Benutzer:THEbotIT/Test
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Nr. 52. | 1896. | |
Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Zum Jahreswechsel.
Nun, eh’ der Ring der letzten Stunde
Sich an des Jahres Kette reiht,
Noch einmal sei in trauter Runde
Ein Wort dem scheidenden geweiht;
Daß, wenn die Mitternacht ertönt
Von Turm zu Turm im Winterwinde,
Das neue Jahr uns heiter finde
Und mit dem alten ganz versöhnt.
Es hat mit Nieten und mit Losen
Gespielt nach seiner Ahnen Brauch;
Wohl fügt’ es Dornen zu den Rosen,
Doch Rosen zu den Dornen auch.
Zwei Weggenossen jeder fand,
Verdruß und Glück, auf seinen Pfaden,
Und beide sind von Gottes Gnaden
Für Den, der ihren Wink verstand.
Mit beiden treulich schritt verbunden
Ihr wunderlicher Sohn, Humor,
Der auch in nebelgrauen Stunden
Sein heilsam Lächeln nicht verlor.
Und eine noch, die höchste Kraft,
Die Liebe, hat uns treu geleitet,
Die über Gräber Blumen breitet,
Auf Erden schon den Himmel schafft.
Und also – – horcht! die Glocken singen;
Die Augen leuchten hoffnungsklar:
Mit Segenswunsch und Gläserklingen
Sei uns willkommen, junges Jahr!
Was mit dem alten nicht geschieden,
Erhalt’ es uns: den frohen Mut,
Den Fleiß, der Liebe sanfte Glut,
Und eines noch – den Völkerfrieden!
Ernst Lenbach.
Die Geschwister.
(Schluß.)
Es war zwölf Uhr geworden, ehe der klirrende Schlüssel in der Flurthür der Geheimrätin die Rückkehr ihres Gatten anzeigte. So spät kam er sonst nie aus dem Kasino und sie war die ganze Zeit in größter Unruhe im Zimmer auf und nieder gegangen, denn die Erregung, in welche Lisbeths Mitteilung über ihre Verlobung mit dem jungen Römer sie versetzt hatte, ließ sie nicht einschlafen, und so wollte sie lieber den Gatten erwarten, um sich gleich mit ihm über die zu treffenden Maßregeln zu verständigen. Zu ihrem Erstaunen zeigte er gar keine Verwunderung, sie noch wach zu finden, und auf seinem Gesicht lag ein so freudiger Ernst, daß sie sofort eine angenehme Mitteilung mutmaßte.
„Ich bin schon vor länger als einer Stunde heimgekommen,“ sagte er, als er Hut und Stock abgelegt hatte und sich nun auf das Sofa niederließ, „aber der Zufall wollte es, daß ich den jungen Römer traf, und mit diesem bin ich dann die ganze Zeit auf und ab spaziert.“ Er sah seine Frau forschend an: „Nun, Käthchen, hat Dir Lisbeth nichts Neues erzählt?“
„Ja, Erich, und deshalb erwarte ich Dich noch jetzt in der Nacht. Die alte Geschichte lebt wieder auf! Du siehst, ich hatte recht, wenn ich mich gegen die Freundschaft mit Römers stets so ablehnend verhielt. Nun stehen uns wieder neue Kämpfe bevor, und was werden wir durchzumachen haben, bis wir Gehorsam und Fügsamkeit erringen!“
„Aber warum denn?“ fragte er ganz erstaunt und sah sie lächelnd an, „ich verstehe Dich offenbar gar nicht.“
Sie zuckte die Achseln und wandte sich gekränkt ab.
„Du bist in heiterer Stimmung, Mann, darum kommt Dir auch dies heiter vor. Wenn Du morgen die Angelegenheit der Ueberlegung unterziehst, wirst Du anders darüber denken!“
„Mein Himmel,“ sagte er mit einem Anflug von Ungeduld, „wir scheinen uns in der That nicht zu verstehen! Was meinst Du eigentlich? Ich glaubte, Lisbeth sei mir mit der Mitteilung zuvorgekommen, indessen wollte sie wohl, Du solltest es aus meinem Munde hören. – Eben hat also der junge Römer bei mir um ihre Hand angehalten! – Eine wunderliche Stunde für eine offizielle Werbung, nicht wahr? Aber es hatte auch seinen Grund. Er begleitete nämlich Lisbeth von seinen Eltern nach Hause, sie gingen Arm in Arm, und als sie sich voneinander verabschiedet hatten – was sehr herzlich geschah und Lisbeth ins Haus gegangen war, stand er, sich umwendend, mir gegenüber, der ich unabsichtlich Zeuge dieser Liebesscene geworden war. Natürlich hielt er es nun für nötig, mir sofort die Sachlage zu erklären und sich gleich meiner Zustimmung zu versichern.“
„Deiner Zustimmung, Erich?!“
„Nun, doch auch der Deinen, Frauchen! Er bat eben um unseren elterlichen Segen und wird morgen vormittag herkommen, um Dir selbst diese Bitte vorzutragen.“
Die Frau Geheimrätin verstand immer noch nicht.
„Was soll das nur? Wozu dieses lange Hinziehen der Entscheidung? Du hättest mit zwei Worten der ganzen Sache ein Ende machen müssen. Wir kennen den Menschen ja gar nicht.“
„Ja, das ist dann Deine Schuld, liebe Frau, wenn Du ihn nicht kennst! Unsere Tochter ist täglich im Hause seiner Eltern gewesen – eine Mutter sollte denn doch darin ihre Pflicht erkennen, einer Familie näher zu treten, die ihrem Kinde so viel Freundschaft erweist.“
Ein vorwurfsvoller Blick traf ihn.
„Ich bitte Dich, Erich, diese Vorstellungen sind wirklich ganz ungerecht! Ich will von den Leuten doch nichts! Und in welcher Weise konnte man sich wohl für die Lisbeth entgegengebrachte, mir übrigens unendlich unangenehme Gastfreundschaft revanchieren? Den Sohn der Römers habe ich ja auch wiederholt zu unseren Bällen – damals, als er Student war – eingeladen; später freilich verstand es sich von selbst, daß das aufhören mußte! In unsere Kreise paßt doch ganz gewiß nicht ein Postschreiber.“
„Postschreiber?!“ wiederholte er und sah sie ganz verblüfft an. „Postschreiber nennst Du einen studierten Beamten, der die höhere Postcarriere macht? – aber Frau, das finde ich wirklich stark!“
„Nun, was ist denn sonst dieser Herr Römer, um dessentwillen Du sogar die Höflichkeit gegen Deine Frau vergißt? Lisbeth selbst wußte es nicht zu sagen!“
Er trat schnell zu ihr heran.
„Aber, Frauchen, werd’ nicht böse, Du weißt ja, wie’s gemeint ist! Ich ärgerte mich wirklich über Deinen absprechenden Ton. Denke Dir, wenn Giersbachs so mit unserem Leo gerechnet hätten, und dieser Fall ist in der That nicht zu vergleichen. Arnold Römer geht also jetzt als Postrat nach Breslau, nur ganz vorübergehend, die nächste etatsmäßige Vakanz im Reichspostamt führt ihn wieder nach Berlin an eine bedeutende Stelle in der Direktion – – und dabei ist der ganze Mensch vierunddreißig Jahr alt! Du mußt zugeben, der hat in Wahrheit glänzende Aussichten.“
Seine Frau hatte ihn sehr überrascht und betroffen angesehen. Nun sagte sie, während eine lebhafte Röte in ihr Gesicht stieg:
„An den Mißverständnissen ist nur Lisbeth schuld. Das Mädchen faßt, sobald es sich um Römers handelt, die einfachste Frage als Beleidigung auf. Ich bin außer stande, dieses ,in den Wolken schweben‘ zu begreifen; ich erkundigte mich, welchen Titel jetzt Römer führt – er wechselt ja ewig damit – und sie sagte mir darauf, das wüßte sie nicht – danach hätte sie ihn nicht gefragt! Nun bitte ich Dich – von einem Menschen, den sie heiraten will, weiß sie nicht einmal das wichtigste!“
„Ihr erscheinen wohl seine äußeren Verhältnisse nicht als das wichtigste, sondern ihre innere Zusammengehörigkeit mit ihm. Doch genug davon! Mir imponiert dieser junge Mann ebenso sehr durch seinen Charakter wie durch seine Erfolge, und da die beiden so heiß ihren gegenseitigen Besitz anstreben, so würden wir – hörst Du, Frauchen – auch nichts dagegen haben können, wenn seine Position weniger günstig wäre, sondern uns nur freuen, unsere liebe älteste Tochter glücklich zu sehen! Wir wissen es ja leider, daß auch eine sogenannte gute Partie nicht allemal ein Glück ist, vielleicht wird uns hier Ersatz für andere zerstörte Hoffnungen.“
Die Frau Geheimrätin hielt es für gut, die letzte Betrachtung zu überhören. „Ich verstand Lisbeth so, als ob sie beide ein Bekanntwerden der Verlobung vorläufig nicht wünschten. Mir ist das auch sehr recht. Mit den Anzeigen – da er schon Rat ist – ginge es wohl, aber wenn ich mündlich der Excellenz die Nachricht bringe, kann ich doch auch von seinem demnächstigen Avancement etwas einfließen lassen, und das ist mir doch lieber, denn von der Postcarriere weiß in unseren Kreisen niemand etwas.“
„Meinetwegen,“ sagte der Geheimrat etwas kürzer als es sonst seine Art war, „ich hindere Dich in Deinem Willen nicht, aber morgen störe Du mir durch solche praktischen Erwägungen nicht den ersten Brauttag der beiden! Man muß die Eigentümlichkeiten der Menschen schonen! Lisbeth steht längst auf dem Standpunkt, den ja jetzt auch Leo einhält, ich meine, den einer gewissen Verachtung alles nur Aeußerlichen. Ich weiß, Du denkst anders darüber, aber ich möchte nicht, daß Römer oder Lisbeth durch den Unterschied Deiner Ansichten mit den ihrigen verletzt würde. Wozu nützte das auch? Du änderst damit doch nichts!“
„Nein, das fühle ich auch,“ sagte die Frau Geheimrätin und sah anklagend gen Himmel. „Und das sind meine Kinder!“
Dem Sommer war der Winter gefolgt und bei Brückners war das Haus nun leer. Auch das letzte ihrer Kinder war hinausgezogen, um im eigenen Heim zu walten und zu schalten, und wenn nicht diese glückatmenden Briefe die Eltern etwas entschädigt hätten, dann wäre es ihnen in ihrer schönen Häuslichkeit, in der früher so viel heitere Geselligkeit geherrscht hatte, recht einsam geworden. Im Grunde fühlten sie es auch jetzt so und waren bemüht, es voreinander zu verbergen, wie sehr sie darunter litten. Der Geheimrat sagte immer häufiger: das wäre so die Natur der Sache und der Lauf des Lebens – „wenn die Vöglein flügge sind, verlassen sie das elterliche Nest und bauen das eigene“ – und mühte sich, durch diese natürliche Vorstellung seine Gefühle in die richtigen Bahnen zu leiten. Die Frau Geheimrätin hielt es gar nicht recht im Hause, seit sie Lisbeths stilles Walten nicht mehr um sich fühlte. Wenn ihr Mann im Bureau und sie allein in den weiten Räumen war, erfaßte sie eine ordentliche Angst, und sie warf sich mehr als je den Wohlthätigkeitsbestrebungen in die Arme, ohne doch durch die Gesellschaft der Excellenz und anderer hochgestellten Damen über die Unruhe in ihrem Inneren hinwegzukommen.
[879] Ihren besten Trost schöpfte sie noch aus einer Quelle, die niemand je vermutet hätte, nämlich aus den Briefen ihres Schwiegersohns Arnold Römer.
Er hatte den festen Willen gehabt, mit der Mutter seiner Lisbeth gut zu stehen, und fand nun bei näherer Bekanntschaft, daß die Frau, die er nur freundlich ertragen wollte, ihm im Grunde sehr sympathisch war. Ihr Fleiß und ihre Tüchtigkeit, ihr offener Blick und ihr schnelles Verständnis überraschten ihn, ihr heiteres Wesen und ihre thatkräftige Entschlossenheit muteten ihn an, und die wirklich seltene Liebe des Ehepaares füreinander warf einen versöhnenden Glanz auch auf ihre Fehler und Schwächen. – Zu seiner Mutter sagte er oft: „Die Geheimrätin ist gar nicht die Frau, die ich in ihr gesehen habe. Die Grundeigenschaften ihres Wesens sind edel, sie ist durch die Gesellschaft nur falsch geleitet und hat an ihrem Manne nicht den Halt gehabt, der sie zurückhielt, als sie abirrte von dem rechten Wege.“
Und ihr war Arnold Römer der erste Mann, der ihr wirklich imponierte. Bisher hatte sie nach den Erfahrungen an ihrem guten lenksamen Manne und auch an Walden es als Thatsache hingenommen, daß männliche Energie und Gemütswärme nun einmal nicht in einer Person vereinigt sein könnten, sie hatte sich gewöhnt, in schwierigen Fällen nur auf die Kraft ihrer eigenen Natur zu bauen und weder Rat noch Hilfe bei ihren Nächsten zu suchen, deren Liebe und Verehrung sie freilich um keinen Preis hätte missen mögen.
Und nun fand sie bei dem früher so gering geschätzten Arnold außer diesen beiden Dingen noch ein unbestechliches Urteil, eine ruhige Thatkraft und dabei den großen Blick, vor dem ihre vielen kleinen Vorurteile häufig genug in das verdiente Nichts dahinschmolzen. So oft sich ein Meinungsstreit über solche Dinge erhob, wußte er mit solcher Bestimmtheit und mit so guten Gründen, dabei in so tadelloser Form seine Sache zu führen, daß die Frau Geheimrätin schließlich keine Entgegnung, ja nicht einmal die Möglichkeit sich zu erzürnen mehr fand. Es war auch dafür gesorgt, daß diese Erörterungen sich nicht lange um Prinzipienfragen drehen konnten: das Leben nahm die armen Eltern nach einer kurzen Friedenszeit bald genug mit neuem Kummer in Anspruch.
