Berthold Schwarz
Wer kennt die schöne Freiburg nicht
Mit ihrem hehren Dome,
Der mit ernstheiterem Gesicht
Steht in der Zeiten Strome?
Für uns die beste Mahnung,
Doch vorwerts blickend in der Zeit,
Voll sorgentrüber Ahnung.
Bei seiner Glocken vollem Ton
Vergönnts dem Sänger, euch davon
Heut eine vorzutragen!
Ich will zurück euch führen weit
Ins Franziskanerkloster,
Und Mauern, graubemooster.
In dem Laboratorium
Voll Tiegel und Phiolen,
Umstellt mit Büchern ringsherum,
Sitzt Bruder Berthold, eingewiegt
In grübelnde Gedanken,
Doch jeder Blick des Geistes fliegt
An allzuhohe Schranken.
Nach der Natur Bekanntschaft,
Er sucht in aller Wesen Kreis
Geheime Wahlverwandtschaft;
Der Elemente herben Kampf
Und, unter Qualm und Ofendampf,
Umsonst den Stein der Weisen.
Er sucht umsonst die Goldtinktur,
Es will ihm nicht gelingen
Den Schlüssel abzuringen;
Er stampft im Mörser ämsiglich
Salpeter, Kohlen, Schwefel,
Und rief’ den Teufel gern zu sich,
Nun schürt die Glut er wieder frisch,
Daß alle Funken spritzen,
Und einer springt in das Gemisch
Und plötzlich jagt mit Blitzen
An des Gewölbes Decken;
Geschleudert auf den Boden lag
Der Mönch im Todesschrecken.
Und als er wieder schwankt empor,
Durch des zertheilten Rauches Flor
Schaut er in ferne Räume;
Und deutlicher stellt sich ihm dar
Ein schauerlich Gebilde:
Sich auf ein Schlachtgefilde.
Aus Rohrgewehren knallen sie
Sich Blitz um Blitz entgegen,
Und todesröchelnd fallen sie
Er sieht, auf Rädern hergeschafft,
Viel Mörser, deren Mündung
Spie Globen aus mit Donnerkraft
Vulkanischer Entzündung.
Da riß es Reihen nieder,
Er lagen rings zerschmetterte
Zuckende Menschenglieder;
Es stürzten Felsenburgen ein
Die Fluren wurden Wüstenei’n,
Die Städte Catakomben.
Da schritt der Tod im Riesengang
Das Leichenfeld hinüber,
Nach Berthold er herüber
Und rief ihm zu: „Wie bin ich dir,
O Mönch! so sehr verbunden,
Daß du ein solches Elixir
Und als das Bild verschwunden war,
Kniet Berthold in der Zelle:
„Als Alchymist war unsichtbar
Der Teufel mein Geselle!
Der Hölle schwarzer Samen;
O Gott verhüte, was ich sah!
Gib mir nicht Schuld dran, Amen!“
- ↑ [376] Drei teutsche Städte streiten sich um die Ehre, die Heimath des Pulvererfinders zu seyn. Von Köln aber und Goslar ist wohl kaum zu [377] reden, da für Freiburg nicht nur die ältesten Sagen, sondern selbst urkundliche Data sprechen. Es lebte schon während des 14. Jahrhunderts die Familie Schwarz zu Freiburg, wo sie noch heute fortblüht, und selbst jener zweite Namen des räthselhaften Pulvererfinders, Anklißen, war daselbst einheimisch.
(Vergleiche Joseph Baders: „Freiburg und seine Umgebungen.“ Ein Handbuch für Reisende. Freiburg, 1838. Herder S. 31.)