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BLKÖ:Wimpffen, Alphons Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 56 (1888), ab Seite: 232. (Quelle)
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Wimpffen, Alphons Graf (k. k. Oberst, geb. zu Hietzing nächst Schönbrunn bei Wien am 23. August 1828, erlegen seiner bei Skalitz empfangenen Wunde im Schlosse zu Nachod am 22. Juli 1866). Der zweitälteste Sohn des Grafen Franz Emil Lorenz aus dessen Ehe mit Maria Anna Cäcilie Freiin von Eskeles. Vorzüglich erzogen und mit seltenen Gaben des Herzens und Geistes ausgestattet, hatte er anfänglich die Absicht, in den Staatsdienst zu treten. Sein Vater stand damals als Brigadier in Triest, wo Franz Graf Stadion in einer dem vormärzlichen bureaukratischen Regime ganz entgegengesetzten Weise seines Amtes waltete und das Küstenland sich unter seiner umsichtigen Verwaltung mannigfacher Vortheile erfreute, nach denen die übrigen Provinzen des Kaiserstaates vergeblich seufzten. Diese Vorgänge blieben nicht ohne Eindruck auf den jungen Grafen Alphons, der gleichfalls im Verwaltungsdienste seine Geistesgaben zu verwerthen gedachte, als mit einem Male die Wirren des Jahres 1848 über den Kaiserstaat hereinbrachen und seinen Blick abwandten von einer friedlichen Bedienstung, da Alles, was zu jener Zeit am Reich und Kaiser hing, zu den Waffen eilte. So that es denn auch Graf Alphons, der sofort in die kaiserliche Armee eintrat. Die Stellung seines Vaters als General in der kaiserlichen Armee und seine eigene, vom damaligen Feldzeugmeister Grafen Nugent schon wohlgekannte tüchtige Ausbildung ermöglichten seine unmittelbare Eintheilung im Generalstabe, in welchem er auch von 1848 bis 1857 verblieb. In demselben wurde er 1851 als Oberlieutenant der 2. Armee zugetheilt und im Flotillencorps am [233] Gardasee zu Riva in Südtirol verwendet. Im Jahre 1852 war er bereits Hauptmann, 1861 Oberstlieutenant bei Culoz-Infanterie Nr. 31, 1862 in gleicher Stellung bei Nassau-Infanterie Nr. 15, 1866 Oberst und Commandant des Regimentes Kronprinz von Preußen Nr. 20. Damit ist die dienstliche Laufbahn des edlen Grafen, der auf dem Felde der Ehre gefallen, erschöpft; es bleibt uns nun über seine Thätigkeit in diesen Stellungen zu berichten. Zu Beginn des Feldzuges 1848 befand er sich im Hauptquartier Nugent’s, 1849 in dem Radetzky’s und erkämpfte sich bei Novara am 23. März letzteren Jahres das Militär-Verdienstkreuz. Später diente er unter seinem Vater in der Romagna und war dessen Begleiter auf den Missionen an die Höfe von Neapel und Gaëta, sowie ins französische und spanische Hauptquartier. Mit dem Grafen Mensdorff kam er nach St. Petersburg, 1854 zur Zeit des Krimkrieges ins serbisch-banater Armeecorps und blieb, vom Feldzeugmeister Grafen Coronini bei jeder Gelegenheit als „eine seiner besten Arbeitskräfte“ hervorgehoben, mit den kaiserlichen Truppen in der Walachei. In mehreren Heften der „Oesterreichischen Revue“ hat er die Geschichte dieser Expedition niedergeschrieben. Diese Arbeit bekundet die gründliche militärische und allgemeine Bildung des Grafen, eine Fülle historischer Kenntnisse, einen sicheren politischen Blick und die seltene Gabe, Charaktere der Einzelnen, wie der Völker zu würdigen. Dabei ist die geschmackvolle tadellose Form, wie es in einem ihm gewidmeten Nachrufe heißt, ganz frei von jenen Ungeheuerlichkeiten, an denen so viele österreichische Militärschriften leiden, seitdem in den höheren Militar-Bildungsanstalten classische Literatur nicht mehr betrieben wird. Zur Charakteristik des Grafen sei aber hervorgehoben, daß er sich dieser Arbeit voll Bedauerns unterzog „über jene lange Epoche, in welcher von Eugenischem Geiste und Eugenischem Wesen nichts mehr übrig blieb, als die Grabcapelle des Helden im Stephansdome und das savoyische Kreuz im Belvedere“, und durchdrungen war von der Ueberzeugung, „daß es uns Oesterreichern noththut, den Blick zeitweise wieder auf jene Gebiete zu lenken, über welche unsere Vorfahren herrschten, deren blühende Gefilde jener große Staatsmann und Feldherr dem österreichischen Einflusse erschlossen hatte, und welche, uns in jüngster Zeit abermals entfremdet, wieder der Vernachlässigung und Vergessenheit anheimzufallen drohen“. Damals also – freilich vor 1866 – weist Graf Wimpffen nach Südosten, aber weder im Sinne eines russisch-preußisch-südslavischen Großstaates, noch zum Zwecke der Slavisirung unseres Vaterlandes, sondern im Bewußtsein, daß derjenige die deutschesten Interessen vertritt, der die Lebensader Mitteleuropas frei macht und frei erhält; daher vertheidigt er die 1854 zu diesem Zwecke eingehaltene Politik Oesterreichs als die jenen Interessen allein zusagende, während es, wie schon damals die „Allgemeine Zeitung“ richtig bemerkte, den Anschein habe, daß Preußen dem Vertrage vom 20. April 1854 nur beigetreten sei, um