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BLKÖ:Trautson, Johann Joseph Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Trautmannsdorf
Band: 47 (1883), ab Seite: 40. (Quelle)
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Trautson, Johann Joseph Graf (Erzbischof von Wien, geb. 27. Juli 1704, gest. daselbst am 10. März 1757). Als einer der jüngeren Söhne des Fürsten und Ritters vom goldenen Vließe Johann Leopold Donat aus dessen Ehe mit Maria Theresia Ungnad Gräfin von Weißenwolf für den geistlichen Stand bestimmt, erhielt er frühzeitig ein Canonicat zu Salzburg, dann zu Passau und Breslau, wurde Propst von Ardagger, in der Folge Abt von Sexard. Der Fürstbischof von Passau Joseph Dominik Graf Lamberg [Bd. XIV, S. 41] ernannte in Würdigung der geistlichen Tugenden Trautson’s denselben zu seinem Officialen für den seinem Kirchensprengel unterstehenden Theil in Oesterreich unter der Enns. Abt Joseph versah dieses Amt mit seltener Umsicht, behielt die wahren Rechte der Kirche fest [41] im Auge, legte alle aus dem Zwiespalt derselben mit jenen des Staates entspringenden Streitigkeiten im milden Sinne des heiligen Stifters der Kirche bei und erließ zur Aufrechthaltung der kirchlichen Zucht und Ordnung viele weise Gesetze und Anordnungen. Viel noch würde der fromme, auf das Wohl der Gläubigen sorgfältig bedachte Prälat in dieser Richtung gewirkt haben, wäre er nicht zu höheren Zwecken ausersehen gewesen. Der alternde Erzbischof von Wien Sigmund Graf Kollonitz [Bd. XII, S. 363] bedurfte zur Waltung seines hohen Amtes der Aushilfe, und es fiel seine Wahl auf den Prälaten Trautson. Dieser, der sich in seinem Wirkungskreise nicht nach höheren Ehren sehnte, lehnte anfangs jedes Anerbieten entschieden ab und fügte sich erst nach wiederholten dringenden Anträgen, die Würden eines Coadjutors und Erzbischofs von Carthago in partibus annehmend, die ihm am 7. September 1750, verliehen wurden. Aber schon kurze Zeit danach, am 12. April 1751, starb Erzbischof Kolonitz, und noch im nämlichen Jahre bestieg Trautson als dessen Nachfolger den erzbischöflichen Stuhl von Wien. Nur sechs Jahre war es ihm vergönnt, auf diesem hohen Posten zu wirken, aber sie genügen, um ihn unter die ersten Zierden des Wiener Episkopates einzureihen. Seine Hirtenbriefe gewinnen gerade in unseren Tagen, in welchen übel verstandener kirchlicher Eifer, nicht selten auch hochmüthiges Zelotenthum den richtigen Standpunkt der Kirche zu verrücken bestrebt ist, erst rechte Bedeutung. Schon den Antritt seiner hohen Würde verkündet er mit Worten voll Demuth und Ergebung in den göttlichen Willen, gibt aber ferner kund, daß er die Pflichten seines neuen Amtes genau kenne und nichts fordere, als daß ihm Alle in Erfüllung derselben durch Mitarbeit und gutes Beispiel beistehen. Dann weist er auf die hohe Bedeutung des Predigtamtes hin und ermahnt die Prediger, das Volk in der Schuldigkeit des Gehorsams gegen seine Fürsten und Obrigkeiten und in den Pflichten gegen die Nebenmenschen wohl zu unterrichten. Aber dabei blieb der würdige Kirchenfürst nicht stehen. Eingehender spricht er sich im Hirtenbrief des Jahres 1752 aus. Darin erinnert er Alle, die das Wort Gottes predigen, an die Wichtigkeit und Bedeutung des Amtes, zu welchem Gott sie berufen habe. Der Erzbischof schärft ihnen ein: dies sei vor Allem nöthig: recht zu glauben, recht zu thun und auf die Rettung der Seele bedacht zu sein. Er bedauert die gemeinen Leute, welche, in den Grundsätzen des Glaubens schlecht unterrichtet, auf unterschobene Offenbarungen, auf nicht geprüfte Wunderwerke oder abergläubische Thorheiten mehr halten, als auf Gottes Wort und Evangelium; welche durch alle Kirchen den Ablässen nachlaufen, ohne zu wissen, was ein Ablaß sei oder