Bayerisches Oberstes Landesgericht - Eigentumsverhältnisse an Gegenständen im Staatsarchiv Coburg
Bayerisches Oberstes Landesgericht Urteil vom 9.6. 1987 (1. ZS) RReg. 1Z 89/86
Urteil vom 9.6. 1987 (1. ZS) RReg. 1Z 89/86
Der Kläger fordert als Testamentsvollstrecker die Herausgabe einzelner Gegenstände aus dem früheren Haus- und Staatsarchiv des Herzoglichen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Die Gegenstände befinden sich in dem vom Beklagten verwalteten Staatsarchiv Coburg. Die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns in München hat ihre Herausgabe an den Kläger verweigert. Der Kläger behauptet, die herausverlangten Gegenstände seien wie das gesamte Hausarchiv von jeher Eigentum des Herzoglichen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha gewesen und geblieben; sie gehörten daher zum Nachlaß des Erblassers. Jedenfalls wäre der Erblasser durch Ersitzung Eigentümer geworden, weil das Archiv seit 1919 zunächst von der Landesstiftung Coburg und seit 1937 vom Beklagten für den Erblasser als mittelbaren Eigenbesitzer verwaltet worden sei. Deshalb stehe ihm auch ein Rückforderungsrecht als Hinterleger zu. Der Beklagte habe kein Recht zum Besitz. Der Kläger hat im ersten Rechtszug folgende Gegenstände herausverlangt: 1. Portrait des Prinzen Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, colorierte Lithografie von F. Hanfstaengl, 2. Bericht über die Konfirmation des Prinzen Albert von Sachsen-Coburg-Gotha in der Gothaschen Zeitung, 3. Lithografie von J. Bouvier, darstellend Queen Victoria auf ihrem Lieblings-Araberpferd, 4. Aquarell, darstellend Fürst Ernst in Waffen, 5. Lithografie, veröffentlicht von A. H. und A. E. Bailey am 28.7. 1841, darstellend Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha in Buckingham Palace, 6. Rosenau Gästebuch, Archiv-Nr. LA A 1 28 b 16 EX Nr. 17 7. Brief mit den letzten Worten des Prinzgemahls, Archiv-Nr. A I 28 b 17 A III Nr. 33 [196] 8. Glückwunschschreiben von 1707-1755 Lokat A I 21 9. Urkunde: Teilung zwischen Kurfürst Johann Friedrich dem Großmütigen und seinem Halbbruder Johann Ernst vom 17.11. 1541 zu Torgau LA Urk. C III 1 a Nr. 1 mit Beiakten LA C 135 und 136 Nach Abweisung der Klage durch Urteil des Landgerichts München I vom 10.4. 1985 hat der Kläger mit seiner Berufung die Klage auf die Herausgabe folgender Gegenstände erweitert: 10. Urkunde Graf Heinrichs VIII. von 1342, in welcher er mit Landgraf Friedrich II. dem Ernsthaften von Thüringen eine Eheabrede für dessen Sohn Balthasar und seine Tochter Sophie trifft; Archiv-Nr. LA A I 3 Nr. 7 11. Alte Fürstliche Korrespondenz 1541-1553 (Johann Ernst als Herzog in Coburg nach Partnern alphabetisch geordnet), Archiv-Nr. A I 32a 2. 12. Desgleichen 1544-1596 (Johann Friedrich der Mittlere). Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er bestreitet das Eigentum des Erblassers an den Gegenständen. Diese seien ebenso wie das gesamte Haus- und Staatsarchiv des Herzogtums Coburg jedenfalls seit 1852 nicht mehr Privateigentum des jeweiligen Landesherrn gewesen, sondern Vermögen des Freistaats Coburg geworden und als solches im Jahre 1920 durch die Vereinigung des Freistaats Coburg mit dem Freistaat Bayern auf diesen übergegangen. Daran habe sich seither nichts geändert. Eine Ersitzung sei nicht eingetreten; weder die Landesstiftung Coburg noch er, der Beklagte, hätten das Archiv für den Erblasser und seine Rechtsvorgänger verwaltet. Daher bestehe auch kein Rückforderungsrecht auf Grund Verwahrungsvertrags. Das Oberlandesgericht München hat durch Urteil vom 30.1. 