchhof (Begräbnisplatz seit 1842 außerhalb des Orts), erhebt sich, durch einen schönen, von Bauinspektor Herzog 1866 erbauten romanischen, aus dem Viereck ins Achteck übergehenden Westthurm hervorgehoben, die im Chor spätgothische, im Langhaus moderne, mit romanisirenden Rundbogenfenstern ausgestattete Kirche. Aus dem Thurm tritt man durch eine hübsche, gothische Thür ins freundliche Innere. Ein schön profilirter Triumphbogen, vor dem ein hübscher, neugothischer Taufstein, führt in den einst hohen, jetzt wie das Langhaus mit flacher Stuckdecke geschlossenen Chor.

Von den drei Glocken des Thurmes stammt die größte von 1660, die mittlere ist von Heinrich Kurz in Stuttgart 1813 gegossen, die dritte von Rosier 1686.

Nördlich der Kirche steht die alte Klause, jetzt ein Bauernhaus, der Sage nach durch einen unterirdischen Gang mit jener verbunden. Das Pfarrhaus, 1644 erbaut, liegt in vertraulicher Nähe der Kirche, südlich auf der Kirchhofmauer. Beide sind von der Stiftung zu unterhalten.

Jenseits des Bachs das Schulhaus, ein stattlicher Holzbau von 1830 mit 2 Lehrzimmern und der Wohnung des Schullehrers.

Das Rathhaus wurde 1847 von der Gemeinde angekauft. Auch ein Back- und Waschhaus, sowie ein Armenfonds sind vorhanden.

| Gutes Trinkwasser liefern 1 laufender, 16 Pump-, 18 Schöpf- und 1 Ziehbrunnen; ersterer wird durch eine eiserne Leitung gespeist.

Durch den Ort geht die Poststraße von Balingen nach Rottweil, von der sich eine Vizinalstraße nach Roßwangen abzweigt, eine solche von Balingen nach Weilheim, wie von Weilheim nach Roßwangen berührt die Markung; 2 steinerne Brücken im Ort führen über den Lochenbach und die Steinach, auf der Markung eine solche über den Sulzgrabenbach; letztere hat der Staat, die andern die Gemeinde zu unterhalten.

Der Ort hat eine Mahlmühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, verbunden damit ist eine Hanfreibe, sowie eine Säge, woneben noch eine besondere Sägmühle besteht. Dem Verkehr dienen 5 Schildwirthschaften, wovon eine zugleich Bierbrauerei, 2 Krämer. Von Gewerben sind am stärksten vertreten die Schuhmacher und Maurer, beide arbeiten nach außen. Hemdennähen, Schuhstoppen und Stickerei findet Absatz nach Balingen. Mit der Volksschule ist eine Industrieschule verbunden. Das Stiftungsvermögen beträgt circa 7000 M., hauptsächlich von der früheren Heiligenvogtei zu Balingen herrührend; ferner zwei Armenstiftungen von circa 70 M., 2 Schulstiftungen von 514 M., zur Anschaffung von Büchern für arme Kinder.

Die Vermögensverhältnisse der kräftigen (3 über 80 Jahre alt), fleißigen und betriebsamen Einwohner sind mittlere, viele nähren sich von den obengenannten Gewerben. Die Begütertsten besitzen circa 60 Morgen, die Mittleren 20–30; viele haben nur die Allmand im Betrag von 11/2. Auf fremden Markungen liegen ziemlich viele Güter, namentlich sämmtliche Wälder.

Die mittelgroße Markung zieht sich durch den ganzen Lias mit Ausnahme seines obersten Gliedes hindurch und hat demgemäß eine verschiedene Beschaffenheit, im Thalgrund fruchtbar und tiefgründig, an den Hügeln (β–ε) theils steinig, theils lehmig, Liaskalk- und Sandsteine werden gebrochen, auch nach außen abgesetzt, ebenso wird Lehm gewonnen.

Das Klima ist mittel, mit starken Winden, wenig Nebel, seltenem Hagelschlag. Gewitter ziehen gerne entweder an der Alb hin oder nördlich dem Neckarthal zu vorüber.

Die Landwirthschaft ist in ziemlich gutem Zustande, die gewerbliche Arbeit steht ihr bei manchen im Wege. Neben dem sorgfältig gesammelten Dünger kommt Asche und Gips zur Anwendung. Wende- und amerikanische sind die häufigsten Pflüge. | Einige eiserne Eggen und eine Walze sowie etliche Futterschneidmaschinen sind vorhanden.