was zur Gewinnung desselben erfordert werde; welche in besondere Andächteleien, in Verehrung eines Heiligen oder Bildes mehr Hoffnung setzen, als in die Verdienste des Erlösers Jesus Christus: welche sich mehr fürchten, die Gesetze einer Bruderschaft, als die Gebote Gottes zu übertreten. Solche Fehler, schreibt der Kirchenfürst in seinem Hirtenbriefe weiter, schleichen durch die Prediger ein, welche zwar von den Heiligen, die sie zu loben haben, wohlunterrichtet, von dem Heiligen der Heiligen aber stumm sind; welche die Verehrung gnadenreicher Bilder mit allem Fleiße anrathen, den Urquell aller Gnaden aber, die einzige Ursache [42] unserer Rechtfertigung vernachlässigen; welche die Ablässe und Freiheiten übermäßig erheben, von den Geboten Gottes und der Kirche aber wenig oder gar nichts melden. Es sei zwar nützlich, zu seiner Zeit vom Lobe und von der Anrufung der Heiligen, von Verehrung gnadenreicher Bilder, von Kirchenfahrten, Ablässen und Bruderschaften zu reden, doch dürfe dies nicht übertrieben werden; man solle keinen Heiligen über den anderen erheben, noch weniger selbe unserem einzigen Mittler Christus gleichmachen, oder gar solche Geschichten berichten, welche den einfältigen Zuhörer dahin bringen könnten, daß er sich seines Heils versichert zu sein glaube, wie er immer schon sonst leben möge, wenn er nur diesen oder jenen Heiligen verehre, dieses oder jenes Bild öfter besuche, in diese oder jene Bruderschaft eintrete. Besonders wichtig aber sind des Erzbischofs Worte, welche er gegen die Unsitte, ja den Mißbrauch der Priester richtet, die Kanzel, die dem Worte Gottes gewidmet ist, zu Zwecken leidiger Politik zu verwenden. Wir hören, lautet es im Hirtenbriefe, daß einige Prediger, von einem unbescheidenen Eifer hingerissen, wider die höchsten Obrigkeiten, die dermalige Regierungsverfassung, die öffentlichen Verordnungen und Erlässe, wider die Drangsale unserer Zeiten, die beschwerlichen Auflagen des Staates und ähnliche Gegenwürfe sehr hitzig losziehen und poltern, was sich für kluge Diener am wenigsten gezieme, da sie doch hiedurch keine andere Frucht haben, als daß sie einige schwierige Gemüther mehr entrüsten und zu öffentlichen Unruhen Anlaß geben. Ganz anders habe der Apostel gelehrt, dessen Worten sie vielmehr folgen sollten. Ich habe Euch erwählet, heißt es bei Johannes XV, 16, und Euch gesetzt, daß Ihr hingehen und Frucht bringen sollt, und daß Euere Frucht bleibe. Nun, welchen Nutzen wird wohl ein Prediger verschaffen, der die Kanzel besteigt, nicht um der anwesenden Versammlung heilsame Vermahnungen zu ertheilen, sondern um über die Abwesenden zu toben, um das Volk aufzuwiegeln und den Aufrührerischen gleichsam die Fahne vorzutragen? Dies ist die schöne Frucht davon, daß die bereits aufgebrachten Gemüther noch mehr erbittert, die den Vorgesetzten gebührende Ehrerbietung vollends aufgehoben, leichtfertigen Zungen freier Zügel gelassen, das gehässigste Murren und folglich der Groll wider die Landesfürsten und übrigen obrigkeitlichen Personen dadurch genährt und unruhigen Köpfen die verderblichste Anreizung zu Empörungen dargeboten werde. Endlich verurtheilt der Erzbischof die Art und Weise, wie die Prediger das Wort Gottes verkünden. Er hält ihnen rügend vor, daß sie der Eitelkeit sich ergeben, ihre Reden nur aufzuputzen suchen, ungereimte Dinge erzählen, verwegene Auslegungen der h. Schrift machen, ja sogar sich auf der Kanzel als auf einem Theater verhalten. Alle diese Fehler steigern nur die Abwendung der Irrgläubigen von der wahren Kirche Gottes, ja dergleichen Unfuge wären nicht einmal von den Heiden geduldet worden. (Man glaubt, wenn man einen Hirtenbrief Trautson’s liest, der Erzbischof sei eben vom Grabe auferstanden und habe das eine oder