Die Korrespondenz mit Elfe, die ihnen ja längst keine Freude mehr brachte, war sehr ins Stocken geraten; nun wurde sie plötzlich durch Walden aufgenommen, dessen Zuschriften ihnen ein immer traurigeres Bild von dieser Ehe zeigten. Jeder seiner Briefe war in heftiger Erregung geschrieben, jeder enthielt die bittersten Klagen über Elfes Lieblosigkeit und verlangte von den Eltern, daß sie ihr Ansehen zu seinen Gunsten geltend machen sollten, und endlich kam er damit heraus, daß Elfe neuerdings wieder durchaus nach einer gerichtlichen Trennung ihrer Ehe verlange, da ihr auch diese scheinbare Zusammengehörigkeit unerträglich sei. Selbstverständlich hatte er bei seiner Weigerung die Schwiegereltern auf seiner Seite. Denn die Furcht vor der Öffentlichkeit, die Angst vor einem abfälligen Urteil ihrer Kreise über den unvermeidlichen Skandal bestimmte ihr äußeres Verhalten. Innerlich war ihre Haltung nicht so fest: einerseits sprach Arnold brieflich stets zu gunsten der Trennung, anderseits besann sich besonders der Vater doch auf manches, was ihm bei Schließung dieser unglückseligen Ehe gegen die Natur gegangen war, und allmählich sahen seine Augen die großen Erziehungsfehler in seiner glücklichen Familie. Infolgedessen schwang er sich sogar seiner Frau gegenüber zu der Bemerkung auf: wenn man immer nur die äußere Ehre, immer nur sichtbare Vorteile im Auge hätte, dann ginge der moralische Halt, das sittliche Pflichtbewußtsein unter, und nun suchte er nachträglich Elfe dieses einzuimpfen, indem er ihr immer von Pflichten gegen die Gesellschaft, Pflichten gegen Gatten und Eltern schrieb.
Die Geheimrätin dagegen, so unsicher auch sie sich im Innersten fühlte, blieb bei den alten Ermahnungen, zeigte Elfe die „Aussichten“, die ihr die Zukunft böte, und erklärte ihr wiederholt, daß sie mehr als jede andere Frau berufen sei, ihrem Gatten den Weg zu einer solchen Höhe der Staatscarriere zu ebnen, daß neben dem befriedigten Ehrgeiz alle anderen etwa unerfüllten Wünsche zurücktreten würden.
Aber Elfe blieb solchen Vorstellungen gegenüber völlig kalt.
Von dem letzten folgenschwersten Schritte hatte sie bisher nur die Rücksicht auf die Ihren zurückgehalten, aber sie hatte gehofft, bei ihnen liebevolle Teilnahme und Verständnis zu finden. Sie erwartete, daß man auch ihre Herzensnot in Betracht ziehen und es erwägen möge, ob alles, was sich gegen ihren Entschluß sagen ließ, wohl ausreichend wichtig sei, um sie zu einem langen, trostlosen Leben in den Fesseln dieser unbefriedigenden Ehe zu verurteilen. Immer regte sich dabei ein Gefühl der Hoffnung in ihrem Herzen: die Liebe ihrer Eltern zu ihr würde stärker sein als die Menschenfurcht und sie würden vielleicht doch ihrem unglücklichen Kinde die Arme öffnen.
Statt dessen sprachen diese so sehnlichst erwarteten Briefe nur von der Gesellschaft und den Pflichten gegen ihre Sittengesetze, kein Wort von der Pflicht gegen sich selbst, keines von der Pflicht gegen die höchste Moral, die Wahrhaftigkeit, auch kein Wort von dem Rechte, nach dem ihr ganzes Innere schrie, von dem Rechte jedes Lebenden auf Glück. Ihr Herz konnte verkümmern und verdorren – was that’s, wenn nur der äußere Anstand gewahrt wurde! Und den Excellenzenrang stellte ihr die Mutter in Aussicht als Ersatz für ein Leben, das des Lebens erst wahrhaft wert wäre! Jawohl, einmal war das der Köder gewesen, um dessentwillen sie Jugend und Freiheit hingeworfen, um dessentwillen sie auf das Wertvollste im Leben verzichtet hatte!
Sie warf erregt die Blätter fort, nachdem sie mit dem Lesen fertig war. Das freudige Aufleuchten ihrer Augen, mit welchem sie dieselben begrüßt hatte, war verschwunden; ein entschlossener Zug lag nun auf ihrem blassen Gesicht. Sie dachte an Lüdeke.
„Mir hilft niemand,“ sagte sie, „so will ich mir selbst helfen. Er soll sehen, daß das Fegefeuer der Reue und der Selbstvorwürfe mich geläutert hat und ich seiner und eines besseren Daseins würdig bin!“
Wenige Tage darauf schreckte eine Depesche, von Walden aufgegeben, die Geheimrat Brücknerschen Eheleute aus dem Beruhigungszustande, in welchen sie sich gegenseitig nach Absendung ihrer Ermahnungen an Else eingelullt hatten. Dieselbe enthielt nichts als die Bitte an den Schwiegervater, sofort nach Berlin zu kommen. Gerade das Unausgesprochene erfüllte die beiden nun mit der qualvollsten Angst, und trotzdem sich die Frau Geheimrätin unendlich davor fürchtete, daß außer ihnen noch eine Person, und wäre es auch nur der Telegraphenbeamte, die Sachlage dadurch erfahren müsse, bat sie doch, ebenfalls durch den Draht, um sofortige nähere Mitteilung, ob Elfe erkrankt sei. Die Antwort lautete ganz lakonisch: „Elfe gesund, aber nicht mehr bei mir.“
Diesem Faktum gegenüber, das in seiner Schwere ihre schlimmsten Befürchtungen übertraf, hielt die Fassung des Ehepaares nicht stand. Die Geheimrätin war über das „entartete Kind“ völlig zerbrochen, weinte Ströme von Thränen und ließ sogar die Rücksicht auf ihren Gatten außer acht, der wortlos, in stummer Verzweiflung vor sich hinbrütete.
Allmählich tauchte dann die Hoffnung in ihr auf, es würde dem Vater gelingen, Elfe zur Umkehr zu bewegen und sie zu ihrer Pflicht zurückzuführen. Nun drang sie in ihn, sofort die Reise anzutreten, um all dem Kummer sobald als möglich ein Ende zu machen.
Als er fort war, fiel ihre künstlich zur Schau getragene Sicherheit freilich stark zusammen, und die Tage, die sie in Erwartung ihres Gatten zubrachte, waren voll Qual, Angst und Schmerz. Sie nahm keinen Besuch an, ging nicht aus dem Hause, und indem sie sich vorstellte, welche Deutungen diese Affaire wohl erfahren würde, verhärtete sie ihr Herz immer mehr gegen ihr Kind, das es verschuldete, wenn sie und ihre Verhältnisse wieder einmal zum Stadtgespräch würden. Sie bereitete sich aufs schlimmste vor, versuchte jede Hoffnung auf ein günstiges Resultat zu unterdrücken und war dann doch, als ihre Gatte, merklich gealtert in diesen Tagen, wieder vor ihr stand und „Alles vergebens!“ ihr zuflüsterte, so fassungslos darüber, als hätte sie mit Sicherheit einen besseren Ausgang erwartet.
Erst nach Stunden beruhigte ihr Gemütszustand sich so weit, daß sie seinen ausführlichen Bericht anhören konnte, und der enthielt denn auch noch viel unerwartet Schlimmes.
Ueber die Entfremdung zwischen sich und Elfe hatte Walden gar kein Wort verloren, er erzählte nur von dem in den letzten Monaten immer entschiedener auftretenden Verlangen seiner Frau, sich gerichtlich voneinander zu scheiden, einem Verlangen, dem er stets aufs energischste entgegengetreten war und dem er auch, als sie letztens kniefällig ihn gebeten, nur ihrer Eltern willen in eine friedliche Lösung zu willigen, kein Zugeständnis gemacht hatte.
Danach fand er, als er von einer kurzen Abwesenheit in Amtsgeschäften heimkehrte, Elfe nicht zu Hause und der Diener bestellte an ihn: daß die gnädige Frau die längst besprochene Reise angetreten hätte. Näheres darüber enthielte der zurückgelassene Brief.
[880] Ihre Mitteilungen darin beschränkten sich auf die Adresse ihres Rechtsbeistandes, den sie zu jeder Verhandlung ermächtigt habe, und dann bat sie ihn noch einmal in dringender und fast herzlicher Weise, sich nicht in ihren Feind zu verwandeln; er hätte sie zu diesem Schritte gezwungen und es käme gewiß bald die Stunde, in der er es ihr dankte, daß sie den Mut gehabt, sie beide von einer Kette zu befreien, deren Druck gleich schwer auf jedem von ihnen gelastet. –
Der Geheimrat war sofort zu dem Rechtsanwalt gefahren. Er hatte die Ueberzeugung, daß dieser ihm den gegenwärtigen Aufenthalt seiner Tochter würde vorenthalten wollen, und er war überrascht, daß man keinen Versuch dazu machte, sondern ihre Wohnung ihm sofort nannte.
Auch dort fand er nichts von dem Widerstande, den er glaubte besiegen zu müssen, ehe er bis zu Elfe gelangte.
In einem sehr freundlich und behaglich eingerichteten Wohnzimmer fand er sie mit einer Näharbeit neben einer alten Dame beschäftigt, und diese stellte sich, da Elfe bei dem Wiedersehen zu bewegt war, um auf Formen zu achten, selbst als verwitwete Majorin Will vor, welche in seiner Tochter einen lieben Gast beherberge. Er brauchte die Bitte, ihn mit derselben allein zu lassen, gar nicht auszusprechen, denn nach dieser Erklärung ging sie aus dem Zimmer, und der Geheimrat glaubte, nun leichtes Spiel zu haben, da Elfe es den Ihren ja so leicht gemacht, sie zu finden und zurückzuführen.
Aber er wurde bald eines anderen belehrt. Er fand sein früher so leichtlebiges und gedankenloses Kind als ein gefestigtes junges Weib wieder, das entschlossen schien, den Kampf um seine Freiheit gegen eine Welt durchzufechten. Alle seine Einwände und Beschwörungen prallten machtlos an ihr ab. Sie wußte, was ihr bevorstand, kannte den Weg, den sie gehen mußte, um vor sich selbst bestehen zu können, und sprach auch zu ihm die Ueberzeugung aus, daß Walden es ihr danken würde, daß sie den Mut der Wahrheit gehabt, um ihr ferneres Leben von der Lüge dieser Ehe zu befreien.
Als der Geheimrat nun dazu überging, ihr ein Bild der Zukunft zu malen, derjenigen, die sie aufgab, wie derjenigen, die einer geschiedenen, von ihren Eltern verstoßenen Frau harre, da – kam das Schlimmste, denn da sagte sie ihm, was Walden zum Glück nicht wußte und auch nicht erfahren sollte, daß sie diesen um eines anderen willen verlassen habe.
Sie sei mit Lieutenant Lüdeke verlobt gewesen, als Walden in ihr Leben trat; den Regungen der Eitelkeit sei sie, das urteilslose Kind, anheimgefallen, um, als sie zum Verständnisse erwachte, sich gebunden zu fühlen. Diese Ehe, die weder sie noch ihren Gatten beglückt, schiene ihr gelöst; nachdem ihr Kind gestorben und seit sie die Gewißheit habe, daß Lüdeke ihr vergeben habe und daß sie beide getrennt voneinander nie glücklich werden können, scheue sie den Kampf nicht, um zu diesem Ziel zu gelangen.
Der Geheimrat war außer sich, überhäufte sie mit Vorwürfen und Verdächtigungen und lachte spöttisch, als Elfe schwur, sie hätte Lüdeke in den letzten Monaten nur einmal gesehen, das sei an dem Tage gewesen, als sie sich endgültig von Walden getrennt habe. Da hätte er sie hier zu seinen Verwandten gebracht, und sie würden sich auch nicht wiedersehen, ehe die Ehe getrennt sei; dann aber sollte, sobald die Formalitäten erfüllt wären, ihre Trauung stattfinden.
