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BLKÖ:Ulbrich, Maximilian

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ulbrich, Johann Pius
Band: 48 (1883), ab Seite: 288. (Quelle)
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Ulbrich, Maximilian (Compositeur, geb. zu Wien 1752, gest. ebenda am 14. September 1814). Wir haben es hier mit einer kleinen Musikantendynastie zu thun, denn Ludwig von Köchel führt in seiner Monographie „Die kaiserliche Hof-Musikcapelle in Wien“ als Mitglieder dieses Institutes nicht weniger als vier Personen des Namens Ulbrich an: 1. Ignaz Ulbrich, 1767–1770 Bassist, 1772–1791 Posaunist, gest. am 14. December 1796 im Alter von 90 Jahren; 2. Johann K., 1787 Posaunist, dann im Personal der Capelle nicht wieder genannt; 3. Anton Ignaz, 1772–1796 Bassist, gest. 14. December letztgedachten Jahres, und 4. Anton, 1793–1830 Posaunist, gest. 5. Mai letztgenannten Jahres, 76 Jahre alt. Der Dritte von den vier Genannten, Anton Ignaz, unter der Kaiserin Elisabeth Hoftrombonist und dann zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia erster Hofbaßsänger, ist der Vater unseres Maximilian Ulbrich. Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Uebrigen zu einander sind dem Verfasser dieses Werkes nicht bekannt. Maximilian genoß seine erste Ausbildung auf dem Seminar der Jesuiten in Wien. Durch den berühmten Wagenseil erhielt er sowohl im Generalbaß, als auch in der Composition den ersten Unterricht; nach vollendeten Studien aber fand er in dem Capellmeister Reutter [Bd. XXV, S. 365] den weiteren Bildner seines musikalischen Talentes, auch weckte vornehmlich der Einfluß dieses Componisten [289] in ihm die Vorliebe für den Kirchenstyl, dem er dann auch mit großer Veredlung des Geschmackes huldigte. Seine amtliche Laufbahn begann und endete Ulbrich bei den niederösterreichischen Ständen, bei welchen er 1770 angestellt wurde. 1790 zum Vicebuchhalter, 1800 zum Buchhalter befördert und 1804 als solcher jubilirt, starb er im Alter von 72 Jahren. Die Muße seines Berufes widmete er der Musik, in welcher er es als ausübender Musiker, sowie als Compositeur zu nicht gewöhnlicher Bedeutung brachte. Er war auf den meisten Instrumenten bewandert, spielte fertig Clavier und Orgel und genoß die seltene Auszeichnung, bei den so interessanten Privat-Kammermusiken Kaiser Josephs II., in welchen dieser selbst bald die Violoncellstimme ausführte, bald eine Singbaßpartie übernahm oder auf dem Flügel aus der Partitur begleitete, zugelassen zu werden. Er hat viel und meist Kirchliches componirt. Doch sind auch andere Arbeiten von ihm bekannt, so schrieb er die Opern: „Frühling und Liebe“ und „Der blaue Schmetterling“, für welch letztere er auch das Libretto verfaßt hatte, für das k. k. Hoftheater; dann die Operette: „Die Schnitterfreude“, für das Leopoldstädter (damalige Marinelli’sche) Theater, wo dieselbe noch heute in der Originalschrift des Tonsetzers aufbewahrt wird. Außerdem componirte er ein großes Oratorium: „Die Israeliten in der Wüste“, welches in den Jahren 1779 und 1783 von dem Wiener Tonkünstlerverein aufgeführt wurde. Seine übrigen Compositionen bestehen aus Messen, Gradualen, Salve regina, Litaneien, Te Deum, dann aus einigen Divertissements für das Clavier und vielen Orchester-Symphonien, welche in den damals so berühmten Concerten des k. k. Landrechts-Vicepräsidenten von Kees oft, und zwar stets mit großem Beifalle zum Vortrage gelangten. Von Ulbrich’s zahlreichen Werken ist nichts im Stich erschienen, so trefflich sie waren, er unterließ aus Bescheidenheit ihre Veröffentlichung. Die Anfertigung eines Verzeichnisses derselben scheiterte an dem Umstande, daß alle Originale zerstreut bei einzelnen Freunden des Autors und Musikliebhabern sich befanden und er im höheren Alter von einer solchen Geistesentkräftung und Stumpfheit des Gedächtnisses befallen wurde, daß er selbst nicht mehr im Stande war, seiner einzelnen Werke sich zu erinnern. Ulbrich zählte zu den bedeutendsten Musikdilettanten seiner Zeit; als Compositeur stand er sehr hoch, und besonders seine Symphonien zeichneten sich durch Würde und Erhabenheit aus.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. VI, S. 612, im Anhange. – Gaßner (F. S. Dr.). Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex.-8°.) S. 852 [ein Artikel von bemerkenswerther Kürze, der nichts als das Geburts- und Sterbedatum enthält]. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Für Künstler, Kunstfreunde und alle Gebildeten. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Offenbach 1861, Joh. André, gr. 8°.) Bd. III, S. 377. – Gerber (Ernst Ludwig). Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler u. s. w. (Leipzig 1792, Breitkopf, Lex.-8°.) Bd. II, Sp. 699 [unter dem irrigen Namen Ulrich]. – Derselbe. Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1814, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. IV, Sp. 411 [diesmal unter dem richtigen Namen Ulbrich]. – Oesterreichische Revue (Wien, gr. 8°.) 1864, Bd. IV, S. 171 und 172, im Artikel: „Zur Geschichte des Concertwesens in Wien“. Von Dr. Eduard Hanslick. – Leipziger Musik-Zeitung (4°.) 1827, Nr. 52, Sp. 881, im Aufsatze: „Wiens musikalische Kunstschätze“. – Allgemeine Wiener Musik-Zeitung. [290] Redigirt von August Schmidt (Wien, 4°.) Jahrg 1841, S. 460, in den „Geschichtlichen Rückblicken“. – Köchel (Ludwig Ritter von). Die kaiserliche Hof-Musikcapelle in Wien von 1543 bis 1867. Nach urkundlichen Forschungen (Wien 1869, Beck, gr. 8°.) S. 95, Nr. 1351, S. 98, Nr. 1435 [über Anton Ulbricht]; S. 89, Nr. 1204, S. 93, Nr. 1277 [über Anton Ignaz]; S. 86, Nr. 1131, S. 91, Nr. 1251 [über Ignaz] und Nr. 1252 [über Johann K. Ulbrich].