Der Betrieb geschieht in der Dreifelderwirthschaft, wobei die Hälfte der Brache mit Kartoffeln, dreiblätterigem Klee, Wicken und Ackerbohnen eingebaut wird. Auch Hanf und etwas Hopfen wird gebaut. Die vorherrschenden Gewächse sind: Dinkel und Haber, sodann Gerste, Emer, Einkorn, Weizen, sehr wenig Roggen. Am besten gedeihen die 2 erstgenannten, sowie Ackerbohnen. Futterkräuter werden ziemlich viel gebaut, namentlich dreiblätteriger Klee und Wicken, auch Esparsette, wenig Luzerne. Vom Dinkel sät man 9, von Gerste 4, von Haber 5, von Weizen 4, von Einkorn 8, von Roggen 4 Sri. auf den Morgen und erntet je 8–9, 4–5, 5, 3–4, 6, 3–4 Schffl. Etwa 200 Schffl. können jährlich verkauft werden.

Der Wiesenbau ist ziemlich ausgedehnt und das Erzeugnis von mittlerer Güte. Die Wiesen sind zweimähdig, der Morgen trägt etwa 15 Ztr. Heu, 10 Ztr. Öhmd. Es wird Futter nach außen verkauft.

Die Obstzucht ist ziemlich schwach, doch im Zunehmen. Das Obst geräth nicht besonders gerne; von Kernobst wiegen Luiken und Kohlbirnen vor, von Steinobst Zwetschgen. Die Gemeinde besitzt eine Baumschule und hat einen Baumwart aufgestellt. Das Obst dient zum Mosten, Dörren und Brennen, in günstigen Jahren kann einiges verkauft werden.

Die Gemeinde besitzt 123 Morgen Waldung, vorherrschend Nadelwald, mit einem Ertrag von jährlich 45 Kl. und 6–700 Wellen. Der Erlös ergibt für die Gemeinde etwa 1000 M.

Weiden sind etwa 40 Morgen vorhanden, dazu die Brach- und Stoppelweide. Sie sind mittelgut und werden mit fremden Schafen befahren. Der Pacht erträgt der Gemeinde 800 M. ebensoviel die Pferchnutzung. Die Allmanden sind an die Bürger vertheilt, die Gemeinde bezieht davon circa 230 M. Die Gemeinde hat auch Farrenwiesen und verpachtet einen Acker zu 20 Mark.

Die Pferdezucht ist ziemlich schwach, dagegen die Rindviehzucht blühend, hauptsächlich Simmenthaler Race, wovon die Gemeinde 2–3 Farren unterhält. Stallfütterung ist allgemein. Der Handel mit Vieh geht nach den benachbarten Märkten. Einiges Mastvieh wird an Metzger abgesetzt.

Schafzucht wird von fremden Schäfern getrieben. Im Sommer laufen 300 Stücke. Überwinterung findet nicht statt.

| Stark ist die Schweinezucht. Man zieht Halbengländer und setzt die Ferkel meist auf dem Balinger Wochenmarkt ab, etwa 5–600 Stück. Einige werden zum Verkauf gemästet.

Ziegenzucht unbedeutend, wichtiger die Geflügelzucht, wovon auch einiges nach Balingen abgesetzt wird. Bienenzucht schwach.

Parzellen:

a. Eckhaus, Wirthshaus gegen Balingen am Zusammenstoß der Schweizer- und der Lautlingerthalstraße.
b. Kutzmühle, etwas oberhalb des Orts an der Steinach.
Der Name des Ortes[1], welcher auch früher meistens wie heutzutage geschrieben wurde, ist wohl mit dem Stamm and und althochdeutschen ando (zelus), wovon der Eigenname Ando, Anto, in Verbindung zu setzen (Förstemann, Altdeutsches Namenbuch 2, 80). Er wird zuerst genannt in Urkunden des Klosters St. Gallen, als Gr. Bertold (s. oben S. 338) den 27. März 793 Besitz zu „Eindeinga“, den er diesem Kloster früher überlassen, von demselben zurückverliehen erhielt (Wirt. Urkb. 1, 44). Noch ums J. 1200 erscheint St. Gallen namentlich im Besitz von 31/2 Huben und 1 Mltr. Fruchtgült aus einem hiesigen Gut. In der Folge gehörte Endingen zur zollerischen Herrschaft Schalksburg und kam mit ihr den 3. Nov. 1403 an Württemberg, worauf es die Geschicke des württembergischen Amts Balingen theilte (vergl. S. 279). Mit der Nachbarstadt Balingen verglich es sich am 21. Mai 1471 wegen Zwing und Bänn, am 22. August 1595 wegen der Steuer, welche bis dahin jede Gemeinde aus Gütern in der Markung der anderen bezogen hatte. – Dem gräflich württembergischen Hause stund insbesondere schon im Beginn des 15. Jahrhunderts die Lehensherrlichkeit über den hiesigen Lupoltshof zu, welchen im J. 1413 Heinrich Sätzli, Vogt zu Balingen, und Konrad Brünlin, genannt Büninger von Graf Eberhard dem Milden zu Lehen trugen; im J. 1463 war die Hälfte desselben, sowie der Schwengershof zu Erzingen im Lehensbesitz des Heiligen zu Balingen, jedoch wurden diese Lehen im J. 1605 genanntem Heiligen von Herzog | Friedrich I. zu eigen gegeben (vergl. Sattler, Herzoge 1, 92 und Beil. 43).