„Papa,“ hatte Elfe gesagt, „Du siehst, es ist alles wohlerwogen und wird so ausgeführt werden! Wenn Du mich zweifelnd fändest, hättest Du recht, mich zurückzuhalten, jetzt mußt Du fühlen, daß Du vor unumstößlichen Entschlüssen stehst. – – Ich mache euch keine Vorwürfe, ihr habt gewiß im guten Glauben, mein Glück zu sichern, gehandelt, aber ich meine, nachdem ihr mich zu dieser Ehe bewogen, die nur um äußerer Vorteile geschlossen wurde, habt ihr kein Recht, euch zu beklagen, daß ich um euren Rat nicht bitte!“
„Wovon wollt ihr leben?“ hatte der Geheimrat gefragt. „Die höchste Verachtung von Geld und Gut pflegt uns noch nicht satt zu machen. Und ein Offizier ohne Vermögen, mit einer geschiedenen Frau – nie läßt das Regiment solche Ehe zu!“
Und die junge Frau antwortete:
„Lüdeke hat seinen Abschied bereits eingereicht und wird sich bemühen, eine Civilanstellung zu finden –“
„Da kann er warten,“ hatte er höhnisch gerufen, „oder wollt ihr nach Amerika gehen?“
Und sie meinte darauf: „Nein, das wollen wir nicht. Fredi sagt, wer arbeiten will, kann auch im Vaterlande fortkommen, und wir haben nichts Böses gethan, um uns vor unseren Bekannten verbergen zu müssen!“
„Ihr – nichts Böses gethan?! – Wie ist solch ein Selbstbetrug möglich!“
„Papa, ich lösche die Lüge aus meinem Leben. Was ich damals that: mich zu verheiraten aus Lust an Reichtum und Wohlleben, das war eine Erniedrigung, jetzt werfe ich alles von mir, und fühle mich in der Armut erhöht!“
Der Vater war darauf fortgestürzt, ohne ihr die Hand, um die sie bat, zu reichen; er fand keine Worte mehr, um diese Verblendung zu bekämpfen. Dabei hatte Elfe so merkwürdig ausgesehen, mit den großen Augen und der feinen Furche zwischen den Brauen; gar nichts mehr von der lieblichen kindlichen Schönheit, die sie sonst ausgezeichnet. „Wahrhaftig,“ sagte er zu seiner Frau, „sie ist um ein Jahrzehnt gealtert; ich wundere mich eigentlich nicht, daß Walden nach ihrem Besitze gar nicht mehr verlangt, sondern nur aus Scheu vor der Blamage sich bisher gegen die Trennung sträubte.“
„Und nun,“ sagte die Geheimrätin, die trockenen Auges diese Mitteilungen vernommen hatte, „nun wird also zunächst der Ehescheidungsprozeß die Welt in Bewegung setzen. Die ungeheuerlichsten Gerüchte werden erfunden und in Umlauf gesetzt werden; wenn wir auf die Straße gehen, zeigen die Leute auf uns: ,Das sind die Eltern‘, und secieren uns bei lebendigem Leibe auf unser Denken und Fühlen. Vielleicht mischt sich etwas Mitleid hinein – vielleicht? Im allgemeinen wird’s heißen: ja, wenn man es so macht – wenn man es so treibt – und dann wird unsere ganze Vergangenheit hervorgeholt, jeder Thaler, den wir ausgegeben, noch einmal besprochen! Wir haben viel Glück im Leben gehabt, Erich, das verzeihen uns die Menschen nie!“
„Aber Käthchen!“
„Nein, lass’ nur, Erich, es schadet nichts, wenn man sich das klar macht, wie es kommt. – Nun ist diese Sache also beendet, man beginnt, sich zu beruhigen – da kommt der neue Eclat: die Trauung mit dem verabschiedeten Sekondelieutenant! Ha – nun begreift man plötzlich – also deshalb! Der Mann hat sie aus diesen Gründen fortgejagt!“
„Aber Frau,“ sagte der Geheimrat, selbst schmerzlich erregt, „zügle doch Deine Phantasie! Du machst es Dir gar zu schwer, so ist es denn doch nicht, wir haben doch auch Freunde –“
„Freunde in der Not – geh’n hundert auf ein Lot!“ sagte sie bitter. „Täusche Dich nicht darüber! Wenn man über uns allerwegen tuschelt, wenn Deine Vorgesetzten die Nase rümpfen und die Achseln zucken: solch ein Skandal in der Familie eines Mannes, der an der Spitze einer hohen Behörde steht! – dann, Erich, zeige mir einmal die Freunde!“
„Nein, nein,“ sagte er entschlossen, „das wollen wir nicht abwarten, Käthchen! Es wird uns eine Wohlthat sein, hier fortzukommen, und so wollen wir gehen. Ich werde sofort meine Pensionierung nachsuchen, meine Gesundheit läßt ja in der That viel zu wünschen übrig, und für uns beide langt’s auch so! Laß uns alles so schleunig und so still als möglich ordnen. Dann machst Du angeblich eine Besuchsreise zu Lisbeth und Arnold, ich komme Dir, sobald meine Vertretung hier geordnet ist, nach, und alles übrige kann man dann von unserem neuen Wohnort – Wiesbaden soll’s sein, nicht wahr? – bewerkstelligen.“
Sie lag an seiner Brust.
„Dank, tausend Dank! – Das ist die einzige Rettung! – Ach, ich kenne jetzt wirklich kein anderes Verlangen mehr als Einsamkeit – Stille – – untertauchen möchte ich – verschwinden – – nichts thäte mir so weh als die mitleidig triumphierenden Blicke Deiner Herren Kollegen, die nun den Kampf um Deine Stelle beginnen!“
Jahre sind seitdem vergangen.
In einer der stillen Straßen Wiesbadens, in einem einfachen, aber sehr freundlich gelegenen Hause, welches nach der Rückfront einen kleinen Garten hat, sitzen auf der Veranda Geheimrat Brückner, seine Gattin und ihr Schwiegersohn, Arnold Römer, der nun auch schon den „Geheimen“ vor seinem Ratstitel trägt.
Sie sind beim Frühstück und lassen sich dasselbe hier im Freien, an diesem köstlichen Frühlingsmorgen im Schatten der prächtigen Bäume wohlschmecken.
Geheimrat Brückner trägt einen hellen Sommeranzug, der die frischen Farben seines Gesichts sehr hebt, er wiegt sich im
[881][882] Schaukelstuhl, bläst wohlgefällig den blauen Rauch seiner Cigarre in die klare Luft und macht durchaus den Eindruck eines Menschen, der sich bewußt ist, daß es ihm außerordentlich gut geht.
Derselbe Ausdruck von Behagen liegt auf dem Gesicht seiner Gattin. Sie ist viel stärker geworden, bewegt sich aber mit soviel Elasticität, schaut so fröhlich aus den Augen, daß sie trotz der stark mit Grau durchsetzten Haare kaum gealtert erscheint. Um ihren Mund spielt ein zufriedenes Lächeln, als sie jetzt, ein paar soeben vorgelesene Briefe niederlegend, zu Arnold Römer aufblickt.
„Ja, ja,“ sagt dieser und streckt seine Hand über den Tisch zu ihr hinüber, „es ist jetzt doch alles ganz anders geworden, als Du damals in Deinen schwarzen Sorgen es kommen sahst, Mamachen!“
„Gott sei Lob und Dank!“ erwiderte sie, in die dargebotene Hand des Schwiegersohns herzlich einschlagend. „Man sollte es nicht für möglich halten, unter welch veränderten Bedingungen man sich auch glücklich fühlen kann.“
„Auch?!“ fiel ihr Gatte ein. „Ich meine, erst recht! Mir wenigstens war es in langen Jahren nicht so wohl als jetzt, wo endlich einmal Klarheit um uns herrscht und keine ,Stellung’ mehr ,gewahrt’ zu werden braucht.“
„Nun,“ erwiderte sie mit einiger Lebhaftigkeit, „gar so bescheiden steht es denn doch nicht um uns. Wir sind, die wir waren, und wenn es dem Geheimrat Brückner paßt, in der Saison den Oberstock seiner Villa zu vermieten – –“
„Um das Jahr über frei zu wohnen, so ist dies für seine Verhältnisse sehr angenehm,“ schloß er behaglich lachend. „Glaube nur, Frauchen, daß dies die andern genau so gut wissen wie wir. Es fällt ihnen aber nicht ein, uns darum zu verachten.“
„Im Gegenteil,“ sagte Arnold. „Unsere vielverschrieene Zeit hat einen Respekt vor ehrlicher Arbeit und Sparsamkeit, der viele von ihren Schattenseiten aufwiegt. Wenn der Papa in der gestreiften Leinenjacke seinen eigenen Gärtner vorstellt und die Mama, wie heute Morgen, die gesamten Betten höchsteigenhändig in der Sonne ausbreitet, damit sie schön frisch sind für die Einwanderung von Kindern und Enkeln, da sehen lauter freundliche Nachbarsgesichter über die Zäune und man preist euch als tüchtige und glückliche Menschen.“
„Das letztere sind wir gewiß!“ rief lebhaft die Geheimrätin. „Dir danken wir übrigens ein gutes Teil davon, Arnold, denn Du hast uns den inneren Frieden wiedergegeben durch Dein Wirken zur Versöhnung mit Elfe. Jetzt, wo sie zum erstenmal wieder ins Elternhaus kommen soll mit Mann und Kind, jetzt ist alles ausgelöscht, was je zwischen uns gelegen hat.“
„Dazu ist auch alle Ursache,“ erwiderte er. „Die beiden haben ihre Feuerprobe abgelegt und bestanden. Was waren das anfangs für bescheidene Zustände! Ein Polizeilieutenant, der von seinem Gehalt leben muß, wie hieß es da anfangs sparen und arbeiten, bis die Beförderung kam! Aber Elfe ist eine Prachtfrau geworden, und sie lieben sich wie am ersten Tage. Nun ihnen auch noch das Kleine geschenkt ist, fehlt ja wohl nichts mehr zum vollkommenen Glück.“
„Weißt Du schon, daß Walden Provinzial-Steuerdirektor geworden ist?“ fragte der Geheimrat lebhaft dazwischen.
„O, ich weiß noch mehr,“ sagte Arnold, „er ist seit etwa vierzehn Tagen junger Ehemann und soll ja sehr beglückt im Besitze seiner zwar nicht mehr jungen, aber noch sehr stattlichen und schönen Frau sein.“
„Nun, das freut mich,“ sagte der Geheimrat, „freut mich aufrichtig! Das ist eine Nachricht, die mich wahrhaft beruhigt. Denn ihm gegenüber hatte ich immer ein Gefühl, als ob auch wir eine Art von Schuld an seinem Unglück trügen. Aber ich kann Deine Nachricht mit einer andern erwidern, Arnold. Weißt Du, daß unser Leo kürzlich eine Aufforderung aus seiner Vaterstadt erhielt, sich um eine erledigte Stadtratsstelle zu melden, und daß er abgelehnt hat? Warum? Ja, weil er es den Mitbürgern in dem kleinen Nest nicht vergessen will, daß sie Vertrauen zu ihm hatten, als es ihm niemand sonst schenkte, und weil ihn seine Thätigkeit dort so interessiert und befriedigt, daß er keine Veränderung wünscht. Der hat sich also mindestens ebenso sehr verändert wie seine Schwester Elfe.“
„Ich bin begierig,“ nahm die Geheimrätin das Wort, „ob wir auch unsere Lisbeth als eine andere wiederfinden, wenn sie mit euren Kindern morgen ankommt.“
„Das glaube ich nicht,“ erwiderte Arnold, und ein glückliches Leuchten ging in seinen Augen auf. „Lisbeth war von jeher auf dem richtigen Wege, sicher und ruhig in ihrer selbstlosen Güte, so reich an Verstand und Gemüt, daß sie in jeder Lebenslage das Rechte wie etwas ganz Selbstverständliches that. Ihr werdet es selbst sehen; unsere Aelteste hängt mit derselben Zärtlichkeit an der Mama wie die beiden Kleinen, und Lisbeth hat gewiß keine Ueberwindung gebraucht, um Gertruds Kind ganz und gar als ihr eigenes ans Herz zu nehmen. Sie gehört zu den Glücklichen, welche immer und ruhig nach den Gesetzen ihrer Natur handeln dürfen und keine vorsätzlichen Aenderungen nötig haben!“
Die Geheimrätin nickte gedankenvoll. „Es ist, wie Du sagst. Wir haben nicht gewußt, welchen Schatz wir an Lisbeth besaßen.“
„Nun, dafür wissen wir es jetzt um so besser,“ sagte ihr Gemahl gutgelaunt, „und hoffentlich bleibt uns noch ein Weilchen, um uns daran zu freuen. Nun sind es also noch zwei Tage, dann rückt alles ein: Lisbeth mit ihren Dreien, der Herr Bürgermeister nebst Gattin und Zwillingen und Lüdekes samt dem Allerkleinsten der Familie – alle, die es ganz anders gemacht haben, als wir es zu ihrem Glücke wollten, und die trotzdem glücklich geworden sind. Ist das nicht recht merkwürdig, Frauchen?“
„Ja,“ erwiderte sie, „es ist merkwürdig, daß man bei bestem Willen und ganz leidlichem Verstand so den falschen Weg gehen kann! Wie habe ich mir’s sauer werden lassen – erst mit der Erziehung und dann mit dem Schicksal der Kinder! Nun haben sie sich alle ihr Schicksal eigenhändig gemacht, und die Erziehung – die ist eigentlich nachträglich mir selbst zu teil geworden. Laß nur!“ wehrte sie den Widerspruch ab, der auf Arnolds Lippen schwebte. „Ich weiß ganz gut, was ich sage. Mein Horizont war enge, trotz aller Bildung, unser Kreis schien mir die Welt, und so wurde ich euch allen zum Hindernis. Aber an eurem Widerstand sind mir allmählich die Augen aufgegangen! Ihr habt mich einsehen gelehrt, daß die idealen Güter allein dem Menschen das Glück und die Befriedigung schaffen, die wir im thörichten Unverstand so oft von dem Erfolg unserer ehrgeizigen Pläne und vom Beifall fremder Menschen erwarten.“
Erfinderlose.
Salomon de Caus.
Ein Erfinder, der infolge der Verkündigung seiner neuen Gedanken für irrsinnig erklärt und als solcher grausam behandelt wird – für dieses Märtyrertum ist lange Zeit das Los des Franzosen Salomon de Caus typisch gewesen. Ein Märtyrer der Wissenschaft wie kein zweiter! Die Zeichen- und Malkunst, die dramatische und epische Dichtung hat sich dieses Stoffes bemächtigt und in der Welt der Kunst, die ihren Gestalten ein unvergängliches Leben schafft, lebt Salomon de Caus fort als ein Urbild der großen Entdecker und Erfinder, welche am Undank der Mitwelt zu Grunde gehen. Und wenn auch sein Märtyrertum sich vor der kritischen Forschung bis zu einem gewissen Grade zu einer Legende verflüchtigt hat, so bleibt ihm doch das Verdienst seiner großen Entdeckung, deren Wert, wenn auch nicht unbestritten, doch von namhaften Gelehrten anerkannt worden ist. Und ist es nicht auch ein Märtyrertum, wenn solche bahnbrechende Entdeckungen von der Mitwelt nicht beachtet werden und der Entdecker weder ihren Wert nachweisen kann, noch zur weiteren Fortbildung derselben Mittel und Wege findet?
Salomon de Caus war ein Franzose; in der Normandie, wahrscheinlich in der Nähe von Dieppe, kam er 1576 zur Welt. Man hat seine französische Herkunft in Frage gestellt; man hat ihn zu einem Deutschen machen wollen; auch hat er wirklich längere Zeit in Deutschland gelebt. Man stützte sich besonders darauf, daß die Uebersetzung seines Hauptwerkes ins Deutsche eingeleitet wird mit den Worten: „Wir geben das Werk jetzt in unserer Sprache.“ Doch das ist wohl eine Bemerkung des Herausgebers – und warum sollte ein Deutscher zuerst sein Werk in französischer Sprache schreiben? In allen seinen Widmungen nennt er sich selbst den [883] Unterthanen des Königs Ludwig XIII. und ebenso bezeichnet ihn der König in den Privilegien, die er ihm erteilt! Seinem Bekenntnis nach war er ein Reformierter, wie aus seinem 1862 aufgefundenen Todesschein erhellt. Er studierte besonders Mechanik, reiste in Italien und begab sich dann nach London, wo er Unterrichtsstunden in der Geometrie gab. Dort stand er dem Hofe des gelehrten Königs Jakob I. nahe, wurde Architekt und Ingenieur des damaligen Prinzen von Wales, Heinrich, der schon 1612 starb, scheint aber nach dem Tode desselben auch dem jüngeren Bruder, dem späteren unglücklichen König Karl I., in derselben Stellung zur Seite gestanden zu haben, bis er 1613 der Prinzessin Elisabeth, welche den Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich, heiratete, nach Deutschland folgte.
