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Benutzer:OlafRadicke/Kap.10

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§9[Bearbeiten]

Schlagworte: Eitelkeiten, Zeiverschwendung


Der Christen, die sich nicht durch äußere Geberden, Höflichkeitezbezeigungen, Komplimente etc., sondern durch „einen stillen und sanften Geist“[3] auszeichneten, der mit Mäßigkeit, Tugend, Bescheidenheit, Ernst, Geduld und brüderlicher Liebe geschmucket war? Denn darin bestanden in jenen Zeiten der Christenthumes die wahren Ehrenzeichen und einzigen Merkmaale der Würde und der Adels der Christen. Und sehen wir uns nicht eben darum, weil wir ihnen und nicht der Welt in ihren Gebräuchen nachahmen, von Andern verachtet und verhöhnet? Sagt uns doch aufrichtig, machen nicht Romane, [203] Schauspiele, Maskenbälle, Spielpartien, Concerte u. dgl. eure Lieblingsunterhaltungen aus? Harter ihr wirklich den Geist den wahren Christenthumes, wie könntet ihr denn eure so kostbare und kurze Zeit mit so vielen unnöthigen Besuchen, Spielen und Zeitvertreiben, mit Komplilnentenmachens und Schmeicheleieir hinbringen? Wie könntet ihr euch mit Erzählungen erdichteter Geschichten, mit Herumtragen nutzloser Neuigkeiten und noch vielen andern eitlen Dingen beschäftigten, die bloß dazu da sind, und deren ihr euch auch nur bedienet, um euch zu zerstreuen; um nicht an euren wahren Zustand zu denken, und euch in gänzlicher Gottesvergessenheit zu betäuben. Solche Unterhaltungen und Ergötzlichkeiten waren gewiß nie unter den wahren Christen, sondern nur unter den Heiden, die Gott nicht kannten, üblich. Ach! hättet ihr doch ein wahres Gefühl von eurem sündhaften Zustande, und wäret ihr nur in einigem Grade neu geboren! Möchtet ihr doch das Kreuz Christi aufnehmen und unter seiner Herrschaft leben! Dann wurden diese Dinge, die eurer verderbten und sinnlichen Natur so sehr schmeicheln, keinen Raum in euren Herzen mehr finden. Das heißt nicht: „suchen was droben ist,“ wenn man mit seinem Herzen an den niedrigen Dingen der Welt hängt. Das heisit nicht: „seine Seligkeit mit Furcht und Zittern schaffen,“ wenn man seine kostbare Zeit mit eitlen Dingen vertändelt. Dann kann man nicht mit Elihu ausrufen: „Ich will Niemand's Person ansehen, und keinen Menschen rühmen; (oder ihm schmeichelhafte Titel geben;) denn ich weiß nicht, wenn ich es thäte, ob mein Schöpfer [204] mich nicht bald hinwegnehmen würde.“ Nein, das heißt nicht: sich „selbst verleugnen, unvergängliehe Schätze sammelte und noch einem unverweltlichten Erdtheile im Himmel trachten.“ — Und nun, meine Freunde! was ihr auch davon denken möget, so muß ich euch sagen, daß die Entschuldigung: euch auf den allgemeinen Gebrauch zu berufen, vor Gottes Richtstuhle nicht gelten wird. Das Lich Christi, das in euren eigenen Herzen scheint, wird sie verwerfen, und dann wird der Geist, gegen den wir zeugen, so erscheinen, wie er ist, und wie wir ihn geschildert haben. Saget nicht, daß ich um Kleinigkeiten eifere; hütet euch lieber selbst vor Leichtsinn und Unbedachtsamkeit in ernsthaften Dingen.