1986 die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Er beantragt, das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und gemäß seinem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Herausgabe der bezeichneten Gegenstände zu erkennen, hilfsweise, die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. I. Das Oberlandesgericht hat ohne Verfahrensfehler über den gesamten Klageanspruch entschieden, den der Kläger im zweiten Rechtszug geltend gemacht hat. 1. Der Kläger hat die Klage zulässig erweitert. In der Berufungsinstanz konnte durch nachträgliche objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) die Herausgabe weiterer Sachen verlangt werden. Zu beurteilen war dies auf Grund des § 523 ZPO nach den Vorschriften der §§ 263, 264 ZPO (Zöller ZPO 15. Aufl. § 528 RdNr. 11). Es kann dahingestellt bleiben, ob es unter § 263 ZPO oder unter § 264 Nr. 2 ZPO fällt, wenn bei gleichem [197] Klagegrund die Herausgabe weiterer Sachen begehrt wird, die zunächst noch nicht verlangt wurden; denn der Beklagte hat vor dem Oberlandesgericht die Erweiterung des Klageantrags nicht gerügt, so daß infolge des § 267 ZPO eine wegen der §§ 523, 263 ZPO erforderliche Einwilligung unwiderlegbar vermutet wird. Das Oberlandesgericht brauchte sich daher nicht damit zu befassen, ob die Klageerweiterung sachdienlich im Sinn des § 263 ZPO gewesen ist. 2. Das Berufungsgericht hat über die gesamten Klageanträge entschieden, die im zweiten Rechtszug gestellt wurden. Es hat zwar in die Urteilsformel nicht ausdrücklich aufgenommen, daß die Klage auch insoweit abgewiesen werde, als sie erst in zweiter Instanz erweitert worden ist. Es ergibt sich aber aus dem gesamten Inhalt des Urteils, daß es darüber entschieden hat. Das Oberlandesgericht hat sein Urteil nicht als Teilurteil (§ 301 ZPO) bezeichnet; ein solches wäre es, wenn das Urteil nicht auch über die unter Nrn. 10-12 aufgeführten Sachen ergangen wäre. Es hat in den Entscheidungsgründen auch nicht zwischen den unter Nrn. 1-9 und Nrn. 10-12 bezeichneten Sachen des mit der Berufung gestellten Antrags unterschieden, sondern einheitlich erkannt und die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Gerade weil der Klagegrund (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) für alle herausverlangten Sachen gleich ist, besteht kein Zweifel daran, daß das Oberlandesgericht über alle mit der Berufung verfolgten Ansprüche entscheiden wollte und entschieden hat. Schließlich hat das Oberlandesgericht bei der Festsetzung des Wertes der Beschwer (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO) die in der Berufungsinstanz zusätzlich herausverlangten Sachen hinzugerechnet. II. Ein Herausgabeanspruch aus Eigentum (§ 985 BGB) besteht nicht. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe den Nachweis nicht erbringen können, daß der Erblasser Eigentümer der herausverlangten Sachen gewesen sei. Dagegen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 1. Das Berufungsgericht hat, entgegen der Ansicht der Revision, die Beweislast nicht verkannt. Wer gemäß § 985 BGB eine Sache vom Besitzer herausverlangt, trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß er gegenwärtig Eigentümer der betreffenden Sache ist (BGH WPM 1982, 749; BGH LM Nr. 1 zu § 985 BGB; Staudinger BGB 12. Aufl. RdNr. 20, Palandt BGB 46. Aufl. Anm. 4 a, je zu § 985). Dieser Beweis wird ihm bei beweglichen Sachen durch die Vermutungen des § 1006 Abs. 2 und 3 BGB erleichtert. Dazu muß er allerdings zunächst die für den Besitzer sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 3 BGB ausräumen und entweder nachweisen, daß der Besitzer ursprünglich nicht Eigenbesitzer war oder daß dieser mit dem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz nicht auch das Eigentum erworben haben kann (Staudinger aaO). [198] a) Der Beklagte ist unmittelbarer Besitzer der herausverlangten Sachen; denn diese befinden sich unbestritten in seiner tatsächlichen Gewalt (§ 854 BGB). Er behauptet, als Rechtsnachfolger des Freistaats Coburg Eigentümer des Archivs geworden zu sein, zu dem die herausverlangten Sachen gehören. Daraus geht sein Eigenbesitzwille (§ 872 BGB) ohne weiteres hervor (vgl. Staudinger § 1006 RdNr. 6). Dieser Wille folgt zudem daraus, daß sich der Beklagte schon im ersten Rechtszug auf von ihm vorgelegte Gutachten vom 12.11. 