Die kurfürstliche Residenz am Neckar, das schöne Heidelberg, sah sein Hauptwerk entstehen, in welchem er seine wichtige Entdeckung zuerst mitteilte; auch zeigt es noch heute die Spuren seiner künstlerischen Thätigkeit als Architekt und Gartenkünstler: er baute das Schloß aus, fügte einige Seitenbauten hinzu und legte die prächtigen Gärten des Fürstenberges an, die er mit Grotten und Statuen und den verschiedensten Wasserkünsten schmückte. Noch ist sein Werk über den pfalzgräflichen Garten erhalten, in welchem er eine kurze Beschreibung desselben giebt, die durch viele Zeichnungen und Pläne erläutert wird. Das Werk ist dem König von Böhmen gewidmet, denn der Kurfürst von der Pfalz hatte sich verleiten lassen, die böhmische Krone anzunehmen. Nach der unglücklichen Schlacht am Weißen Berge mußte er flüchten und verlor Krone und Land. Das wird wohl auch der Grund gewesen sein, daß Salomon de Caus, der 1614–1620 in Heidelberg verweilt hatte, wieder in sein Vaterland zurückkehrte. Wir finden ihn 1621 in Paris, wo er den städtischen Behörden, wie aus einem Aktenstück ersichtlich ist, Vorschläge machte über ein neues Abfuhrsystem und über die Anlage von Fontänen in der Stadt. Auch erschien in Paris 1624 sein letztes Werk, die Schrift über die Sonnenuhren. Nicht in der Normandie, wie man früher glaubte, sondern in Paris ist er gestorben am 27. Februar 1626.
Ueber seine letzten Lebensjahre herrschte vollständiges Dunkel; man wußte zwar aus seinen Werken, daß er sich Architekt des Königs Ludwig XIII. nannte, aber irgend welche Spuren seines Wirkens in dieser Stellung sind nicht nachweisbar; es wird auch nirgends erwähnt. Da warf eine plötzlich auftretende Enthüllung einen grellen Lichtschein auf seine letzten Lebenstage.
Durch sehr viele Blätter machte anfangs der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts ein Brief die Runde, welchen Marion Delorme an ihren Geliebten Cinq-Mars geschrieben hatte. Schon durch die Briefstellerin nahm das Schreiben ein ungewöhnliches Interesse in Anspruch. Marion Delorme, die gefeierte Schönheit, die vielgeliebte Ninon aus dem Zeitalter Ludwigs XIII., die Heldin eines vielgegebenen Victor Hugoschen Schauspiels, und Cinq-Mars, der Günstling des Königs, der Schützling Richelieus, bis er sich gegen diesen auflehnte und von ihm verhaftet und dem Tode geweiht wurde, der Held eines beliebten Romans von Alfred de Vigny – war dies nicht eines jener berühmten Liebespaare, deren Briefwechsel noch auf späte Zeiten Anziehungskraft ausübt? Freilich, man darf nicht an Petrarca und seine Laura denken; es waren andere Zeiten und Sitten; aber eine glänzende Lebensstellung, Jugend und Schönheit hatten sich die Hand gereicht. Ein Aktenstück aus diesem Briefwechsel zwischen der Pariser Aspasia und dem jungen, später so unglücklichen Hofbeamten, der mit einem Richelieu um Macht und Herrschaft ringen durfte, war nicht bloß von Interesse für den Geschichtsforscher – die ganze Poesie der damaligen romantischen Dichtung umschwebte diese beiden Gestalten! Dies mitgeteilte Schreiben von Marion Delorme war indes weniger ein Liebesbrief; sie berichtete dem jungen Freunde von einer merkwürdigen Begegnung mit einem namhaften Manne der Wissenschaft, den sie in Bicêtre getroffen: hinter den Gitterstäben der Zellen, in denen die Irrsinnigen verweilten, hatte sie Salomon de Caus gesehen, den Entdecker der Dampfkraft, die er in seinem Hauptwerke in Bild und Text so schlagend nachgewiesen. Marion Delorme hatte danach den Physiker gekannt, was auch glaublich schien, war er doch in Hofdiensten als der Architekt des Königs! Auf die überraschende Kunde, daß derselbe auf Befehl Richelieus als irrsinnig in Bicêtre eingesperrt worden sei, hatte Marion beschlossen, sich dort selbst davon zu überzeugen. Richelieu sah in ihm einen gefährlichen Mann, welcher mit seiner Entdeckung seinen Feinden zu Hilfe kommen konnte; vielleicht auch wollte er, um diese für eigene Zwecke zu verwerten, wozu er im Augenblicke nicht Muße fand, den Erfinder an sicherer Stätte verwahren. Und diesen Besuch machte Marion Delorme, wie sie dem Freunde schrieb, in Begleitung des Marquis von Worcester, des Engländers, der später die Erfindung von Salomon de Caus weiter fortbildete. Im Irrenhause von Bicêtre sollte auch Salomon de Caus gestorbcu sein!
Dieser Brief der Marion Delorme wirkte außerordentlich anregend auf die Phantasie der Künstler und Dichter, nicht bloß in Frankreich, sondern auch in Deutschland, wo man ja Salomon de Caus in Brachvogels Trauerspiel auf der Bühne des Berliner Hoftheaters als dramatischen Helden sah. An traurigen „Erfinderlosen“ hat die Geschichte gewiß keinen Mangel – dies aber erschien als das traurigste von allen! Durch äußere Gewalt um die Frucht einer die Welt bewegenden Entdeckung gebracht, durch die Tagespolitik und ihre Gewalthaber um ein Werk betrogen, welches der ganzen Menschheit zu gute kommen sollte, wurde ein bedeutender Mann unter die Irren eingesperrt, wenn er nicht sogar selbst dem Irrsinn verfiel in so trauriger Gesellschaft! Konnten die Kontraste schärfer auf die Spitze gestellt werden? Konnte die Tragikomödie des menschlichen Lebens ergreifendere Scenen bieten?
Alle Blätter hatten den Brief der Marion Delorme abgedruckt; alle Welt las ihn, alle Welt glaubte an ihn. Niemand fiel es ein, nach seiner Herkunft, nach seiner Echtheit zu fragen. Ueberlieferungen, welche die Phantasie in angenehmer Weise beschäftigen, pflanzen sich mit großer Schnelligkeit fort und gewinnen leicht allgemeine Verbreitung.
Damals war das Todesjahr von Salomon de Caus nicht bekannt; es ist das Jahr 1626. Der Totenschein des Gelehrten allein hätte genügt, um die Mitteilungen jenes Briefes zu widerlegen. Marion Delorme war 1611 geboren, also damals 15 Jahre alt, und ihr Geliebter Cinq-Mars, geboren 1620, lief noch als sechsjähriger Knabe umher. Die Verschwörung von Cinq-Mars und seine Hinrichtung fällt in das Jahr 1642. Diese Zeitbestimmungen genügten, um die Unechtheit jenes Schreibens zu beweisen.
Doch noch ehe das Todesjahr festgesetzt war, wurde es offenkundig, daß der Brief auf einer Mystifikation beruhte; ihr Urheber bekannte sich selbst schuldig. Henri Berthoud, der unter dem Namen „Sam“ eine Reihe wissenschaftlicher Phantasien und kleiner Chroniken der Wissenschaften für die verschiedensten Pariser Blätter verfaßt hatte, erklärte, etwa zwanzig Jahre nach dem Erscheinen jenes Briefes, daß er denselben von Anfang bis zu Ende erfunden habe. Und der Zweck dieser Erfindung? Berthoud redigierte damals das Musée des familles und für das Blatt hatte der geniale Zeichner Gavarni ein Bild entworfen, welches einen Narren hinter den Gitterstäben seiner Zelle darstellte. Um diesem Bilde Interesse und Bedeutung zu verleihen, hatte der mehr gewandte als gewissenhafte Redakteur diesen Brief der Delorme und die traurige Geschichte des Salomon de Caus dazu gedichtet als eine seiner kühnsten wissenschaftlichen Phantasien und so das europäische Publikum auf lange Zeit hinters Licht geführt. Es war also ein Redaktionskniff, aus welchem eine lange Zeit allgemein geglaubte Legende hervorging. Doch wenn man auch geneigt ist, den unverfrorenen „Sam“ als Geschichtsfälscher zu verurteilen, so wird man wohl auch anerkennen müssen, daß er ein auf alle Honorare und Tantièmen verzichtender Mitarbeiter sämtlicher Dramatiker, Dichter und Künstler gewesen ist, welche von seiner Erfindung Nutzen gezogen haben.
Wenngleich nun der romantische Reiz zerstört ist, der das Leben des Erfinders umgiebt, so bleibt immerhin noch ein tragischer Rest übrig, welcher das Los desselben keineswegs als ein glänzendes erscheinen läßt. Denn Salomon de Caus lebte, obschon mit einem Hoftitel ausgezeichnet, doch seine letzten Lebensjahre im Dunkel dahin, und es gelang ihm nicht, seine Erfindung zu verwerten; ja sie geriet fast in Vergessenheit; auch ist er in der Geschichte der Mathematik und in den neuen Konversationslexiken sehr stiefmütterlich behandelt worden und der Anspruch auf die Ehren einer wichtigen wissenschaftlichen Entdeckung wird ihm streitig gemacht. Entschieden aber tritt der große französische Physiker Arago für Salomon de Caus ein, indem er im fünften Bande seiner Werke es für eine sonderbare Schicksalslaune erklärt, daß von Caus, den die Nachwelt vielleicht als den ersten Erfinder der Dampfmaschine betrachten wird, in anderen geschichtlichen Werken so wenig die Rede ist.
Um solche Erfindungen ist es ein eigen Ding; sie fallen nicht wie die Meteorsteine vom Himmel mit überraschender Plötzlichkeit; sie entwickeln sich aus unscheinbaren Anfängen und werden oft zugleich [884] von mehreren an verschiedenen Orten lebenden Männern ausgesprochen, mögen die einzelnen nun von ihren Vorgängern Kunde gehabt haben oder mag nur der Fortschritt der Wissenschaften überhaupt begabte Köpfe in verschiedenen Ländern zu verwandten Gedankengängen angeregt haben. In den von Arago so gerühmten „Raisons des forces mouvantes“ („Ursachen der bewegenden Kräfte“), dem Hauptwerk von Salomon de Caus, welches manche interessante Probleme der Mechanik aufgestellt und gelöst hat, findet sich der Satz: „das Wasser muß mit Hilfe des Feuers über sein Niveau steigen“ und die Abbildung einer Maschine, in welcher dies nachgewiesen wird. Eine hohle Metallkugel wird zum Teil mit Wasser gefüllt und ein bis nahe zum Boden gehendes Rohr dicht an der Wandung desselben befestigt, so daß mit Ausnahme der oberen Mündung des Rohres die ganze Kugel fest verschlossen ist. Wird die Kugel dem Feuer ausgesetzt, so treiben die sich in ihr bildenden Dämpfe das eingefüllte Wasser zu dem Rohre hinaus. Arago meint nun, der vorbeschriebene Apparat sei eine wirkliche Dampfmaschine, die als Schöpfmaschine dienen könnte. Es ist jedoch nicht bekannt, daß Caus von seiner Maschine einen praktischen Gebrauch gemacht hat. Die Bedeutung des französischen Ingenieurs besteht vielmehr in der Erfassung des Prinzips der Dampfkraft; er war ein großer Denker auf dem Gebiete der Mechanik. Er hat die Theorie von der Ausdehnung und Verdichtung des Dampfes, die naturgemäß zur Auf- und Niederbewegung des Kolbens, also zum eigentlichen Geheimnis der Dampfmaschine führte, in seinem merkwürdigen Buche zuerst aufgestellt. „Die Teile der Elemente vermischen sich eine Zeit lang; dann kehrt ein jedes zurück an seine Stelle.“ Das ist auch der Grund, warum sein Ruhm von einem großen Gelehrten wie Arago aufrecht erhalten wird, während ihn alle diejenigen bestreiten, die sich nur an handgreifliche Erfindungen halten. Dabei spielt auch die nationale Eitelkeit eine Rolle; denn die Engländer suchen Salomon de Caus beiseite zu schieben und an seiner Stelle ihrem Marquis von Worcester die Ehre des ersten Bahnbrechers auf diesem Gebiete zu sichern. Wie Arago nachweist, hat er aber nur die Idee von Caus weiter ausgeführt, das Wasser mittels der elastischen Kraft des Dampfes emporzuheben; nur in der Verbindung von zwei solchen Apparaten, wie sie Caus angefertigt, besteht seine Neuerung. Daß die Engländer hierbei Schüler der Franzosen sind, hat ihnen nicht bloß Arago zu verstehen gegeben, sondern auch der Maler Lecurieux, welcher, ehe die Unechtheit des Briefes der Marion Delorme nachgewiesen war, zu einer der großen Ausstellungen im Louvre ein Gemälde schickte, das den Besuch der Marion Delorme in Bicêtre farbenprächtig ausführte. Da sehen wir nicht nur die schöne Courtisane, nicht nur hinter Eisengittern den unglücklichen de Caus mit bleichem Gesicht und wildhängendem Haar; nein, auch den Begleiter der Delorme, den Marquis von Worcester, den Salomon de Caus davon zu überzeugen sucht, daß er nicht irre sei, daß er in der That eine Erfindung gemacht habe, um mittels des Wasserdampfes Maschinen zu treiben. Der irre Meister ist hier offenbar der Lehrer eines empfänglichen Schülers und seine geistige Aussaat ist auf keinen undankbaren Boden gefallen; denn dieser englische Edelmann hat ja dann in der That die französische Erfindung der Verwirklichung näher gebracht.
