BLKÖ:Weiß, Joseph (Erfinder der Waldwolle)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 54 (1886), ab Seite: 124. (Quelle) | |||
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Alois Fischer und dem Bielitzer Pastor Schneider, in Kremsier aber gleichfalls links zwischen dem pensionirten Hauptmann aus Wiener-Neustadt Joseph Hermann Müller und dein galizischen Gutsbesitzer Popiel seinen Platz hatte. Wir führen diese Platznahme des Fabrikanten in Rücksicht auf die alte Regel an: Qui non cognoscitur ex se, cognoscitur ex socio. Ueber die reichsräthliche Thätigkeit desselben liegt nichts Erwähnenswerthes vor, wir finden ihn nicht einmal in irgend einem der verschiedenen Ausschüsse vertreten. Früher jedoch, schon 1846, hatte Weiß, nachdem er erkannt, daß die Oertlichkeit, wo bisher die Waldwolle fabricirt worden, nicht recht passe, mit mehreren anderen unternehmenden Männern eine Gesellschaft gebildet, welche die bisher in Oesterreich betriebene Industrie auf preußischen Boden verpflanzte, und zwar in die an Nadelholz ungemein reiche, nahe bei Trebnitz gelegene Gegend, für welche man sich von Alex. v. Humboldt dessen Namen erbat, und wo man nun 1847 die Waldwollefabrik und Badeanstalt in Humboldtsau gründete. Das Unternehmen gedieh unter entsprechender Leitung, und die Waldwollebereitung nahm einen immer größeren Aufschwung, da man aus den Abfällen der verarbeiteten Stoffe stets neue Producte erzielte; auch erwarb der Erfinder von Oesterreich und Preußen Patente, von Baiern das Privilegium für diese Bereicherung der Industrie. Zuerst verwendete man die Waldwolle nur zur Füllung von Matratzen und Kissen, welche Polsterung als frei von Ungeziefer und wegen ihres Aromas und sanitären Einflusses sich großer Beliebtheit erfreute. [125] Dann wurde die Waldwolle zu Watte verarbeitet und bei Anfertigung von Kleidungsstücken, Bettdecken und dergleichen benützt. Ein weiteres Fabricat bildeten die daraus gefertigten gegen Nässe und Kälte schützenden Waldwollesohlen, welche bald sehr große Verbreitung fanden; und zuletzt beutete man auch die heilkräftigen Elemente der Waldwolle zur Erzeugung des Waldwollextractes und des Waldwollöl es aus, welche, da ihre wohlthätige Wirkung theils in Bädern theils in Einreibungen sich besonders bei rheumatischen und gichtischen Leiden, bei chronischen Hautausschlägen, Lähmungen u. dgl. trefflich bewährte, immer mehr zur Anwendung kamen. So steigerte sich denn die Bedeutung der Waldwolle mit den Jahren ebenso in technischer als medicinischer Richtung. Die Weiß’schen Erzeugnisse in Humboldtsau erhielten auf den Industrie-Ausstellungen in Berlin, Wien und London Anerkennungen. Alles gedieh vortrefflich, bis eine ruchlose Hand Feuer in die Fabrik anlegte und dem Unternehmen den Garaus machte. Indessen hatte die Waldwolle-Industrie den Weg nach Thüringen gefunden und dort eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung gewonnen. Dann aber kam sie wieder in Schlesien in Aufschwung, indem ein Breslauer Kaufmann eine Fabrik zu Karlsruh bei Oppeln begründete und damit eine Badeanstalt mit Bädern aus würziger Kiefernadelbrühe verband, wobei ihn der eigentliche Erfinder der Waldwolle, Joseph Weiß, mit Rath und That unterstützte. Letzterer zog sich zuletzt nach Leobschütz in Preußisch-Schlesien zurück, wo er noch 1864, damals bereits 77 Jahre alt, lebte. Seine Erfindung, die Waldwolle, obwohl nicht mehr in ihrer ursprünglichen Mächtigkeit, da die ärztliche Wissenschaft täglich neue Heilmittel entdeckt, mit denen die Waldwolle die Concurrenz zu bestehen hat, bewährt noch immer ihre Nützlichkeit, und zwar ebenso in sanitärer als industrieller Richtung.
Weiß, Joseph (Erfinder der Waldwolle, geb. zu Langendorf bei Olmütz in Mähren am 25. October 1787, Todesjahr unbekannt). In Rede Stehender, dessen Vater in Langendorf eine Papiermühle besaß und die Papierfabrication betrieb, begab sich, in den Schulen seines Heimatlandes vorgebildet, im Jahre 1810 nach Wien, wo er sich hauptsächlich mit dem Studium der Naturwissenschaften beschäftigte, und dann nach Hause zurückgekehrt, widmete er sich bei seinem Vater der Papierfabrication. 1814 erwarb er auch noch die Papiermühle zu Zuckmantel, einem in Oesterreichisch-Schlesien am Fuße der Bischofskoppe in anmuthigster Gegend gelegenen Orte. Hier setzte er seine in Wien begonnenen naturwissenschaftlichen Studien fort, und bei seinen Arbeiten gelang es ihm, den bis dahin unbeachteten Kiefernadeln einen Werth abzugewinnen, indem er daraus einen Faserstoff zog, den er Waldwolle (lana pinus sylvestris) nannte. Diese Erfindung erschien ihm so zukunftreich, daß er, um sie praktisch zu verwerthen, keinen Anstand nahm, im Jahre 1840 seine Papierfabrik in eine „Waldwollefabrik“ zu verwandeln. Nun aber stellten sich dem Unternehmen mehrere unvorgesehene Schwierigkeiten entgegen, die dessen Aufschwung lähmten, dazu gesellte sich noch der Umstand, daß, als die Ereignisse des Jahres 1848 hereinbrachen, auch Weiß in den politischen Strudel mitgerissen wurde, wenngleich nur in der ganz friedlichen Mission eines Abgeordneten, für die durch den Umschwung der Zeit nöthig gewordenen Reformen zu wirken. Er wurde für Würbenthal in Oesterreichisch-Schlesien in den österreichischen constituirenden Reichsrath gewählt, in welchem er, während derselbe in Wien tagte, auf der Linken zwischen dem Oberösterreicher- Silesia (Troppauer politisches Blatt) 1864, Nr. 17, S. 146: „Zur Geschichte eines schlesischen Fabricates“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber) Bd. XVII, S. 144 im Artikel: „Die Waldwolle“.
- Porträt. Im Holzschnitt in der „Leipziger Illustrirten Zeitung“ vom 9. August 1851, Nr. 423, Beilage, S. 144.