Zum Inhalt springen

Bergbau und Hüttenwesen (1914)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Fritz Wüst
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Bergbau und Hüttenwesen
Untertitel:
aus: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band, Sechstes Buch, S. 59–93
Herausgeber: Siegfried Körte, Friedrich Wilhelm von Loebell, Georg von Rheinbaben, Hans von Schwerin-Löwitz, Adolph Wagner
Auflage:
Entstehungsdatum: 1913
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Reimar Hobbing
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[507]
Bergbau und Hüttenwesen
Von Geh. Reg.-Rat Dr. F. Wüst, Professor an der Technischen Hochschule Aachen


Einleitung.

Deutschlands Hauptmineralreichtum beruht auf Kohlen- und Eisenerzvorkommen, sowie auf den Kalisalzlagern, welch letztere bis jetzt sonst nirgendwo in nennenswerter Menge gefunden worden sind und dem Deutschen Reiche eine Ausnahmestellung auf dem Weltmarkte verschaffen. Ferner ist Deutschland reich an zink- und silberhaltigen Bleierzen, wenn auch die Vorräte an diesen Erzgattungen immer mehr abnehmen. Hierzu treten noch Kupfererze, Schwefelkiese, Mangan-, Nickel-, Arsen- und Antimonerze, Schwerspat, Strontianit, Asphalt, Bernstein, Dachschiefer, Steinsalz und Solquellen, sowie das Erdöl.

In Steinkohlen und namentlich in Koks kann das Deutsche Reich nicht nur seinen eigenen Bedarf decken, sondern ist in der Lage, einen Teil seiner Produktion an das Ausland abzugeben. Bezüglich der Rohmaterialien für die Erzeugung der Metalle ist Deutschland nur betreffs des Zinks vom Auslande unabhängig, während beim Eisen etwa 2/5 und beim Blei ungefähr 1/3 der benötigten Erzmengen eingeführt werden müssen. Der Verbrauch an Silber kann zu 80% vom Inland gedeckt werden, dagegen muß der Bedarf an Kupfer zu 90% aus dem Auslande, hauptsächlich von Nordamerika, bezogen werden, und ähnlich, zum Teil noch ungünstiger, liegen die Verhältnisse bei den selteneren Metallen.

Bergbau.

In Deutschland sind die Lagerungs- und geographischen Verhältnisse, namentlich der Steinkohlen, bei weitem nicht so günstig wie in anderen Ländern, z. B. England, wo sich mächtige Flöze in wenig gestörter Lagerung vorfinden, und wie in Amerika, wo Kohle und Erz bequem auf dem Wasserwege zueinander gelangen können. Außerdem sind in Deutschland die Eisenbahntarife für Massengüter meist höher als in den übrigen Hauptindustrieländern. Es muß sich deshalb der deutsche Bergbau die Fortschritte der Technik nach Möglichkeit zunutze machen, um billig zu arbeiten und dadurch wettbewerbsfähig zu bleiben. Trotzdem vermehrte sich in den letzten 25 Jahren die Steinkohlen- und Eisenerzförderung um das Dreifache und die Braunkohlenförderung um das Fünffache.

Die technischen Aufgaben des Bergbaues zerfallen in das Aufschließen der Lagerstätte, [508] in die Gewinnung, die Förderung und die Aufbereitung der geförderten Materialien.

Aufschließen der Lagerstätten.

Dasselbe besteht im Schachtabteufen und im Auffahren unterirdischer Strecken bis zur Erreichung der Lagerstätten. Neben den älteren Verfahren zum Schachtabteufen ist in den letzten 13 Jahren das sogenannte Versteinungs- oder Zementierverfahren zur Anwendung gelangt, das nur mit Zement arbeitet. Es wurde im Jahre 1900 zum ersten Male von dem sächsischen Bergwerksdirektor A. Wiede beim Abteufen des Pöhlerau-Schachtes mit Erfolg versucht und dann von den Franzosen Portier und Saclier weiter ausgebildet. Bei diesem Verfahren werden vor oder während des Abteufens Bohrlöcher in einem Kranze um den abzuteufenden Schacht niedergebracht, in diese Zementmilch eingepreßt und so die Klüfte und Spalten im Gesteine mit Zement wasserdicht ausgefüllt. Nach Erhärtung des Zementes wird dann in dem versteinten Gebirge der Schacht von Hand trocken abgeteuft. Unter günstigen Gebirgsverhältnissen und bei gutem Gelingen gestattet dieses Verfahren, den kostspieligen eisernen wasserdichten Ausbau zu ersparen, dessen laufender Meter je nach der Teufe 1000 M. und mehr kostet.

Das oben genannte Verfahren ist jedoch nicht im schwimmenden Gebirge anwendbar, das an vielen Orten Deutschlands über den Kohlen und dem Kali lagert. Solange dessen Mächtigkeit nicht allzu groß ist, wendet man in diesem Falle das ziemlich alte Senkschachtverfahren an. Hierzu bedient man sich neuerdings des Sackbohrers nach Sassenberg-Clermont, der ein Aufholen der gefüllten Säcke ohne Ziehen des ganzen Gestänges gestattet, oder man benützt Becherwerke oder Greifbagger, nachdem das Gebirge durch einen Rührbohrer aufgelockert worden ist. Eine Verbesserung des Senkschachtverfahrens ist das Verfahren von Pattberg, bei dem, wie bei Kind-Chaudron, ein großer Schachtbohrer im Schnellschlage die Sohle bearbeitet und das auf diese Weise zerkleinerte Gebirge durch Mammutpumpen ununterbrochen zutage gefördert wird. Mit diesen Senkschächten kann man nur geringe Schwimmsandmächtigkeiten überwinden, da der Senkzylinder infolge der starken Reibung an den Schachtwänden früh steckenbleibt und nicht über eine gewisse Teufe einzupressen ist.

Auch das am Ende der 90er Jahre eingeführte Schachtabteufen durch Preßluft, bei dem man durch künstliche Erhöhung des Luftdruckes im Innern des Schachtes und insbesondere im eigentlichen Arbeitsraume unmittelbar über der Schachtsohle das Wasser in das Gebirge zurückpreßt und so ein Abtrocknen des Gebirges erzielt, gestattet nur das Niederbringen von Schächten bis zu einer Teufe von 25 oder 30 m unter dem Grundwasserspiegel.

Bei größeren Schwimmsandmächtigkeiten kommt zurzeit nur das Honigmannsche Bohrverfahren oder das Pötschsche Gefrierverfahren in Betracht. Nach dem ersteren Verfahren, das in der letzten Zeit von der Gewerkschaft „Deutscher Kaiser“ und von dem Ingenieur Stockfisch wesentlich vervollkommnet worden ist, wird, wie bei Pattberg, ein Schacht im toten Wasser vermittelst Schlag- oder Drehbohrer unter gleichzeitiger Förderung des Gutes durch Mammutpumpen abgebohrt, ohne indes gleichzeitig einen [509] Ausbau nachzuführen. Einem Einstürzen der aus lockerem Material bestehenden Schachtwandungen wird dadurch vorgebeugt, daß man durch eine genügend hohe Wassersäule, deren spezifisches Gewicht durch Einschlemmen von Ton oder Schwerspatmehl erhöht wird, einen Überdruck gegenüber dem im Gebirge stehenden Wasser erzeugt. Infolge dieses Überdruckes sucht das Wasser aus dem Schachtinnern in das Gebirge überzutreten, so daß ein Druck auf die Schachtstöße ausgeübt und diese vor dem Einstürzen oder Abböschen bewahrt werden. Erst wenn das wassertragende Gebirge erreicht ist, wird eine wasserdichte Auskleidung in den Schacht eingesenkt. Trotzdem dieses Verfahren bis jetzt nur für Schächte bis zu 4 m Durchmesser angewendet worden ist, unterliegt es doch keinem Zweifel, daß es auch das Abbohren größerer Durchmesser gestattet und zurzeit vielleicht das einzige Schachtabteufverfahren ist, das auch die größten Schwimmsandmächtigkeiten zu überwinden ermöglicht. Für größere Durchmesser benutzt man allgemein das Gefrierverfahren, das in den 80er Jahren von Pötsch erfunden worden ist und Schächte von beliebig großem Durchmesser herzustellen gestattet.

Um auch Salzwasser, das man häufig antrifft, zum Gefrieren bringen zu können, wendet man das Tiefkälteverfahren an, bei dem die Temperatur der Kühlflüssigkeit auf –42° C statt auf –20° C erniedrigt wird, wodurch man selbst 26proz. Sole zum Gefrieren bringen kann. Dieses Verfahren hat es erst ermöglicht, die unter einer mächtigen Schwimmsandschicht in großer Teufe ruhenden Bodenschätze an Kohle auf dem linken Ufer des Niederrheins und im nördlichen Westfalen, sowie stellenweise die Kalischätze in Mitteldeutschland dem Bergmanne zugänglich zu machen, und dadurch in erster Linie zu der großartigen Entwicklung des deutschen Bergbaues in den letzten 25 Jahren beigetragen, weshalb es wohl mit Recht als eine der wichtigsten Neuerungen des deutschen Bergbaues bezeichnet werden kann.

Gewinnung.

Von allen Fortschritten, die der Bergbau in den letzten 25 Jahren gemacht hat, ist unstreitbar der bedeutendste die allgemeine Einführung des Bergeversatzes im Steinkohlenbergbau und seine neueste Ausgestaltung, der Spülversatz. Während der Erzbergbau die ausgewonnenen Räume sofort wieder mit taubem Gesteine versetzte, wozu er infolge des gangartigen Auftretens der Erzvorkommen und infolge ihres meist steilen Einfallens unbedingt gezwungen war, und wofür ihm in den bei der Gewinnung des Erzes fallenden tauben Teilen der Lagerstätte genügender Stoff zur Verfügung stand, beschränkte sich der Steinkohlenbergbau jahrhundertelang im wesentlichen darauf, die plattenartig gelagerte Steinkohle ohne jeden Versatz, durch den sogenannten Pfeilerbau, zu gewinnen. Bei diesem werden in dem Flöze parallele Strecken ins Feld getrieben und dann, rückwärts gehend, die zwischen diesen Parallelstrecken stehengebliebenen Flözteile, die Pfeiler, abgebaut, die man nach erfolgter Auskohlung hinter sich zu Bruche gehen läßt. Trotzdem dieses Verfahren in bezug auf Arbeitsleistung und Gewinnungskosten sehr vorteilhaft ist, hat es doch schwerwiegende Nachteile im Gefolge. Zur Sicherung der Förderstrecken und der Arbeiter sieht man sich nämlich genötigt, überall in der Grube mehr oder weniger mächtige Sicherheitspfeiler aus Kohle stehen zu lassen, die nicht wieder gewonnen werden können. Durch vorzeitiges Zubruchegehen [510] von Pfeilerabschnitten infolge des bei diesem Abbau auftretenden starken Gebirgsdruckes mußte man ganze Pfeiler oder sogar ganze Bauabteilungen preisgeben, und in mächtigen Flözen konnte in der Regel nur ein Teil der Kohlenscheibe gewonnen werden, wodurch ganz erhebliche Verluste entstanden, die eine große Einbuße an nationalem Vermögen bedeuten. Diese bei Pfeilerbau unvermeidlichen Kohlenverluste betragen im Durchschnitt 20–30%, können jedoch auf 50% und mehr steigen. Falls man sich heute noch dieser Abbauart bediente, würden bei einer jährlichen Förderung von 180 Millionen Tonnen in Deutschland 60 Millionen Tonnen Kohle in Höhe von 600 Millionen Mark im Jahre unwiederbringlich verloren gehen. Ein anderer ebenso schwerwiegender Nachteil des Pfeilerbaues besteht darin, daß die in der Grube zurückgebliebenen Kohlenreste sich leicht entzünden und große Grubenbrände hervorrufen, die das Leben der Arbeiter in hohem Maße gefährden und auch bedeutende Verluste an Kohle zur Folge haben, indem sie zum Verlassen ganzer Grubenfelder führen können. Ferner erhöht sich durch die mit dem Pfeilerbau verbundene Unmöglichkeit einer regelrechten und guten Wetterführung die Gefahr der Schlagwetter und Kohlenstaubexplosionen. Auch die Gefahr des Stein- und Kohlenfalles ist infolge der starken Erschütterung, die das Gebirge beim Zubruchegehen der Pfeiler erleidet, sehr bedeutend. Durch dieses Zubruchegehen wird aber auch die Tagesoberfläche in Mitleidenschaft gezogen, es entstehen Tagebrüche und Senkungen, die eine Beschädigung der auf ihnen stehenden Baulichkeiten und sogar deren Einsturz häufig im Gefolge haben. Infolge der hierdurch entstehenden Entschädigungspflicht erwachsen dem Bergwerksbesitzer besonders in dicht bebauten Gebieten außerordentlich hohe Unkosten, die den Betrieb eines Bergwerkes überhaupt in Frage stellen können.

Man verwandte zum Versatze in der ersten Zeit nur eigene Berge, die beim Auffahren der Strecken und beim Nachreißen fielen. Hierdurch wurde die Senkung des Hangenden natürlich nur zeitweilig aufgehalten, aber nicht vollständig verhindert. Diese Senkung geht indes so langsam und, bei gut ausgeführtem Bergeversatze, so gleichmäßig vor sich, daß erhebliche Schädigungen der Tagesoberfläche nur selten sind.

Will oder muß man jedoch unter allen Umständen eine Bodensenkung vermeiden, wie dies unter Eisenbahnen, Kanälen, Ortschaften und in der Nähe des Schachtes nötig ist, und zu deren Schutze man früher Kohlensicherheitspfeiler stehen ließ, so läßt sich ein Abbau dieser Sicherheitspfeiler nur durch Einbringen fremder Berge erzielen, durch die ein tatsächlicher Ersatz für die gewonnenen Materialien beschafft wird. Man spült feinkörniges Versatzmaterial mit Hilfe eines Wasserstromes in geschlossenen Röhren in die Grube. Nachdem der Spülversatz bereits im Jahre 1895 im sächsischen Steinkohlenbergbau zur Verhütung von Grubenbränden angewendet worden war, fand seine planmäßige Durch- und Einführung im Jahre 1900 auf der Myslowitzgrube durch Bergrat Williger und Bergwerksdirektor Fritsch statt, von wo aus er sich dann in den letzten 10 Jahren in ganz Deutschland verbreitet hat, und zwar nicht nur auf Steinkohlen-, sondern auch auf Eisenerz- und Kaligruben.

Bei einem Kohlenvorrate von 200 Milliarden Tonnen in Deutschland und bei einer durch den Spülversatz erzielten Verringerung der Abbauverluste um nur 10%, was [511] eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist, werden dem deutschen Nationalvermögen 20 Milliarden Tonnen Kohle mehr nutzbar gemacht, als es ohne Spülversatz möglich wäre, und so die Steinkohlenförderung Deutschlands um mindestens 100 Jahre verlängert.

Der Grubenausbau dient einerseits dazu, die unterirdischen Verkehrswege dauernd offen und zugänglich zu erhalten und andererseits dazu, die Arbeiter vor Stein- und Kohlenfall zu schützen und die ausgehöhlten Räume vorübergehend so lange offen zu halten, bis der Arbeitsstoß weiter gerückt ist und die hergestellten Hohlräume regelrecht zu Bruche gegangen oder versetzt worden sind.

