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BLKÖ:Wallis, Georg Olivier Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wallis, Joseph Graf
Band: 52 (1885), ab Seite: 261. (Quelle)
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Wallis, Georg Olivier, Graf (k. k. General-Feldmarschall, geb. im [262] Jahre 1673, gest. in Wien am 19. December 1744, von der älteren Linie. Der ältere Sohn des Freiherrn Ernst Georg aus dessen Ehe mit Maria Magdalena Gräfin Attems, kam er nach dem 1689 erfolgten Tode seines Vaters zugleich mit seinem Bruder Franz Paul an den kaiserlichen Hof und wurde unter die Pagen des damaligen römischen Königs Joseph aufgenommen. Aber noch sehr jung, erwählte er das Waffenhandwerk, machte die Feldzüge am Rhein und in Ungarn mit, rückte, erst 31 Jahre alt, 1704 zum Obersten vor, als welcher er in der Armee in Italien stand, und wohnte 1706 dem Entsatze von Turin bei. 1707 unter Wirich Philipps Grafen Daun Befehlen in Neapel, nahm er nach kurzer Belagerung am 14. September mit Accord die Festung Pescara. Im Mai 1708 ward er Generalmajor, 1716 Feldmarschalllieutenant und machte als solcher die Belagerung von Temesvár und den Feldzug 1717 in Ungarn mit. Noch im December letztgenannten Jahres erfolgte seine Ernennung zum Hofkriegsrathe. Als dann 1718 die Verwicklungen im Süden Italiens drohender wurden und die Spanier eine Landung vorbereiteten, erhielt er Befehl, nach Calabrien zu gehen, um einer solchen entgegenzutreten. Er befehligte das Lager bei Reggio, unterstützte die Belagerten in Messina mit Truppen und Lebensmitteln, ohne jedoch verhindern zu können, daß die Festung am 19. September fiel. Auch an den weiteren mit wechselndem Glücke geführten Kämpfen nahm Wallis ruhmvoll Theil. Am 1. December 1718 wurde er bei Recognoscirung des Lagers durch eine Geschützkugel verwundet, was ihn jedoch nicht abhielt, seinen Dienst weiter zu verrichten. In der darauf folgenden Schlacht bei Francavilla – 20. Juni 1719 – befehligte er die Vorhut, wohnte dann der blutigen Belagerung des von den Spaniern besetzten Messina bei, welches auch am 19. October capitulirte. Als 1720 nach Abschluß des Waffenstillstandes die Spanier Sicilien verließen, übernahm er das Commando in Messina und behielt es mehrere Jahre, inzwischen, 1. October 1723, zum Feldzeugmeister befördert. Während dieser Zeit ließ er auch die in doppelter Belagerung stark beschädigten Festungswerke wieder herstellen. Ende 1730 wurde er durch den Fürsten Johann Georg Christian von Lobkowitz im Commando abgelöst. Ein blutiges Rencontre, welches zwischen seinen Bedienten und denen des Vicekönigs Grafen von Sastago stattgefunden, soll die Ursache seiner Abberufung gewesen sein. Graf Wallis kehrte nun nach Wien zurück und lebte auf seinen Gütern, bis er im Jahre 1733 Befehl erhielt, sich zur Armee zu begeben, welche der Herzog von Braunschweig-Bevern in Böhmen commandirte. Mit derselben rückte er an den Rhein, wo die Franzosen in ihrer civilisatorischen Weise Alles verwüsteten. Die Festung Mainz sollte in Vertheidigungsstand gesetzt werden, und Graf Wallis wurde dazu ausersehen. Im Frühjahr 1734 begab er sich an den Ort seiner Bestimmung und traf alle Anstalten. Den Proviant verschaffte er sich von den Franzosen, indem er einen Transport derselben bei Worms überfiel und ihnen überdies eine ansehnliche Menge Korn wegnahm. Als der französische Marschall Berwick, in seinem Dünkel als Herr der Rheinlande sich betrachtend, die Stadt Mainz in einem Schreiben aufforderte, eine Deputation an ihn abzusenden, mit der die Contribution, welche die Stadt zu leisten habe, vereinbart werden solle, ließ Graf Wallis dem Marschall [263] erwidern: „Er kenne das Land noch nicht genug, um zu wissen, was es leisten könne, wenn es aber der Marschall genau zu erfahren wünsche, so dürfe er sich nur die Mühe nehmen und selbst an Ort und Stelle erscheinen, um das entfaltende Contingent in Empfang zu nehmen“. Bald darauf erhielt der Graf Befehl, sich zu