1894 und 10.11. 1895 berufen hat, wonach das coburgische Haus- und Staatsarchiv schon nach damaliger Auffassung ausschließlich Eigentum des Staates gewesen sei. Soweit sich der Kläger erstmals in der Revisionsbegründung auf abweichende Ausführungen in einer im Jahre 1982 von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns herausgegebenen Übersicht über die Bestände des Staatsarchivs Coburg beruft, ist dieses neue Vorbringen im Revisionsverfahren unbeachtlich; es wäre auch unerheblich, weil der Eigenbesitzwille des Beklagten davon nicht berührt wird. b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, es sei, wenn nicht schon aufgrund der staatsrechtlichen früheren Entwicklung im Wege der Umwandlung von landesherrlichem zu staatlichem Eigentum, spätestens mit dem Erlaß des Staatsgrundgesetzes für die Herzogtümer Coburg und Gotha vom 3.5. 1852 (Gesetzessammlung für das Herzogtum Coburg Nr. 150) von einer staatlichen Verwaltung des Archivs auszugehen. Das ergebe sich aus den §§ 70, 71 dieses Gesetzes. Gemäß § 71 Nr. 11 des Staatsgrundgesetzes sollten die Staatsarchive ebenso wie die in § 71 Nrn. 1-10 genannten öffentlichen Angelegenheiten (u.a. Gerichtswesen, Militärwesen, außenpolitische Angelegenheiten, Post- und Zollwesen) nur mehr der hoheitlichen Gewalt des Landtags der vereinigten Herzogtümer Coburg und Gotha als deutschem Bundesstaat (§ 2 des Staatsgrundgesetzes) und nicht mehr der Verfügungsmacht des Herzogs unterliegen. Daraus ergebe sich ein „grundsätzliches" Staatseigentum an den Archivbeständen. Das Hausgesetz für das Herzoglich-Sachsen-Coburg-Gothaische Haus vom 1.3. 1855 (Gesetzessammlung für das Herzogthum Coburg Nr. 213), auf dessen Art. 20 und 69 sich der Kläger vor allem beziehe, enthalte keine zuverlässigen Hinweise auf Eigentumsrechte des Herzogs an den Archiven; diese seien in dem Gesetz weder ausdrücklich noch mittelbar angesprochen. Das Staatsgrundgesetz und das Hausgesetz sind infolge des am 1.7. 1920 in Kraft getretenen Staatsvertrags zwischen den Freistaaten Bayern und Coburg über die Vereinigung Coburgs mit Bayern vom 14.2. 1920 (GVBl. S. 336 = BayBS I S. 39 = BayRS 1011-6-S = Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg 1920 S. 92) bayerische Landesgesetze im Sinn des § 8 Abs. 2 EGGVG geworden. Der Staatsvertrag ist gültig zustandegekommen und heute noch verbindlich (BVerfGE 34, 216/234; vgl. auch BVerfGE 22, [199] 221/222). An die Auslegung des Staatsgrundgesetzes und des Hausgesetzes durch das Berufungsgericht ist das Revisionsgericht jedoch gebunden (§ 549 Abs. 1, § 562 ZPO), weil sich der Geltungsbereich dieser Gesetze, des Hausgesetzes jedenfalls insoweit als es die hier allein einschlägigen Rechtsverhältnisse der Hausgüter ordnete (RG JW 1930, 2788 m. Nachw.), innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur auf das Gebiet des ehemaligen Freistaats Coburg (§ 6 Abs. 1 des Staatsvertrags) erstreckt, somit nicht über den Bezirk eines bayerischen Oberlandesgerichts, nämlich des Oberlandesgerichts Bamberg, hinaus (vgl. RG aaO; BayObLGZ 1985, 414/419 f.). Das gilt auch für das Gesetz über den Ausgleich mit dem Herzog vom 1.7. 1919, durch das der zwischen dem Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha sowie der Staatsregierung des Freistaats Coburg am 7.6. 