Während in den letzten 25 Jahren beim dauernden Ausbau der Wetter- und Förderstrecken keine Neuerungen von einschneidender Bedeutung eingeführt worden sind und man sich darauf beschränkt hat, die Dauerhaftigkeit des Holzbaues durch Imprägnieren zu erhöhen und ihn stellenweise durch Stahl und die übliche Mauerung durch Beton oder Eisenbeton zu ersetzen, um einen stärkeren und billigeren Ausbau zu erhalten, sind in dem nur vorübergehenden Ausbau der Abbaubetriebe beim Steinkohlenbergbau wesentliche Fortschritte erzielt worden. Man bemühte sich früher, den Ausbau fest und starr und so herzustellen, daß er dem Drucke des Hangenden möglichst lange unverrückt widerstand und ihm wenig nachgab. In den letzten Jahren ist man dazu übergegangen, einen elastischen und nachgiebigen Ausbau anzuwenden, der sich dem Drucke des Hangenden anzupassen und ihm so lange nachzugeben vermag, als bis das durch die Gebirgsdurchörterung gestörte Gleichgewicht der Schichten wiederhergestellt ist. Zu diesem Zwecke schwächte man die Stempel, die den Druck des Hangenden aufnehmen sollten, indem man sie an ihrem unteren Ende zuspitzte. Wenn sich nun auf den zugespitzten Stempel der Gebirgsdruck legte und immer mehr anwuchs, so knickte der Stempel nicht, wie es früher der Fall war, ein und verlor dadurch vollständig seine Tragfähigkeit, so daß er ausgewechselt werden mußte, sondern der Druck treibt lediglich die Spitze des Stempels quastenartig auf und verkürzt so den Stempel ein wenig. Je mehr der Stempel aber durch die weiter fortschreitende Quastenbildung gekürzt wird, um so tragfähiger wird er, weil der Druck nunmehr auf den immer stärker werdenden oberen Teil des Stempels übergeht. Da der Gebirgsdruck aber beim weiteren Sinken des Hangenden nachläßt, da sich dieses auf den Kohlenstoß legt und dort unterstützt wird, so ist bald ein Gleichgewichtszustand zwischen Stempelfestigkeit und Gebirgsdruck erreicht und das Hangende zur Beruhigung gekommen, ohne daß der Stempel seine Tragfähigkeit eingebüßt hat. Dieser nachgiebige Ausbau wird sowohl im Abbau als auch zur Verzimmerung der Abbaustrecken und zum vorläufigen Ausbau solcher Strecken angewendet, die dauernd offen gehalten werden müssen. Er hat einerseits erhebliche Ersparnisse an Holzkosten und Arbeitslöhnen im Gefolge, da ein Knicken der Stempel nicht eintritt und diese deshalb nicht ausgewechselt zu werden brauchen, und da zudem das Zurechtschneiden und Zuspitzen der Stempel über Tage billig durch Maschinenkraft erfolgen kann; anderseits hat er die vortreffliche Wirkung, daß das Hangende nicht am Kohlenstoße abbricht, sondern sich gleichmäßig auf diesen senkt und dadurch einen die Kohlengewinnung und den Stückkohlenfall erheblich fördernden Druck auf den Kohlenstoß ausübt und zudem den Stein- und Kohlenfall abschwächt, dessen Gefährlichkeit meist sehr unterschätzt wird. Entgegen weitverbreiteten Anschauungen [512] ist der Stein- und Kohlenfall die stärkste Gefahrenquelle nicht nur für den Erzbergmann, sondern auch für den durch schlagende Wetter und Kohlenstaubexplosionen bedrohten Steinkohlenbergmann. So wurden im Ruhrkohlenbergbau in dem Zeitraume von 1896 bis 1910 41,25% der entschädigungspflichtigen und 42,32% der tödlichen Unfälle allein durch Stein- und Kohlenfall bewirkt, während schlagende Wetter und Kohlenstaubexplosionen 2,01% entschädigungspflichtige und 9,44% tödliche Unfälle im Gefolge hatten. Aus dieser Erwägung heraus wurde in Preußen zur Untersuchung der Stein- und Kohlenfallunfälle eine Kommission eingesetzt, die im Jahre 1905 ihre Arbeiten abschloß und als bestes Mittel gegen diese Gefahr den planmäßigen Abbau empfahl, der bereits im Jahre 1901 nach dem Muster niederschlesischer und französischer Gruben auf den staatlichen Bergwerken des Saarrevieres eingeführt worden war. Während früher der Ausbau lediglich dem Gutdünken des Arbeiters überlassen worden war, werden beim planmäßigen Ausbau die Art des Ausbaues und die Zahl und Stärke der zu setzenden Hölzer der Willkür des Arbeiters entzogen. Es wird von der Grubenverwaltung für jedes Flöz oder jede Bauabteilung eine genaue Vorschrift über die Ausführung des Ausbaues erlassen und zugleich angestrebt, die Zimmerung in gleichmäßigem Abstande und in einem gewissen Verbande herzustellen, um das entblößte Hangende gleichmäßig zu unterstützen und seinen Druck abzufangen. Wenn auch anfangs mit der Ausführung dieses planmäßigen Ausbaues ein starker Rückgang der Arbeitsleistung und sowohl dadurch, als auch infolge erhöhten Holzverbrauches eine Steigerung der Selbstkosten eintrat, so gingen diese Kosten jedoch bald zurück, nachdem sich Arbeiter und Beamte an diesen Ausbau gewöhnt hatten. Der Zweck desselben, die durch Stein- und Kohlenfall verursachten Unfälle herabzumindern, wurde vollständig erfüllt; außerdem hatte er noch andere Vorteile im Gefolge. Die Herstellung und Überwachung eines sachgemäß ausgeführten Bergeversatzes wurde durch ihn erheblich erleichtert und ebenso die Anwendung von Schüttelrutschen und Schrämmaschinen erst durch ihn überhaupt ermöglicht. In Verbindung mit der nachgiebigen Zimmerung hat er deshalb auch dort, wo er von der Bergpolizeibehörde nicht zwangsweise eingeführt wurde, weitere Verbreitung erlangt.

Eine andere Neuerung im Ausbau von Steinkohlengruben besteht darin, daß man das Holz durch Eisen ersetzte, wozu man anfangs den Sommerschen Abbaustempel benutzte, der aus zwei ineinander verschiebbaren nahtlosen Mannesmannrohren besteht. Eine Verbindung dieser inzwischen verbesserten eisernen Stempel mit dem planmäßigen Ausbau ergab als neueste Errungenschaft den wandernden Grubenausbau von Reinhard, der überhaupt kein Holz mehr braucht, sondern durch Anwendung eiserner elastischer Stempel und stählerner Kappen das Hangende nachgiebig, gleichmäßig und nach Art der Vortreibezimmerung im Augenblick der Entblößung unterstützt, einen sehr weitgehenden Schutz gegen Stein- und Kohlenfall sichert und wegen seiner leichten Auswechselbarkeit und großen Dauerhaftigkeit trotz hoher Kosten bedeutende wirtschaftliche Vorteile bietet.

Der Ersatz der Handarbeit durch Maschinenarbeit begegnet beim Bergbau recht schwierigen Verhältnissen, da die Maschinen an die Rohstoffe herangebracht werden müssen und nicht, wie es sonst üblich, die zu verarbeitenden Stoffe den Maschinen zugeführt werden können. Dem Fortschreiten der Arbeit entsprechend müssen die Maschinen außerdem [513] regelmäßig weiter bewegt werden, um dem Arbeitsorte folgen zu können. Dieses erfordert Maschinen, die sich schnell aufstellen und wieder abbrechen lassen und die, da sie von Arbeitern verrückt werden müssen, kein allzu großes Gewicht besitzen. Ferner kommt beim Bau solcher Maschinen als besonders erschwerend hinzu, daß man, besonders im Steinkohlenbergbau, nur zwei Dimensionen, die Länge und Breite, zur Verfügung hat, da die oft sehr schwache Mächtigkeit der Flöze nur eine geringe Bauhöhe der Maschinen (Schrämmaschinen, Förderrutschen) gestattet, und da diese auch in ihrer Längs- und Breitenausdehnung durch den Grubenausbau beschränkt werden.

Die beiden wichtigsten Arbeiten des Bergmannes, das Bohren von Löchern zur Aufnahme der Sprengstoffe und das Unterschrämen der Flöze, wurden bis zu den 80er Jahren lediglich durch Muskelkraft ausgeführt. Zwar hatte man bereits Anfang der 80er Jahre zum Auffahren von Eisenbahntunnels die drehende Brandtsche hydraulische Bohrmaschine zum Bohren der Sprenglöcher verwendet, jedoch war diese Maschine, weil zu schwer und groß, für den Bergbau nicht geeignet. Hier führte sich aber bald die von Preßluft angetriebene Stoßbohrmaschine ein, die in den verschiedensten Bauarten innerhalb der letzten 25 Jahre überall im deutschen Bergbaue mit gutem Erfolge benutzt worden ist. Da der Kraftverbrauch der Preßluftbohrmaschinen jedoch 8–10 PS beträgt, so machte bereits Werner v. Siemens Versuche mit elektrischem Antriebe, und zwar mit Solenoidmaschinen, die indessen keine praktischen Erfolge hatten. Aus diesen Versuchen ging dann aber die Kurbelstoßmaschine der Firma „Siemens & Schuckert“ hervor, die sich bei einem Kraftverbrauche von nur 1–1,5 PS sehr gut bewährte und schnell Einführung fand. Außerdem besitzt der elektrische Antrieb den Vorteil, daß die schwer zu verlegenden, nie dicht zu haltenden und deshalb ständig Kraftverluste verursachenden Druckluftleitungen durch biegsame elektrische Kabel ersetzt werden können.

Während diese Stoßbohrmaschinen die bergmännische Arbeit mit dem Wurfbohrer ersetzen, haben sich neben ihnen in den letzten 5 Jahren kleinere und leichtere Bohrmaschinen eingebürgert, die Bohr- oder Abbauhämmer, welche die Arbeit des Meißelbohrens vermittels Fäustel mit gutem Erfolge nachahmen und nach ihrer Wirkungsweise auch als Schlagbohrmaschinen bezeichnet werden. Das Vorbild für diese Bohrhämmer ist die Frankesche Schrämmaschine, ein Preßluftmeißel, der Anfang der 90er Jahre im Mansfeldschen Kupferschieferbergbau Eingang gefunden hat, hier aber nicht dazu diente, Löcher auszubohren, sondern Schräme herzustellen, indem man das mit einer lanzettförmigen Spitze versehene Werkzeug spitzwinklig gegen den Arbeitsstoß richtete, an diesem entlang bewegte und so Stücke aus der Schrämschicht heraussprengte.

Infolge ihrer geringen Größe und ihres kleinen Gewichtes, die es gestatten, mit diesen Maschinen auch in sehr beengten und schlecht zugänglichen Räumen zu arbeiten, haben sie überall schnell Eingang gefunden und die schwerhandlichen Stoßbohrmaschinen vielfach verdrängt. Man vermag mit ihnen bei einem Kraftverbrauche von 4–5 PS in mildem Gesteine 40–80 cm in der Minute zu bohren.

Bei sehr mildem und gleichmäßigem Gesteine ersetzt man die stoßenden und schlagenden Bohrmaschinen zweckmäßig durch drehende Bohrmaschinen, die von der Hand, in den letzten Jahren aber auch durch den elektrischen Strom betätigt werden, nachdem die [514] „Siemens-Schuckert“-Werke eine durch einen Elektromotor unmittelbar oder vermittels biegsamer Welle angetriebene zuverlässige und leichte Drehbohrmaschine gebaut haben, die bei einem Kraftverbrauche von 1,5–2 PS Durchschnittsleistungen von 30–50 cm in der Minute erzielt. Bei einer Versuchsbohrung im Minettebezirke hat man in der 12stündigen Schicht sogar 63 m gebohrt, also ein Meter Bohrloch in 11,5 Minuten hergestellt. Die in festerem Gesteine sehr mühsame Schrämarbeit mittels Keilhaue durch mechanische Mittel zu ersetzen, ist in Deutschland nur teilweise geglückt. Hierzu wendet man außer der bereits erwähnten Frankeschen Schrämmaschine vorwiegend Stoßbohrmaschinen an, indem man diese Maschinen während der Arbeit hin und her schwenkt, so daß kein rundes Loch sondern ein breiter Schram entsteht. Die erste deutsche Maschine dieser Art war die Eisenbeißsche Schrämmaschine mit Schrämstange und Schrämkrone.

Im Gegensatz zu diesen stoßend wirkenden Schrämmaschinen, die sich hauptsächlich für Streckenbetriebe und wenig breite Abbaustöße eignen, stehen die fräsend wirkenden Abbauschrämmaschinen, die vermittels Zahnketten, Zahnrädern oder Zahnstangen Schräme in den Kohlenstoß hineinfräsen. Trotzdem diese Maschinen im Auslande sehr verbreitet sind und dort gute Erfolge erzielt haben, sind sie in Deutschland nicht anwendbar, da die Voraussetzung für ein Arbeiten mit ihnen, regelmäßige Lagerung und flaches Einfallen, nur selten vorhanden sind, und da sie sich für den deutschen Bergbau wegen ihrer Größe und Schwere nicht eignen. Eine für den deutschen Bergbau geeignete, leichthandliche fräsende Schrämmaschine zu bauen, nach der ein großes Bedürfnis vorliegt, ist bis jetzt trotz zahlreicher Versuche noch nicht geglückt.

Wenn nun auch auf dem Gebiete der unterirdischen Gewinnungsarbeiten infolge der ungünstigen Lagerungsverhältnisse die Maschine in Deutschland noch nicht den Platz einnimmt, den sie in anderen Ländern behauptet, so hat sie auf dem Gebiete der oberirdischen Gewinnung, besonders beim Braunkohlenbergbau, außerordentliche Erfolge erzielt. Während man früher bei den nur wenig unterhalb der Tagesoberfläche liegenden Braunkohlenflözen die Wegfüllarbeit des Deckgebirges und die Gewinnung der Kohle durch Handarbeit vornehmen ließ, ist man in den beiden letzten Jahrzehnten dazu übergegangen, dieses Wegräumen und den Abbau der Braunkohle auf maschinellem Wege vorzunehmen. Hierzu bedient man sich der Einserketten-, Tief- oder Hochbagger, bei festeren Massen auch der Löffel- oder Schaufelbagger, die mit Dampf oder Elektrizität angetrieben werden und Leistungen von 1200 cbm und mehr täglich aufzuweisen vermögen. Die Anwendung dieser Gewinnungsmaschinen hat im Braunkohlenbergbau eine große Umwälzung hervorgerufen und eine Verschiebung zwischen Tagebau und unterirdischem Abbaubetriebe herbeigeführt. Der letztere, der sehr teuer und zudem häufig mit 50% und mehr Abbauverlust arbeiten muß, tritt immer mehr zugunsten des Tagebaues zurück. Während in den 80er Jahren ein Tagebau auf Braunkohlen nur dann rentabel war, wenn das Verhältnis der Deckgebirgsmächtigkeit zur Kohlenmächtigkeit 1:1 betrug, vermag man jetzt mit Hilfe der modernen Baggereinrichtungen Braunkohlenlager durch Tagebau mit Vorteil auszubeuten, wenn das Deckgebirge 2–4 mal mächtiger ist als die Kohle selbst.

[515]

Förderung.

Während Belgien bereits 22 Schächte von über 1000 m Teufe besitzt, gibt es in Deutschland deren erst 4, aber in kurzem werden auch hier sich die Verhältnisse ungünstiger gestalten müssen. Die Kosten derartiger tiefen Schächte sind natürlich sehr bedeutend und zugleich erhöhen sich auch die Kosten für die Hebung der Bergwerkserzeugnisse, weshalb man diese Förderkosten durch möglichst gute Ausnutzung der Schächte und Ersparnisse an Kraftverbrauch zu verringern trachtet. Bei der Schachtförderung sucht man eine möglichste Verbilligung der Förderkosten dadurch zu erzielen, daß man jeden einzelnen Schacht durch Zuerteilung einer hohen Förderung nach Möglichkeit voll ausnützt. Dadurch, daß man den Durchmesser der Schächte bis auf 6 m vergrößert, gelingt es, in jedem Schachte zwei selbständige Fördereinrichtungen unterzubringen und mit einer solchen Doppelschachtanlage die Förderung zu verdoppeln. Zugleich sucht man aber auch durch Erhöhung der Fördergeschwindigkeit und Vergrößerung der mit einem Zuge zu hebenden Last die Leistungsfähigkeit der Schächte weiterzusteigern, was natürlich erhebliche Kraftmengen erfordert, so daß bei einer modernen Steinkohlenzeche der Kraftbedarf für die Fördermaschinen 30–40% des Energieverbrauches der gesamten Bergwerksmaschinen beträgt.

Der Dampfverbrauch der alten Fördermaschine war noch vor wenigen Jahren sehr hoch, er betrug bei Zwillingsmaschinen 40 kg, bei Verbundmaschinen 25–30 kg für die Schacht-PS-Stunde und ließ sich durch Verwertung des Abdampfes in Niederdruck-und Zweidruckturbinen bis auf 15–20 kg herabmindern. Ein weiterer Nachteil der Dampffördermaschinen liegt darin, daß bei den großen zu beschleunigenden Massen ihre Regulierung nur sehr schwierig war und infolgedessen leicht ein Übertreiben der Förderkörbe stattfand, was zu erheblichen Betriebsstörungen und schweren Unfällen Veranlassung gab. Zwar versuchte man durch sogenannte Sicherheitsapparate eine genaue Regulierung der Geschwindigkeit bei der Seilfahrt zu erzielen, was trotz vorzüglicher Durchbildung dieser Apparate freilich nur teilweise gelang, weshalb man dann zur Erhöhung der Sicherheit und zwecks Kraftersparnis zum elektrischen Antriebe überging.