Ein anderer Franzose, Denis Papin, zuletzt Professor in Marburg, hat 1690 und 1695 einen Dampfapparat geschaffen, welcher mit der heutigen Kolbendampfmaschine große Aehnlichkeit hatte, aber dessen praktische Verwendbarkeit durch mancherlei Mängel beeinträchtigt wurde. Den ersten praktischen Apparat, der zur Hebung des Grubenwassers in den Bergwerken benutzt wurde, baute der Engländer Thomas Savery. Alle Ehren eines Erfinders der Dampfmaschine werden indes seit langer Zeit auf das Haupt des Schotten James Watt (1736–1819) gehäuft, welcher den ganzen Gang der Entwicklung dieser Erfindung eifrig studierte und auf die Lösung ihrer Probleme zu praktischen Zwecken seinen ganzen Eifer verwandte. Er führte den Dampf als Betriebskraft in die gewerbliche Praxis ein und erzielte damit als Associé des reichen Fabrikanten Boulton in Birmingham glänzende Resultate. Er erhielt viele Patente für wichtige Verbesserungen der Dampfapparate, und die Dampfmaschine, wie sie heutigestags besteht, ist aus seinen Studien und Erfindungen hervorgegangen.
Doch über die erfolgreichen Männer, die einer Erfindung ihren Namen und die letzte Vollendung geben, soll man nicht die Vorläufer vergessen, in denen zuerst die Keimkraft bahnbrechender Gedanken lebendig war, und zu diesen gehört auch Salomon de Caus, der lange der Vergessenheit anheimgefallen war. Unglück genug für einen in großen Dingen grundlegenden Erfinder; es bedurfte nicht erst der grellen Schicksalsverkettungen, in welche die romantische Legende sein Bild hineingezeichnet hat! Rudolf von Gottschall.
In falscher Stellung.
Innerhalb der letzten fünf bis sechs Jahre haben die Lehrerinnenvereine einen gewaltigen Umschwung in der Lage der Lehrerin geschaffen und neue Mittel und Wege zu ihrem Fortkommen eröffnet. Diese Thatsachen haben durch das mündliche und schriftliche Wort eine so allgemeine Verbreitung erlangt, daß man glauben sollte, eine jede Lehrerin, die sich in die Fremde wagen will, würde zuerst danach Umfrage halten, ob sie dort Anschluß an einen Lehrerinnenverein finden könne. Der deutsche Lehrerinnenverein in London, 16 Wyndham Place, ist in Deutschland bekannt genug, aber anstatt daß deutsche Lehrerinnen, die nach England kommen wollen – ehe noch irgend ein anderer Schritt geschieht – sich vor allen Dingen an die Vereinsleitung wenden, kommt es leider nur zu häufig vor, daß man, „um nicht aufs ungewisse zu gehen“, sich durch einen Agenten oder eine Annonce eine Stelle verschafft, die man sicher in der Tasche hat, noch ehe man den deutschen Boden verläßt. Traumhaft schön, mit allen Reizen umgeben, die eine lebhafte Phantasie auszumalen fähig ist, winkt die Stelle aus der Ferne. Wie sieht dann aber oft die Wirklichkeit aus, wenn man ihr in ihrer Ungeschminktheit und düstern Trostlosigkeit gegenübersteht! Die Erfahrungen, von denen wir auf unserm Londoner Vereinsbureau hören und welche in letzter Zeit sich erschreckend vermehrt haben, drängen uns dazu, die Warnungen vor dem unbesonnenen Annehmen von Stellen aufs neue zu wiederholen. Seit zwanzig Jahren warnen wir zwar schon und das deutsche Konsulat thut dasselbe, trotzdem zeigen die Klagen, die bei uns einlaufen, daß die Vertrauensseligkeit der Unerfahrenen heute noch so groß ist wie vor zwanzig Jahren. Ja, wenn so ein armes Menschenkind in Not und Elend sitzt, dann besinnt es sich darauf, daß es einen deutschen Lehrerinnenverein giebt, dann telegraphieren besorgte Eltern, man möchte sich doch ihres verlassenen Kindes annehmen, es da oder dort abholen und für dasselbe sorgen. Oder es kommt eine Lehrerin hier an, die Knall und Fall entlassen wurde, weil sie die Mägdedienste nicht leisten wollte, die ihr zugemutet wurden. Aber ist solchen Menschen immer zu helfen? Wie oft können wir sie auch gar nicht in den Verein aufnehmen, weil es mit ihrem Wissen und Können schlecht bestellt ist, und was bleibt ihnen dann übrig? Unser Verein ist keine Pflegeanstalt für ungenügend vorgebildete Kräfte, auch kein Asyl für solche, denen es nicht um ernste Arbeit, sondern um ein angenehmes Leben zu thun ist, bei dem ihnen die englische Sprache noch nebenbei nur so anfliegen soll. Wie manche muß schließlich mit oder ohne Hilfe des Konsulats ihren Rückweg nach Deutschland antreten, oder sie fällt den „Vereinen für notleidende Fremde“ zur Last, oder wird auch Dienstmädchen, weil sie für nichts anderes verwendbar ist!
Vor der Gründung des Allgemeinen deutschen Lehrerinnenvereins, der 56 deutsche Lehrerinnenvereine des In- und Auslandes umfaßt, war das unbesonnene urteilslose Besetzen englischer Stellen von Deutschland aus an der Tagesordnung. Seitdem ist zwischen den deutschen Vereinen im Ausland und dem Allgemeinen deutschen Lehrerinnenverein, dessen Centralstellenvermittlung sich unter sachverständiger vortrefflicher Leitung in Leipzig, Pfaffendorfer Straße 17, befindet, ein Abkommen getroffen worden, daß keine Stellen mehr im Ausland besetzt werden, wenn dort Lehrerinnenvereine bestehen, sondern die Anträge den betreffenden Vereinen zuzuweisen sind. Abgesehen davon, daß der Engländer, wenn er gewillt ist, anständig zu zahlen und seine Erzieherin gut zu behandeln, diese sehen will, ehe er sie engagiert, giebt es hier
[885][886] zu Land so viel deutsche Lehrerinnen, daß jede einigermaßen annehmbare Stelle ausgefüllt werden könnte und niemand nötig hätte, sich in Deutschland an Agenten oder Zeitungen zu wenden. Geschieht dies dennoch, so kann man getrost annehmen, daß die betreffende Stelle nur im allerseltensten Fall haltbar ist. Wie unendlich vielen Mißgriffen würde vorgebeugt werden, wollte man sich in erster Linie stets an die Vorsteherinnen der deutschen Vereine im Ausland wenden, die Land und Leute nach vierjähriger Erfahrung besser kennen müssen als solche, welche die Grenze des Vaterlandes nie überschritten haben! Das Abkommen, welches zwischen den Lehrerinnenvereinen des Vaterlandes und denen des Auslandes getroffen ist, hat seine fühlbaren guten Wirkungen nach allen Richtungen hin gehabt, aber leider giebt es noch andere deutsche Vereine und Anstalten, die eine ganz „blühende“ Stellenvermittlung nach dem Auslande, wenigstens nach England hin, betreiben – mit welchen Resultaten leider sehr häufig, davon weiß niemand besser zu erzählen als wir, denn an uns erinnert man sich schnell genug, wenn man in Not sitzt, und bei uns laufen die Klagen ein, die sehr oft den Anstalten und den Freunden zu Hause verschwiegen werden, weil man sich schämt, weil man nicht beunruhigen will.
Vor wenigen Tagen kam ein 16jähriges Kind hier an und zeigte uns weinend eine Depesche aus Hamburg von der Vorsteherin eines Kindergartens: „Gehen Sie zu Fräulein Adelmann nach 16 Wyndham Place, London, sie wird Ihnen helfen.“ Auf meine Fragen erzählte das junge Mädchen, daß sie als Kindergärtnerin von Hamburg aus zu Mrs. D. gekommen wäre, man habe dieser aber gesagt, sie sei 19 Jahre alt. Ihr Vater sei Schlächter und habe die Reise bezahlt. Sie sei aber nicht imstande gewesen, den vierjährigen Jungen zu bändigen, zeigte uns schluchzend ihre arg zerkratzten Hände, auch die Beine, die der Bengel mit Nadeln zerstochen hatte, erzählte, daß sobald sie allein mit dem Jungen und dem achtjährigen Mädchen frühstücken sollte, die Kinder ihr das Essen weggenommen, dasselbe mit Füßen getreten oder zum Fenster hinausgeworfen, kurzum sie auf alle denkbare Weise gequält hätten. Die englische Erzieherin der älteren Kinder habe ihr erklärt, sie müsse mit den Kindern fertig werden, die Mutter aber habe auf ihre Klage hin ihr einfach den Lohn für einen Monat ausgezahlt und sie weggeschickt, denn man habe sie belogen und die Sechzehnjährige für älter und reifer ausgegeben.
Fräulein Hug, die Vorsteherin des Vereins deutscher und schweizer Mädchen, die nicht weit von uns, 21 Baker Street W., ihr Bureau hat, bot mir auf meine Anfrage freundlich an, das Kind in einem der Häuser für Dienstmädchen unterzubringen, bis weiter für sie gesorgt werden könne. Sie als Kindergärtnerin zu placieren, sei unmöglich, einmal weil sie noch so sehr jung sei, und weil sie gar kein Englisch verstünde. Es sei überhaupt lächerlich, daß ein 16jühriges unerfahrenes Kind 22 Pfund (440 Mark) beanspruche, wie das bei der Stelle geschehen sei, aus der man sie weggeschickt habe. „Sie glauben nicht,“ fügte Fräulein Hug hinzu, „wie viele Enttäuschungen die Kindergärtnerinnen überhaupt in England haben, und wie viele ‚zweites Kindermädchen‘ (undernurse) werden, nur um nicht zurück gehen zu müssen.“ Unterdessen kam eine Depesche von der Mutter des jungen Mädchens, daß deutsche Bekannte in einer der Londoner Vorstädte es aufnehmen würden, es möge dahin gehen. Und dahin brachte es ein Vereinsmitglied. Nach zwei Tagen schrieb die Vorsteherin des Kindergartens aus Hamburg an uns: „Fräulein X. ist eine zuverlässige tüchtige Kindergärtnerin und wird, wenn sie das Heimweh überwunden hat, ihren Platz ausfüllen“ etc. Wenn doch die deutschen Regierungen dahin wirken wollten, daß das Kindergartenwesen geregelt würde! Die eine Anstalt verlangt drei Jahre zur Ausbildung wie die vortrefflichen Kindergartenbildungsschulen von Frau Henriette Schrader in Berlin und von Frau Goldschmidt in Leipzig, und andere wieder drei Monate. Alle Schülerinnen dieser so verschiedenen Anstalten bekommen ein Reifezeugnis, und die Kindermädchen geben sich nicht selten als Kindergärtnerinnen aus, sagt man mir von berufener Seite. Wenn die Mütter, zumal im Auslande, nicht erfahren und vorsichtig sind, dann fallen die Erziehungsresultate dementsprechend aus.
In diesem Frühjahr kam eine deutsche Sprachlehrerin, die sich ein halbes Jahr Urlaub genommen hatte, um ihr Englisch wieder aufzufrischen, zu uns und erzählte unter Lachen und Weinen, wie es ihr ergangen sei. „Schickt mich diese Person von einer Agentin in das Haus eines Gemüsehändlers. Ich traue meinen Augen kaum, daß der Mensch mit der weißen Schürze und die dicke Händlerin mit den kleinen Schweinsaugen und der schmutzigen roten Bluse meine Prinzipale vorstellen sollten, von denen ich im Austausch gegen Hilfe im Haus und dem Arrangement von Blumen – englischen Unterricht zu erhalten habe. Ich war zuerst so verblüfft, daß ich dem Paar ins Wohnzimmer hinter dem nach der Straße zu offenen Gemüsebude folgte, wo mir erklärt wurde, daß die kleinen häuslichen Pflichten darin bestehen sollten, den Logisherren die Strümpfe zu stopfen, die Knöpfe anzunähen, die Zimmer mit Hilfe der Tochter des Hauses in Ordnung zu halten und die Blumen zum Verkauf zu ordnen, vielleicht auch ab und zu verkaufen zu helfen, wenn die Hausmutter koche. Abends solle ich dem würdigen Paar und der Tochter Deutsch beibringen, denn man wolle nächstes Jahr eine Reise nach Deutschland machen, die Tochter sei mit einem deutschen Kellner verlobt, und da müsse man doch ab und zu ’mal nach ihr sehen in Deutschland. Englisch lesen hören wolle man mich immer nach der deutschen Stunde. Zum Glück habe ich mein Gepäck auf der Victoriastation gelassen, denn ich wollte mir das Haus und die Leute erst ansehen, ehe ich bei ihnen einzog. Sie hatten voriges Jahr auf der Lehrerinnenversammlung in Darmstadt so eindringlich gewarnt gegen die Annahme von Stellen ohne gründliche Erkundigungen, daß ich –“
„Jawohl,“ fiel ich ihr ins Wort, „doch auf den Leim ging.“
Ein Fräulein Sch. aus Baden kam durch eine Zeitungsanzeige in die Familie eines schottischen Dorfschulmeisters, bei dem sie thatsächlich ohne Mädchen die Küche zu besorgen und ihm deutschen Unterricht zu geben hatte. Es hieß in der Anzeige, häusliche Pflichten seien mit dem Austausch der Sprache verbunden. Sie war wie gesagt der einzige dienstbare Geist im Haus, die Frau Schulmeisterin war eine ebenso ungebildete Person wie ihr Eheherr, der mir noch einen sehr groben Brief schrieb, als unser Vereinsmitglied Fräulein J., Lehrerin in der herrschaftlichen Familie, in deren Dorfschule er angestellt war, sich Fräulein Sch.’s annahm und sie zu uns brachte. Ich drohte ihm aber, ihn bei dem Herzog zu verklagen, in dessen Landbesitz er sein Brot fand, und das half. Eine deutsche Lehrerin als Dienstmädchen hat er, soviel mir bekannt ist, seither nicht wieder gehabt, denn unser Mitglied, die noch immer Erzieherin in der herzoglichen Familie ist, hat ein Auge auf die Leute. Wenn Fräulein Sch. für ihre sechsmonatige Mühe noch etwas von der Sprache profitiert hätte! Aber die Ohren thaten einem weh, wenn sie in dem breiten schottischen Dialekt, den sie in jener Umgebung gelernt hatte, englisch sprach.
