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Berühmte Krapfen-Recepte und die Heirath durch Krapfen

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Textdaten
Autor: Corbinianus Fasching
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Titel: Berühmte Krapfen-Recepte und die Heirath durch Krapfen
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [ca. 1850]
Verlag: Johann Nep. Fridrich
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Erscheinungsort: Wien
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Quelle: Commons = Wienbibliothek
Kurzbeschreibung:
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[1]
Berühmte
Krapfen-Recepte
und die
Heirath durch Krapfen.




Herausgegeben
von
Corbinianus Fasching.




Es war am zweiten Fasching-Sonntag, als ich von Herrn Schnelldorn, einem jungen Manne ledigen Standes, unvermuthet Besuch erhielt und um die Gefälligkeit ersucht wurde, ihm, als einem Bräutigam, bey seiner nahen Vermählung, ein Zeuge oder sogenannte Beystand zu seyn. Da ich ihn schon lange als einen braven jungen Mann kannte, aber auch wohl wußte, daß er zwar dem weiblichen Geschlechte nicht abhold, aber doch immer eine entschiedene Abneigung gegen das Heirathen hatte, so war meine Verwunderung nicht gering, da ich nun hörte, daß er sich in die Zahl der Ehemänner einreihen lassen wolle, worauf er mir lächelnd zur Antwort gab: »Ja, mein Freund, was können Fasching-Krapfen-Recepte nicht alles bewirken!»

Diese Rede war mir räthselhaft, und ich ersuchte ihn, sich mir näher zu erklären. Er erzählte mir dann folgende Geschichte, die ich mit seiner Erlaubniß hier wörtlich mittheile, wie ich sie aus seinem Munde vernommen habe.

»Es ist Ihnen, werther Freund, längst und gut bekannt, welch großer Liebhaber ich von Faschingkrapfen bin. Ich weiß selbst nicht, wie mir auf [2] einmahl in den Sinn kam, die Kunst, gute Faschingkrapfen zu backen, selbst zu lernen. Ich mußte zwar über diesen Einfall lachen, konnte ihn aber nicht mehr aus meinem Kopfe bringen. Ich leitete demnach Mittags bey meiner Kostfrau wie von ungefähr das Gespräch auf den Fasching, Musik, Bälle, und kam so auf die Faschingkrapfen, wobey ich bemerkte, daß deren Anfertigung doch immer eine Kunst sey. Diese kam, wie ich richtig gehofft hatte, nun in ihr Element und meinte, es sey nicht nur eine Kunst, gute Krapfen zu backen, sondern es gehöre auch eine gute Hand dazu. »Hören's,« fing sie an, »in obg'triebnen Kropf'n bin i a Masterin, und will Ihne a glei sog'n, wie i's moch, und dehs geht bey mir g'schwind.« 

(Erstes Recept.)

»I nimm 8 Loth Butter, treib's flaumi ob, rühr 4 gonze Eyer und 4 Dotter d'rein, gib d'rzu 3 Eßlöffel gewasserte Germ, rühr's wieder fleißi, und noch'r nimm i a holb Seidel laues Obers, schütt's d'rzu und rühr' dos Gonze in a Pfund Mundmehl, thu a wen'g Solz, 1 Loth g'stoßnen Zucker und 2 Messerspitz Vanili d'rzu und schlog den Tahg bis er blotert. D'rauf staub' i dos Nudlbret mit Mehl, wolg den Tahg holbfingerdick aus, stich runde Platteln d'raus, die ich aufs g'staubte Mehltuch leg, wo i auf jed's Plattl a Häuferl eing'sottne Marill'n gib, donn leg i a onders Plattl d'rauf, lass's nocher longsom aufgehn und bock's in Schmolz aus.«

Jetzt wurde sie schnell in die Küche gerufen und ich empfahl mich. Hatte ich nun doch schon ein Recept erfahren.

Am Abend machte ich meiner Zimmerfrau und ihrem Herrn Gemahl, wie öfter geschah, einen Besuch, aber dießmahl nicht ohne Absicht, denn ich wollte auf eine feine Art noch zu einigen Krapfen-Recepten gelangen. Ich erzählte, daß ich heute durch Zufall zu einem Krapfen-Recept gekommen und es ihnen abschreiben wolle, wenn etwa ihre neue Köchinn, eine Böhminn, damit nicht umgehen könne. Die Zimmerfrau lachte und meinte, wenn mir die Zeit nicht zu lang würde, wolle sie alsogleich hören, ob mein Zweifel Grund habe. Die Köchinn wurde gerufen und ihr gesagt: »Marianka, kannst du auch Krapfen backen?« »Protschpack ne, dos glaub i.« »Nun gut, so sage dem Herrn ein Recept, ich erlaube dir hier zu sitzen, und wenn es gut ausfällt, wirst du auch noch besonders belohnt.« Sie fing an:

(Zweytes Recept.)

