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BLKÖ:Waldstein, Johann Friedrich Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 52 (1885), ab Seite: 236. (Quelle)
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Waldstein, Johann Friedrich Graf (Fürstbischof zu Seckau, geb. in Wien am 21. August 1756, gest. in Seckau am 15. April 1812), von der Duxer Linie. Ein Sohn des Grafen Emanuel Philipp aus dessen Ehe mit Maria Anna Theresia geb. Prinzessin Liechtenstein und ein Bruder der Grafen Ferdinand Ernst [231] und Franz de Paula Adam [234]. In der Theresianischen und der Savoy’schen Ritterakademie erzogen, verließ er die letztere nach zurückgelegtem zwanzigsten Lebensjahre, um sich in dem Collegium Apollinari zu Rom für den geistlichen Stand heranzubilden. Nachdem er in der Folge als Domherr Präbenden in Augsburg, Salzburg und Constanz erhalten hatte, empfing er im Erzstifte zu Salzburg die priesterlichen Weihen und wurde daselbst 1799 zum Domdechanten erwählt. Diese Würde gab ihm vielfach Veranlassung, seinen Eifer, seine Thätigkeit und Geschäftskenntniß zu entfalten. Eine besondere Gelegenheit erbot sich hiezu, als der Fürsterzbischof, welcher Salzburg verlassen mußte, daselbst eine provisorische Regierungsverwaltung einsetzte, zu deren Mitglied er den Grafen von Waldstein ernannte. Letzterer, hiebei mit der Verpflegung der durchziehenden französischen Truppen betraut, begab sich nach Wien, wo er große Summen Geldes zur Deckung der dem Lande auferlegten Contribution aufnahm, deren Verminderung er nach seiner Rückkehr durchsetzte. 1802 ward er Fürstbischof von Seckau, und 1808 ertheilte ihm Se. Majestät unter gleichzeitiger Ernennung zum [237] geheimen Rathe die Verwaltung des Bisthums von Leoben. Stets lag es ihm am Herzen, die schweren Pflichten seines Amtes genau zu erfüllen und mit ihnen seinen Patriotismus, seinen Drang nach Menschenveredlung zu bethätigen. Als Mitglied der Stände Steiermarks leistete er in den Kriegen von 1805 bis 1809 durch seine Reisen nach Holitsch, Ofen und Wien dem Staate die wichtigsten Dienste, denn seine thätige Sorge verschaffte dem bedrängten Lande Lebensmittel und Geld. Durch diesen edlen Eifer gefährdete er jedoch im letzten Kriege seine persönliche Freiheit, denn als ein Zahlungstermin der feindlichen Forderungen nicht zugehalten werden konnte, wurde Graf Waldstein als Geisel auf dem Schloßberge zu Gratz verhaftet. Aber seine Standhaftigkeit und Treue gegen seinen Monarchen erwarben ihm die Achtung des Feindes dergestalt, daß er nach vierzehntägiger Haft die Freiheit erhielt, und er bezog nun mit derselben ruhigen Würde, mit welcher er das Gefängniß betrat, seinen bischöflichen Palast. Jetzt konnte er sich wieder seinen hohen Amtspflichten widmen. Eine zweckmäßige Bildung des jungen Clerus war seine vorzüglichste Sorge. Er letzte das Priesterhaus der Diöcese, welches als Pflanzschule angehender Geistlichen einer Erweiterung nothwendig bedurfte, im Jahre 1804 derart in Stand, daß es seiner Bestimmung vollkommen entsprach. Dann gab er diesem Bildungsinstitute eine treffliche Verfassung, welche er unausgesetzt durch persönliche Einwirkung aufrecht zu erhalten suchte, und diese schöne Gründung hatte auch die wohlthätigsten Folgen für das Land. Das Nächste, worauf er sein Augenmerk richtete, war eine zweckmäßige Eintheilung seines großen Sprengels, welche er im Jahre 1805 ausführte. Auf seinen öfteren Reisen durch die Diöcese entging seinem Forscherblicke nichts, dabei achtete er weder Beschwerden noch Gefahren, nahm keine Rücksicht auf seine schwankende Gesundheit, setzte jede Gemächlichkeit hintan, drang in das Innerste der Thäler, erstieg die hohen Gebirge der Steiermark, um seine heiligen Pflichten, gleich dem jüngsten seiner Amtsbrüder, gewissenhaft zu erfüllen. Sechsmal stürzte er mit seiner Kutsche. Er bereiste sämmtliche .Kreise Steiermarks nach allen Richtungen, kein Gotteshaus wurde von ihm unbesucht gelassen, jedem Priester und Seelsorger schenkte er seine Aufmerksamkeit. Dabei ertheilte er den ärmeren Landeseinwohnern das Sacrament der Firmung, um ihnen die mühsame und kostspielige Reise nach dem Hauptsitze des Bisthums zu ersparen, und eine angestellte Berechnung gibt über 230,000 Seelen an, denen er dieses Sacrament auf sieben verschiedenen Bereisungen persönlich spendete, so wie er 326 Alumnen die Priesterweihe ertheilte. Um sich allen Menschen des Sprengels verständlich zu : machen und ihnen in der Muttersprache das Evangelium zu predigen, lernte er die windische Sprache und erreichte hiedurch den Vortheil, mit den Bedürfnissen Aller genauer bekannt zu werden, die seiner väterlichen Leitung anvertraut waren. Eine gleiche Sorgfalt verwendete er auf die Beförderung der Schulen. Alle Jahre unternahm er Schulbereisungen, wohnte den Prüfungen bei, prüfte selbst und erweiterte und befestigte hiedurch nicht bloß Religionsbegriffe, sondern eine vernunftgemäße Bildung der Jugend überhaupt. Beweise seines Scharfblickes in Oberleitung aller geistlichen Geschäfte finden sich in seinem zu Gratz gedruckten Hirtenbriefe an seine Diöcesangeistlichkeit vom 8. Juli 1805, und in dem Schreiben an die [238] Curatgeistlichkeit seines Kirchsprengels vom 19. Juni 1808, bei Gelegenheit der Errichtung der Landwehr in der Steiermark. Durch seinen rastlosen Eifer schwächte er aber seine Gesundheit, und als er im April 1812 die gewöhnliche Schulbereisung begann, wurde seine ohnehin angegriffene Constitution durch die rauhe Jahreszeit vollends zerrüttet. Aber er ließ in seinem Eifer nicht nach, er wirkte fort, bis eine Erschöpfung der Kräfte ihn zwang, plötzlich nach Gratz zurückzukehren, wo, nach einer kurzen Besserung, ein Nervenschlag seinem Leiden, aber auch seinem wohlthätigen Wirken ein Ziel setzte.

Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1812, S. 298, Nekrolog. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835 u. f., 8°.) Bd. VI, S. 25. – Leardi (Peter). Reihe aller bisherigen Erzbischöfe zu Salzburg, wie auch der Bischöfe zu Gurk. Seckau, Lavant, Leoben u. s. w. (Gratz 1818, Alois Tusch, 8°.) S. 122 und 126. – Oesterreichs Pantheon, Galerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1830, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. I, S. 147.