Bände ließen sich schreiben über Erlebnisse dieser Art, die uns im Vereinsbureau zu Ohren kommen. Ich will aber zur Erbauung der Leser nur einige Stellen aus Briefen abschreiben, die vor mir liegen. „Warum habe ich nicht auf meine Tante gehört, die durchaus wollte, daß ich mit dem Stellensuchen in England warten solle, bis ich das vom Verein vorgeschriebene Alter habe, um durch ihn placiert werden zu können. Helfen Sie mir trotzdem, bitte, bitte! Meine Schulvorsteherin ist dem Trunk ergeben und wird im Rausch oft so wütend, daß man sich vor ihr flüchten muß.“ Aus Glasgow: „Ich erhielt die Stelle direkt von Berlin aus durch den Letteverein, aber man behandelt mich als Dienerin, obwohl man ausdrücklich an den Letteverein schrieb, man wolle als Gesellschafterin eine sehr gebildete junge Deutsche aus sehr guter Familie, so daß ich daraus entnehmen zu dürfen glaubte, es sei eine feine Familie, die mich zu engagieren wünschte etc.“ Eine andere: „Warum habe ich auf diese L. gehört anstatt auf Sie. Schelten Sie mich, ich habe es verdient! Da sitze ich in jämmerlichen Verhältnissen in einer Dorfschule, habe nicht satt zu essen, muß mit drei schmutzigen Kindern in einem Zimmer schlafen; das eine, das bei mir im Bett schläft, will sich dazu nicht ’mal waschen lassen etc.“
Aus einer vom Lehrerinnenseminar in D. besetzten Stelle erhielt ich nachstehenden Brief: „Die Lady S. ist mir aufs höchste zuwider durch ihren Geiz und ihre Unwahrheit. Dabei höre ich fortwährend das Gebrumme der Köchin, die nebenbei gesagt eine ehrenwerte Person ist, daß sie zu Ostern gehen will, weil ich alles zu sparsam einkaufen muß. Lady S. lebt in London auf großem Fuße und wir sitzen hier in dem kleinen gemieteten Landhause mit zwei Dienstboten. Ich muß das Fleisch einkaufen, darf nur die Stücke nehmen, die am Fenster liegen und die per Pfund 4 Pence billiger als die anderen sind. Manchmal weigern sich die Dienstmädchen, es zu essen, füttern damit die Katze. [887] Der Thee ist gefärbtes Wasser etc. Ich kaufe den armen Stiefkindern von meinem eigenen Gelde manchmal Brot. Was soll ich thun?“
Besagte Stelle steht seit Jahren in unserem „schwarzen Buch“, und ich habe der Dame bei einem Besuch hier ganz unverfroren erzählt, was ihre Erzieherinnen mir gesagt hätten, und daß wir niemand für sie hätten. Sie that sehr entrüstet, aber man hat schließlich nicht umsonst sechs Briefe in der Hand, die gegen eine Dame zeugen, und noch allerlei im Gedächtnis, das einem mündlich erzählt wurde. Ich war vor zwei Jahren gerade auf dem Bureau des Lettevereins, als besagte Lady S. sich wieder einmal brieflich dort meldete, und ich klärte die Sekretärin auf. Es ist nicht richtig gehandelt, wenn eine Lehrerin wirklich ohne ihre Schuld schlechte Erfahrungen in einer Stelle macht und dies dem Bureau verschweigt, von dem sie die Stelle hat. Wie sollte z. B. der Letteverein wissen, wie es um Lady S.s Stelle stand, wenn die beiden Damen, die er in ihrem Hause placierte, ihm nichts von ihren Erfahrungen dort mitteilten, dagegen bei mir sich über diese so vortreffliche Anstalt beschwerten, die sich einzig und allein in den Dienst der arbeitenden Welt gestellt hat und so unendlich viel Gutes schafft?
Allem diesen gegenüber habe ich nun dennoch zu sagen, daß tüchtige Lehrerinnen, die den rechten Weg einschlagen, gut hier fortkommen. Unser Verein besetzt durchschnittlich jährlich 200 Stellen in Schulen und Familien, und wir hören nicht oft Klagen, niemals aber von solchen Erlebnissen wie die oben geschilderten. Der Verein ist in den 20 Jahren als eine Anstalt bekannt geworden, in der nur zuverlässige Kräfte zu haben sind, die anständig bezahlt und ebenso anständig behandelt werden wollen. Leute, die ihre Erzieherin nur ausnützen und schlecht behandeln wollen, wenden sich nicht an uns.
Allerdings kommt es oft genug vor, daß wir Aufnahmegesuche abschlägig bescheiden müssen. Das geschieht jedesmal, wenn die Applikantin unter 20 Jahren ist, und ebenso, wenn keine genügende Vorbildung oder Erfahrung nachgewiesen werden kann. Wir bestehen nicht auf Prüfungszeugnissen. Nachweise über erfolgreiche Thätigkeit können dieselben ersetzen. Auch raten wir Handarbeits- oder Turnlehrerinnen entschieden von dem Herüberkommen ab, denn sie werden einfach vom Engländer nicht angestellt. Lehrerinnen, die zu ihrer Ausbildung nur kurze Zeit nach England kommen wollen, raten wir, ihre Zeit als Geld zu betrachten und sich, wenn ihre Mittel es irgendwie erlauben, als Studentinnen im St. Albans College, 19 Lansdown Crescent, London W., zu melden. Das College besteht seit 7 Jahren und ist schon von sehr vielen deutschen Lehrerinnen mit dem größten Erfolg besucht worden. Bei einigen Vorkenntnissen der englischen Sprache kann das Ziel schon in 6 Monaten erreicht werden.
Alle Rechte vorbehalten.
Turandots Polterabend.
(Schluß.)
Käthe nahm allerlei vor, womit sie ihre Unruhe zu beschwichtigen suchte. Sie sah in Küche und Keller zum Rechten; sie stieg in ihre neue kleine Wohnung im ersten Stock hinauf, die sie sich so vergnüglich und so ganz nach eigenem Geschmack eingerichtet hatte; sie setzte sich an den zierlich eingelegten Nähtisch und versuchte es, sich die Vormittagsstunden auszumalen, in denen sie hier fleißig und emsig zu sticheln gedacht hatte – für wen?! Hübscher wäre es schon, für jemand zu arbeiten, der sich daran und darauf freute, was ihre flinken Hände zustande brachten!
Sie wandte den Blick zum Fenster und sah gedankenvoll ins Land hinaus – auf das friedliche Bildchen der kleinen Stadt, in deren Fenstern die niedersteigende Sonne ein rotglühendes Abendfeuer entfachte, und auf deren Kirchturmhahn sie blitzte. An dieser Aussicht hatte sie sich erfreuen wollen, aber wie viel hübscher würde es sein, wenn jemand – ein ganz bestimmter jemand – diese Straße entlang käme und sie ihn schon von fern sähe, wie er den breitrandigen Hut gegen sie schwenkte.
Sie trat unwillig vom Fenster zurück – wie frei hatte sie sich geglaubt und gefühlt, mit welcher überlegenen Ruhe ihr Leben in die eigene Hand nehmen wollen, und mußte es nun erleben, daß über all die friedlichen, sonnigen Bilder, die sie in die Zukunft gemalt, der Wolkenschatten der Vergangenheit fuhr und sie unruhig machte!
Sie verließ eilig das kleine Paradies, das sie sich geschaffen, und schloß es so energisch hinter sich ab, als könnte sie die rebellischen Gedanken auch hinter Schloß und Riegel legen, die wie kleine Kobolde um sie her tanzten und ihr den klaren Sinn verwirrten, so daß sie sich selbst nicht mehr zu kennen glaubte.
Sie wollte sich die Zuversicht zu ihrem Lebensplan, der ihr so traurig unter den Händen zerbröckelte, bei denen wieder holen, denen sie ihn vor wenig Wochen wie eine Landkarte aufgezeichnet hatte – bei den guten Eltern, die ja nur den einen Wunsch kannten, sie glücklich zu wissen, und die es ja auch für ein Glück ansahen, daß sie ihr Geschick so selbständig in die Hand nahm. Denn wenn auch alles noch gut werden konnte – wenn der Freund ihr den Flüchtling wieder einfangen konnte: die Möglichkeit war ja doch immer vorhanden, daß sie ihn wirklich verloren hatte und daß sie seine Existenz aus dem Exempel ihres Lebens streichen mußte wie eine Zahl! Dann durften ihr doch nicht lauter Nullen übrig bleiben! Und so ging sie langsam, wie müde, in das Polterabendzimmer, wo alles schon festlich hergerichtet war und wo die beiden alten Leute friedlich beisammen saßen und mit halb wehmütiger Freude auf die schönen, geschmückten Räume sahen, in denen ihrem Kinde bald gehuldigt werden sollte.
Käthe schob sich zwischen die Eltern und faßte beider Hände. „Nun ist es so weit!“ sagte sie mit einer Heiterkeit, der die nassen Augen zu widersprechen drohten, „nun erlebt ihr es auch, daß euer Kind Polterabend feiert! Jetzt wünscht mir ’mal gerade so Glück, als wenn ich morgen wirklich eine ehrsame Hausfrau würde – nicht bloß eine von eigenen Gnaden. Gerade so!“ wiederholte sie dringlich und drückte die Hände der Eltern mit Leidenschaftlichkeit zwischen den ihren.
Die beiden Alten schwiegen erst eine ganze Weile – die Mutter strich ihrem schönen Kinde sanft über das Haar – dann sagte sie mit einigem Zögern: „Gerade so, Käthel, wie wenn Du einen braven Mann nähmst, können wir Dir nicht Glück wünschen – gewiß ebenso warm – ebenso von ganzem Herzen, geliebtes Kind – aber doch nicht mit der Zuversicht, die wir fühlen würden, wenn Du Dich entschlossen hättest, nach Deinen vielen ,Nein!‘ auch einmal ,Ja‘ zu sagen: wenn Du Dich nicht eigenwillig gegen jede Form gesträubt und gewehrt hättest, in der das Glück Dir entgegengebracht worden – vielleicht gar vorbeigegangen ist – wer kann’s wissen! Sieh,“ fuhr die alte Frau fort, als Käthe etwas entgegnen wollte, „wäre es so gekommen, wie es kommen mußte, hätte der liebe Gott Dir einen einsamen Weg bestimmt, dann würden wir uns über die heitere Entschlossenheit
[888][889] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [890] freuen, mit der Du ihn auch allein gehen willst. Aber Dein Weg ist selbst gewählt, Herzenstochter, und wenn die Kinder eigne Wege gehen, dann sehen die Eltern immer besorgt hinterher – das ist nicht anders! Und daß Du allein bleiben willst –“ Sie brach ab.
Käthe hing den Kopf. „Allein?“ gab sie zurück, „Ich bin doch nicht allein – ich habe ja euch – ihr Guten, Geliebten –“
„Ja, das hast Du,“ sagte der Vater ruhig, „aber wie lange hast Du’s? Wer weiß denn, Käthel, wie lange uns die Lebensfahrt noch bei einander läßt und wann die Wegscheide kommt, wo wir Dich allein weiterschreiten lassen müssen, und wir hätten es lieber gesehen, wenn wir dann einen Gefährten auf der Wanderschaft neben Dir gewußt hätten, Wenn’s bei uns immer stiller wird und es wäre da oben in Deinem neuen Quartier immer lustiger und lauter geworden, wir hätten eure jungen Stimmen gehört – und später noch lustige, kleine Stimmen dazu! Es ist nun ’mal nicht anders – wenn die Eltern aufhören, den Kindern Eltern im strengsten Sinne zu sein, dann möchten sie gern Großeltern sein – das haben wir beiden Alten uns immer so schön gedacht – na, es sollte nicht sein!“ –
„Aber nun mache ihr das Herz nicht schwer,“ sagte die Bürgermeisterin und stand auf, „wir haben eingewilligt, daß sie ihr Reich allein hat, und nun wollen wir ihr nicht mit Bedenken und Seufzen den Eingang verrammeln. Es kam uns beiden nur vorhin so unwillkürlich der Gedanke, wie hübsch es gewesen wäre, wenn Du einen Polterabend gehabt hättest wie andere Mädchen auch, Käthe – aber wie er nun einmal ist, soll er so vergnügt sein, wie Du ihn Dir nur irgend hast träumen können, und nun wird es Zeit, ernstlich dran zu gehen; es wird schon dunkel und die Lampen müssen angezündet werden.“
Damit stand die alte Frau eilfertig auf, nickte der Tochter liebevoll zu und ging hinaus, der Vater folgte.
Käthe stand in tiefem Sinnen.
„Also die Eltern hätten’s auch lieber gewollt!“ sagte sie leise vor sich hin, Sie wußte selber nicht, ob sie ihre Zweifel hatte bestärkt oder verscheucht sehen wollen, und der Gedanke, mit dem sie sich zu trösten versuchte, daß dies nur die letzten Wellenschläge der Ungewißheit seien, ließen ihr den Hafen, in den sie heut’ einlaufen wollte, nicht reizvoller erscheinen.
Darüber war denn der Abend gekommen.
Das alte Haus an der Landstraße strahlte im Lichterglanz; vor den Thüren brannten große Pechpfannen und warfen ihren rötlichen Schein weit in die Baumallee hinaus; in einer Viertelstunde sollten die Gäste kommen.
Käthe benutzte diese letzte Minute, um sich, ein großes Spitzentuch über Kopf und Schultern geworfen, in den dunklen Garten zu flüchten und dort in rastlosem Auf- und Niedergehen unter den Bäumen ihr Herz zur Ruhe zu sprechen, so gut es eben gehen wollte.