1919 geschlossene Vertrag als Landesgesetz verkündet worden ist (Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg S. 157/161 ff.). Die Auslegung der §§ 6 und 7 dieses Vertrags durch das Berufungsgericht ist daher ebenfalls der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (vgl. BayObLG aaO). Das Berufungsgericht hat diese Bestimmungen für das Revisionsgericht bindend dahin ausgelegt, daß sie an der Verfügungsmacht und der Verwaltung der Archive durch den Staat nichts geändert hätten. Dagegen hat auch die Revision keine durchgreifenden Einwendungen vorgebracht. Im übrigen bestünden auch keine Bedenken gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Staatsgrundgesetzes und des Hausgesetzes. Aus §§ 2, 70 Abs. 1 Satz 2, § 71 Nr. 11 und § 111 Buchst. a des Staatsgrundgesetzes ergibt sich der Übergang auch der Staatsarchive vom Landesherrn in die Verwaltung des Staates und damit in dessen Vermögen. Daran ändert das Hausgesetz nichts. c) Gemäß § 3 Nr. 4 des Gesetzes über die Verwendung des bisherigen Domänengutes und über die Errichtung einer Landesstiftung vom 9.8. 1919 (Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg S. 258) übernahm die Coburger Landesstiftung vom Freistaat Coburg unter anderem die Verwaltung und Erhaltung der bisherigen Hof- und Staatsbücherei sowie der Staats- und Hausurkundensammlung. Daraus folgt, daß auch die Landesversammlung des Freistaats Coburg, die an die Stelle des im Staatsgrundgesetz vom 3.5. 1852 vorgesehenen coburgischen Landtags getreten ist (vgl. Gesetzessammlung für Sachsen-Coburg 1919 S. 9, 233), davon ausging, die Archivbestände stünden im Staatseigentum. Durch die Verpflichtung zur Verwaltung und Erhaltung des Archivs wurde ein Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB) zwischen dem Freistaat Coburg und der Coburger Landesstiftung als Körperschaft des öffentlichen Rechts begründet. In dieses Besitzmittlungsverhältnis trat der Freistaat Bayern mit Wirkung vom 1.7. 1920 dadurch ein, daß sich der Freistaat Coburg mit ihm vereinigt hat. Für den Beklagten gilt daher die Vermutung des § 1006 Abs. 3 BGB, daß er mit dem [200] mittelbaren Besitz auch das Eigentum an dem Archiv als Sachgesamtheit (vgl. BGHZ 76, 219) erworben hat. d) Durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30.1. 1934 (RGBl I S. 75) hat Bayern zwar seine Eigenstaatlichkeit verloren, seine Rechtspersönlichkeit ist aber erhalten geblieben (BayVerfGH 9, 57/78 f.; 12, 171/174; Meder Die Verfassung des Freistaates Bayern Einl. RdNr. 1; Nawiasky/Leusser/Schweiger/Zacher Die Verfassung des Freistaates Bayern Band II S. 11; vgl. BVerfGE 3, 267/268). Daher hat sich durch dieses Gesetz an den Eigentums- und Besitzverhältnissen des Beklagten hinsichtlich der vom Rechtsstreit betroffenen Archivbestände nichts geändert. e) Mit Vertrag vom 3./8.11. 1937 zwischen der Coburger Landesstiftung und der für die bayerische Landesregierung handelnden bayerischen Archivverwaltung hat die Coburger Landesstiftung das „in ihrem Eigentum stehende" Coburger Landesarchiv (ehemaliges Staatsarchiv und Herzogliches Hausarchiv) „unter Eigentumsvorbehalt" auf 99 Jahre unter die Verwaltung des staatlichen Archivs Coburg gestellt. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Aus dem Inhalt des Vertrags vom 3./8.11. 1937 lasse sich jedenfalls kein Eigentum des Erblassers herleiten. Es bestünden zwei Möglichkeiten: Lasse der Vertrag, wofür mehr spreche, die Eigentumslage überhaupt unberührt, dann könne der unrichtigen Behauptung, die Stiftung sei Eigentümerin, auch nicht entnommen werden, ob richtigerweise der Staat oder der Herzog Eigentümer gewesen sei. Sollte aber die Erwähnung des Eigentums konstituierende Wirkung haben, so sei es durchaus möglich, daß der Staat sein Eigentum, soweit nicht ausnahmsweise an einzelnen Stücken rechtliche Sonderbeziehungen zugunsten des Herzogs noch fortbestanden hätten, auf die Stiftung habe übergehen lassen und diese die Übertragung stillschweigend angenommen habe. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, ergebe sich aus § 11 des Vertrags eindeutig, daß das Archiv insgesamt keinesfalls im Eigentum des Herzogs gestanden habe. Das Landgericht hatte zu § 11 des Vertrags ausgeführt, er stelle klar, daß der Erblasser Archivalien im Hausarchiv unter Eigentumsvorbehalt hinterlegen dürfe, daß also im übrigen das nun abgetrennte Hausarchiv nicht in seinem Eigentum gestanden sei; ansonsten hätte es dieser Einschränkung nicht bedurft. Diese Auslegung des Tatsachengerichts läuft darauf hinaus, daß durch den Vertrag vom 3./11.8.1937 jedenfalls kein Eigentum und auch kein Besitz des Herzogs als eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten begründet worden ist. Gegen dieses Ergebnis der Auslegung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, ob und wie durch den Vertrag die Eigentums- und Besitzverhältnisse zwischen den Vertragsparteien, der Coburger Landesstiftung und dem Beklagten, geregelt werden sollten und welche Einteilung der Archivbestände zwischen diesen [201] vereinbart worden ist. Jedenfalls ergibt sich aus dem Vertrag nicht, daß das Herzogliche Hausarchiv als Sachgesamtheit im Eigentum und (mittelbaren) Besitz des Herzogs stand oder künftig stehen sollte. Die Angriffe der Revision gegen die Auslegung des Vertrags vom 3./8.11. 1937, insbesondere dessen Nrn. 9, 10 und 11, gehen letztlich auch deshalb fehl, weil dieser Vertrag durch das Gesetz vom 25.10. 1973 (GVBl. S. 567) sowie durch die seit 1937 eingetretene Entwicklung in wesentlichen Punkten gegenstandslos geworden und unter Nr. 4 Satz 2 des Übereinkommens zwischen der Coburger Landesstiftung und dem Beklagten vom 15./31.1. 1974 ausdrücklich aufgehoben worden ist. Weil § 3 Nr. 4 des Gesetzes über die Verwendung des bisherigen Domänenguts und über die Errichtung einer Landesstiftung vom 9.8. 1919 durch das Gesetz vom 25.10. 1973 aufgehoben und gemäß Übereinkommen vom 15./31.1. 1974 das Coburger Landesarchiv als ein in sich geschlossener Bestand in das Staatsarchiv Coburg eingegliedert wurde, ist der Beklagte seither unmittelbarer Besitzer der herausverlangten Gegenstände. Ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen ihm und der Coburger Landesstiftung ist dem Übereinkommen nicht zu entnehmen. Ein solches kann insbesondere nicht allein daraus hergeleitet werden, daß durch das Übereinkommen gemäß seiner Nr. 3 die Eigentumsverhältnisse an den Beständen des Landesarchivs nicht berührt werden sollten. Dies gilt um so weniger als der Vertrag vom 3./8.11. 1937 mit seinem nach der dargelegten Entwicklung zweifelhaften Hinweis auf ein Eigentum der Coburger Landesstiftung am Coburger Landesarchiv von den Vertragsparteien in dem Übereinkommen vom 15./31.1. 1974 ausdrücklich aufgehoben worden ist. f) Zusammenfassend ergibt sich, daß die Eigentumsvermutungen des § 1006 Abs. 2 und 3 BGB zugunsten des Erblassers und seiner Rechtsvorgänger nicht durchgreifen können. Vielmehr gilt für den Beklagten seit 1.7. 1920 die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 3 BGB, daß er mit dem mittelbaren Besitz auch das Eigentum erworben hat. Daher ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger die Beweislast für das von ihm behauptete Eigentum trägt. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, daß die Rechtsvorgänger des Erblassers vor dem Besitzerwerb durch den Freistaat Coburg unmittelbare bzw. mittelbare Besitzer gewesen seien. Die für den Beklagten sprechende Vermutung geht derjenigen des früheren Besitzers aus § 1006 Abs. 2 BGB vor. Letztere bedeutet zudem nur, daß der frühere Besitzer mit seinem Besitzerwerb Eigentümer geworden und während der Dauer seines Besitzes geblieben sei. Das kann unterstellt werden; es ändert an der Entscheidung nichts. 