Unbedeutenderen oder nur vorübergehenden hiesigen Besitz betreffend kann folgendes erwähnt werden. Walger von Bisingen (hohenzoller. OA. Hechingen) hatte allhier einen Hof, von welchem Graf Friedrich von Zollern am 12. Januar 1271 dem Grafen Albert II. von Hohenberg zu wissen that, daß er rechtmäßiges Eigenthum Walgers sei (Mon. Zolleran. 1, 89); hiesige Güter trugen vier Gebrüder von Neuneck von Graf Friedrich von Zollern zu Lehen, verkauften sie aber mit Einwilligung des Lehensherrn den 3. April 1323 an das Kloster Kirchberg (Mitth. d. Vereins für Gesch. und Alterth. in Hohenzollern 11, 102); der Edelknecht Hug der Schenk von Stauffenberg und seine Schwester Ursula mit Einwilligung ihres Vogts Arnold von Thierberg verkauften am 4. Mai 1367 vor dem Rottweiler Hofgericht 3 hiesige Güter um 290 Pfd. Hllr. an Konrad Stülin von Balingen, Bürger zu Rottweil. Als gültberechtigt werden genannt: die St. Michaelskaplanei zu Balingen im J. 1355, die obere Klause zu Balingen im J. 1399 (S. 297), die Kaplaneipfründe zu Heselwangen in den J. 1498, 1520, die Gebrüder von Rosenfeld im J. 1511 (vergl. S. 294).

Nach dem öfters genannten Röder’schen Lexikon von Schwaben hatte der Ort 665 Seelen.

Von besonderen Geschicken ist zu bemerken, daß der Ort im 30jährigen Krieg sehr litt und sich nur langsam wieder erholte, so daß er in den Jahren 1635–1658 von Balingen, 1658–1665 von Erzingen Filial war (Binder 435).

Dahier wurde als Sohn des Pfarrers Jakob Ludwig Oelenheinz am 28. Juni 1745 geboren August Friedrich Oelenheinz. Ursprünglich zur Theologie bestimmt, widmete er sich später der Malerei und wirkte vorzugsweise in Wien, wo er im J. 1789 Mitglied der Akademie wurde. Später hielt er sich einige Jahre in Zürich und Bern auf und starb im J. 1804 zu Pfalzburg im Elsaß auf der Rückreise von Paris. Er war, insbesondere da er zu schmeicheln wußte, ein äußerst beliebter und viel gesuchter Porträtmaler, unter dessen Meisterstücke die Bildnisse von Lavater und der Tochter Ludwigs XVI. gehören. Vergl. die Künstlerlexika von Nagler 10, 311 und Müller 3, 200.

Daß Augustin Tünger, der im 15. Jahrhundert lebende Verfasser eines (von Keller als 118. Publikation des Literar. Vereins in Stuttgart herausgegebenen) Schwänkebuchs aus unserem Endingen stamme, ist nicht wahrscheinlich; er gehört wohl dem im Breisgau gelegenen Orte dieses Namens an (Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878 Sp. 135).

| Die kirchlichen Verhältnisse betreffend erscheint hier schon im J. 1275 ein Pfarr-Rektor (S. 228) und werden Konrad Göldeli im J. 1347 als Leutpriester (Schmid, Pfalzgrafen von Tübingen. Urkb. S. 231), sowie Graf Friedrich von Zollern Chorherr zu Augsburg im Jahr 1372 als Kirchherr daselbst genannt. Mit seinem Bruder Graf Friedrich dem alten Herrn zu Schalksburg freite letzterer am 13. November des genannten Jahres die hiesige Klause mit ihren Frauen und Gütern (St.A.). Priorin und Schwestern dieses Beguinenhauses werden auch im J. 1429 erwähnt, allein dasselbe brachte es zu keiner Bedeutung und erlosch in Folge der Reformation (Besold, Virg. sacr. mon. 537. 555. Sattler, Topogr. 391).
  1. Er ist wohl zu unterscheiden von Ehningen OA. Böblingen, welches in älterer Zeit Öndingen hieß und Sitz einiger Tübinger Vasallenfamilien war. Auch ist das im J. 798 genannte Entingas (Wirt. Urkb. 1, 54) nicht unser Endingen, sondern Ober-, Unter-Endingen Kantons Aargau (Baumann a. a. O. 149).


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