»Erstlich müssen’s nehme Weidling sauberes, und wenn's wulln's moch'n Schüss'l vull Kropf'n, mahn i tento Rahmkropf'n, thun's wenigste Pfund Mehl schönes eini, mochn's mitten in Mehl Grübl und thun's - 4 Eye gonzes und 4 Dutte mit 4 Luth zelossenes Butter ranes eini, nehme's 4 Löffel klanes wasserte Germ, bißle Solz und Pfeffe und verrühr'n's olle z'somm recht gut mit Viertl Seidl dobre Rahm. Wenn obi Tahg sulche zu fest wir', müssen's noch klin bißle Rahm dezu nehme, is obi Tahg tento wahch, su stauben's noch bißle Mehl d'ron. Wenn is Tahg rechte gut abschlag'n, nehme's Nudelbret und wolgn's gut aus, wie sogt me dick holbete Finge nit gor, d'rauf nehmes Glasel und thun's ausstech die Kropf'n su long als g'lenkte die Tahg, decken's zu mit Tuch und stelln's in worme Zimmer auf Seit'n bis e geht auf. Drauf nehme's Schmolz in Rein ode Pfonn, und wenn's is nit gor zu haaß, noche könne's schun Kropf'n d'rin bocken. Tack, ale nit ouders müssen's moch'n.«

»Obe wulln's Kropf'n bock'n lepschi, auf andres Manier, wie hut g'west Gusto von Wenzl meiniges, wos is e Kaplar bey tento Regiment Fuhrwesen, su hörn's on Erplikazi meiniges.« 

(Drittes Recept.)

»Do nehme's Pfund Mehl feines, thun's d'runte bißle Zucke und bißle Mili, nehme's Vierting Butte pumali zelossenes und thun's 10 Eyedutte und 3 Löffel Germ gutes in Seidl Obers laues gut obsprudl und noche schütten's Gonze tento in Mehl, schlogn's Tahg tento su long bis geht e gern vun Kuhlöffel, a potem mochn's furt wie hob i sogt voriges Mol bey erste Recept meinige. O jekus, hode Wenzl meiniges imme sogt, to je dobre.« 

Ich machte dieser Redseligkeit durch ein kleines Geldgeschenk ein Ende und wir alle gingen nicht unvergnügt zur Ruhe.

Am andern Tage wurde ich zu Herrn Gutgeld für denselben Abend auf Krapfen geladen, da ihm meine Liebhaberey für diese Speise bekannt und mir die ganze Familie, die Sie selbst kennen, geneigt ist. Der Genuß der präsentirten Krapfen, die mir besser als je sonst schmeckten, und der dazu genossene Wein machten mich aufgeräumt und ich rief aus: Vortrefflich, vortrefflich sind diese Krapfen! Davon wünschte ich das Recept zu haben. »Auch damit sollen Sie bedient werden,« rief die Frau des Herrn Gutgeld. Ich erschrak ohne zu wissen warum; hatte auch keine Ruhe mehr und suchte, als ob ich etwas ahnte, sobald es sich schicklich thun ließ, mich zu entfernen. Schon den kommenden Morgen erhielt ich ein Billet, das für mich so folgereich war, es enthielt:

(Viertes Recept.)

»Man läßt ein Halbseitel Obers mit einem Vierting Butter zerschleichen, gibt 4 ganze Eyer und 4 Dotter nebst 2 Löffel voll gewässerter Germ, [3] 1 Loth Zucker und etwas Vanille dazu, und wenn alles dieß gut abgerührt ist, macht man mit diesem 1 Pfund Mehl, welches während dem Abrühren des Gesagten sich in einem Weidling erwärmt hat, zu einem Teig an, und nachdem dieser gesalzen vorden, schlagt man ihn mit dem Kochlöffel so lange, bis er Blattern wirft. Dann gibt man diesen Teig auf ein mit Mehl bestaubtes Nudelbret, valgt ihn halbfingerdick aus, sticht runde Plättchen davon und legt diese auf ein mit Mehl bestaubtes Tuch, deckt sie mit einem andern Tuche leicht zu und läßt sie an einem lauwarmen Orte gut aufgehen. Alsdann gibt man Rindschmalz, in eine Rein, läßt es zergehen, aber nicht zu stark erhitzen, und legt die Plättchen hinein, so daß die nicht auf dem Tuch gelegene Seite nach unten kömmt, dann deckt man die Rein mit einer Hafendecke zu, läßt sie backen und kehrt darauf die Krapfen in der Reyn um, damit die erst obere Seite zu unterst kömmt, und nach erlangter schöner Farbe nimmt man sie mit einem durchlöcherten Backlöffel heraus, damit das Fett gehörig abrinnen kann. Auf diese Art erhält man gute Krapfen, die mit Zucker bestreut und warm aufgetragen auf jeder Tafel ihre Würdigung finden werden.»

Obwohl dieses Recept mit keiner Unterschrift versehen war, konnte ich doch annehmen, daß es von der Frau Gutgeld sey. Ich ging alsbald dahin, mich wegen des gestrigen Ausrufs zu entschuldigen und zugleich meinen Dank für diese Zusendung abzustatten. »O nein,« gab mir diese Frau lächelnd zur Antwort, »das Ihnen übermachte Krapfen-Recept ist von ganz anderer Hand als von mir.« In demselben Augenblick trat ein junges Frauenzimmer herein, bey dessen Anblick ich dergestalt in Verlegenheit gerieth, daß ich Mühe hatte, das gegen mich gerichtete Gruß-Compliment gehörig zu erwiedern. Sie ging in das Nebenzimmer. »Sehen Sie,« sagte Frau Gutgeld zu mir, »dieses Mädchen hat die gestrigen Krapfen gebacken und das Recept davon für mich geschrieben. Sie weiß nicht, daß ich es Ihnen zugesendet habe. Sie ist eine Tochter von meiner Schwester, welche in einer nahen Provinzstadt vereheligt ist und ihr erlaubt hat, einige Tage in diesem Fasching bey mir zuzubringen.« 

Ich wußte genug, eilte nach Hause, und dieses Mädchen, — ja, — ist nun meine Braut!

»Also eine Heirath durch Krapfen.« 




Wien.
Gedruckt und zu haben bey Johann Nep. Fridrich.
(Josephstadt, Kaiserstraße, Nr. 37.)