Als sie von fern den Doktor kommen sah, der als Hausfreund und Festordner etwas früher erschien als die anderen, drückte sie sich scheu in den tiefen Schatten der Bäume, in der begreiflichen Feigheit, die eine Entscheidung lieber hinausschieben möchte als ihr einen Schritt entgegen thun.
Der Doktor bemerkte sie auch nicht oder schien sie doch nicht zu bemerken – er ging, ohne rechts und links zu blicken, ins Haus hinein. Dort begab er sich stehenden Fußes zu den alten Herrschaften.
Die saßen, der Bürgermeister im Frack mit den Ordenszeichen, die Mama im silbergrauen Seidenkleide, mit dem Spitzenhäubchen anf dem weißen Haar, wie ein altes Brautpaar Hand in Hand unter den Familienbildern und erhoben sich beim Eintritt des Doktors, um ihn mit ihrer einfachen, feinen Herzlichkeit zu begrüßen.
Was der Doktor noch mit ihnen so kurz vor Thoresschluß zu verhandeln hatte, das weiß ich nicht – ich weiß nur, daß die beiden Alteu uach der kurzen Unterredung sehr bewegt und sehr vergnügt aussahen und dem guten Freunde immer einmal übers andere die Hände schüttelten. Daraus dürfen wir wohl schließen, daß er mit allem, was er vortrug und erbat, ihre volle Billigung hatte, und können dem Ausgang seiner Sendung beruhigten Herzens entgegen sehen, da wir ja der schönen Turandot trotz alles warmen Interesses nicht so nahe stehen wie ihre Eltern.
Es war aber Zeit, daß alle Privatkonferenzen und Vorbereitungen ein Ende fanden, denn schon kamen die ersten Gäste nach Ortssitte die Laternchen als tragbare Straßenbeleuchtung mit sich führend – den Bamngang entlang; es folgten bald mehrere, und eine fröhliche, angenehm erwartungsvolle Menge strömte zur festgesetzten Stunde in die Zimmer, um die Braut ohne Bräutigam zu begrüßen, zu beschenken und zu beglückwünschen zu dem neuen Lebensabschnitt, den sie auf eine so absonderliche Art zu beginnen gedachte.
Ein Teil des großen Saales, in dem die Vorstellungen vor sich gehen sollten, war durch einen Vorhang abgeschlossen und solchergestalt zur Bühne umgewandelt. Vor denselben war ein Lehnstuhl geschoben – einer, als sofort greifbarer Unterschied dieses Polterabends vor andern seinesgleichen – und in diesem Lehnstuhl saß „Fräulein Turandot“ als Hauptperson.
Aller Blicke hingen mit lachender Spannung an ihr, während sie so ernsthaft und still drein sah wie ein Opferlamm, das morgen mit einem aufgezwungenen Freier getraut werden soll, so daß das Schlagwort: „Sie muß doch immer etwas Apartes haben!“ wieder einmal zur Anwendung zu kommen drohte.
Statt des üblichen Brautkranzgedichts erschien hier der Mops mit dem Strickstrumpf – die Attribute des alten Fräuleins, dann marschierte eine Kompagnie Freier auf, jeder einen mächtigen Waschkorb mit betrübten Mienen in den Händen tragend, mancherlei Scherze, Anspielungen auf die Prinzessin Turandot und den nun doch ausgebliebenen Kalaf flogen hin und her, und neben lustigen und liebevollen Aufmerksamkeiten fehlte auch hin und wider der kleine Stachel nicht, den Neid und Schadenfreude dem lieben Nächsten unter Blumen reichen läßt.
Aber Käthe hielt dem Doktor Wort: sie nahm alles mit gleicher Fassung hin; sie lachte, wo es erwartet wurde, und sah gerührt aus, wenn man es verlangte, ganz programmmäßig.
Der Doktor stellte diesen befriedigenden Erfolg seiner heutigen Standrede mit innerlicher Genugthuung fest, während er hin und her ging, um die Sache zu überwachen.
„Eigentlich bin ich doch ein guter Kerl!“ dachte er mit stiller Rührung bei sich, „daß ich mir solche Mühe um einen Polterabend gebe, der von Rechts wegen der meinige hätte sein sollen – wenn es nach mir gegangen wäre!“
Als Schlußeffekt des Ganzen kamen nun die Bilder aus dem Leben der Hauptperson, eins nach dem andern. Die schönen Augen der Braut ohne Bräutigam wurden immer größer, ihr Atem ging immer schneller, als Kinderstreiche und Jugendträume, um die außer ihr nur noch einer wissen konnte, in meisterhaften Strichen vor ihren Augen vorbeizogen, als ein leises Raunen der Bewunderung und des Staunens um sie her flüsterte und immer die Frage wieder hörbar wurde: „Wer hat das gemacht?“, die sie so gut hätte beantworten können.
Der Apotheker kämpfte im Hintergrund einen verzweifelten Kampf mit sich selbst, ob er sich nicht als den Autor vorstellen sollte, denn alle Welt wußte, daß er die Bilder hatte zeichnen sollen. Schließlich aber verzichtete er auf diesen Ruhm, ein Viertel aus Anstandsgefühl und drei Viertel aus dem beschämenden Bewußtsein heraus, daß es ihm doch keiner geglaubt hätte!
Als nun aber ein Bild kam, wo Käthe, nur im verlorenen Profil zu sehen, im Garten stand und eine schlanke Jünglingsgestalt, [891] den Hut in der Hand schwingend, nur eben noch in der dämmernden Ferne zu sehen war, da schien es doch, als wenn der Doktor, der die ganze Zeit hinter Käthes Stuhle gestanden und sie scharf beobachtet hatte, ihrer Selbstbeherrschung zu viel Zutrauen geschenkt hätte. Sie preßte die Lippen zusammen, um die Thränen zurückzudrängen – schüttelte ein paar mal heftig den Kopf, als wollte sie sich selbst zur Vernunft bringen und dann verbarg sie plötzlich das Gesicht hinter dem Taschentuch und machte Miene, ihren Platz zu verlassen.
Auf diesen Moment schien der Doktor gewartet zu haben.
Er warf einen fragenden Blick auf den Bürgermeister, der ernst, aber freundlich nickte, gab ein Glockenzeichen, und als der Vorhang zusammenrauschte, beugte er sich zu seiner schönen Freundin. „Nur noch zwei Minuten Kopf hoch, Fräulein Käthe, und ein heiteres Gesicht!“ Da flog der Vorhang wieder zurück und vor der überraschten Polterabendgesellschaft stand ein Fremder, im Salonanzug, mit strahlenden Augen und strahlendem lachenden Gesicht – „Das ist mein Polterabendscherz!“ rief der Doktor mit seiner lustigen Stimme in die überraschte Versammlung hinein, „der hat die Bilder gemalt – unser berühmter Landsmann, Herr Peter Hansen!“
Und Peter Hansen trat vor den Vorhang auf Käthe zu, als wollte er ihr, wie jeder andere Darsteller, ein Geschenk überreichen. Wie es zuging, das hat später niemand mehr zu sagen gewußt – aber im selben Augenblick flog Käthe von ihrem Stuhl auf und in seine Arme und rief unter Thränen und Jubeln: „Peter – Peter Hansen – also bist Du doch nicht abgereist!“
Damit war denn eine Verlobungsanzeige an die ganze Gesellschaft abgestattet, wie man sie sich nicht bündiger und klarer hätte wünschen können, wenn sie vom Turme herunter geblasen worden wäre!
Nun folgte das fröhliche Stimmendurcheinander, Umarmen, Glückwünschen und Händeschütteln, wie es seit Menschengedenken von solchen großen Momenten unzertrennlich zu sein pflegt! Die lieben Alten, die vom Doktor ins Komplott gezogen worden waren und vorher mit Peter Hansen eine Privatunterredung gehabt hatten, nahmen mit sehr gerührter und vergnügter Miene die Gratulationen ihrer Gäste zu ihrem berühmten Schwiegersohn entgegen, und es war schwierig für den Doktor, die Ruhe noch einmal soweit herzustellen, daß er zu Wort und Gehör kam.
Als es aber doch geschah, hatte man inzwischen statt des einen Lehnstuhls die gebräuchlichen zwei vor die Bühne geschoben, und der brave Freund und Arrangeur krönte sein Werk, indem er mit ein paar improvisierten Versen den ebenfalls improvisiert herbeigeschafften Brautkranz überreichte, wofür ein Dank aus zwei schönen Augen ihm zuteil wurde, der ihm das Herz beinahe noch zum Schluß weich gemacht hätte – wenn er nicht ein Philosoph gewesen wäre, der sich mit jedem Jahr mehr das verständige Motto zur Richtschnur gelten ließ: „Na – denn nicht!“
Die Hochzeit konnte freilich auf diesen Polterabend nicht so schnell folgen, wie das gewöhnlich der Fall ist! – Als sie aber nach einigen Monaten doch gefeiert wurde und der Doktor an der Seite einer reizenden Brautjungfer sein Teil an Turandots Polterabendfeier und ihrem überraschenden Ausgang mit stolzer Befriedigung zum Vortrag brachte, da hob der glückliche Peter Hansen sein Glas und trank ihm zu: „Vivat sequens!“ was denn auch, wie wir dem Leser nicht verschweigen wollen, bald und fröhlich in Erfüllung gegangen ist.
Aber heute noch sagen die guten Leute in dem kleinen Städtchen, wenn sie von dem Polterabend der ehemaligen „Turandot“ sprechen: „Sie mußte eben immer etwas Apartes haben!“ Und das stimmt auch, denn sie hat ein ganz besonderes Glück gefunden und hat es nie bereut, daß sich zu ihrem Polterabend doch noch schließlich ein Bräutigam eingestellt hat – wenn das auch nichts Apartes war, sondern etwas ganz Vernünftiges!
Blätter und Blüten.
Ein Winteridyll im Hochgebirg. (Zu dem Bilde S. 885.) Frau Holle hat ihr Federbett ausgeschüttelt. Der Winter liegt über Berg und Thal. Hoch in den blauen klaren Himmel ragen die beschneiten Gipfel der Bergriesen. Die Aeste der Waldbäume krachen unter der weißen Last. Da und dort lugt ein Stück Wild scheu aus dem Walde oder naht sich gar neugierig den menschlichen Wohnungen. Friedsames Schweigen überall. Das Hochgcbirg schaut in seinem blühweißen Festgewand noch viel feierlicher und majestätischer aus als in dem abwechslungsreichen Grün der Wälder und den verschiedenen Farbenschatiierungen der Felspartien, die nun auch ihre Uniform erhalten haben. Weiter hinaus über Wald und Felsen ragt in der Ferne manch glänzender Zacken. Das sind die in ewigem Eis und Schnee starrenden Firne.
Das Leben im Gebirg spielt sich während des Winters in ziemlich engen Kreisen ab. Wenn die „Manderleut’“ nicht gerade auf Holzarbeit draußen sind oder mit dem Stutzen über der Achsel einem fetten Braten im Hochwald nachspüren, dann liegen sie in der „bacherlwarm“ geheizten Stube auf der Ofenbank und qualmen aus ihren kurzen Pfeifen, daß die Luft „zum Schneiden“ dick ist. Die Weiber haben in Küche und Stall oder am Spinnrocken zu thun. Abends setzt es dann meistens einen gemütlichen „Hoamgart“ ab. Ein lustiger Bua stimmt die Zither und läßt einen „Hopserischen“ (Polka) oder „Schiaberischen“ (Walzer) los. Ja, von solch einem weltabgeschiedenen Winteridyll im Hochgebirg lassen sich unsere nervösen Städter in ihren prunkvollen Musentempeln, Konzert- und Ballsälen nichts träumen. Und doch wäre es für manchen ein wahres Nervenbad, einmal längere Zeit von der ganzen Welt nichts zu wissen, als was das Wochenblättlein oder der gar nur alle vierzehn Tage erscheinende „Pilger“ in die Einsamkeit bringt.
Ein solches echtes Winteridyll zeigt unser Bild mit dem verschneiten Einödhof. Weihnachten ist vorüber. Das neue Jahr steht vor der Thür. Es ist ein weiter Weg bis zu dem abgelegenen Gehöft hinauf. Der kecke lebfrische Bua, der bei der Tochter vom Haus im Stubenerker sitzt, hat heute tüchtige Steigeisen anlegen müssen, damit er auf dem steilen und schlüpfrigen Waldpfad nicht bei jedem Schritt vorwärts zwei Schritte zurück rutschte. Ließ es sich aber doch nicht verdrießen, der Seppl, dem Moidai am Sylvestertag noch einen Besuch abzustatten, damit das alte Jahr fröhlich ende und das neue noch besser anhebe! Die beiden Brüder des Moidai und der Knecht sind heute ins Holz. Die Jungdirn muß im Stall den Kühen frische Streu unterbreiten und der alte Bauer ist gar mit seinem Vorderlader ausgerückt, um den Fuchs abzupassen, der der Bäurin neulich die beiden besten „Legerinnen durch hat“. Die Bäurin hantiert in der „Kuchel“ herum und wärmt für den Seppl „a Schalerl Kaffee“; denn er ist „soviel a feiner Bua, der Seppl“. Mit dem Spinnen wird’s bei dem Moidai heute wohl gute Weile haben. Sie muß ja immer wieder horchen, was der Seppl „Neu’s verzählt“. Was sich zwischen den zwei jungen Herzen spinnt, das wollen wir nicht verraten. Vielleicht bekommt der Pfarrer schon auf Dreikönig ein neues Brautpaar zu verkünden. …
Draußen kräuselt sich der Rauch aus dem Kamin des einsamen Bauernhofes und verfliegt über den hohen Fichten und Tannen am Waldrand. Friede ringsum, über Berg und Schnee und Wald der ewige Himmel. Ein leichter Wind zieht durch die Bäume, von fernher auf der Wanderschaft und fernhin eilend. Und es ist, als ob er die Botschaft brächte mit leisem Rauschen … Ewigkeit im Himmel ist – Jahreswend’ auf Erden. … R. H. Greinz.
[892]
Die heilige Gertrud auf der Gertraudtenbrücke zu Berlin. (Mit Abbildung.) Zur Zeit der höchsten städtischen Blüte von Kölln-Berlin entstanden draußen vor den Mauern der Stadt auf dem Sandhügel jenseit des linken Spreearms in der Gegend des heutigen Spittelmarkts Kloster und Kirchlein, die der heiligen Gertrud geweiht wurden.