dem entschlossenen Alliirten im entscheidenden Augenblicke einen Kappzaum zuzuwerfen, für Deutschland ein abermaliges Mißgeschick, welches sich folgerichtig an die Kette von Unheil anreiht, das der Nation seit undenklichen Zeiten aus ihrer unseligen Zersplitterung und Zerfahrenheit erwachsen ist. (Das wurde 1864 geschrieben, [234] das ist nun heute freilich anders geworden, wenn auch in anderem Sinne, denn Alphons Wimpffen hat ein Wiedererstehen Deutschlands stets nur unter österreichischer Hegemonie geträumt!) Diese im Druck erschienene literarische Arbeit war selbstverständlich nicht seine einzige; er hatte ähnliche auf höheren Auftrag zu liefern; seine Stellung an der Seite des Grafen Coronini beim Generalcommando in Temesvár, die einförmige Stille des dortigen Lebens gab ihm dazu die nöthige Muße; doch unterließ er es dabei nicht, auch hier mit freiem Blicke das Leben in einer neuen Richtung zu studiren und sich für die wichtigen administrativen Aufgaben im Banate zu interessiren. Ihm war „die Gegenwart stets eine lebendige“; er wußte jedem Tage sein Interesse abzugewinnen und immer und überall ins Leben einzugreifen, denn er gehörte zu jenen dünngesäeten Auserwählten, welchen „der Born im eigenen Innern quillt“. Nach dem unglücklichen Feldzuge 1859, während dessen er als Flügeladjutant des Kaisers verwendet wurde, kam er als Oberstlieutenant zur Infanterie und blieb bei dieser Waffengattung bis zu seiner 1864 erfolgten Beförderung zum Obersten und Commandanten des Regimentes Kronprinz von Preußen. Dasselbe stand im preußischen Kriege 1866 in Böhmen und war in der Brigade Jonak eingetheilt. Am 26. Juni setzte sich das 5. feindliche Corps unter General Steinmetz von Glatz her gegen Nachod in Bewegung. Schon versuchte unsere Brigade Hertweck den Kampf gegen die preußische Division Löwenfeld aufzunehmen und den Wenzelsberg, welchen diese besetzt hielt, zu erstürmen; aber sie stieß dabei auf überlegene Kraft; nun eilte die Brigade Jonak, eben die, in welcher das Regiment Nr. 20 stand, dessen Oberst Graf Wimpffen war, herbei, und beiden vereint gelang es auch, den Feind vom Wenzelsberge zu vertreiben. Graf Alphons war seiner stürmenden Truppe immer 20–30 Schritte voraus und ihm treu zur Seite sein Adjutant Oberlieutenant Felix Weber. In der Begeisterung des Kampfes achtete er nicht, daß ihm der linke von feindlichen Kugeln zerschmetterte Arm am Körper herunterhing. Wie dies erst sein Adjutant gewahrte und sofort Anstalten zur Hilfe machte, und wie der verwundete Oberst alle Hilfe ablehnte, damit der Adjutant, der Corporal Stengl und Gemeiner Podorsky von dem anstürmenden Feinde nicht gefangen genommen würden, wie der tödtlich verwundete Oberst unter ein Gesträuch niedergelegt und vom Feinde dann wirklich gefunden und nach Nachod gebracht wurde, dies Alles ist in der Biographie von Felix Weber [Bd. LIII, S. 179, Nr. 11] ausführlich erzählt, weshalb, um Wiederholungen zu vermeiden, dahin verwiesen wird. Doch möge nicht unerwähnt bleiben, daß der feindliche Heerführer, Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen, auf die Nachricht, daß der Oberst des seinen Namen führenden österreichischen Regimentes sich schwer verwundet unter den Gefangenen befinde, diesen sofort in dem nothdürftig errichteten Spitale aufsuchte, ihn ins Schloß überführen und ihm den Säbel zurückstellen ließ. Am 8. Juli wurde die als unvermeidlich erklärte Exarticulation des linken Armes vorgenommen, am 22. Juli hauchte der 38jährige Oberst in den Armen seiner herbeigeeilten Gattin seine Seele aus. Des Kaisers war das Ritterkreuz des Leopoldordens, das dem Verstorbenen [235] noch nachträglich zuerkannt wurde. Der Graf hatte sich, bald nachdem er aus dem Generalstabe als Oberstlieutenant zur Truppe eingetheilt worden war, am 7. October 1860 mit Karoline Gräfin Lamberg vermält, einer Tochter des Feldmarschall-Lieutenants Franz Grafen Lamberg [Bd. XIV, S. 39], welcher 1848 durch Mörderhand den Märtyrertod für das Vaterland auf der Pesther Brücke erlitt. Die Gatten hatten vier Kinder: Karoline Maria, Elisabeth, Maria Alphonsa und Maximilian. Gräfin Karoline überlebte ihren Gemal um 17 Jahre und starb am 29. Mai 1883. Von den Kindern sind bereits drei den Eltern im Tode theils vorangegangen, theils nachgefolgt, nur eine Tochter lebt noch: Gräfin Karoline Marie (geb. 8. September 1861), vermält seit 20. November 1884 zu Gratz mit Moriz Grafen Vetter von der Lilie.

Hoffinger (Johann Ritter von). Lorbern und Cypressen von 1866. Nordarmee. Dem Heere und Volke Oesterreichs gewidmete Blätter der Erinnerung an schöne Waffenthaten (Wien 1868, Aug. Prandel,. 16°.) S. 46 u. f. – Thürheim (Andreas Graf). Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der k. k. österreichisch-ungarischen Armee (Wien und Teschen 1882, Prochaska, Lex.-8°.) Bd. I, S. 128, Jahr 1866, S. 131, Jahr 1866; Bd. II, S. 492.