dem in dem Lager von Heilbrunn weilenden Prinzen Eugen von Savoyen zu begeben, welcher eben Anstalt machte, das von den Franzosen belagerte Philippsburg zu entsetzen. Vor dieser Stadt büßte Marschall Berwick sein Leben ein. Graf Wallis begab sich dann nach Wien, von wo er im October 1734 mit einigen Regimentern zur Verstärkung der Armee des Feldmarschalls Königseck in die Lombardei abrückte. Er überschritt nun Ende October den Oglio, besetzte Bozzolo, nahm Sabionetta und bemächtigte sich der ganzen Strecke zwischen Po und Oglio bis Casal maggiore. Dann, als Graf Königseck Ende December die Armee verließ, übernahm er das Commando derselben und führte es, bis Ersterer Mitte März 1735 wieder bei dem Heere anlangte. Nun kehrte er nach Wien zurück und betheiligte sich als wirklicher Hofkriegsrath an den Berathungen über die Bewegungen der Armee. Am 31. April 1736 befehligte er den Leichenconduct des vom 20. zum 21. April verstorbenen Prinzen Eugen von Savoyen, 1738 erhielt er Befehl, unter dem Großherzog von Toscana, welchem Graf Königseck an die Seite gesetzt worden, die ganze Infanterie wider die Türken in Ungarn zu commandiren, und wurde zugleich zum Feldmarschall ernannt. Eine damals zwischen dem ein Jahr früher zum Feldmarschall beförderten Grafen Philippi und dem Grafen Wallis entstandene Rangfrage machte einiges Aufheben, doch blieb Letzterer in seinem obgedachten Commando und begab sich nun an seinen Bestimmungsort. Mit dem im Kriegsrathe beschlossenen Plan, das von den Türken besetzte Orsova zu entsetzen, wie ihn Graf Königseck entwarf, stimmte er nicht überein, mußte aber dem Obercommando Folge leisten. Ein Tressen bei Cornia am 4. Juli fiel glücklich aus; der Feind wich, kehrte aber nach wenigen Tagen mit Verstärkungen zurück. Ein neues Gefecht, in welchem Graf Philippi befehligte, endete mit dem Rückzuge unserer Armee, welche Ende Juli wieder in Temesvár anlangte. Auch die nun folgenden Bewegungen fielen zum Nachtheil der Unseren aus, die Armee ward genöthigt, am 11. October über die Donau zurückzugehen, worauf sie am 13. ihr Lager bei Pancsova aufschlug. Doch war man weit entfernt, das Mißgeschick unserer Armee dem General Wallis zuzuschreiben, denn im Jänner 1739 übertrug ihm der Kaiser das Obercommando über die ganze Armee in Ungarn und ernannte ihn gleichzeitig zum Statthalter in Serbien. Graf Wallis weigerte sich, das Commando anzunehmen, aber erfolglos. So ging er denn am 2. April von Wien ab. Nachdem er die Hilfstruppen an sich gezogen hatte, brach er am 17. Juni mit der Armee von Peterwardein auf und rückte am 27. in die Linien bei Belgrad ein. Er selbst nahm das Hauptquartier bei Marava, während das Corps des Grafen Neipperg [Bd. XX, S. 159] sich von dem Hauptcorps absonderte. Am 17. Juli brach er nach Wisznica auf. Am 22. Juli kam es zur Schlacht bei Kroczka, welche mit der Niederlage unserer Armee endigte und sicher zur totalen Vernichtung derselben würde geführt haben, wenn nicht der Prinz von Hildburghausen und Graf [264] Neipperg mit ihrem 13000 Mann starken Corps rechtzeitig eingetroffen wären. Der Graf führte während der Schlacht die Grenadiere in Person an und setzte sich überall der größten Gefahr aus, aber das Schlachtenglück entschied gegen ihn. Mit einem Verlust von 6000 Mann rückte er am 23. Juli wieder in die Linien vor Belgrad ein. Als dann die Türken Miene machten, diese Festung zu belagern, zog er sich am 30. Juli nach Pancsova zurück. Einem Angriffe, den er auf die Türken machte, hielten diese nicht Stand, sondern wichen demselben aus, und er unterließ es, sie zu verfolgen. Am 7. August brach er mit seiner ganzen Armee auf, marschirte[WS 1] die Temes aufwärts, ging am 9. bei Tomaszowicz über dieselbe, passirte am 15. bei Czentes die Donau und schlug bei Surdok das Lager auf, dann setzte er nach einigen Tagen den Marsch gegen Semlin fort, wo er am 30. d. M. anlangte. Ueber die Kriegführung des Grafen schreibt Reilly: „Er führte das Heer zwecklos zwischen den Morästen der Donau herum, und, hatten viele Truppen des Heeres im ersten Jahre ihren Geist auf brennendem Sande verlechzet, im zweiten an der Pest aufgegeben, so war im dritten ihr Loos, in Sümpfen oder an deren Ausdünsten zu erliegen“. Graf Neipperg hatte sich inzwischen in das türkische Lager begeben und unter Vermittlung des französischen Abgesandten Marquis de Villeneuve mit dem Großvezier den schimpflichen Frieden von Belgrad 18. September 1739 abgeschossen, in Folge dessen die Festungen Belgrad und Schabatz, nachdem ihre seit 1717 angelegten Befestigungen geschleift worden, nebst ganz Serbien und der kaiserlichen Walachei den Türken überlassen wurden und nur Temesvár mit dem Banate dem Kaiser verblieb. Demselben erschien dieser in der That schimpfliche Frieden nicht verträglich mit der Ehre der kaiserlichen Armee, Graf Wallis und Graf Neipperg erhielten Arrest, Baron Seher übernahm von Ersterem das Commando, und der Kaiser erließ an die auswärtigen Höfe ein Circularschreiben, in welchem er mit Darlegung der Irrthümer dieses Feldzuges beide Generale öffentlich tadelte und ihre Versetzung in Anklagestand befahl. Im December 1739 trat in Wien unter dem Hofkriegsrathspräsidenten Grafen Harrach eine kaiserliche Commission zusammen. Das Ergebniß derselben war, daß Graf Wallis als Gefangener der Festung Spielberg bei Brünn den Ausgang der Untersuchung abzuwarten habe. Am 22. Februar 1740 langte der General auf dem Spielberg an, wo er von dem Grafen Zinzendorf am Thore, während die Besatzung unter klingendem Spiel in zwei Reihen unter Gewehr aufgestellt war, empfangen und auch während des Arrestes mit der seinem hohen Range entsprechenden Rücksicht behandelt wurde. Schon nach einigen Monaten, am 20. October 1740, starb Kaiser Karl VI., und mit 6. November desselben Jahres resolvirte Kaiserin Maria Theresia, daß die Untersuchung wider den General aufzuheben und derselbe in seiner früheren Würde wieder einzusetzen sei. Aus der Haft begab sich der Graf auf seine Güter in der Grafschaft Glatz. 1741 erhielt er die Erlaubniß, sich in Wien einzufinden, wo er von der Kaiserin-Königin huldvoll empfangen und auch den Kriegsberathungen zugezogen ward. Doch kränkelte er seitdem beständig und starb daselbst im Alter von 71 Jahren. Graf Georg Olivier hatte sich zweimal vermält, im Jahre 1714 mit Maria Francisca Antonie Gräfin Goetz zu Scharfeneck, und nach deren [265] 1723 erfolgtem Tode am 18. August 1743 mit Theresia Josepha Maximiliana Gräfin Kinsky, welche ihn um acht Jahre überlebte, Die Ehe mit der ersten Frau blieb kinderlos, seine zweite Gattin schenkte ihm einen Sohn Stephan Olivier und eine Tochter Maximiliana, welche sich mit Philipp Grafen Welsperg vermälte.

Eröffnetes Cabinet großer Herren, Bd. II, S. 781,782, 876 und 997. – Theatrum Europaeum, Tom. XVIII, an. 1707, p. 226. – Europäische Fama. 266. Theil, S. 120 u. f.; 291. Theil, S. 235 u. f.; 333. Theil, S. 782 u. f. – Europäischer Staatssecretarius. XII. Theil, S. 1070; XLII. Theil, S. 483 u. f, S. 747 u. f.; LXII. Theil, S. 118 u. f. – Zedler’s Universal-Lexikon, Bd. LII, Sp. 1680–1695. – Schlosser. Geschichte des achtzehnten und des neunzehnten Jahrhunderts bis zum Sturze des französischen Kaiserreichs (Heidelberg 1849, Mohr, 8°.) Bd. I, S. 403, 407, 410; Bd. III, S. 367. – Tempel des Nachruhmes oder Sammlung kurzgefaßter Lebensgeschichten großer ausgezeichneter Militärpersonen, Staatsminister verschiedener Mächte u. s. w. (Wien 1797, J. G. Bing, 8°.) I. Theil, S. 157 u. f. – Thürheim (Andreas Graf). Feldmarschall Otto Ferdinand Graf von Abensperg und Traun 1677–1748 (Wien 1877, Braumüller, gr. 8°.) S. 20, 26, 28, 30, 32, 88–90, 147, 297 und 381.
Porträt. Unterschrift: „Georg Olivier Graf Wallis | Kayserl.[WS 2] General Feld-Marschall Lieuten. | Gouverneur von Messina etc. | Dasselbe befindet sich (gestochen von Bernigeroth) vor dem 266. Theile der „Europäischen Fama“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: maschirte.
  2. Vorlage: Kayerl..