Die Brücke, welche von Kölln am Wasser hinüber führte, und das Thor, welches die Brücke sperrte, erhielten nach der Schutzheiligen der frommen Stätte ihren Namen. Schon damals vermittelten sie den Hauptverkehr durch die alte Stadt. Langsam hat sich von Frankreich über Belgien der Kult der hohen Frau auch in niederdeutschen Landen ausgebreitet.
Gertrud, die Tochter Philipps von Landen – geboren 626, gestorben 659 – war schon bei ihren Lebzeiten als Aebtissin des fränkischen Klosters Nivelles ein Muster aller christlichen Tugenden für die Gläubigen gewesen. Besonders ihre Güte und Barmherzigkeit waren weit und breit gepriesen. Kein Armer ging unbeschenkt von ihrer Thür, kein Hungernder und Dürstender ungelabt, ihrem heißen Gebet soll es sogar gelungen sein, die Aecker von der Plage der Feldmäuse zu befreien. Mancher Zug, der einst der heidnischen Freia eignete, mag in deutschen Gauen auf sie übergegangen sein. Besonders galt sie als Schutzpatronin der Reisenden, der Fahrenden Leute und Wanderburschen. Jetzt, da von Jahr zu Jahr ein Stück des alten Berlins verschwindet, um den Anforderungen des modernen Riesenverkehrs Platz zu machen, sucht man wenigstens in der künstlerischen Ausschmückung der neuen Gebäude so weit als möglich die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu erhalten. Dem gewaltigen Strom von Menschen und Wagen, der zwischen dem Alexanderplatz und den westlichen Stadtteilen über den Spittelmarkt hin und her flutet, genügte die alte Gertraudtenbrücke schließlich in keiner Weise mehr. An ihre Stelle ist in der letzten Zeit ein neuer Monumentalbau getreten. Ganze Häuserviertel mußten fallen, um die Straßenverbreiterung zu ermöglichen. Rastlos wälzt sich das Getümmel der Großstadt über die alte Spreestraße, und auf das Gewimmel von hastenden Menschen und Tieren, von Pferdebahnen und Omnibussen, von Droschken und Equipagen sieht mit mildem Lächeln die heilige Gertrud hinab. Siemerings Meisterhand hat sie im Bildwerk dort festgebannt. Die prächtige Gruppe, welche wir heute unseren Lesern vorführen, krönt das Mittelstück des nördlichen Brückengeländers. Die fromme Frau ist in der Tracht einer Klosterfrau des 7. Jahrhunderts dargestellt, wie sie Veit Stoß schon für seine bekannte Betende Maria anwandte. Ein wandernder Bursch hat bei ihr Labung gesucht und gefunden. Sie beut ihm den Willkommstrnnk, den er, das linke Knie vor der hohen Spenderin beugend, soeben an die Lippen setzt. Sein Wams, die zerrissenen Schuhe, der Knotenstock, der zerschlissene, mit der Feder geschmückte Hut sind mit größter Naturtreue gebildet. Ein komischer Zug kommt in das Ganze durch die Gans – Gott weiß, wie sie in den Besitz des Vaganten gelangt ist! – welche den Augenblick zur Flucht zu benutzen sucht, durch die Leine am Fuß aber zurückgehalten wird. An die Ueberlieferung knüpfen die vielen Mäuse an, welche der Künstler, zum Teil rein ornamental, an seinem Werke angebracht hat.
Die Gruppe ist ungefähr 3 Meter hoch und ist in Lauchhammer vortrefflich in Bronze gegossen. Prof. Siemering hat dort an Ort und Stelle das Wachsmodell gefertigt und die Ausführung überwacht, so daß von den Feinheiten des Originals bei der Reproduktion kaum etwas verloren gegangen ist. Das Denkmal gereicht der Reichshauptstadt zur Zierde.
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit. (Zu dem Bilde S. 881.) F. Simm, der bekannte glückliche Schilderer der früher als so durchaus „unkünstlerisch“ verrufenen „Biedermeierzeit“, führt uns hier ins Vorgemach
des Tanzsaals, wo eine eilige Schöne notgedrungen noch das Festmachen ihrer Bänderschuhe erdulden muß. Aber die kurze Weile wird ihr versüßt: eilig und geheimnisvoll wispert ihr eine von drinnen herausgehuschte Freundin die große Neuigkeit ins Ohr, welche ihr erfinderischer Verstand aus untrüglichen Kennzeichen ergattert hat. Was mag es sein: Courmacherei, Verlobung oder – Skandal? Die interessierten Mienen verraten’s nicht; nur so viel ist gewiß: zu fürchten braucht die schöne Große nichts von dem kommenden Ereignis, das sieht man ihrer Haltung deutlich genug an! Die ganze Umgebung sowie die Figuren der beiden Mädchen haben den ungemein treuen Zeitcharakter, welcher den Bildern Simms neben ihrem künstlerischen Wert eine besondere Anziehung verleiht. Bn.
Rettung Schiffbrüchiger vom sinkenden Wrack. (Zu dem Bilde S. 888 und 889.) Es wehte orkanartig von Westen her. Durch die schweren rollenden Wogen des Atlantischen Meeres arbeitet sich, weißen Gischt auftürmend, der Postdampfer „Normannia“. Die Passagiere, soweit sie nicht seekrank sind, blicken auf das grandiose Schauspiel des wütenden Meeres, froh, daß sie, ein tüchtiges Schiff unter den Füßen habend, sorglos dem Unwetter trotzen können. Tags darauf legt sich der Sturm, nur die hohe Dünung läßt den Riesendampfer schwer rollen. Da meldet der Ausguck ein Wrack am Horizonte. Bald erkennt man auch an der zusammengebundenen Flagge das Notsignal. Dort sind Menschen in Gefahr! Der Kapitän läßt auf das Fahrzeug abhalten. Wohl zweifelt er an der Möglichkeit der Rettung bei einem derartigen Seegange, aber Menschenpflicht gebietet ihm, das schwierige Werk zu wagen. Kühn braust der Dampfer heran, dann stoppt die Maschine, während weiße Wolken zischend den Ventilen entströmen. Das Signal „Wir kommen euch zu Hilfe!“ flattert am Vormast, und schwer rollt das mächtige Schiff in den Wellenbergen und -Thälern.
Das sinkende Wrack bietet ein trostloses Bild dar. Groß- und Besanmast sind über Bord gegangen. Ein am Stumpf des letzteren gehißtes Notsegel hält das Fahrzeug noch gegen die sich anbäumenden Wogen. Darüber weht die englische Flagge. Am Hinterteil des Schiffes haben sich einige Menschen zusammengedrängt. Auf dem Dampfer wird es indessen lebendig. Alle Seekrankheit ist vergessen, und die Passagiere drängen sich an die Reiling. Der Kapitän mustert seine Mannschaft: „Freiwillige vor!“ ruft er und bald springt ein Dutzend wackerer Männer, geführt vom ersten Offizier, in das große Rettungsboot; dasselbe wird in See gelassen und, trotzdem es ein paarmal schwer gegen die Schiffswand prallt, kommt es doch zu Wasser. Jetzt legen sich die Leute in die Riemen. Bergwärts und thalwärts bahnt sich das Boot den Weg zum Wrack. Es gelingt, Leinen hinüberzuwerfen. Die Schiffbrüchigen drängen einander. Jeder will der erste von Bord des unglücklichen Fahrzeuges sein, aber mit lauter Stimme ruft der erste Offizier: „Frauen und Kinder zuerst!“ und mahnt dabei, ruhig zu bleiben und nicht durch Ueberhasten das Rettungswerk zu gefährden. Ein ohnmächtiges Weib und ihr kleines Kind sind die ersten Geretteten. Dann klettert die Mannschaft in das Boot, ihr folgt als letzter der Kapitän des wracken Schiffes.
Wieder arbeiten die Leute mit aller Kraft an den Riemen. Bald ist das Boot längseit des Dampfers. Ein brausendes Hurra tönt der braven Mannschaft und den Geretteten entgegen, welche nun unter großen Schwierigkeiten an Bord geborgen werden. Dann hören die Ventile auf zu summen, die Maschine arbeitet vorwärts. Der Dampfer entfernt sich schnell von der Unglücksstelle. Das Wrack treibt noch eine halbe Stunde hilflos umher, dann schlagen die Wellen darüber zusammen und begraben es in der Tiefe. Hans Bohrdt.
Inhalt: Zum Jahreswechsel. Gedicht von Ernst Lenbach. Mit Randzeichnung. S. 877. – Die Geschwister. Roman von Philipp Wengerhoff (Schluß). S. 878. – Unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Bild. S. 881. – Erfinderlose. Salomon de Caus. Von Rudolf von Gottschall. S. 882. – In falscher Stellung. Ein Mahnwort an deutsche Lehrerinnen von Helene Adelmann-London. S. 884. – Ein Winteridyll im Hochgebirg. Bild. S. 885. – Turandots Polterabend. Erzählung von Hans Arnold (Schluß). S. 887. Mit Abbildungen S. 887, 890 und 891. – Rettung Schiffbrüchiger vom sinkenden Wrack. Bild. S. 888 und 889. – Blätter und Blüten: Ein Winteridyll im Hochgebirg. Von N. H. Greinz. S. 891. (Zu dem Bilde S. 885.) – Die heilige Gertrud auf der Gertraudtenbrücke zu Berlin. Mit Abbildung. S. 892. – Unter dem Siegel der Verschwiegenheit. S. 892. (Zu dem Bilde S. 881.) – Rettung Schiffbrüchiger vom sinkenden Wrack. Von Hans Bohrdt. S. 892. (Zu dem Bilde S. 888 und 889.)
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Begleitet und gefördert von der treuen Anhänglichkeit der großen Gemeinde unserer Leser und Mitarbeiter, hat wiederum ein Jahrgang der „Gartenlaube“ seinen Abschluß erreicht und ein neuer, der fünfundvierzigste, beginnt zu erscheinen. Von dem Vertrauen getragen, das uns auch während des vergangenen Jahres der schönste Lohn für unser Mühen war, werden wir weiter bestrebt sein, der „Gartenlaube“ jenen Geist echter Volkstümlichkeit zu wahren, durch den sie von Beginn an ihren Charakter erhielt und dem sie die von keinem anderen illustrierten Familienblatt erreichte Verbreitung und Beliebtheit verdankt, deren sie sich seit nahezu einem halben Jahrhundert erfreut. Als ein weithinwirkendes Organ der Aufklärung, der Volksbildung und der Vaterlandsliebe, wird sie auch im kommenden Jahr voll warmer Hilfsbereitschaft an allen Fragen des Gemeinwohls teilnehmen. Der deutschen Familie ohne Unterschied des Standes und der Konfession für die Stunden der Erholung am häuslichen Herd eine ungetrübte Quelle poetischer Erbauung, anregender Belehrung, dem Gemüt wohlthuender Unterhaltung zu bieten: dies ist und bleibt allezeit die Hauptaufgabe der „Gartenlaube“ – mag auch der mäkelnde Neid ihr die Hingabe an dies schöne und edle Ziel als Schwäche auslegen. Auf der Verfolgung dieses Ziels beruht ihre Stärke! Sie erfüllt damit – zumal in unserer gärenden Zeit – eine Mission von hoher nationaler und kultureller Bedeutung.
Auch für den neuen Jahrgang sind wir durch altbewährte und neugewonnene Mitarbeiter in stand gesetzt, unsern Lesern eine reiche Auswahl gehaltvoller und fesselnder Erzählungen bieten zu können. Eröffnen wird denselben der mit Spannung erwartete Roman
Aus dem reichen und sorgfältig gewählten Inhalt unserer Mappen nennen wir ferner:
Roman aus der Zeit der Hexenprozesse. Von Ernst Eckstein.
Onkel Zigeuner.
Novelle von Marie Bernhard.
Die Hansebrüder. Roman von Ernst Muellenbach (Ernst Lenbach).
Caligula und Tito.
Italienische Novelle von H. Rosenthal-Bonin.
Unsere Krischane.
Erzählung von Charlotte Niese.
Das Tagebuch.
Humoreske von Hans Arnold.
Unter der Linde.
Novelle von Wilhelm Jensen.
Der Stoandlnarr.
Eine tiroler Geschichte von Rudolf Heinrich Greinz.
Auf dem Kynast.
Erzählung aus den Befreiungskriegen. Von Rudolf v. Gottschall.
Charakterbild von Karl Wolf-Meran.
Dann Erzählungen von Marie v. Ebner-Eschenbach, Ludwig Ganghofer, Stefanie Keyser, Ernst Wichert, Isolde Kurz, Victor Blüthgen, Eva Treu, O. Verbeck, Johannes Wilda u. a.
Aus dem Vorrat von belehrenden Aufsätzen, die für die nächsten Nummern der „Gartenlaube“ bestimmt sind, heben wir folgende hervor: „Gesundheit und Kleidung“ von Prof. H. Buchner, „Die traumatische Neurose“ von Prof. Paul Fürbringer, „Die Sehschärfe der Naturvölker“ von Prof. Herm. Cohn, „Der Liebeszauber“ von Prof. Max Haushofer, „Ueber das Alter“ von Rudolf v. Gottschall, „Spiele in Eis und Schnee“ von Balduin Grosser, „Die Elektricität im Haushalt“ von F. Bendt, „Auf den Goldfeldern Australiens“ nach Mitteilungen von Bergrat Schmeißer, „Holzfällerleben in den Urwäldern Nordamerikas“, ein Kulturbild von Hans Maria v. Kadich, „Die Südpolarforschung“ von Prof. Sophus Ruge.
Außerdem können wir noch mitteilen, daß die Rubrik der kleinen illustrierten Mitteilungen und Winke für allerlei nützliche Beschäftigungen und Arbeiten im Hause bedeutend erweitert werden wird.
In dieser Weise wird die „Gartenlaube“, gehoben durch einen reichhaltigen, sorgfältig hergestellten Bilderschmuck, nach wie vor ihren Pflichten alsSylvester 1896. Redaktion und Verlag der „Gartenlaube“.