BLKÖ:Vivorio, Augustin
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 51 (1885), ab Seite: 96. (Quelle) | |||
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[97] erhielt er seine Erziehung in der Schule der Jesuiten, wo er seine Muttersprache, dann Latein und etwas Mathematik erlernte. Auf den Wunsch des Vaters sollte er sich für dessen Gewerbe ausbilden und wurde zu diesem Zwecke nach Venedig geschickt, wo die Goldschmiedekunst immer auf hoher Stufe stand; aber Vivorio hatte einen Widerwillen gegen dies Geschäft, und um seinen vorherrschend geistigen Neigungen leben zu können, trat er in den Orden der Augustiner-Mönche, und zwar zunächst in das Kloster zu Vicenza, aus welchem er zur Beendigung des Noviziates nach Pavia kam. Hierauf schickten ihn seine Oberen nach Ravenna, wo er die philosophischen Studien begann, die er dann unter der Leitung vortrefflicher Lehrer in Verona fortsetzte. Schon zu jener Zeit trat seine große Vorliebe und besondere Eignung zu mathematischen Studien an den Tag, und so jung er war, schrieb er über Gleichungen des dritten und vierten Grades eine lateinische Abhandlung, welche den Beifall seiner Lehrer fand. Durch sein mathematisches Talent gewann er besonders die Theilnahme zweier ausgezeichneten Mathematiker, welche als Professoren am Militärcollegium zu Verona angestellt waren, nämlich Leonardo Salimbeni’s und des Cavaliere von Lorgna [Bd. XVI, S. 47], eines kaiserlichen Genieofficiers von ganz ungewöhnlicher Bedeutung. Nun kehrte er nach Vicenza zurück und trat zunächst als Erzieher in die Familie des Grafen Leonardo Thiene ein. Seine pädagogische Beschäftigung ließ ihm aber immer noch Zeit zu seinem Lieblingsstudium, der Mathematik, und er veröffentlichte in dieser Zeit mehrere darauf bezügliche Arbeiten. Nachdem sein Erzieheramt im Hause des Grafen Thiene seinen Abschluß gefunden hatte, ging er in gleicher Eigenschaft zur Familie Folco, und nun waren vornehmlich die schönen Künste und die Pädagogik Gegenstand seiner eindringlichsten Studien. Um sich in ersteren an Ort und Stelle zu vervollkommnen und namentlich an den Werken des Alterthums sich zu läutern, reiste er nach Florenz und Rom. Als dann Cavaliere Lorgna 1782 nach dem Muster der französischen Gelehrten-Gesellschaft der Vierzig die Società italiana gründete und dazu die ersten Gelehrten seines Vaterlandes als Mitglieder erwählte, berief er Vivorio als Secretär an seine Seite und erwirkte bei der Regierung, daß demselben die Lehrkanzel der schönen Literatur, Geschichte und Geographie am erwähnten Militärcollegium zu Verona verliehen wurde. In dieser Zeit beschäftigte sich Vivorio vornehmlich mit pädagogischen Untersuchungen und war nach dieser Richtung auch schriftstellerisch thätig, zugleich erfand er damals ein sehr sinnreiches Instrument, durch welches jede beliebige Länge sofort in ganz genau gleiche Theile getheilt werden konnte. Als mit den veränderten politischen Verhältnissen auch das Veroneser Collegium aufgelöst wurde, kehrte er, um so mehr als Cavaliere Lorgna gestorben war, in seine Heimat Vicenza zurück. Dort aber fand er sofort eine seinen Kenntnissen entsprechende Verwendung, er wurde Vorstand einer zur Regelung der öffentlichen Straßen und Brücken aufgestellten, sowie Mitglied einer mit den Regulirungsarbeiten der durch Zerstörungen berüchtigten Brenta betrauten Commission, und Director der Straßen und Wasserbauten in der Provinz Vicenza. In dieser letzteren Stellung legte er der Regierung mehrere wichtige den Straßen- und [98] Wasserbau betreffende Denkschriften vor. Als dann nach des Grafen Otto Calderari [Bd. II, S. 237] 1803 erfolgtem Tode der Beschluß gefaßt wurde, die Zeichnungen dieses berühmten Architekten zu sammeln und zu veröffentlichen, nahm Vivorio an der Redaction derselben, welche unter dem Titel: „Disegni e scritti di architettura“ in drei Bänden erschienen, thätigen Antheil. Im Alter von 78 Jahren, nachdem er die letzten im Ruhegenuß verbracht hatte, schied er aus diesem Leben. Die Titel seiner Schriften sind: „Augustini Vivorii eremitae Augustiniani, de cubicis ac hiquadraticis aequationibus tractatus. Accedit nova regulae Cartesianae qua numerus affirmativarum et negativarum radicum in aequationibus dignoscitur, demonstratio“ (Veronae 1769, 4°., cum fig.); – „Sublimioris Geometriae opuscula“ (Venetiis 1772, 4°., cum fig.); – „Sopra i corpi delle arti, risposta ad un quesito accademico“ (Verona 1792, 8°.); – „Istromento divisore“ (ib. 1794, 8°.) und auch im 18. Bande der zu Mailand herausgegebenen „Oposcoli scelti delle Scienze ed Arti“; es ist dies die beschreibende Erklärung des in der Biographie erwähnten von Vivorio erfundenen Theilungsinstrumentes; – „Discorsi della vita sobria di Luigi Cornavo, con ragionamento ec.“ (ib.). 1788, 12°.); – „Forza delle impressioni nella prima età“ (Vicenza 1810, 8°.); – „Educazione morale“ (ib. 1814, 8°.); – „Prima educazione intellettuale“ (ib. 1815, 8°.); – im Jahrgange 1777 des von Elisabeth Caminer [Bd. III, S. 245] herausgegebenen „Giornale enciclopedico“ befinden sich auch etliche Abhandlungen seiner Feder.
Vivorio, Augustin (Mathematiker, geb. zu Vicenza 1744, gest. daselbst am 25. August 1822). Der Sohn eines Goldarbeiters und Juweliers,- Poggendorff (J. C.). Bibliographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1863, K. Ambros. Barth, schm. 8°.) Bd. II, Sp. 1213. – Tipaldo (Emilio de). Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti del secolo XVIII e de’ contemporanei (Venezia 1837 et sequ., gr. 8°.) tomo VIII, p. 25.