das andere Gotteshaus der Gegenwart besucht.) Diese Hirtenbriefe erregten allgemeines Aufsehen und nicht nur in den zunächst betheiligten Kreisen, sondern auch bei den Protestanten, die den Erzbischof sofort in ihr Lager zogen und als einen der Ihrigen angesehen wissen wollten. Damit geriethen sie aber doch an die unrechte [43] Thür. Vom Lutherthum war in diesen Briefen nicht eine Spur zu finden, sondern nur die ewige Weisheit der unverfälschten Lehre Christi. Aber nicht blos durch seine Hirtenbriefe wirkte der würdige Kirchenfürst läuternd, belehrend und erhebend auf seine Gemeinde, auch sonst ließ er es nicht an weisen Anordnungen zur Heiligung der Kirchenzucht, zur Vermehrung der Andacht und Ausrottung der Mißbräuche fehlen. Er sah die katholische Kirche als einen fruchtbringenden Acker an, den man sorgfältig pflegen und besichtigen müsse, auf daß nicht mit dem Weizen zugleich das Unkraut mitwachse. Von der Erkenntniß durchdrungen, daß der Priester nicht in Unwissenheit verharren dürfe, weil diese und der schlechte Geschmack in den göttlichen Wissenschaften den Dienern des Wortes Gottes große Hindernisse zur Erweckung der richtigen Früchte bereiten, sah er darauf, daß die Priester seiner Diöcese mit allem Ernst der Pflege der Wissenschaften oblagen. Selbst tief gelehrt, in den orientalischen und der griechischen Sprache bewandert und Doctor der h. Schrift, verfolgte er mit aufmerksamem Blick die Literatur seiner Zeit, las und sammelte vorzügliche Bücher, welche er letztwillig zum größten Theile der erzbischöflichen Bibliothek einverleiben ließ, und mehrere werthvolle physikalische Instrumente legirte er der Universität. Die Kaiserin Maria Theresia, welche den würdigen Prälaten hochschätzte, übertrug ihm die Untersuchung der Uebelstände im Unterrichtswesen, da man den sichtlichen Verfall des Schulwesens im Kaiserstaate, den zunehmenden Aberglauben und die erschreckende Unwissenheit, welche in der Mehrzahl des Volkes sich kundgab, dem lichtscheuen Treiben der Jesuiten zuschrieb. Der Tod hinderte den Prälaten, diesen Auftrag der Monarchin auszuführen. Aber auch sonst ehrte die Kaiserin ihren Erzbischof, indem sie ihm 1753 das Protectorat über die erneuerten Studien an der Wiener Hochschule übertrug. Und dieses Amt, namentlich in der theologischen Facultät, übte er gewissenhaft aus, da er den Versammlungen der Theologen in der Facultät gewöhnlich in Person beiwohnte und an ihren Verhandlungen sich betheiligte. Am 5. April 1756 verlieh ihm Papst Benedict XIV. den Cardinalshut, und am 10. Juli d. J setzte ihm die Kaiserin in der Hofkirche das Barett auf. Aber es war ihm nicht gegönnt, sich lange dieser nach dem Papstthum höchsten Kirchenwürde zu erfreuen, denn noch im Anfang des December d. J von einem Schlaganfall getroffen, starb er nach schwerer Krankheit im März 1757, erst 53 Jahre alt. Der Erzbischof liegt in der St. Stephanskirche zu den Stufen der großen Frauencapelle begraben.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 400. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, Lex.-8°.) Bd. II, S. 377.
Grabdenkmal des Erzbischofs Johann Joseph Grafen Trautson. Dasselbe befindet sich in der großen Frauencapelle zu St. Stephan in Wien, und des Erzbischofs Bruder Fürst Johann Wilhelm – nicht aber Wenzel, wie es die und da heißt – der Letzte seines (Geschlechts, ließ das schöne Denkmal setzen, dessen Inschrift nur aus römischen Initialen und der Jahreszahl besteht: „J. | S. R. E. P. | C. T. C. I. | F. A. E. V. | S. R. I. P. | A. 1757“. Der geheimnißvolle Inhalt dieser Initialen ist höchst einfach und lauter: Josephus Sacrae Romanae Ecclesiae Presbyter Cardinalis Trautson Comes in Falkenstein Archi-Episcopus Viennensis, Sacri Romani Imperii Princeps. Anno 1757.