2. Das Oberlandesgericht hat ohne Rechtsverstoß ausgeführt, der Kläger habe den Beweis nicht erbracht, daß der Erblasser Eigentümer der mit der Klage herausverlangten Sachen gewesen sei. Die für den Beklagten sprechende Eigentumsvermutung ist danach als nicht widerlegt anzusehen. [202] a) Wie sich bereits aus den Ausführungen unter Nr. 1 ergibt, hat das Berufungsgericht nach seiner für das Revisionsgericht bindenden und im übrigen auch zutreffenden Auslegung weder aus dem Staatsgrundgesetz noch aus dem Hausgesetz oder dem Ausgleichsgesetz ein Eigentum des Erblassers oder seiner Rechtsvorgänger seit 1852 abgeleitet. Durch die seit dem Ausgleichsgesetz erlassenen Gesetze und vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat sich schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers an den Eigentumsverhältnissen nichts geändert. b) Soweit der Kläger den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hilfsweise auf Ersitzung des Eigentums (§ 937 BGB) stützt, hat seine Revision ebenfalls keinen Erfolg. Voraussetzung für den Erwerb einer beweglichen Sache durch Ersitzung ist ein zehnjähriger gutgläubiger Eigenbesitz, gleichviel ob als mittelbarer oder als unmittelbarer Besitzer. Aus den Ausführungen unter Nr. 1 folgt, daß das Berufungsgericht diese Voraussetzungen ohne Rechtsfehler verneint hat. Entgegen der Ansicht des Klägers brauchte es diese Voraussetzungen weder aus dem Ausgleichsvertrag noch aus dem Vertrag vom 3./8.11. 1937 zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat durch zulässige Bezugnahme (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) auf das Urteil des Landgerichts fehlerfrei festgestellt, daß weder der Freistaat Coburg noch die Coburger Landesstiftung oder der Beklagte den Besitz am Archiv für den Herzog ausüben wollten. Das konnte es den oben angeführten Gesetzesbestimmungen und Verträgen entnehmen. Der Kläger meint, ein Verwahrungsverhältnis beruhe auf dem im Ausgleichsvertrag vom 7.6. 1919 gegebenen Einverständnis des Herzogs mit der Übernahme der Verwaltung des Archivs durch die Coburger Landesstiftung; der Herzog sei daher der „eigentliche Hinterleger", somit mittelbarer Besitzer der obersten Stufe gewesen. Dieser Betrachtungsweise brauchte das Berufungsgericht nicht zu folgen. Es hat, wiederum durch zulässige Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts, das in § 6 des Ausgleichsvertrags bezeichnete Einverständnis des Herzogs zur Verwaltung nur auf diejenigen Gegenstände bezogen, die in seinem privaten Vermögen verblieben waren, jedoch vom Staat verwaltet werden sollten, nicht aber auf diejenigen Gegenstände, die im Eigentum des Staates standen, wie das Staats- und Hausarchiv. Diese Auslegung ist für das Revisionsgericht gemäß § 549 Abs. 1, § 562 ZPO maßgebend. Sie ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit der Herzog Privatvermögen in Räumen belassen sollte, die gemäß § 1 Abs. 1 des Ausgleichsvertrags in das Eigentum des Freistaats Coburg übergingen, war sein Einverständnis schon aus diesem Grunde erforderlich. Daß gerade die mit der Klage herausverlangten einzelnen Gegenstände Privateigentum des Erblassers gewesen und von diesem oder seinen Rechtsvorgängern als solches im Archiv des Beklagten hinterlegt worden seien, hat der Kläger nicht dargelegt. [203] III. Den hilfsweise geltendgemachten Rückforderungsanspruch des Klägers aufgrund Verwahrungsvertrags (§ 695 BGB) hat das Oberlandesgericht sonach ebenfalls ohne Rechtsfehler als unbegründet angesehen. IV. Auf die Frage, ob dem Beklagten, falls der Erblasser Eigentümer gewesen wäre, ein Recht zum Besitz zustünde (§ 986 BGB), brauchten die Tatsachengerichte nicht mehr einzugehen. V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |