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BLKÖ:Zeißberg, Heinrich Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Zeißberg
Band: 59 (1890), ab Seite: 292. (Quelle)
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Zeißberg, Heinrich Ritter von (Geschichtsforscher, geb. in Wien am 8. Juli 1839). Nachdem er die Vorbereitungsschulen in Wien beendet hatte, erwählte er Geschichte und Philosophie zu seinem Berufe und trat als Zögling in das historische Seminar, welches damals unter der Leitung Aschbach’s, Jäger’s und Sickel’s stand, und zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung in das Institut für österreichische Geschichtsforschung, betrieb aber nebenbei, durch Bonitz angeregt, auch philosophische Studien, welche als vortreffliche Schulung für seine späteren Forschungen dienten. 1862 erlangte er das philosophische Doctorat und wurde schon im folgenden Jahre Supplent der allgemeinen und der österreichischen Geschichte. 1865 zum ordentlichen Professor derselben Fächer an der Universität in Lemberg ernannt, leitete er an derselben zugleich das historische Seminar. Von dort kam er 1871 in gleicher Eigenschaft an die Innsbrucker Hochschule, aber schon im Sommer 1872 erfolgte seine Berufung als Aschbach’s Nachfolger in der Lehrkanzel für allgemeine Weltgeschichte an die Universität Wien, in welcher Stellung er noch zur Stunde sich befindet. Zugleich ist er Vorstand des historischen Seminars, wirkt als Docent am Institute für österreichische Geschichtsforschung und übernahm nach Weilen’s Tode die Redaction des Kronprinzenwerkes: „Die österr.-ungar. Monarchie in Wort und Bild“. Was seine Wirksamkeit im Lehramte betrifft, so zählt er zu den Zierden der Wiener Hochschule, und verweisen wir dieserhalb auf die Charakteristik, welche Dumreicher in dem in den Quellen genannten Werke in eingehender und liebevollster Weise von ihm entwirft. Frühzeitig war Zeißberg auf dem Gebiete, das er sich zum Lebensberufe erwählte, schriftstellerisch thätig, und namentlich ist es die von den deutschen Forschern bisher wenig gepflegte Geschichte der slavischen Völker, welcher er seine besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Auf diesem Gebiete hat er auch bisher seinen glänzendsten Erfolg zu verzeichnen, denn sein prächtiges Werk „Die polnische Geschichtsschreibung des Mittelalters“ wurde 1873 von der gegen deutsche Leistungen gewiß strengen und exclusiven Jablonowski’schen Gesellschaft mit dem Preise gekrönt; sie ist aber auch in den zehn Abschnitten, welche sie bietet, eine wahre Fundgrube nicht bloß für den deutschen, sondern auch den slavischen Geschichtsforscher, denn mit der Einführung des Christenthums und der Passio Adalberti beginnend, geht er auf den Mönch Gallus über, verzeichnet die „Annales Cracovienses vetusti“ von 948–1122, behandelt dann Vincenz Kadlubek, die literarische Thätigkeit der Dominicaner [293] und Franciscaner, den Chronisten des dreizehnten Jahrhunderts Godyslaw Baszko, die schlesischen Geschichtsquellen, und zwar sowohl die geistliche als weltliche Literatur, ferner Johann von Czarnkow und die Geschichtsquellen des fünfzehnten Jahrhunderts, den Matador der polnischen Geschichtsforschung Johannes Dlugosz und schließt mit den Vertretern des Humanismus in Polen: Gregor von Sanok und Callimachus. Wir lassen nun Zeißberg’s Schriften in chronologischer Aufzählung folgen: „Arno, erster Erzbischof von Salzburg (785–821)“ (Wien 1863, gr. 8°.), auch in den „Sitzungsberichten der k. Akademie der Wissenschaften philos-histor. Classe“ 48. Bd.; – „Thomas Ebendorfer als Geschichtsschreiber“, in der „Oesterreichischen Wochenschrift für Wissenschaft u. s. w.“, Beilage zur kaiserl. „Wiener Zeitung“ Jahrg. 1864, Bd. III, S. 769 und 810; – „Österreichische Geschichte im Zeitalter der Babenberger“, in der „Oesterreichischen Wochenschrift“ Jahrg. 1864, Bd. IV, S. 1441, 1473, 1510; – „Die fränkischen Königsannalen und ihr Ursprung“, in der „Oesterreichischen Wochenschrift“ Jahrg. 1865, Bd. V, S. 9; – „Blüte der nationalen Dynastien (Babenberger – Přemysliden – Arpaden) in den österreich. Ländern“ (Wien 1866), in Freiherrn von Helfert’s Sammelwerke „Oesterreichische Geschichte für das Volk“ Bd. III [vergleiche Zarncke’s „Centralblatt“ 1866, Sp. 773]; – „Die öffentliche Meinung im XI. Jahrhundert über Deutschlands Politik in Polen“, in der „Zeitschrift für österreichische Gymnasien“ 1867/68; – „Ueber die Zusammenkunft des Kaisers Otto III. mit Herzog Boleslaw I. von Polen zu Gnesen“, in der „Zeitschrift für österreichische Gymnasien“ 1867/68; – „Miceco I. (Mieczyslaw), der erste christliche Beherrscher der Polen“ (ebd. 1867, Lex. 8.°), auch in den Abhandlungen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften philos.-histor. Classe [vgl. Zarncke’s „Centralblatt“ 1868, Sp. 411]; – „Hieb und Wurf als Rechtssymbole in der Sage“, in Pfeiffer’s „Germania“ XIII. Jahrg. (Wien 1868);– „Die Kriege Kaiser Heinrichs II. mit Herzog Boleslaw l. von Polen“ (Wien 1868, Lex. 8.°), auch in den „Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften phil.-histor. Classe“ [vgl. Zarncke’s „Centralblatt“ 1868, Nr. 30 ; – „Vincentius Kadlubek. Bischof von Krakau (1208–1218, gest. 1223) und seine Chronik Polens. Zur Literaturgeschichte des 13. Jahrhunderts“ (Wien 1869, Lex, 8°.), auch im „Archiv für Kunde österreich. Geschichtsquellen“ Bd. XLII; – „Analekten zur Geschichte des XV. Jahrhunderts“, in der „Zeitschrift für österreich. Gymnasien“ 1870 und 1871; – „Ueber eine Handschrift zur älteren Geschichte Preussens und Livlands“, in der altpreußischen Monatschrift von Reicke und Wichert (Königsberg 1871); – „Das älteste Matrikelbuch der Universität Krakau, Beschreibung und Auszüge. Festschritt zur 400jährigen Jubelfeier der Ludwig Maximilian-Universität zu München“ (Innsbruck 1872, Wagner, gr. 8°.); – „Die polnische Geschichtsschreibung des Mittelalters“, dieses schon erwähnte Werk bildet Nr. XVII der von der fürstlich Jablonowski’schen Gesellschaft zu Leipzig herausgegebenen gekrönten Preisschriften (Leipzig 1873, hoch 4°.) [vgl. „Allgemeine Zeitung“ 22. und 23. Juli 1873, Nr. 203 u. 204, Beilage]; – „Johannis de Komorowo Tractatus cronice fratrum minorum obseruancie. A tempore Constanciensis concilii et specialiter de prouincia Polonie“ (Wien 1873, gr. 8°.), auch im „Archiv für österreichische Geschichte“; [294] – „Johannes Laski, Erzbischof von Gnesen (1510–1531) und sein Testament“ (Wien 1874, Lex. 8°.), auch in den „Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften philos.-histor. Classe“; – Erzherzog Karl und Prinz Hohenlohe-Kirchberg“ (1889). Die wissenschaftliche Thätigkeit unseres Geschichtsforschers ist sowohl höchsten Ortes als von der gelehrten Welt gewürdigt worden. Schon im August 1872 wurde er correspondirendes, am 30. Juni 1882 wirkliches Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften philosophisch-historischer Classe; von Seiner Majestät erhielt er den Regierungsrathstitel und am 9. November 1874 den Orden der eisernen Krone dritter Classe, welcher Verleihung die Erhebung in den erbländischen Ritterstand folgte. Schließlich sei bemerkt, daß ihm die Auszeichnung zutheil ward, zum Geschichtslehrer des Weiland Kronprinzen Rudolf erwählt zu werden, und daß er Mitglied der k. k. Centralcommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale in Wien ist.

Local-Anzeiger der „Presse“ (Wien, Fol.) 22. October 1872. Beilage zu Nr. 291: „Die beiden neuernannten Professoren der Geschichte“. – Dumreicher. Verwaltungsorganismus der Universitäten, S. 86 u. f.