Nach langjährigen Versuchen war endlich in der elektrischen Gleichstromfördermaschine nach der Bauart Ilgner mit Leonhardschaltung vor etwa 10 Jahren eine Fördermaschine entstanden, die bei nicht allzu hohem Kraftbedarf eine genaue Regulierung der Fördergeschwindigkeit gewährleistete, well die Drehzahl des Gleichstrommotors und damit die Fördergeschwindigkeit so gut wie unabhängig von der Belastung ist. Durch die Spindel des Teufenzeigers wird die jeweils erforderliche Geschwindigkeit selbsttätig und genau eingestellt und die Führung der Maschine von der Tätigkeit des Maschinisten unabhängig gemacht, so daß eine unbedingte Sicherheit gegen Übertreiben vorhanden ist. Eine schnelle Verbreitung fand die elektrische Fördermaschine durch die Erfindung der Koepescheibe, die eine erhebliche Verringerung der bewegten Massen mit sich brachte und gestattet, die Fördermaschine unter Fortlassung der Seilscheiben und des Seilscheibengerüstes auf einen aus Mauerwerk, Eisen oder Eisenbeton gebauten Förderturm unmittelbar über den Schacht zu setzen und so eine erhebliche Verbilligung der Anlage- und Energiekosten zu erzielen.

[516] In allerletzter Zeit hat die Dampffördermaschine den Kampf mit der elektrischen Fördermaschine wieder aufgenommen, und es ist den Bemühungen der Maschinenfabrikanten gelungen, durch verbesserte Bauarten den Dampfverbrauch der neuen Zwillingstandemmaschinen auf 11–12 kg für die Schacht-PS-Stunde herabzudrücken und durch den Einbau eines Stauschiebers die Beschleunigung beim Anfahren erheblich heraufzusetzen, wodurch kürzere Fahrzeit erzielt wird. Die Elektrizität versucht wiederum ihrerseits die Nachteile des Ilgner-Leonhard-Systems, das eine Umwandlung von Drehstrom in Gleichstrom erfordert, durch die Anwendung von Kollektormotoren für direkten Drehstromantrieb zu umgehen. Der Wettkampf zwischen beiden Maschinenarten ist noch in vollem Gange und hat bei erhöhter Sicherheit gegenüber den älteren Fördermaschinen eine erhebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit mit sich gebracht, so daß man jetzt die Fördergeschwindigkeiten bis auf 20 m in der Sekunde und die mit einem Zuge zu hebende Nutzlast bis auf 17 000 kg erhöhen kann.

Durch automatische Aufschiebebühnen und verbesserte optische und akustische Signaleinrichtungen ist es gelungen, die Abfertigungszeit zwischen den einzelnen Zügen erheblich herabzusetzen, so daß heutzutage schon Förderleistungen von 2000 Tonnen Nutzlast in der achtstündigen Schicht mit einem Schachte erreicht werden.

Auch die Abbau- und Streckenförderung hat in den letzten 25 Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Die Notwendigkeit, die teueren Schächte möglichst lange auszunutzen, zwingt besonders den Steinkohlenbergmann dazu, jedem Förderschachte ein sehr großes Grubenfeld zuzuteilen, wodurch die unterirdischen Förderstrecken an Länge immer mehr zunehmen. Bei diesen großen Entfernungen ist eine Förderung durch Menschen oder Pferde zu teuer und zu wenig leistungsfähig, denn ein Schlepper vermag nur 3–4 tkm ein Pferd 16–55 tkm in der Schicht zu leisten, wobei die Kosten für die Schlepperförderung 0,60–1,10 Mk./tkm, bei Pferdeförderung 0,13–0,35 Mk./tkm betragen. Deshalb hat man schon seit längerer Zeit in den Hauptförderstrecken Förderanlagen mit endlosem Seil oder mit endloser Kette eingerichtet, die außerordentlich leistungsfähig und zuverlässig sind und die Förderkosten für den tkm auf 2–6 Pfg. herabsetzen. Da diese Förderanlagen indes nur mit geringen Geschwindigkeiten (1–2 m/Sek.) arbeiten können, und da sie sich speziell für gerade lange Strecken ohne Krümmungen und Abzweigungen eignen, hat sich in den letzten 15 Jahren auch die Lokomotivförderung eingebürgert, die sich den wechselnden Verhältnissen einer Grube besser anzupassen und so hohe Geschwindigkeit zu erzielen vermag, daß sie auch zum Transporte der Arbeiter benutzt werden kann, wodurch eine erhebliche Erhöhung der Arbeitsleistung erzielt wird. Nach den ersten, freilich mißglückten Versuchen mit Preßluftlokomotiven führte sich die elektrische Lokomotive, vor allem im sächsischen und oberschlesischen Steinkohlenbergbau, ein, dann folgte die Spiritus-[WS 1], die Benzin- und die Benzollokomotive und im Jahre 1908 eine neue Konstruktion der Preßluftlokomotive, die durch Anwendung hoher Drucke (100–120 Atm.) und Verbundmotoren Leistungen bis zu 50 PS aufzuweisen hatte, während die Stärken der Brennstofflokomotiven zwischen 8 und 12 PS schwanken. Der elektrische Antrieb hat auch hier wieder einen erheblichen Vorsprung dadurch, daß er viel größere Krafteinheiten auf dem zur Verfügung stehenden engen Raume zur Wirkung zu bringen vermag (bis zu [517] 120 PS), weshalb die elektrischen Lokomotiven erheblich leistungsfähiger sind als die anderen Lokomotiven. Freilich bleibt ihnen der Steinkohlenbergbau so weit verschlossen, als ihre Anwendung in Schlagwettergruben aus Sicherheitsgründen nur in den einziehenden Strecken möglich ist.

Dagegen hat die Elektrizität auf dem Gebiete der Haspelförderung auch im Steinkohlenbergbau überall Eingang gefunden, da es nach langen Versuchen gelungen ist, durch besondere Einkapselung des Motors eine Explosion schlagender Wetter durch Zündung des elektrischen Funkens auszuschließen. Doch sind die in der letzten Zeit erheblich verbesserten Lufthaspel noch immer sehr beliebt, weil sie gegen die in der Grube unvermeidlich rauhe Behandlung unempfindlicher sind, als die Elektrohaspel, und man ihren schlechteren Wirkungsgrad wegen ihrer höheren Betriebssicherheit gern mit in den Kauf nimmt.

Von besonderer Wichtigkeit für den Abbau wenig mächtiger und flachgelagerter Flöze ist die mechanische Abbauförderung, die sich in den letzten Jahren in Deutschland schnell verbreitet hat. Während man sich früher nur der Schaufel bediente, um die vor Ort gewonnenen Kohlen in den in der Förderstrecke stehenden Grubenwagen zu schaffen, wozu häufig mehrfaches Umschaufeln der Kohle nötig war, benützt man jetzt hierzu die sogenannten Schüttelrutschen, die, von Druckluft angetrieben, die Kohle von der Abbaustelle am Stoße entlang ununterbrochen weiter schaffen und in die Grubenwagen schütten. Bei der Anwendung dieser Schüttelrutsche wird jede Staubaufwirbelung und Zerkleinerung der Kohle vermieden und diese bei erhöhtem Stückkohlenfall billig in die Förderwagen transportiert. Diese Schüttelrutschen können in Längen bis zu 100 m zum Kohlen- und auch zum Bergetransport verwendet werden und gestatten, bei regelmäßiger Lagerung, das Flöz mit einem einzigen geraden Kohlenstoße abzubauen, ohne die in der Herstellung, Unterhaltung und Bedienung so teuren und für die Arbeiter gefährlichen Bremsberge auffahren und benützen zu müssen. Durch den Fortfall dieser Bremsberge und der vielen kleinen Abbaustrecken lassen sich ganz erhebliche Ersparnisse und zugleich ein bedeutend schnelleres Vorrücken des Kohlenstoßes erzielen, was für die Gewinnung der Kohle und zur Verringerung des Stein- und Kohlenfalles außerordentlich vorteilhaft ist.

Es liegen also auf diesem Gebiete der Grubenförderung in Deutschland bereits recht erfolgreiche und viel versprechende Anfänge zur allgemeinen Einführung der Maschinenarbeit vor, welche die Handarbeit bereits zum großen Teile vollständig ersetzt haben. Dagegen ist die Aufgabe, die gewonnenen Kohlen mittelst Maschinen in die Förderrinnen oder die Grubenwagen einzufüllen, für den unterirdischen Betrieb noch nicht gelöst und bis jetzt noch nicht in Angriff genommen worden. Nur im Tagebau auf Braunkohlen ist, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, die maschinelle Gewinnung und Förderung ohne Einschalten menschlicher Hilfe bereits in vollem Umfange erzielt worden. Auf dem Gebiete der Wetterführung und Wasserhaltung, die seit der Erfindung der Dampfmaschine unumstrittene Domäne der Maschine waren, sind ebenfalls erhebliche Fortschritte zu verzeichnen. Die langsam laufenden alten Volummaschinen, die Wetterpumpen, sind vollständig verschwunden und haben schnell laufenden Depressionsmaschinen, den elektrisch angetriebenen Zentrifugalventilatoren, Platz gemacht.

[518] In der Wasserhaltung sind die schwerfälligen, langsamen Gestängedrucksätze nebst ihren riesigen obertägigen Balancierdampfmaschinen fast vollständig außer Anwendung gekommen und durch schneller laufende unterirdische Wasserhaltungsmaschinen ersetzt worden, die man anfangs durch Dampf antrieb. Bei größeren Teufen, von etwa 600 m an, ist aber eine Hebung des Grubenwassers durch Dampfmaschinen nicht mehr möglich, deshalb bürgert sich auch hier der elektrische Antrieb immer mehr ein, und zwar sowohl für die langsam laufenden Kolbenpumpen als auch für die schnell laufenden Schleuderpumpen, die jetzt mehrstufig gebaut, bei gutem Wirkungsgrade Steighöhen von mehreren 100 m anstandslos überwinden. Da der Dampfbetrieb zudem eine erhebliche Erhitzung der Schächte mit sich bringt und für seine Leitungen einen nicht unbedeutenden Raum des Schachtquerschnittes verlangt, und da die Leitungen ferner schwer dicht zu halten sind und bedeutende Kondensationsverluste verursachen, so wird in kurzem der elektrische Strom auch hier den Dampf vollständig verdrängt haben, wozu er bereits auf dem besten Wege ist.

Als besonders wichtig sind noch diejenigen Fortschritte aufzuführen, die in sicherheitstechnischer Hinsicht gemacht worden sind, und die dazu dienen, das Leben und die Gesundheit der Arbeiter gegen die mannigfaltigen Gefahren der Teufe zu schützen und dadurch zugleich einen ungestörten Betrieb zu gewährleisten. Neben dem Stein- und Kohlenfall, der durch den planmäßigen Ausbau und durch verbesserte Beleuchtung (elektrische und Azetylenlampen) mit Erfolg bekämpft wird, sind es besonders die Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosionen, denen man die größte Aufmerksamkeit schenkt, und zu deren Verhütung man eine große Menge von Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat. Diese erstrecken sich in erster Linie darauf, jede Explosion nach Möglichkeit überhaupt zu verhindern. Gegen die Schlagwetter erweist sich eine reichliche und geregelte Wetterzuführung als das beste Mittel. Durch die Aufstellung 1000pferdiger Ventilatoren und durch eine zuverlässige Wetterführung unter Tage, zu deren Durchführung der Berge- und Spülversatz sehr viel beiträgt, werden die schädlichen Grubengase so stark verdünnt, daß sie die Fähigkeit zu explodieren einbüßen. Doch läßt sich diese nötige Verdünnung selbst durch eine weitausgedehnte Sonderbewetterung nicht überall durchführen, weshalb man zu anderen Sicherheitsmaßnahmen greifen muß. Die Schießarbeit, durch die häufig eine Entzündung der Schlagwetter stattfindet, wird durch Bergpolizeiverordnung stark eingeschränkt und durch Ausdehnung der maschinellen Schräm- und Treibarbeit nach Möglichkeit ersetzt. Dort, wo sie unentbehrlich ist, wendet man elektrische Zündung und Sicherheitssprengstoffe an, die von der chemischen Industrie in den letzten Jahren in unendlich vielen Sorten für den Bergbau hergestellt werden, und die bei sachgemäßer Anwendung keine Entzündung von Schlagwettern oder Kohlenstaub hervorrufen. Zur Unschädlichmachung des Kohlenstaubes dient in erster Linie seine Befeuchtung, weshalb in den letzten 10 Jahren sämtliche gefährdeten Gruben planmäßig berieselt werden, zu welchem Zwecke diese mit einem viele Kilometer langen unterirdischen Netze von Druckwasserleitungen durchzogen sind, die es ermöglichen, den Kohlenstaub im Abbau und in den Förder- und Wetterstrecken schnell unschädlich zu machen.

Die Versuche von Meißner, durch Tränken des Kohlenstoßes mit Druckwasser eine [519] Staubbildung überhaupt zu verhüten, hat an vielen Orten gute Erfolge erzielt und sogar stellenweise zu einem Ersatze der Sprengarbeit geführt, indem man dem Druckwasser die Arbeit des Loslösens und Auflockerns der Kohle überläßt, die dann nach erfolgter Durchtränkung bequem mit der Keilhaue hereingewonnen werden kann, ohne Staubbildung zu verursachen. Auch zum Löschen von Grubenbränden ist dieses Stoßtränken mit Erfolg angewendet worden. Indes werden die meist durch Selbstentzündung auftretenden Grubenbrände in absehbarer Zeit wohl vollständig verschwunden sein, da die allgemeine Einführung des Spülversatzes eine Selbstentzündung der Kohle überhaupt unmöglich machen wird.

Nachdem die Entzündung schlagender Wetter durch das Geleucht des Bergmannes mit Hilfe der Davyschen Sicherheitslampe schon erheblich eingeschränkt worden war, wurde diese Sicherheit der Lampen durch die anfangs der 90er Jahre von Wolff eingeführte innere Zündung der Lampe und seinen Magnetverschluß wesentlich erhöht. Eine weitere Verbesserung haben die Lampen in den allerletzten Jahren durch die Erfindung und Einführung der Metallfunkenzündung und durch elektromagnetische Verschlüsse erfahren.

Infolge dieser Sicherheitsmaßregeln haben die Unfälle durch Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosionen erheblich abgenommen, wie die nachstehenden Zahlen beweisen:

Auf einen durch Schlagwetterexplosionen zu Tode gekommenen Bergmann entfiel in Preußen eine Förderung von:

539 623 t im Durchschnitt der Jahre 1881–1890,
1 100 810 t im Durchschnitt der Jahre 1891–1900,
1 769 716 t im Durchschnitt der Jahre 1901–1910,

so daß sich die Sicherheit gegen schlagende Wetter verdreifacht hat, trotzdem die Steinkohlengruben in den letzten Jahren bedeutend tiefer und gefährlicher geworden sind.

Um für den Fall einer Explosion möglichst schnell Hilfe leisten zu können, ist auf den Gruben jetzt allgemein ein Sicherheitsdienst eingerichtet worden. Es werden aus den Arbeitern Mannschaften im Rettungswesen ausgebildet und mit der Handhabung von Atmungs- und Rettungsapparaten, die ein Eindringen in giftige Gase gestatten, gründlich vertraut gemacht, so daß im Falle einer Explosion immer eine geschulte Mannschaft vorhanden ist, die schnell in die Grube einzudringen, die Verunglückten zu retten und die durch Explosion meist gestörte Wetterführung wieder instand zu setzen vermag.

Durch Herstellung von besonders bewetterten Rettungskammern unter Tage sucht man außerdem den Bergleuten bei Explosionen vor den giftigen Nachschwaden einen sicheren Zufluchtsort zu bieten, in den sie sich bei Zerstörung der Fluchtwege zurückziehen und wo sie sich bis zur Herstellung der Wetterführung oder bis zur Ankunft der Rettungsmannschaften aufhalten können.

Zur ersten Hilfeleistung sind ferner auf den größeren Zechen Heilgehilfen vorhanden, welche die ersten Verbände anlegen und Wiederbelebungsversuche anstellen. Zu letzteren eignet sich besonders der Pulmotor des Drägerwerkes, bei dem künstlich Sauerstoff in die [520] Lunge eingeführt wird. Wie groß das Bedürfnis nach erster Hilfeleistung ist, geht z. B. daraus hervor, daß im Jahre 1908 auf dem mehrere Schachtanlagen umfassenden Steinkohlenbergwerke Rheinpreußen 3900 Personen mit Verbänden versehen worden sind, die bei 3239 kleineren und größeren Betriebsunfällen verletzt wurden.

Durch die Ausbildung des Sicherheitswesens ist innerhalb der letzten 25 Jahre einerseits eine Herabminderung der Gefahren und andererseits eine schnelle Hilfeleistung bei Unglücksfällen erzielt worden, durch die mancher Bergmann gerettet und dem Leben erhalten geblieben ist, der ohne diese Einrichtungen dem sicheren Tode verfallen gewesen wäre.

Aufbereitung.

Bei Aufbereitung unterscheidet man die Handarbeit (Klaubarbeit) und die mechanische Aufbereitung, die Setz- und Herdarbeit, bei der die Trennung des feinen und zerkleinerten Fördergutes auf Maschinen mit Hilfe des Wassers und der Schwerkraft geschieht. Infolge der immer mehr steigenden Löhne suchte man die Klaubarbeit zugunsten der mechanischen Aufbereitung einzuschränken und bediente sich der Klaubarbeit nur noch zum Aussuchen grobstückiger reiner Erze und zerkleinert die verwachsenen Stoffe möglichst bald auf eine solche Größe, daß das Korn der Größe der in dem Haufwerke enthaltenden Erzkörner entspricht. Diese Zerkleinerung geschah früher durch Pochwerke und Stampfmühlen. Sie sind indes fast überall durch Steinbrecher, Walzwerke, und Schleudermühlen ersetzt worden, die weniger Kraft erfordern, auf genau bestimmte Korngrößen arbeiten und eine unnötige und zu weitgehende Zerkleinerung vermeiden.

In bezug auf reineres und besseres Ausbringen sind recht erhebliche Fortschritte zu verzeichnen, und zwar weniger durch Neuschaffungen und Erfindungen, sondern durch Verbesserung und Abänderung von älteren Maschinen. Bei den Setzmaschinen wird die Auf- und Abwärtsbewegung des Wassers, die früher durch Kolben geschah, jetzt häufig durch Druckluft bewirkt, was für einen gleichmäßigen Gang und einen guten Erfolg der Setzarbeit von großem Vorteile ist. Die alten Kolbensetzmaschinen hat man dadurch verbessert, daß man durch Differentialhebelantrieb eine Arbeitsweise des Wassers erzielte, die dem Arbeiten der Luftsetzmaschine ähnlich ist, wodurch man die Vorteile der Kolben- und Luftsetzmaschinen vereinigen konnte. Durch den Bau von Doppelsetzmaschinen, durch den Ersatz der flachen gelochten Setzsiebe durch Wellensiebe und Rostsiebe und manche andere Neuerungen hat man ferner die Leistungsfähigkeit der Setzmaschinen erhöht, erhebliche Ersparnisse an Raum, Kraft und Bedienung erzielt und außerdem durch genaues Arbeiten dieser Maschinen die unvermeidlichen Aufbereitungsverluste erheblich herabgemindert. Die Verarbeitung der im Haufwerke vorhandenen und der bei der Aufbereitung entstehenden feinen Teilchen, der sogenannten Schlämme, geschieht nicht auf Setzmaschinen, sondern auf sogenannten Herden in der Schlammwäsche. Je feiner indes das Korn bei der Aufbereitung ist, um so größer sind die Erzverluste, die beim Waschen entstehen, weil das feinverteilte Erz, besonders der wertvolle Bleiglanz, nicht mehr dem Gesetze der Schwere folgt und untersinkt, sondern in Form von feinen dünnen Blättchen oben auf dem Wasser schwimmt und mit den Abwässern fortgespült wird. Während man [521] früher in der Schlammwäsche mit sogenannten Vollapparaten arbeitete, auf denen sich das aufbereitete Gut in dicken Schichten ansammelte und von Zeit zu Zeit mit Schaufeln abgestochen wurde, zu welchem Zwecke man natürlich den Aufbereitungsprozeß unterbrechen mußte, wendet man jetzt allgemein Leerherde an, bei denen die fertigen Erzeugnisse ständig durch das Wasser entfernt und in Sammelbehälter gespült werden, so daß ein ununterbrochener Betrieb entsteht, der ein höheres Ausbringen und größere Leistungsfähigkeit bei geringerem Kraftaufwande und wenig Bedienung zur Folge hat. Neben den bereits älteren, aber ganz vorzüglich arbeitenden Linkenbachschen Rundherden sind etwa seit dem Jahre 1900 die Stoß- und Schüttelherde getreten, welche die aufbereitende Wirkung des strömenden Wassers durch Stoß- und Schüttelbewegungen der Herdplatte unterstützen und recht reine Erzeugnisse fast automatisch zu gewinnen gestatten. Durch diese Fortschritte in der Schlammaufbereitung kann man aus den feinsten Schlämmen, die sehr viel Metall enthalten, einen viel größeren Teil des Erzes gewinnen, als es vor 25 Jahren möglich war, und vermag selbst alte Schlammhalden früherer Betriebe mit Vorteil aufbereiten und so erhebliche Mengen Metall gewinnen, die man bereits verloren gegeben hatte. Von der großen Bedeutung, welche die Aufbereitung für den Erzbergbau hat, zeugt es, daß in Oberschlesien in den Jahren 1903–1912 außer mehreren kleinen Aufbereitungen und außer einigen, oft sehr bedeutenden Erweiterungen von bereits bestehenden Anlagen vier große neue Erzwäschen mit einer Gesamtstundenleistung von 200 Tonnen Haufwerk erbaut worden sind, für die ein Kapital von über 10 Millionen Mark aufgewendet wurde. Man vermag in ihnen ein Grubenklein von 7–12% Zink und 1–4% Blei auf 40 und mehr % Zink und 70 und mehr % Blei anzureichern bei einem Ausbringen von 75–89% des Gesamtzinkgehalts und 70–80% des Gesamtbleigehalts im Haufwerke, ohne daß die Kosten der Aufbereitung die Grenze erreichen, bei der ein gewinnbringender Betrieb selbst bei niedrigen Metallpreisen fraglich erscheint.

Neben die Naßaufbereitung, die Wäsche, die nur solche Mineralien voneinander zu trennen vermag, die hinsichtlich ihres spezifischen Gewichtes stark voneinander abweichen, ist in den letzten Jahrzehnten ein ganz neues Verfahren, die magnetische Aufbereitung, getreten, welche die nasse Aufbereitung unterstützt und ergänzt und stellenweise zu ersetzen vermag. Die erste magnetische Aufbereitung Europas wurde im Jahre 1900 auf der Grube Lohmannsfels im Siegerlande erbaut. Die anfangs verwendeten, nach ihrem Erfinder „Wetherill-Apparate“ genannten Maschinen sind in den letzten Jahren durch deutsche Firmen, vor allem durch die Maschinenbauanstalt Humboldt, das Krupp-Grusonwerk und die Elektromagnetische Gesellschaft erheblich verbessert worden, auch wurden von diesen Firmen neue Systeme erfunden und gebaut, die sich sehr gut bewährt haben.

Zu der nassen und magnetischen Aufbereitung ist in den letzten Jahren noch das Schwimmverfahren getreten, das auf dem Auftriebe von gewissen Erzen in Flüssigkeiten oder auf der Tragfähigkeit gespannter Flüssigkeitshäutchen beruht. Jedoch ist man in Deutschland über Versuche mit diesem Verfahren noch nicht hinausgekommen.

Während die Erzaufbereitung bis in die ältesten Zeiten des Bergbaues zurückreicht, ist die Kohlenaufbereitung neueren Datums. Früher begnügte man sich allgemein damit, [522] durch Klaubarbeit die Berge aus der Kohle herauszulesen und diese durch Absieben nach verschiedenen Korngrößen zu sortieren. Der mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes sich ausdehnende Versand der Kohle nach entfernteren Gegenden und die sich steigernden Wünsche der Abnehmer nach aschearmen Kohlen für Kesselfeuerung und Hausbrand, sowie der wachsende Bedarf der Eisenindustrie nach einem Koks von geringem Aschengehalte zwang bald zu einer gründlichen Aufbereitung der Kohle, die viel einfacher und leichter durchzuführen ist als die Erzaufbereitung. Denn bei letzterer müssen oft drei oder noch mehr Erzarten voneinander und von den Bergen getrennt werden, während es sich bei der Kohlenaufbereitung nur um das Trennen der Kohle von den Bergen und um ein Sortieren nach Korngrößen, dem sogenannten Klassieren, handelt. Die Hauptarbeit fällt hierbei den Setzmaschinen zu, die eine ähnliche Entwicklung und ähnliche Fortschritte wie die Erzsetzmaschinen zeigen.

Die bedeutendste Neuerung dürfte auf dem Gebiete der Kohlenaufbereitung wohl das Baumsche Prinzip: „Erst waschen, dann klassieren“ sein, nach dem im Gegensatz zu den früheren Aufbereitungsanlagen das Sortieren der Kohle nach den Korngrößen erst nach erfolgter Setzarbeit geschieht. In Anbetracht des höheren Wertes, den ein stärkeres Korn hat, wird jede Zerkleinerung der Kohle nach Möglichkeit vermieden und infolgedessen auch das vollständig unnötige Zerkleinern der Berge und ihr mehr oder weniger starkes Auflösen in den Waschwässern, deren Klärung und Reinigung bei den Baumschen Aufbereitungen sehr erleichtert wird. Neuerdings verbindet man auch das alte Prinzip: „Erst klassieren, dann waschen“, mit dem Baumschen; so nimmt z. B. die Maschinenbauanstalt Humboldt erst ein beschränktes Klassieren, dann ein Waschen und schließlich das endgültige Klassieren vor.

Besondere Schwierigkeiten verursacht der Kohlenstaub und die Feinkohle, die in den Abgängen der Aufbereitung in bedeutenden Mengen enthalten sind, die Waschwässer stark verunreinigt und zum großen Teil verloren geht. Um den Kohlenstaub und die Feinkohle nutzbar zu machen, baute man in den letzten Jahrzehnten sogenannte Nachwäschen, die dazu dienen, die an den Bergen haftenden oder von ihnen eingeschlossenen Kohleteilchen so vollkommen wie möglich zu gewinnen, den Aschengehalt der gewaschenen Erzeugnisse möglichst herabzumindern und ferner die in den Abwässern enthaltenen Feinkohlen nicht verloren gehen zu lassen. Durch die Feinkohlenwäschen gelingt es, den Aschengehalt der Feinkohle auf 6,5% und weniger herabzudrücken und so diese als Kokskohle zu verwenden, während man früher häufig gezwungen war, bei Mangel an aschenarmen Feinkohlen die Kokskohle durch Brechen hochwertiger Stückkohle herzustellen. Die durch die Nachwäsche erhaltenen Berge sind fast frei von Schwefelkies und Kohle, so daß man sie zu Zwecken des Bergeversatzes in die Grube zurückschaffen kann, ohne Grubenbrand befürchten zu müssen. Auch zu den lästigen Haldenbränden können derartig gereinigte Waschberge keine Veranlassung mehr geben.

Durch den Verkauf oder die sonstige Verwertung der in solchen Nachwäschen gewonnenen Feinkohle, die ohne Nachwäsche fast vollständig verloren gehen würden, haben westfälische Kohlenzechen bereits Reingewinne von 70 000 bis 300 000 Mark im Jahre erzielt.

[523] Zur Verbesserung der Waschprodukte wird seit den 90er Jahren auch mit Erfolg die Windaufbereitung der Feinkohle angewendet. Neuerdings nimmt man bereits beim Entleeren der Förderungen in den Wippern eine Entstaubung der Förderkohle vor, um einerseits hygienische Forderungen zu erfüllen und andererseits der Aufbereitung den lästigen und schwer zu verarbeitenden Staub fernzuhalten.

Durch diese rechtzeitige Absaugung des Staubes wird die Schlammbildung in den Waschwässern verringert, deren Reinigung erleichtert und die Leistungsfähigkeit der Wäsche nicht unbedeutend erhöht. Derartige Entstaubungsanlagen werfen außer den eben erwähnten Vorteilen noch durch den Verkauf der Feinkohle an Gießereien oder durch ihre Verwendung als Zusatz zur Koks- oder Brikettkohle erhebliche Gewinne ab, erhöhen so die Rente der Zeche und verlängern zugleich die Lebensdauer der deutschen Steinkohlenvorräte nicht unerheblich.

Die Brikettierung gehört ebenfalls zur Aufbereitung, die sich für den Bergmann auf die Brikettierung der Stein- und Braunkohle beschränkt, während die Brikettierung der Erze dem Hüttenmanne zufällt. Allbekannt ist, daß die Rohbraunkohle infolge ihres hohen Wassergehalts und ihrer chemischen Zusammensetzung nur den sehr geringen Heizwert von 2300–2500 Wärmeeinheiten besitzt, so daß sie nicht auf größere Entfernungen hin versandt werden kann. Aus diesem Grunde wird sie zu Briketts zusammengepreßt, deren Heizwert 4500–5000 beträgt und demjenigen der Steinkohle nahekommt. Wenn auch die Brikettierung selbst schon älteren Datums ist, so sind doch in den letzten 25 Jahren auch auf diesem Gebiete nennenswerte Fortschritte zu verzeichnen. Durch Erhöhung der Dampfspannung und die Ausnutzung des Kraftdampfes zu Trockenzwecken, durch die Erfindung des Schulzschen Röhren-Trocken-Apparats und die im Jahre 1900 erfolgte Einführung von Wendeleisten in den Rohren zur Trocknung der Braunkohle, durch welche die Wasserverdampfung von 60 kg auf den Quadratmeter Heizfläche in 24 Stunden auf 100 kg gesteigert wurde, sind wesentliche Ersparnisse bei der Fabrikation erzielt worden. Die Brikettpressen selbst wurden wesentlich vervollkommnet und leistungsfähiger gemacht, so daß man jetzt mit einer Presse täglich über 70 Tonnen Briketts herzustellen vermag. Erst diese Verbesserungen im Vereine mit der maschinellen Gewinnung der Braunkohle, die bereits früher erwähnt wurde, ermöglichte den gewaltigen Aufschwung, den die deutsche Braunkohlenindustrie in den letzten 25 Jahren genommen hat. Neben der Brikettierung der Braunkohle findet auch eine solche von Steinkohlen statt, und zwar wird hierzu feine Magerkohle verwendet, die, da sie nicht verkokbar und sehr schwer zu verfeuern ist, lange Zeit für vollständig wertlos galt und auf die Halde geworfen wurde. Durch Mischen dieser Feinkohle mit Pech und durch Pressen der erwärmten Massen zu Briketts erhält man aus dem sonst vollständig wertlosen Staube einen hochwertigen Brennstoff, der sich infolge seiner Wetterbeständigkeit und langen Haltbarkeit einer großen Wertschätzung erfreut und in den letzten Jahren, vor allem im Eisenbahnbetriebe, schnell Eingang gefunden hat. [524]

Hüttenwesen.

Koksdarstellung.

Der wichtigste Fortschritt auf diesem Gebiete ist die Einführung der Nebenproduktengewinnung, welche zuerst hauptsächlich in Frankreich versucht wurde. In Deutschland sowie in England brachte man dieser Neuerung jedoch Bedenken entgegen, weil man annahm, daß, nachdem die brennbaren Bestandteile, Teer und Benzol, aus den Gasen entfernt sind, die Abhitze der Koksöfen nicht mehr zur Dampfgewinnung ausreicht. Außerdem glaubte man, daß der im Flammofen gewonnene Koks sich für den Hochofenbetrieb besser eigne, als das im Destillationsofen hergestellte Material. Die ersten Destillationsöfen in Brackwede im Jahre 1880 nach dem System Carvès aufgestellt, ergaben indessen gute Resultate. In Gottesberg in Schlesien erbaute 1883 Gustav Hoffmann einen Regenerationsofen mit Nebenproduktengewinnung, dessen System der um die Entwicklung der Koksindustrie sehr verdiente Dr. Otto in Dahlhausen mit seinem bisherigen Ofensystem vereinigte, woraus der Hoffmann-Otto-Ofen entstand, der in der Folgezeit in Deutschland als Destillationsofen große Verbreitung fand. Diese Erfolge der Destillationsöfen brachten das Vorurteil allmählich zum Verschwinden, und bereits im Jahre 1889 waren in Deutschland 605 Hoffmann-Otto-Öfen im Betrieb. Die Zahl dieser Öfen belief sich 3 Jahre später auf 1205, und 1895 wurden 54% des gesamten Koks in Deutschland in Destillationsöfen hergestellt. Durch die Öfen von Semet-Solvay, Collin, Brunck und anderen wurde im Laufe der folgenden Jahre der Beweis erbracht, daß der Koksofenbetrieb mit Gewinnung der Nebenprodukte ohne Anwendung von Regeneratoren zur Vorwärmung der Verbrennungsluft anstandslos durchführbar ist. Dies veranlaßte Dr. Otto, im Jahre 1895 einen Unterbrennerofen einzuführen, der sich ebenfalls einer außerordentlich großen Verbreitung in Deutschland erfreute, so daß im Jahre 1909 rund 9204 Unterbrenneröfen sich im Betrieb befanden. Im Jahre 1902 erhielt H. Koppers in Essen ein Patent auf einen liegenden Koksofen mit getrennter Zufuhr von Gas und Verbrennungsluft und ohne Zugumkehr im Ofen. Dieser Ofen, der im Laufe der Jahre wesentliche Verbesserungen erfuhr, bedeutet einen weiteren Fortschritt auf dem Gebiete des Koksofenbaues. Es waren 1910 in Deutschland 750 Koppers-Öfen im Betrieb und 105 im Bau. Otto wiederum verbesserte seinen Unterbrennerofen durch Einführung des Regenerativprinzips zur Vorwärmung der Verbrennungsluft, das auch Collin und Koppers bei ihren Ofensystemen zur Anwendung brachten. Sie verzichten hierbei auf die Verwertung der Abhitze zur Dampferzeugung, erzielen jedoch eine große Menge überschüssiges zu anderen Verwendungen disponibles Gas. Ein neuerdings beschrittener Weg ist der des kombinierten Ofensystems von Flammöfen und Destillationsöfen, die Verwendung der Abhitze gestatten und gleichzeitig Überschußgas ergeben.

Von den Nebenprodukten wurden bis zum Jahre 1889 nur der Teer und das Ammoniak gewonnen. Die erste Einrichtung zur Gewinnung des Benzols führte F. Brunck in Dortmund an Semet-Solvay-Öfen aus, und es sind allmählich die meisten Destillationsöfen mit Vorrichtungen zur Gewinnung des Benzols eingerichtet worden. Das Ammoniak wurde bis zum Jahre 1903 ausschließlich durch Wasserwaschung gewonnen. [525] Brunck war in diesem Jahre ebenfalls der erste, welcher direkt festes Salz gewann. Ihm folgte Dr. Otto, sowie namentlich auch Koppers mit eigenen Verfahren.

Aus 1000 kg Kohle werden im Mittel etwa 750 kg Koks, 28–40 kg Teer, 8–12 kg schwefelsaures Ammoniak und 5–6 kg Benzol gewonnen. Das Ausbringen an Gasen beläuft sich auf rund 300 cbm für 1 Tonne trockener Kokskohle.

Das 1886 von Quaglio erfundene Einstampfen der Kokskohle, wodurch auch gasreiche Kohlen und Magerkohlen in Mischung mit Backkohlen für den Prozeß geeignet werden, war namentlich, nachdem von den Firmen Brink & Hübner in Mannheim, Sächsische Maschinenfabrik vormals R. Hartmann in Chemnitz, Kuhn & Co. in Bruch in Westfalen u. a. praktische Stampfmaschinen erfunden worden waren, für die Reviere an der Saar und in Oberschlesien außerordentlich wertvoll. Der Koks wird durch das Stampfen der Feinkohle dichter und fester, das Ausbringen erhöht sich um etwa 3%, die Einsatzmenge steigt um 30%. Doch erhöht sich die Garungszeit, und es bleibt deshalb die Produktion eines Ofens dieselbe.

Die Garungszeit wurde durch Verringerung der Ofenbreite mehr und mehr verkürzt, so daß man heute auf Garungszeiten von 22–30 Stunden gekommen ist.

Die überschüssigen hochwertigen Gase des Koksofens wurden im Jahre 1892 auf der Kokerei Altenwald der Gebrüder Röchling im Saarbezirk in einer Koksofengaskraftmaschine von 12 PS zum erstenmal ausgenützt. Da sich mit der verbesserten Konstruktion der Koksöfen der Gasverbrauch für die Durchführung des Prozesses verringerte und heute für andere Zwecke etwa die Hälfte der entwickelten Gasmengen zur Verfügung steht, so bedeutete diese Ausnützung der Gase einen wesentlichen Fortschritt. Die Anzahl der effektiven PS-Stunden, welche gewonnen werden können, ist etwa gleich der wöchentlichen Koksproduktion in Tonnen. Diese Art der Verwertung der Überschußgase verbreitete sich rasch, so daß bereits im Jahre 1907 Gasmaschinen mit einer Leistungsfähigkeit von insgesamt 44 000 PS im Betrieb waren, welche mit Koksofengas gespeist wurden. Auf der Halberger Hütte in Brebach wurden die Koksofengase zum ersten Male an Stelle von Leuchtgas zu Beleuchtungs- und Beheizungszwecken benützt. In den letzten Jahren ist man dazu übergegangen, den Überschuß an Gasen den in der Nachbarschaft der Kokereien gelegenen Städten und Ortschaften zuzuführen, und es sind im Ruhr- und Saargebiet bereits eine ganze Menge von Gemeinden und Städten an Koksöfen angeschlossen. Die Ersparnis für die Städte ist beträchtlich; denn sie zahlen für das Kubikmeter Gas nur 2–3 Pfennig frei Gasanstalt, während ihnen das auf die bisherige Weise hergestellte Leuchtgas auf mindestens 5 Pfennige zu stehen kommt. Für die Ausnützung des hohen Heizwertes der Überschußgase sind auch auf den Hüttenwerken neue Verwendungsgebiete erschlossen worden. Man hat mit gutem Erfolg die bei der Stahlbereitung verwendeten Martinöfen mit Koksofengas entweder allein oder in Mischung mit Hochofengas oder Generatorgas betrieben. Um möglichst viel von den hochwertigen Koksofengasen zur Verfügung zu haben, heizt man zum Teil die Koksöfen entweder mit geringwertigen Hochofengichtgasen, oder man folgt einem Vorschlage von Koppers und vergast den Abfallkoks in Generatoren, um das erzeugte Gas zum Heizen der Koksöfen zu benützen. Die Kokserzeugung hat sich in den letzten 25 Jahren um [526] beinahe das Fünffache vermehrt, sie belief sich im Jahre 1912 auf 29,14 Millionen Tonnen.

Brikettieren der Eisenerze.

Für die Eisenindustrie hat das Brikettieren feiner Erze deshalb von Jahr zu Jahr an Wichtigkeit zugenommen, weil der Bergbau infolge der Verwendung brisanter Sprengstoffe eine größere Menge von Feinerz liefert als früher. Außerdem steigt mit der Länge der Transportwege, mit der Notwendigkeit des Umladens der Anteil an Feinerzen. Auch beim Hochofenbetrieb haben sich die Verhältnisse in dieser Richtung verschlechtert. In den niedrigen Öfen, welche mit geringer Windpressung betrieben werden, war es möglich, eine gewisse Menge Feinerz in der Erzgattierung zu verhütten, ohne daß sich Betriebsschwierigkeiten ergaben. Mit der Zunahme der Höhe der Öfen und der Steigerung der Windpressung verursachten größere Mengen Feinerze in der Ofenbeschickung Betriebsschwierigkeiten. Die erhöhte Windpressung brachte es fernerhin mit sich, daß eine größere Menge Gichtstaub mit den Gasen fortgerissen wurde, dessen Wiederaufgabe in den Ofen ohne Brikettierung nicht möglich ist. Ferner müssen die auf magnetischem Wege aufzubereitenden Erze vorher zerkleinert und die Erze zwecks Verhüttung brikettiert werden.

Alle diese Umstände bedingten es, daß der Lösung dieser Frage große Aufmerksamkeit zugewendet wurde, und es sind in den letzten 25 Jahren etwas über 50 Verfahren durch Patente geschützt worden. Sie verwenden meist Bindemittel anorganischer und organischer Natur (Pressen mit geringem und hohem Druck) und setzten die Preßlinge häufig einer Nachbehandlung aus. Nur eine beschränkte Zahl der zahlreichen Verfahren ist über Versuche zu betriebsmäßiger Anwendung gekommen, und von diesen haben sich nur wenige auf die Dauer bewährt. Die Frage der Brikettierung der Eisenerze ist daher noch nicht in jeder Beziehung vollständig gelöst.

Ein anderer Weg zur Erzielung der Verhüttbarkeit von Feinerzen und von Gichtstaub bildet die Agglomerierung, welche in einem Erhitzen der zu agglomerierenden Materialien bis zum Zusammensintern besteht. Das Verfahren wird in den von der Zementindustrie übernommenen Drehrohröfen ausgeführt. Es werden hierbei unregelmäßige klumpige Agglomerate erhalten, die für den Hochofen ebenso geeignet sind als regelmäßig geformte Stücke. Für dieses Verfahren eignen sich jedoch nur solche Materialien, bei denen die Schmelztemperatur genügend hoch über der Sintertemperatur liegt, da sonst die Gefahr vorliegt, daß das zu verarbeitende Gut vollständig zum Schmelzen kommt.

Roheisenerzeugung.

Die Fortschritte im Hochofenbetrieb bestehen hauptsächlich darin, daß die Handarbeit bei der Beförderung der Rohmaterialien durch maschinelle Einrichtungen ersetzt und die Erzeugung durch Vergrößerung des Ofeninhalts und Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gebläsemaschinen erhöht worden ist. Wesentliche Erfolge wurden in der Nutzbarmachung der Nebenprodukte des Hochofens dadurch erzielt, daß das Gichtgas in Gaskraftmaschinen verwendet und die Schlacke zum Teil auf Zement verarbeitet wurde.

[527] Die am Wasser gelegenen Werke bevorzugten für das Entladen der Schiffe meist die aus Amerika gekommenen Huntschen Verladebrücken, wobei entweder der Greifer stets den ganzen Weg vom Schiff bis zur Ausladestelle zurücklegt oder das Erz nur in die Höhe hebt, um es in einen Füllrumpf zu verladen, von welchem es mittels Förderkübel, Laufkatze und automatischer Bahn auf die Lageplätze gebracht wird. Die auf die Zufuhr durch die Eisenbahn angewiesenen Werke suchten diese wichtige Frage der Entladung der Rohmaterialien mit Hilfe selbsttätiger Waggonkipper usw. zu lösen, während die in der Nähe der Erzgruben gelegenen Werke ihre Erze auf maschinell betriebenen Hänge- und Seilbahnen beziehen, um sie entweder in Vorratsbehälter zu stürzen, oder unmittelbar ohne Umladen auf die Gicht des Hochofens zu bringen. In der Beförderung der Materialien auf die Gicht sind ebenfalls wesentliche Fortschritte erzielt worden, die alle bezweckten, die Begichtung möglichst automatisch auszuführen. Diese Frage ist durch die Konstruktionen von Bleichert & Co., Stähler, Röchling, Pohlig und anderen auf die verschiedenste Weise gelöst worden.

Bereits in der Mitte der 80er Jahre waren die steinernen Winderhitzer beinahe allgemein eingeführt. Man erzielte dadurch eine Ersparnis an Koks sowie einen beträchtlichen Überschuß an Wind, so daß die Leistung des Hochofens ohne Vergrößerung des Gebläses wesentlich gesteigert werden konnte. Durch Vermehrung der Heizfläche und Vergrößerung der Abmessungen der Winderhitzer sowie durch Verbesserungen der Umsteuerapparate wurden diese Apparate wesentlich vervollkommnet.

Um den Bau des Hochofens haben sich namentlich Lürmann und Burgers durch zahlreiche konstruktive Verbesserungen Verdienste erworben, letzterer besonders dadurch, daß er Bodenstein, Gestell und Rast in Kohlenstoffsteinen ausgeführt hat, welche sich auf zahlreichen Werken bewährt haben. Die Erfindung des gußeisernen wassergekühlten Schachtmantels von Burgers fand jedoch in den Kreisen der Interessenten nur geteilte Aufnahme. Als gutes Mittel gegen Roheisendurchbrüche wurde eine wassergekühlte Panzerung des Gestells in verschiedener Ausführung angewendet.

Die automatischen Beschickungsvorrichtungen bedingten die Einführung doppelter Gichtverschlüsse, deren Einrichtung meist nach System Neumark oder Buderus u. a. erfolgte. Mit den vielfachen Verbesserungen der einzelnen Teile des Hochofens ging eine Vergrößerung des Inhalts Hand in Hand. Im Betrieb des Ofens sind ebenfalls Verbesserungen zu verzeichnen, so daß die durchschnittliche jährliche Erzeugung eines Ofens in den letzten 25 Jahren von 19 000 Tonnen auf 65 000 Tonnen stieg. So gestattet die Stichlochstopfmaschine von Dango und Dinnenthal einen bequemen und sicheren Verschluß des Abstiches. Das von Dr. Menne in Creuzthal erfundene Sauerstoffverfahren zum Öffnen des Stichloches hat ebenfalls zur Erleichterung des Hochofenbetriebes beigetragen. Das Brechen der Roheisenmasseln erfolgt ebenso wie ihr Transport häufig auf maschinellem Wege.

Die wichtigste Neuerung im Betrieb ist jedoch in der von Lürmann zuerst vorgeschlagenen Verwendung der Gichtgase in der Gasmaschine zu sehen. Die Gase, welche einen Heizwert von etwa 850 Wärmeeinheiten pro Kubikmeter besitzen, wurden bisher unter Dampfkesseln zur Erzeugung von Dampf verwendet, wodurch der Hochofen in der Lage [528] war, seinen eigenen Kraftbedarf reichlich zu decken. Benützt man dagegen das Gichtgas direkt in der Gasmaschine zur Krafterzeugung, so steht abzüglich der für die Erhitzung des Gebläsewindes erforderlichen Gasmenge und des in den Leitungen entstehenden Gasverlustes eine solche Menge Gichtgas zur Verfügung, daß für jede Tonne Roheisen reichlich 25 PS an fremde Betriebe abgegeben werden können. Man ist also heute durch diese Neuerung in der Lage, nicht nur den Hochofen, sondern auch die Stahl- und Walzwerke mittels Hochofengas zu betreiben. Der erste Gichtgasmotor wurde 1895 in Hörde in Betrieb gesetzt, heute ist weitaus die Mehrzahl der größeren deutschen Hochofenwerke mit Gasmaschinen ausgerüstet.

Ehe diese Neuerung jedoch allgemeine Anwendung finden konnte, mußte die Frage einer weitgehenden Reinigung der Gichtgase vom mitgerissenen Staub gelöst sein. Hier hat sich hauptsächlich der von Theisen erfundene Zentrifugalreiniger, sowie der mit Wassereinspritzung betriebene Ventilator bestens bewährt. Neuerdings kommt ein Verfahren der Halberger Hütte in Brebach in Aufnahme, bei welchem das Gas durch Säcke filtriert wird.

Auf dem Gebiete der Schlackenverwendung sind ebenfalls Neuerungen zu verzeichnen. Bisher wurde dieselbe zu Kleinschlag, Schlackensteinen und Schlackenzement verarbeitet. Hierzu ist in der Berichtsperiode die Verwertung als Portlandzement, sog. Eisenportlandzement gekommen. Derselbe wird durch Brennen und Mahlen eines innigen Gemisches von Schlacke und Kalkstein, welchem 30 Teile granulierte und gemahlene Hochofenschlacke zugemischt werden, erzeugt. Das Produkt hat sich in der Praxis bestens bewährt und ist durch Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten seit einigen Jahren zu allen Bauausführungen, zu denen bisher Portlandzement Verwendung fand, zugelassen worden. Die Roheisenerzeugung stieg in der Berichtsperiode von 3,91 auf 17,85 Millionen Tonnen.

Darstellung des Schweißeisens.

Die Puddelöfen wurden zu Beginn der Berichtsperiode mit verbesserten Feuerungen versehen, ferner die Öfen mit Doppelherden eingerichtet. Die Erzeugung eines Ofens erfuhr dadurch eine Verdoppelung und stieg auf etwa 10 000 kgin 12stündiger Schicht, wobei sich gleichzeitig der Brennstoffaufwand von 80% auf 50% verringerte.

Diese Verbesserungen beim Puddelprozeß, der in Deutschland beinahe ausschließlich zur Darstellung des Schweißeisens diente, konnte der Überhandnahme der Flußeisenerzeugung nicht steuern, so daß bereits im Jahre 1887 die Flußeisenerzeugung mit 1738 Kilotonnen diejenige des Schweißeisens mit 1625 Kilotonnen, obgleich letztere in den vorhergehenden Jahren erheblich gestiegen war, überholte. In den darauffolgenden Jahren trat zwar noch eine geringe Zunahme der Schweißeisenerzeugung ein, die Konkurrenz des Flußeisens machte sich jedoch derart geltend, daß das Schweißeisen mehr und mehr verdrängt wurde und seine Erzeugung im Jahre 1912 auf 320 Kilotonnen zurückging.

Der Puddelprozeß wird zurzeit hauptsächlich im Siegerland und in Oberschlesien durchgeführt, während die Werke im Ruhrbezirk und an der Saar ihn zum großen Teil aufgegeben haben.

[529]

Die Darstellung des Flußeisens im Konverter.

Die Bedingungen zur Erzeugung von Flußeisen in dem sauer zugestellten Konverter liegen in Deutschland infolge des Mangels an geeigneten Erzen nicht günstig. Trotzdem wurde im Jahre 1882 eine Produktion von annähernd 800 Kilotonnen erreicht. In den folgenden Jahren erwuchs jedoch dem Bessemerstahl ein gefährlicher Konkurrent durch das nach dem basischen Verfahren, dem Thomasprozeß, hergestellte Material, so daß bereits im Jahre 1884 die Produktion an Thomasmaterial in Deutschland diejenige an Bessemerstahl überflügelte. Im Jahre 1887 betrug die Erzeugung an letzterem nur noch etwa 300 Kilotonnen. Wenige Werke benützten in der Folge diesen Prozeß, so daß dessen Bedeutung für die deutsche Eisenindustrie sich von Jahr zu Jahr verringerte und im Jahre 1912 die Produktion auf rund 187 Kilotonnen zurückging.

Dagegen hat das Windfrischverfahren im basisch zugestellten Konverter in unserem Vaterlande einen beispiellosen Aufschwung genommen. Es sind viele einschneidende technische Verbesserungen erzielt worden, und eine wesentliche Steigerung der Qualität des erzeugten Produktes ging mit einer gewaltigen Produktionsvermehrung Hand in Hand. Die Ursachen für diese großartige Entwicklung sind darin zu suchen, daß im Südwesten Deutschlands sich ausgedehnte Lager geeigneter Erze vorfanden, und daß ferner die Thomasschlacke, deren Menge etwa 30% des erzeugten Stahles beträgt, eine lohnende Verwendung in der Landwirtschaft fand, wodurch die Selbstkosten wesentlich heruntergedrückt wurden, so daß kein anderes Flußeisenherstellungsverfahren den Wettbewerb mit dem Thomasprozeß auf die Dauer aushalten konnte. Außerdem war der Übergang vom Bessemerverfahren zum Thomasprozeß möglich, ohne daß die Einrichtung der Werke eine wesentliche Veränderung erfahren mußte, was für die rasche Verbreitung des Thomasverfahrens von großer Bedeutung war.

Das Umschmelzen des Roheisens erfolgte wie beim Bessemerprozeß meist im Kupolofen. Der auf manchen Hütten eingeführte direkte Betrieb vom Hochofen hatte infolge der ungleichmäßigen Zusammensetzung der einzelnen Abstiche manche Nachteile im Gefolge. Diese Mißstände wurden durch die im Jahre 1891 erfolgte Aufstellung eines 80-Tonnenmischers auf der Hörder Hütte beseitigt. In diesen Mischern, deren Fassungsvermögen stetig vergrößert wurde, so daß dasselbe heute in einzelnen Fällen 1000 und mehr Tonnen beträgt, wird ein Ausgleich in der Zusammensetzung des Roheisens erzielt und gleichzeitig das von Hilgenstock in Hörde erfundene Entschwefelungsverfahren durchgeführt. Eine weitere Verbesserung war die Anwendung des von dem Engländer Darby erfundenen Rückkohlungsverfahrens, das durch die Hütte Phönix weiter ausgebildet und dem Thomasprozeß angepaßt wurde. Es war dadurch möglich, hartes Material mit niedrigem Mangangehalt zu erzeugen.

Das Zwei-Konvertersystem mit halbkreisförmiger Gießgrube vor den Konvertern, die ein hydraulischer Kran bediente, genügte bei der steigenden Produktion nicht mehr, und man war deshalb gezwungen, drei Birnen im Kreise anzuordnen, die durch einen besonderen Übergabekran mit der nunmehr kreisförmigen Gießgrube in Verbindung standen. Als jedoch auch diese Einrichtung nicht mehr ausreichte und mehr als drei [530] Birnen erforderlich waren, wurde die kreisförmige Anordnung der Konverter verlassen und dieselben seit etwa 15 Jahren in einer Achse aufgestellt. Hierbei wird der Stahl mittels Gießwagen den neben den Gießgleisen befindlichen Gießgruben zugeführt. Die Bewegung der Birne geschieht wie früher durch Hydraulik, während die Gießwagen bis vor wenigen Jahren durch Dampf fortbewegt, dagegen das Heben, Senken und Schwenken der Pfanne durch Wasserdruck betätigt wurde. Neuerdings hat auch hier die Elektrizität den Dampf verdrängt; die Pfannenmanipulation wird dagegen immer noch durch eine elektrisch angetriebene Hochdruckpumpe vermittelt. Auf einigen Werken wird das Roheisen vom Mischer zum Konverter mittels elektrisch betriebener Krane besorgt. Auch das Gießen des Stahles geschieht in vereinzelten Fällen durch diese Vorrichtung. Die Kokillen werden zum Teil fahrbar auf Wagen angeordnet, wodurch man nach dem Gusse sofort wieder Raum für die nächste Charge bekommt. Das Blockabstreifen, Kokillenversetzen und das Einsetzen der Blöcke in die Tieföfen geschieht nur noch mittels entsprechend ausgestalteter, elektrisch betriebener Hebe- und Transportvorrichtungen.

Die Gestalt der Birne hat sich wenig verändert, nur wurden deren Dimensionen beträchtlich gesteigert. Während man im Jahre 1887 allgemein Birnen mit 10 Tonnen Inhalt in Anwendung hatte, vergrößerte man dieselben derart, daß heute das Fassungsvermögen meist zwischen 20 und 25 Tonnen schwankt. In zwei Werken ist man bereits auf einen Birneninhalt von 30 Tonnen angelangt. Man vergrößerte namentlich den Durchmesser der Birnen, so daß die Badtiefe, welche früher 700 mm und noch mehr betrug, sich auf etwa 500 mm erniedrigte, wodurch der Verlust durch Auswurf wesentlich verringert und der Kraftverbrauch des Gebläses heruntergedrückt wird.

Die Birnenböden werden allgemein durch die von B. Versen erfundene Stampfmaschine maschinell gestampft, wodurch ihre Haltbarkeit wesentlich gesteigert wird. Die Schwierigkeiten, welche sich bei dem Brennen der Böden der großen Birnen zeigte, ist durch das Verfahren von Vogel in Dillingen überwunden. Zum Hinterstampfen der Birne und Ausstampfen der Stahlpfanne werden Preßluftstampfer verwendet, welche Maßnahme ebenfalls von günstigem Einfluß auf die Haltbarkeit dieser Gefäße ist. Das Ferromangan, das zum Desoxydieren und Rückkohlen erforderlich ist, wird heute häufig in flüssigem Zustande verwendet. Dadurch wird die Desoxydation eine vollständigere und die Qualität des erzeugten Materials eine bessere. Als Schmelzapparate werden elektrische Öfen und Flammöfen mit Ölfeuerung benutzt. Die Produktion an Thomasmaterial ist in den letzten 25 Jahren um das Achtfache gestiegen, sie belief sich im Jahre 1912 auf 9,78 Millionen Tonnen.

Darstellung des Flußeisens im Martinofen.

In diesem Zweige des Eisenhüttenwesens sind sowohl in der Ausbildung der Gaserzeuger und der Ofenkonstruktion, als auch namentlich in der Durchführung des Prozesses wesentliche Fortschritte gemacht worden.

Im Jahre 1888 benützte man beinahe ausschließlich den von Siemens konstruierten Gaserzeuger, der teils mit natürlichem Essenzug, teils mit Unterwind betrieben wurde. In den letzten 15 Jahren ist eine große Zahl von Gaserzeugerbauarten aufgekommen, [531] welche in der Regel kreisrunden Querschnitt und aufziehbaren Blechmantelverschluß besitzen. Sie wurden anfänglich mit Dampfstrahlgebläse, neuerdings aber beinahe ausschließlich mit Ventilator und Dampf betrieben. Der Rost ist meist als Korbrost ausgebildet. Um die beim Entfernen der Asche erforderlichen Stillstände zu vermeiden, sind an neueren Bauarten tassenähnliche Wasserverschlüsse angebracht. Bei diesen Gaserzeugern, welche rostlos ausgeführt werden, ruht die Kohle auf der im Wasser liegenden Asche, deren Entfernung ohne Betriebsstörung möglich ist. Die neuesten Errungenschaften auf diesem Gebiete sind die Drehrostgeneratoren, bei denen der Rost langsam rotiert, wobei die Drehbewegung nicht nur zur Auflockerung der Beschickung, sondern auch zum automatischen Austragen der Asche benützt wird. Zur Brennstoffersparnis versucht man neuerdings mit Erfolg Abgase aus anderen Betrieben, insbesondere Koksofengas und Hochofengas an Stelle des Generatorgases im Martinofen zu verwenden.

Am Martinofen wurde durch den Obermeister Schönwälder auf der Friedrichshütte eine Einrichtung angebracht, wodurch es gelang, der Flamme einen ganz bestimmten Weg vorzuschreiben. Die Haltbarkeit der Öfen wurde dadurch wesentlich gesteigert. Man war ferner bestrebt, die Gas- und Luftzuführung des Ofens zu verbessern, um nicht nur eine gute Mischung von Gas und Luft zu erzielen, sondern auch die Flamme möglichst auf das Bad zu lenken und eine vollständige und gleichmäßige Verbrennung zu erhalten. Die Wechselklappenventile von Siemens wurden meist durch die Glockensteuerungen ersetzt, ferner kamen die Konstruktionen von Forter, Fischer, Poetter u. a. zum Umsteuern von Gas und Luft in Aufnahme. Die Ofenköpfe, welche der Gefahr des Wegschmelzens am stärksten ausgesetzt sind, wurden durch Friedrich auswechselbar eingerichtet oder mit Wasser gekühlt. Zum Teil hat man getrennte, an den Stirnseiten des Ofens vollständig freistehende Luft- und Gaskanäle treten lassen, die von der Außenluft gekühlt werden. Zur Schonung des Gitterwerkes der Regeneratoren dienen Schlackensäcke, in welchen sich die Verunreinigungen ansammeln.

Im Jahre 1895 wurde das Einsetzen der Schmelzmaterialien zum ersten Male in Deutschland auf maschinellem Wege durch eine von vier Elektromotoren betriebene Chargiermaschine ausgeführt, welche von der Aktiengesellschaft Lauchhammer gebaut war. Diese auf einem Geleise vor den Ofen fahrbare Chargiermaschine ersetzte man im Anfang dieses Jahrhunderts meist durch Chargierkrane.

Zu Beginn der Berichtsperiode wurde beinahe ebenso häufig nach dem saueren als auch basischen Verfahren gearbeitet. Indes gewann die letztere Art im Laufe der Jahre die Überhand und hat schließlich das saure Verfahren weit überholt. In der Regel ist früher nach dem sog. Schrottschmelzverfahren gearbeitet worden, bei welchem bis zu 30% Roheisen mit Schmiedeeisenabfällen zur Verwendung kam. Der im Jahre 1897 in Österreich erfundene Bertrand-Thiel-Prozeß gestattete die Verarbeitung größerer Mengen Roheisen und fand auf dem Eisen- und Stahlwerk Hoesch in Dortmund Eingang. Dort wurde das Verfahren entsprechend verbessert, wodurch im Jahre 1905 der Hoeschprozeß entstand, der auch auf anderen Werken in Aufnahme kam.

Der kippbare, zuerst in Amerika konstruierte Martinofen hat sich allmählich auch in Deutschland, namentlich zum Vorfrischen von Roheisen, eingeführt. Bei diesem [532] Verfahren können ebenso wie beim Hoeschverfahren große Mengen von Roheisen in flüssigem Zustande zur Verarbeitung gelangen, wodurch die Erzeugungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verfahrens eine beträchtliche Steigerung erfährt. Heute arbeiten etwa 12 Werke nach dem sog. Roheisenerzverfahren. Um die ungefähr 30% betragenden Wärmeverluste durch die Abgase des Martinofens zu vermindern, wurde auf der Hütte Phönix nach dem Vorbilde des Puddelofens die Wärme der Abgase zur Dampferzeugung ausgenutzt.

Die Erzeugung im Martinofen hat in den letzten 25 Jahren um etwa den zwanzigfachen Betrag zugenommen, es hat also dieser Prozeß die stärkste Produktionssteigerung aufzuweisen. Der prozentuale Anteil des Martinflußeisens an der gesamten Flußeisenproduktion belief sich im Jahre 1887 auf noch nicht 25%, er hat sich heute auf 37% gehoben, und im Jahre 1912 stellte sich die Gesamtmenge der Erzeugung auf 6,8 Millionen Tonnen. Hiervon wurden nur 2,8% im sauer zugestellten Ofen erschmolzen.

Darstellung des Stahles im Elektrostahlofen.

Auf diesem Gebiete sind durch Umsetzung der elektrischen Energie in Wärme in geeignet konstruierten Öfen in den letzten 7 Jahren große Fortschritte erzielt worden.

Die Ofensysteme, welche hauptsächlich in Anwendung kommen, sind der im Jahre 1906 von dem Stahlwerk Lindenberg in Remscheid von Frankreich übernommene Héroultofen, der ebenfalls in Frankreich erfundene Girodofen, sowie der Ofen von Stassano, der aus Italien stammt. Öfen deutscher Konstruktion sind die von Röchling-Rodenhauser und der Nathusiusofen. Als Einsatz wird meist flüssiges, im Martinofen oder in der Birne vorgefrischtes Material verwendet, das im elektrischen Ofen einer weitgehenden Reinigung unterzogen werden kann. Es wird auf diesem Wege hauptsächlich Qualitätsmaterial erzeugt, worunter sich häufig hochwertige Sonderstähle befinden. In Deutschland und Luxemburg waren im Jahre 1912 auf 15 Werken Elektrostahlöfen in Betrieb mit einer Erzeugung von 74 177 Tonnen.

Zink.

Die Vorräte an Galmei, der in früheren Jahren das Rohmaterial für die Zinkdarstellung lieferte, reichten für die bedeutend vermehrte Zinkproduktion nicht mehr aus, weshalb in immer größer werdenden Mengen Zinkblende zur Verhüttung herangezogen werden mußte. Hierbei sind jedoch umfangreiche Vorbereitungsarbeiten für den Destillationsprozeß erforderlich, so daß sich die Fortschritte in den letzten 25 Jahren hauptsächlich auf die Ausgestaltung dieser Vorbereitungsarbeiten erstreckten. Sie bestehen in einer ziemlich weitgehenden Zerkleinerung der Erze, in der Aufbereitung armer Erze, sowie namentlich in der Röstung derselben. Zur Zerkleinerung werden Steinbrecher und Walzwerke verwendet. Die Aufbereitung ist durch Einführung der Linkenbachschen Rundherde, der magnetischen und elektrostatischen Trennung, sowie durch das Flotationsverfahren vervollkommnet worden. Als Röstöfen kamen in Deutschland der Eichhorn-Liebig-Ofen, der Ofen von Hasenclever und der Savelsbergofen in Anwendung, während sich mechanische Röstöfen als Ersatz für die Fortschauflungsöfen in Deutschland nicht einbürgerten. In der Kondensation der schwefligen Säure aus den [533] Röstöfen für Blenden sind ebenfalls wesentliche Fortschritte zu verzeichnen. Die Konstruktion der Öfen und der Feuerung wurde verbessert, ebenso sind in der Herstellung der Retorten und Muffeln, sowie namentlich auch in den Kondensationsvorrichtungen für die Zinkdämpfe zum Teil Fortschritte erzielt worden. Die Zinkgewinnung belief sich im Jahre 1887 auf rund 34 500 Tonnen, bis 1912 war sie auf 271 064 Tonnen angewachsen und steht damit an zweiter Stelle unter den Kulturstaaten. Der Anteil an der Weltproduktion, der im Jahre 1887 noch 44% betrug, ist jedoch auf 27% im Jahre 1912 gesunken.

Blei.

Die am Ausgange des 19. Jahrhunderts bestehenden Bleigewinnungsprozesse haben im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte einschneidende Verbesserungen erfahren, und zwar in erster Linie durch eine wesentliche Vereinfachung des Röstverfahrens. Gerade das Rösten des leicht schmelzbaren Bleiglanzes und seiner ebenso leicht schmelzbaren Oxydationsprodukte machte diesen Teil der Bleierzverhüttung zu der mühsamsten und wegen der Giftigkeit des bleiischen Staubes und Rauches zu der gesundheitsschädlichsten Arbeit der wichtigsten Hüttenbetriebe. Wenn man nun schon in einzelnen Bleihütten, wie z. B. in Lautenthal, ein die Vorröstung des Bleiglanzes vermeidendes Schmelzverfahren, die sog. Niederschlagsarbeit, mit Erfolg eingeführt hatte, so haben die beiden Hütteningenieure Huntington und Heberlein (letzterer jetzt Mitglied des Direktoriums der Metallurgischen Gesellschaft in Frankfurt) das Bleihüttenwesen endgültig von dieser todbringenden Arbeit befreit. Dieses Verfahren und seine durch Savelsberg, Carmichael und Bradford ausgearbeiteten Modifikationen haben die schwierige Röstarbeit in einem einfachen, durch eingeblasenen Wind beschleunigten und fast ohne menschliche Handarbeit automatisch verlaufenden Verbrennungsprozeß umgewandelt, welcher die Leistungsfähigkeit der Bleihütten vergrößerte, den Raumbedarf der Rösthütten verringerte und die unmittelbare Verarbeitung der Röstgase auf Schwefelsäure ermöglichte. Das Röstprodukt ist porös und doch fest genug, um ohne Schwierigkeit in Schachtöfen reduzierend verschmolzen werden zu können. Fast alle gutgeleiteten Bleihütten Deutschlands sind zu diesem Röstverfahren und damit zu der sog. Röstreduktionsarbeit übergegangen. Auch beim Bau der Schachtöfen für das Reduktionsschmelzen ist man zuerst in Freiberg (Pilz) dazu übergegangen, die der zerstörenden Wirkung der Schmelzprodukte am meisten ausgesetzten Teile der Schachtmauern durch doppelwandige, mit Wasser kühlbare Eisenblechkörper „Wassermäntel“ zu ersetzen, deren Höhe man in der Neuzeit auf etwa ein Drittel des ganzen Ofenschachtes ausgedehnt hat.

Die Verbesserungen im Röstbetriebe haben auch die Lösung der Rauchschadenfrage der Bleihüttenwerke wesentlich erleichtert. Wo nicht der Boden der Umgebung seit Jahrhunderten vergiftet ist, wird man in Zukunft auch in der Umgebung der Bleihütten wieder Vegetation aufkommen sehen. Was aber am wichtigsten ist, die furchtbare Bleikrankheit, unter der die Hüttenarbeiter so lange und schwer gelitten haben, ist erheblich zurückgegangen und wird auch weiter mit Erfolg bekämpft durch die tatkräftigen Bestrebungen W. Mertons (Frankfurt) zur Verbesserung des Gesundheitszustandes der Hüttenarbeiter.

[534] Die deutsche Produktion an Blei hat sich in den letzten 25 Jahren wenig verändert; sie belief sich 1912 auf 165 000 Tonnen, das sind 14% der Weltproduktion. Seit 4 Jahren hat Deutschland den dritten Platz als Bleiproduzent inne.

Kupfer.

Die Kupferhochöfen, welche die meist sehr armen Erze (2–8% Kupfer) zunächst auf ein kupferreicheres Mittelprodukt, den Kupferrohstein, verschmelzen, haben beinahe dieselbe Wandlung durchgemacht, wie die Eisenhochöfen. Das Rauhgemäuer fiel weg, man baute die Öfen freistehend und verwendete oft nur einen mit Wasser gekühlten Eisenmantel als Ofenschacht. Die Trennung der im Ofen erschmolzenen Massen, Schlacken und Kupfersteine geschieht heute meist auf fahrbar eingerichteten Vorherden. In Mansfeld wird der Wind neuerdings in steinernen Winderhitzern vorgewärmt und die Gichtgase in Gaskraftmaschinen ausgenützt, während die Schlacke durch langsames Tempern zu Pflastersteinen verarbeitet wird. Auch durch Verbesserung der Röstöfen für die Kupfererze und den Kupferstein wurde eine wesentliche Vervollkommnung der Röstung und der Verwertung der Röstgase auf Schwefelsäure erzielt.

Der Kupferrohstein wird auf deutschen Hütten nur durch nochmaliges Rösten und Schmelzen so weit angereichert, daß er dann endlich auf metallisches Rohkupfer verschmolzen werden kann.

Das diese Arbeiten vereinigende, wesentlich einfachere und schnellere Verfahren des Verblasens (Kupferbessemerns) des Kupferrohsteines bis auf Rohmetall hat in Deutschland keinen Eingang gefunden, weil die schwefligen Säuregase des Konverterbetriebes bisher weder unschädlich noch nutzbar gemacht werden konnten. Edelmetallfreies Rohkupfer raffiniert man durch Verschmelzen in Flammöfen; zur Scheidung edelmetallhaltigen Kupfers wendet man neuerdings allgemein die elektrolytische Trennungsmethode an. Die Versuche, die Elektrolyse in einem früheren Stadium der Kupferhüttenprozesse anzuwenden, haben in Mansfeld nach dem Verfahren von Borchers, Franke und Günther Erfolge gehabt. Es wird hierbei ein Kupferstein in Konzentration von 72% aufwärts der Elektrolyse unterworfen. Die Produktion an Kupfer belief sich in Deutschland im Jahre 1887 auf 20 192 Tonnen. Sie zeigt langsam steigende Tendenz und erreichte im Jahre 1912 die Zahl von 24 300 Tonnen, wovon Mansfeld allein 20 500 Tonnen lieferte. Der Anteil an der Welterzeugung ist dagegen infolge der ganz enormen Produktionssteigerung Nordamerikas und der Kupfererzarmut Deutschlands wesentlich zurückgegangen.

Zinn.

Die Zinnproduktion Deutschlands betrug im Jahre 1887 nur 66 Tonnen. Sie stieg infolge der Errichtung einer Zinnhütte in Tostedt an der Bahn Bremen–Hamburg, welche bolivianische Erze verarbeitet, im Jahre 1900 bereits auf ca. 2000 Tonnen, um nach Errichtung weiterer Zinnhütten in Essen und bei Hamburg im Jahre 1912 die Zahl von 12 500 Tonnen (10% der Weltproduktion) zu erreichen. In Deutschland werden ferner jährlich etwa 80 000 Tonnen Weißblechabfälle, hauptsächlich nach mehreren teils elektrochemischen (Goldschmidt-Essen), teils rein chemischen Verfahren (Brandenburg-Kempen) entzinnt und zum Teil auf metallisches Zinn, [535] zum Teil unmittelbar auf Zinnverbindungen und reines im Eisenhüttenbetriebe wieder verwendbares Abfalleisen verarbeitet.

Nickel.

Die deutschen Nickelhütten sind für die Hauptmengen ihres Erzbedarfs auf das Ausland, besonders auf Französisch-Neukaledonien angewiesen, trotzdem im Schwarzwalde, in Sohland (Sachsen) und an der schlesisch-böhmischen Grenze beachtenswerte, wenn auch nickelärmere Erze liegen, deren nutzbringende Verhüttung auf elektrometallurgischem Wege mit den heutigen Hilfsmitteln sehr wohl möglich ist. Mit Rücksicht auf die steigende Bedeutung des Nickels für die Eisenindustrie wäre eine Inangriffnahme dieser Vorkommen dringend erwünscht.

Die Reinheit des Metalls hat sich durch die Verbesserung der Hüttenprozesse wesentlich gesteigert. Ältere Sorten Handelsnickel haben oft nur 85% Nickel, während das heute erzeugte Handelsnickel meist bis zu 99,8% reines Metall enthält. Im Jahre 1887 wurden 711 Tonnen Nickel in Deutschland hergestellt. Die Produktion belief sich im Jahre 1912 auf etwa 5000 Tonnen.

Silber und Gold.

Deutschland betreibt die Verhüttung silberhaltiger Erze in ziemlich ausgedehntem Maße. Die meisten der deutschen Bleierze, auch die größten deutschen Kupfererzlagerstätten (Mansfeld und Harz) führen beachtenswerte Mengen von Silber. Um die Gewinnung des Silbers aus den deutschen Bleierzen lohnender zu machen, kaufen die deutschen Bleihütten erhebliche Mengen ausländischer Silbererze auf oder verhütten dieselben gegen Schmelz- und Scheidelohn, da das bei der Verarbeitung der Bleierze ausschmelzende Blei im flüssigen Zustande ein vorzügliches Lösungsmittel für Silber ist und ein leichtes Ausbringen des Silbers aus dem Werkblei (Rohblei) gestattet. Der Silbergehalt der Mansfelder Kupferschiefer trägt wesentlich dazu bei, daß die Verhüttung dieser nur 2% Kupfer enthaltenden Erze auch zu schlechten Zeiten lohnend bleibt.

Unter den silbererzeugenden Ländern steht im Jahre 1912 Deutschland mit 500 000 kg an fünfter Stelle, 1887 lieferte es 367 634 kg.

Die in Deutschland hergestellten Goldmengen haben sich in den letzten 25 Jahren wenig verändert. Sie entstammen zum Teil den deutschen, besonders den Harzer Kupfererzen, zum Teil den oben erwähnten ausländischen goldführenden Silbererzen. Die Produktion beläuft sich in dieser Zeit jährlich durchschnittlich auf etwa 3000 kg, die gegenüber der gesamten Weltproduktion nicht in Betracht kommen. Zur Scheidung platinhaltigen Goldes verwendet man seit 1896 in der norddeutschen Affinerie in Hamburg und in der Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt in Frankfurt das von dem verstorbenen Dr. E. Wohlwill ausgearbeitete elektrolytische Verfahren.

Formgebung durch Gießen.

In der Konstruktion der in der Eisengießerei verwendeten einfachen Schmelzöfen, den sog. Kupolöfen, ist, abgesehen von der Einführung des kippbaren Vorherdes, eine wesentliche Verbesserung nicht erzielt worden. Dagegen wurden Einrichtungen zur Bekämpfung [536] des beim Betriebe des Ofens auftretenden Rauches und der Funken getroffen. Die Beschickung des Kupolofens ist durch mechanische Vorrichtungen wesentlich vereinfacht worden, auch das Brechen der zu verschmelzenden Roheisenmasseln geschieht auf maschinellem Wege rascher und müheloser als von Hand. Das Gattieren der verschiedenen zur Verschmelzung gelangenden Roheisensorten erfolgt heute auf den größeren Werken nach wissenschaftlichen Grundsätzen. Zur Aufbereitung des Formsandes sind zweckendsprechende Vorrichtungen eingeführt worden, auf einigen Werken geschieht dieselbe vollständig automatisch. Das Trocknen der in der Gießereisohle hergestellten Formen geschieht durch transportable Öfen mit Halbgasfeuerung, die durch Unterwind betrieben werden. Zum Beheizen der Trockenkammern ist an einigen Stellen Generatorgas und zum Teil Hochofengas in Aufnahme gekommen. Das Stampfen der Formen wie auch das Putzen der Gußstücke geschieht zum Teil durch Druckluftwerkzeuge. Die Gußputzerei ist ferner durch die Einführung des Sandstrahlgebläses wesentlich vereinfacht worden. In der Konstruktion der Formmaschinen sind vielfache Verbesserungen aufgekommen, wodurch die Formarbeit verbilligt wird. Ein Hauptfaktor der Produktionsvermehrung der Gießereien ist die Anwendung schnell laufender, elektrisch betriebener, den einzelnen Arbeitsvorgängen angepaßter Hebezeuge. In der Stahlformgießerei wird neben dem sauer zugestellten Martinofen namentlich zur Herstellung größerer Gußstücke der basisch ausgefütterte Ofen verwendet. Auch der Elektrostahlofen hat sich als Schmelzapparat für die Herstellung kleiner Gußstücke sehr bewährt. Mitisguß, Reformguß, Meteorguß usw. besteht aus weichem, schmiedbarem Eisen, das in Koksschachttiegelöfen geschmolzen wird.

In der Metallgießerei und zum Teil auch in der Tempergießerei sind mit Öl geheizte Tiegel und Flammöfen in Aufnahme gekommen. Für die Automobilindustrie und Luftschiffahrt werden seit etwa 15 Jahren in Sand gegossene Gußstücke aus Aluminiumlegierungen hergestellt.

Formgebung durch Schmieden und Walzen.

Beim Gießen schwerer Blöcke, wie sie z. B. für das Ausschmieden von Schiffswellen benötigt werden, treten große Schwindungshohlräume auf, die durch besondere Vorrichtungen beseitigt werden müssen. Dies kann entweder auf thermischem Wege nach den Verfahren von Riemer und Beikirch und mittels Thermit nach Goldschmidt oder auf mechanischem Wege durch Pressen geschehen. Zur weiteren Verarbeitung müssen die erkalteten Gußblöcke auf helle Rotglut erhitzt werden. Früher geschah dies in einfachen, mit Planrostfeuerungen versehenen Flammöfen, sog. Schweißöfen. Heute benützt man hierfür in der Regel Öfen mit Halbgas- oder Generatorgasfeuerung, zum Teil unter Anwendung des Regenerativ- oder Rekuperativsystems. In den Öfen, die eine geneigte Herdsohle besitzen, den sog. Rollöfen und Stoßöfen, werden die zu erwärmenden Blöcke nach dem Gegenstromprinzip der heißesten Stelle des Ofens allmählich entgegengeführt. Auf größeren Werken werden die Blöcke unmittelbar nach dem Gießen in sog. Ausgleichgruben gesetzt, die von dem Engländer Gjers erfunden sind, um eine gleichmäßige Temperatur des ganzen Blockquerschnittes herbeizuführen. In [537] neuerer Zeit werden diese Gruben auch heizbar eingerichtet. Auf diese Weise gelingt es, die Gießwärme für die sich anschließende Formgebung auszunützen. Das Einsetzen und Ausheben der Blöcke in die Öfen wird in der Regel auf maschinellem Wege ausgeführt, und es sind für diesen Zweck sehr sinnreiche Konstruktionen erfunden worden.

Das Schmieden der Blöcke geschah früher allgemein mittels Dampfhämmer, sie haben den Nachteil, daß sie vorwiegend auf die Oberfläche des zu verarbeitenden Schmiedegutes wirken und das Innere wenig verdichten, ja sogar auflockern. Die Dampfhämmer wurden daher namentlich bei der Verarbeitung schwererer Schmiedestücke im Anfang der 90er Jahre durch hydraulische Schmiedepressen, deren stetiger Druck bis in den Kern vordringt, ersetzt.

Das Verwalzen von Flußeisen muß bei niedrigerer Temperatur erfolgen als das von Schweißeisen. Dies bedingte die Anwendung von stärkeren Maschinen und namentlich auch von stärker gebauten Walzwerken. Zwecks Dampfersparnis führte man Verbundmaschinen, meist in Tandemanordnung, sowie Kondensation ein. Zum Walzen für Grob- und Mitteleisen wurden die Duostraßen verlassen und das Triowalzwerk allgemein eingeführt, da es infolge rascheren Auswalzens eine Abkühlung des Walzgutes nicht in dem Maße eintreten läßt, wie beim Duowalzwerk und außerdem bei geringem Kraftbedarf noch eine Produktionsvermehrung ermöglicht. Handelte es sich um das Walzen größerer Profile, so nahm man dies auf Umkehrwalzwerken vor. Als aber die Anforderungen an die Größe der Produktion immer mehr gesteigert wurden, tat man den gleichen Schritt wie früher bei den Draht- und Feinstraßen, das heißt, man führte den Walzvorgang auf Vor- und Fertigwalzen aus, versah aber jede einzelne Walzenstraße mit einer besonderen Antriebsmaschine. Diese Vorwalzwerke, allgemein Blockstraßen genannt, wurden zuerst als Triostraßen gebaut und mit Rollgängen und mechanischen Blockkantvorrichtungen und Hebetischen versehen. Die zunehmende Größe der Blöcke bedingte eine Vergrößerung der Walzendurchmesser, wodurch das Arbeiten mit den Hebetischen der Triostraßen schwieriger wurde. Man half sich durch Einführung von Umkehrwalzwerken, wobei die Oberwalze vertikal verstellbar eingerichtet ist. Dieses Blockwalzwerk wurde mit maschinell angetriebenen Transportrollgängen, mit mechanischen Blockkant- und Querschubvorrichtungen derart ausgerüstet, daß die Anzahl der bedienenden Arbeiter auf 2–3 verringert werden konnte. Die vom Blockwalzwerk kommenden Knüppel werden mittels Rollgängen den meist hydraulisch angetriebenen Scheren zugeführt, um dort in geeignete Längen zerschnitten und sodann meist auf Triostraßen weiter verarbeitet zu werden.

Die Fertigstraßen erfuhren ebenfalls in ihren Einzelheiten sowohl im Bau des eigentlichen Walzgerüstes, als auch bezüglich der Spindeln, Kupplungen und Kammwalzen, der Rollgänge, Querschübe, Sägen und Richtmaschinen wesentliche Verbesserungen. Ende des vorigen Jahrhunderts begann man mit der Einführung des elektrischen Antriebes der Hilfsmaschinen, und es dauerte nur eine verhältnismäßig kurze Zeit, bis die meisten Werke diese überlegene Neuerung eingeführt hatten.

Zur Verbesserung der Umführungen der Fein- und Drahtstraßen diente das Verfahren nach Patent Schöpf. Das in Amerika aufgekommene kontinuierliche Walzwerk, [538] bei dem die Gerüste der Vor- und Fertigstraßen hintereinander angeordnet sind und das Knüppelstück automatisch durch die verschiedenen Walzen hindurchgeführt wird, fand in den letzten Jahren an verschiedenen Stellen in Deutschland Eingang. Die steigende Geschwindigkeit der nacheinander folgenden Walzenpaare wird durch Zahnräder bzw. Riemenübertragung bewirkt. Die Produktion dieser Walzwerke ist sehr groß, und Leistungen von 120 Tonnen in einer zehnstündigen Schicht sind bei Drahtwalzwerken nichts Ungewöhnliches.

Eine weitere amerikanische Neuerung, die in Differdingen vervollkommnet wurde, ist das Grey-Walzwerk, das aus zwei hintereinander angeordneten Walzgerüsten besteht, wovon das erste zwei horizontale Walzen besitzt und das zweite Gerüst als Universalwalzwerk ausgebildet ist. Auf diesem Walzwerk ist es möglich, breitflanschige Träger von sehr großen Abmessungen herzustellen. Ein anderes Verfahren, derartige Träger zu walzen, hat Sack in Düsseldorf bereits im Jahre 1887 vorgeschlagen.

In der Fabrikation nahtloser Röhren wurden durch das Verfahren von Mannesmann und durch das von Ehrhardt große Fortschritte erzielt.

Für den Antrieb der Walzenstraßen ist anfangs dieses Jahrhunderts die Gasmaschine verwendet worden, welche sich zu diesem Zwecke jedoch nur langsam einführte, da dieses Maschinensystem keine starke Überlastung verträgt. Man lernte später die Leistung der Maschine derart zu bemessen, daß sie auch für den höchsten Kraftbedarf der Walzenstraße ausreicht, solche Maschinen sind aber häufig zu gering belastet, wobei der Gasverbrauch unwirtschaftlich wird. Der Elektromotor, welcher bis vor wenigen Jahren im Walzwerk nur zum Antrieb der Hilfsmaschinen diente, hat sich auch als Antriebsmotor für Walzenstraßen eingebürgert. Zuerst wurden Gleichstrommotoren, insbesondere zum Antrieb der Feinstraßen, verwendet, was den Nachteil mit sich brachte, daß dieselben nicht an das allgemeine Stromnetz, in welchem gewöhnlich Drehstrom zur Verfügung steht, angeschlossen werden konnten. Um die Verwendung von Drehstrommotoren zu ermöglichen, war es erforderlich, auch hier die Veränderlichkeit der Umdrehungszahlen zu erzielen, was durch verschiedene, zum Teil jedoch etwas komplizierte Einrichtungen gelungen ist. Hierbei wird der Vorteil erreicht, daß ein hoher Nutzeffekt des Motors auch bei der herabgesetzten Umdrehungszahl erhalten bleibt. Die Erfindung des Ilgner-Umformers mit Schwungrad gestattete auch den Antrieb von Umkehrblockstraßen auf elektrischem Wege vorzunehmen, ohne unzulässig hohe Stromstöße im Netz zu bekommen.

Bezüglich der Verarbeitung der Legierungen ist von Interesse das Warmpreßverfahren von Dick, das zum Verarbeiten von Messing, Deltametall und ähnlichen Legierungen zu Rundstangen, profilierten Stäben usw. bei Temperaturen zwischen 600 und 700° C dient. Es werden zylindrisch gegossene, auf Preßtemperatur erwärmte Blöcke in den Preßzylinder einer Presse gebracht und, nachdem derselbe geschlossen, mittels Wasserdruck das Material durch eine Preßmatrize aus Wolframstahl gepreßt.

Das Verfahren dient auch zur Herstellung des Ausgangsmaterials für den sog. Preßguß. Aus Rund- oder Profilstangen werden geeignete Stücke abgestochen und erwärmt; sodann wird auf Friktionspressen in unterteilten Gesenken dem Stück die Gebrauchsform erteilt.

[539]

Materialqualität.

Die Durchführung der Qualitätsverbesserung der Metalle und Legierungen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen, sowie namentlich durch die Ausbildung neuer physikalischer, mechanischer und chemischer Untersuchungsmethoden, in erster Linie der „Metallographie“, wesentlich gefördert worden. Es wurden Stahlsorten mit erhöhten Arbeitseigenschaften, hauptsächlich durch die Einführung von bisher nicht zu diesem Zweck benützten Metallen wie Nickel, Chrom, Wolfram, Molybdän usw. erhalten. Auf dem Gebiete der übrigen Metalle hat durch die Einführung der verschiedensten geeigneten Desoxydationsmittel die Materialqualität eine Verbesserung erfahren.

Die legierten Stähle, die sog. Sonderstähle, können in Konstruktionsstähle und Schnelldrehstähle unterschieden werden. Bei den Konstruktionsstählen spielt der Zusatz des Nickels die Hauptrolle, und wir können diese in reine Nickelstähle und in komplexe Nickelstähle einteilen. Erstere werden mit Nickelgehalten von 1–6% und von 25–30% hergestellt. Je nach der Höhe des Kohlenstoffgehalts dieser Nickelstähle entstehen Unterabteilungen mit verschiedenen Arbeitseigenschaften. Setzt man dem Nickelstahl weitere Metalle zu, so entstehen die komplexen Nickelstähle. Als Zusatzmetall hat sich hauptsächlich das Chrom bewährt, und namentlich im Automobilbau werden Chromnickelstähle mit niedrigen Gehalten an Nickel und Chrom, welche eine hohe Bruchfestigkeit und Härte mit großer Dehnung vereinigen, in ausgedehntem Maße angewandt. Durch entsprechende Wärmebehandlung (Vergütung) kann man innerhalb gewisser Grenzen sehr bedeutende Änderungen der Festigkeitseigenschaften dieser Legierungen erzielen. Setzt man diesen Automobilstählen geringe Mengen Vanadium zu, so ist man in der Lage, ihre Eigenschaften noch weiter zu verbessern. Die Manganstähle, welche in der Regel 12–14% Mangan enthalten, zeigen in abgeschrecktem Zustande eine bedeutende Zähigkeit. Sie werden hauptsächlich zu solchen Konstruktionsteilen verwendet, bei denen eine große Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung den Ausschlag gibt. Siliziumstähle mit Konzentrationen bis etwa 5% Silizium dienen hauptsächlich zu Federstahl und Dynamoblechen.

Die sog. Schnelldrehstähle sind von den Amerikanern Taylor und Wight erfunden worden. Sie werden in Deutschland seit über 10 Jahren in vorzüglicher Qualität hergestellt. Während die gewöhnlichen gehärteten Kohlenstoffstähle schon bei Temperaturen von 200° C ihre Härte verlieren, man also nur geringe Schnittgeschwindigkeit bei geringer Spandicke anwenden kann, bleiben die Schnelldrehstähle noch schnittfähig, wenn die Schneidkante dunkelrotglühend geworden ist. Der Hauptbestandteil dieser Stähle ist das Wolfram, das in Mengen bis zu 25% zugesetzt wird. Daneben sind regelmäßig noch 5–6% Chrom vorhanden. In einigen Fällen enthalten die Schnelldrehstähle auch Molybdän und geringe Mengen Vanadium.

Als Desoxydationsmittel für Kupfer und Kupferlegierungen wurde schon vor Beginn der Berichtsperiode der Phosphor in Form von Phosphorkupfer bzw. Phosphorzinn benutzt. Man glaubte früher, daß der Phosphor einen konstituierenden Bestandteil der Legierungen bilden müsse, fand jedoch bald, daß nur dann die besten Eigenschaften erzielt werden, wenn der in der Legierung verbleibende Phosphor nur gering ist. Das [540] auf aluminothermischem Wege nach Goldschmidt hergestellte kohlefreie Mangan dient in Form von Mangankupfer und Manganzinn ebenfalls als Desoxydationsmittel von Kupfer und Bronze. Jedoch kann hier das Mangan einen Bestandteil der Legierungen bilden, und Kupfermanganlegierungen mit 4–6% Mangan finden namentlich für solche Konstruktionsteile Anwendung, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Silizium gelangt als Siliziumkupfer zur Anwendung, und in den Kupferdrähten, die zu Telephonleitungen usw. benutzt werden, finden sich Mengen von 1% und mehr. Aluminium ist ebenfalls ein sehr wirksames Desoxydationsmittel, findet sich aber auch als Bestandteil einiger Legierungen, namentlich der Aluminiumbronzen, die durch Zusätze von Kadmium und Vanadium weitere Verbesserungen erfahren können. Spezialmessingsorten mit bis zu 1% Zinn bzw. bis 10% Mangan haben ebenso wie das Aluminiummessing wegen ihrer Beständigkeit gegen Seewasser vielfach im Schiffbau Verwendung gefunden. Die Versuche, für die Luftschiffahrt Legierungen mit geringem spezifischen Gewicht und hoher Festigkeit herzustellen, haben noch zu keinem durchschlagenden Erfolg geführt. Es hat hier das Magnalium, das aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung mit etwa 8–10% Magnesium besteht und eine Zerreißfestigkeit von 22–24 kg/qmm besitzt, sowie eine neuerdings von der Chemischen Fabrik Griesheim hergestellte Leichtlegierung „Elektron“, deren spezifisches Gewicht unter 2 liegt, Verwendung gefunden. Letztere Legierung soll im gewalzten Materiale Zugfestigkeiten von 35 kg bei Dehnungen von etwa 18% aufweisen. Es würde sich also um Festigkeitseigenschaften handeln, die für ein Leichtmetall ganz hervorragend sind. Eine Legierung aus Nickel und Chrom, die gegen Korrosion und selbst gegen die Einwirkung von Königswasser widerstandsfähig ist, wurde von Borchers in Aachen erfunden.

Schlußbetrachtung.

Wohin wir blicken, finden wir in den letzten 25 Jahren auf dem gesamten Gebiete des Montanwesens Beweise einer arbeitsfrohen Tatkraft im friedlichen Wettkampf der Völker, auf die wir ohne Überheben stolz sein können. Die Gesamterzeugung an Mineralien hat sich im Deutschen Reiche von 88,8 Millionen Tonnen auf über 300 Millionen Tonnen erhöht, ihr Wert von 448 Millionen Mark auf 2,2 Milliarden Mark. Gleichzeitig stieg die Roheisenerzeugung von 3,9 Millionen Tonnen im Werte von 195 Millionen Mark auf 17,85 Millionen Tonnen im Werte von 900 Millionen Mark. Um derartige Fortschritte auf einem verhältnismäßig kleinen Gebiete und innerhalb einer solch kurzen Zeit zu erzielen, mußten sämtliche wirtschaftlichen und technischen Kräfte in höchstem Maße angespannt werden. Es waren die Syndikate und Kartelle, welche wesentlich zur wirtschaftlichen Erstarkung dieser wichtigen Zweige unserer vaterländischen Industrie beitrugen. Die hervorragendsten von diesen sind das im Jahre 1893 von E. Kirdorf gegründete Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat, das den Bergbau dieses Bezirkes zur vollen Blüte brachte, sowie der 11 Jahre später gegründete Stahlwerksverband, bei dem zum ersten Male Produkte verschiedener Art in einer Kartellorganisation einbezogen waren. Während die Werke des Kohlensyndikats mehr als die Hälfte der Gesamtmenge förderten, waren im Stahlwerksverband etwa 90% der Erzeugung des deutschen Zollgebietes kontingentiert. [541] Der Stahlwerksverband wurde im Jahre 1912 jedoch nur für Schienen, Schwellen, Formeisen und Halbzeug, den sog. A-Produkten, erneuert; die Höhe der Erzeugung in den übrigen Fabrikaten, den Produkten B, ist, sofern nicht durch Sonderverträge gebunden, völlig unbeschränkt. Dagegen wurde für die gesamte Erzeugung an Roheisen seit 1911 wieder eine gemeinsame Verkaufsorganisation geschaffen. Für den Osten Deutschlands ist die im Jahre 1898 begründete Oberschlesische Kohlenkonvention von derselben Bedeutung wie das Kohlensyndikat für den Westen. Auch im Braunkohlenbergbau fanden ähnliche Zusammenschlüsse statt, denen es zu verdanken ist, daß die Einfuhr der böhmischen Braunkohle, die im Jahre 1890 noch 25% des Verbrauchs betrug, auf 9,6% im Jahre 1912 zurückgegangen ist. Im Kalibergbau hat eine kurze vertragslose Zeit im Jahre 1909, in welcher durch langfristige Verträge große Mengen Kalisalze zu billigem Preise dem Ausland gesichert wurden, zu tatkräftigem Eingreifen der Regierung und dann zu dem Gesetz vom 25. Mai 1910 geführt, das einer weiteren Verschleuderung dieses wertvollen Produktes vorbeugt.

Die Wirkungen dieser Zusammenschlüsse in der Montanindustrie waren durchweg günstig. Dem Unternehmer sichern sie einen stetigen Gewinn, der Abnehmer ist durch sie vor Preistreibereien geschützt, was ihm eine zuverlässige Kalkulation ermöglicht. Dem Arbeiter bringen die Verbände die Vorteile höherer Löhne und einer gleichmäßigen Beschäftigung.

In der Förderung wissenschaftlicher und technischer Fragen spielen die bergbaulichen Interessenvereine, welche die einzelnen geographischen Bezirke umfassen, sowie der Verein deutscher Eisenhüttenleute mit ihren gutgeleiteten Zeitschriften „Glückauf“ und „Stahl und Eisen“ eine hervorragende Rolle. Hierzu hat sich in neuester Zeit noch der Verein Deutscher Metallhütten- und Bergleute mit seinem Organ „Metall und Erz“ gesellt.

Auch die Einzelstaaten, vornehmlich aber Preußen, haben sich ihrerseits durch Begründung von neuen und Weiterausgestaltung der vorhandenen technischen Hochschulen und Bergakademien, durch Errichtung von Materialprüfungsanstalten um die Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnis hohe Verdienste erworben. Von besonderer Bedeutung ist die bergwirtschaftliche Aufnahme des Deutschen Reiches, an der sich sämtliche deutsche Staaten beteiligen. Sie wird in wenigen Jahren vollendet sein und ein vollständiges Bild der im Deutschen Reiche vorhandenen Mineralienschätze ergeben.

In wohl einzig dastehender Weise haben die Werke der deutschen Montanindustrie für das Wohl ihrer Arbeiter und deren Angehörigen bei Unfällen, Krankheit, Invalidität und Tod gesorgt, auf welchem Gebiet die Firma Krupp bahnbrechend vorgegangen ist. Die meisten Werke begnügen sich in dieser Richtung nicht mit den vom Gesetze vorgeschriebenen Lasten, sondern treiben darüber hinaus praktische Sozialpolitik.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Spitirus-