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BLKÖ:Tököly, Emmerich

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tököly, Helena
Band: 45 (1882), ab Seite: 232. (Quelle)
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4. Ein dritter Sohn Stephans ist der berüchtigte Rebell Emmerich Tököly, der den Verrath, mit welchem der Vater sein Leben befleckt hatte, in fluchwürdiger Weise fortsetzte, aber so wenig wie dieser sein Ziel erreichte. Im Jahre 1656 auf dem Schlosse Käsmark in Ungarn geboren, erhielt er eine sehr gute Erziehung. Fünfzehn Jahre alt, befand er sich mit seinem Vater auf dem belagerten Schlosse zu Árva, wo sich derselbe das Leben nahm. Noch vor der Uebergabe der Burg floh er auf das Schloß Huszt, später aber nach Siebenbürgen, wo er sich unter den Schutz der Pforte und des Großfürsten Apaffi stellte. Als dieser den unzufriedenen Ungarn im Jahre 1675 Hilfstruppen sendete, nahm auch Emmerich an dem Zuge Theil. Da er sich ebenso muthig als fähig erwies, so vertraute ihm Apaffi bald den Oberbefehl über die siebenbürgischen Truppen in Ungarn an. Nach dem Tode des ungarischen Oberfeldherrn Wesselény trat Tököly in dessen Stellung ein, setzte sich von seinem Unterfeldherrn Teleky unterstützt und durch die von den Jesuiten bedrängten, ihm schaarenweise zuströmenden Evangelischen verstärkt, in kürzester Zeit in den Besitz von fast ganz Oberungarn, verwüstete Mähren, zwang Brünn zur Uebergabe und drang, begünstigt von Frankreich und der Pforte, in Oberösterreich ein. Alle Bergstädte gingen verloren, und er ließ theils auf seinen eigenen Namen, theils seinem Gönner Ludwig XIV. von Frankreich zu Ehren Münzen prägen. Nachdem er noch den kaiserlichen General Leslie, der Siebenbürgen bedrohte, geschlagen und den Rest des Corps desselben gefangen genommen hatte, schloß er mit Oesterreich einen Waffenstillstand ab, welcher jedoch zu keinem Frieden führte. Tököly hatte seine Hand der Witwe Niclas Apaffi’s zugesagt, dann aber, um sich mit der verwitweten Fürstin Helena Rákoczy zu verbinden, sein Wort zurückgenommen. Während er sich hiedurch dem Hasse der siebenbürgischen Großen ausgesetzt sah, suchte Helenas Schwiegermutter, die dem Hause Oesterreich ergebene Fürstin Rákóczy, ihn dem kaiserlichen Hofe zu nähern, indem sie demselben mittheilte, daß Tököly zur Unterwerfung bereit sei, wenn man ihm seine Güter zurückgeben und seine Vermälung mit Helena gestatten wolle. Obwohl die darüber gepflogenen Unterhandlungen zu keinem Ziele führten, gab Tököly doch seinen Plan, sich Oesterreich zu unterwerfen, namentlich als dasselbe auf dem Reichstage zu Oedenburg 1681 den Mißvergnügten in vielen Stücken Nachgiebigkeit entgegenbrachte, nicht auf, und er würde ihn auch zur Ausführung gebracht haben, wenn ihn seine Verbindungen mit der Türkei, Siebenbürgen und Frankreich, sowie die Gegenvorstellungen mehrerer seiner Unterfeldherren nicht davon zurückgehalten hätten. Als seine abermalige Belagerung von Szathmár mißlang und seine Anhänger ihn zu verlassen begannen, wendete er sich an den Sultan Muhamed IV. um Hilfe, worauf ihn dieser gegen einen jährlichen Tribut von 40.000 Thalern zum Fürsten von Ungarn unter türkischer Oberhoheit einsetzte. Scheinbar unterhandelte Tököly noch immer mit dem Kaiser. Nachdem er aber mit dessen Zustimmung im Jahre 1682 seine Verbindung mit Franz Rákoczy’s Witwe, einer Tochter des 1671 hingerichteten Grafen Zriny, vollzogen und dadurch die [233] wichtige Festung Munkács in seine Gewalt bekommen hatte, legte er die Maske ab, verwarf die Bedingungen der Oesterreicher, schloß einen förmlichen Bund mit der Pforte, hon auf den Gütern seiner Gemalin sogleich 14.000 Mann aus und begann im August seinen Kriegszug, auf welchem er Szathmár, Kaschau, Neutra, die Insel Schütt, Eperies, Leutschau, die Zips, sowie alle Bergstädte eroberte und bis Schlesien vordrang. Bei seinem Triumphzuge in Ofen erhielt er von dem Großsultan das Diplom über seine Ernennung zum Fürsten Ungarns nebst prächtigen Geschenken. Auf dem Landtage zu Kaschau ließ er sich als König huldigen, auch wurden jetzt Münzen mit seinem Bildnisse geprägt, Als im folgenden Jahre der Krieg zwischen Oesterreich und der Pforte ausbrach, zog Tököly mit dem Großvezier Kara Mustapha vor Wien, ward aber bei Preßburg; geschlagen und nach der Niederlage der Türken vor der Kaiserstadt am 12. September angeklagt, daß er den Verlust der Schlacht verschuldet habe. Er machte sich deshalb eilig auf den Weg nach Adrianopel und wußte sich vor dem Sultan von der Beschuldigung zu reinigen, worauf dem Großvezier die seidene Schnur zugeschickt wurde. Obgleich nun die kaiserliche Armee in Ungarn immer weiter siegreich vorrückte und die meisten der Malcontenten daselbst sich in Folge der von Leopold I. erlassenen Amnestie unterwarfen, so setzte Tököly dennoch den Widerstand fort, verlor aber mehrere Gefechte, entging im August 1684 bei Eperies mit genauer Noth der Gefangennahme durch die Kaiserlichen und mußte nach der Schlacht von Gran im August 1685 Eperies, Tokaj, Kaschau und mehrere feste Plätze räumen. Vergeblich rief er die Türken, die nun selbst ernstlich an den Frieden dachten, um Hilfe. Diese, um ihr Verlangen nach Frieden zu bethätigen, verhafteten am 4. October Tököly auf verrätherische Weise zu Großwardein und schickten ihn in Ketten an den in Adrianopel weilenden Sultan. Indessen machten die Kaiserlichen bedeutende Eroberungen, belagerten die Veste Munkács, in welcher sich die Familie Tököly’s aufhielt, fanden aber hier den hartnäckigsten Widerstand. Im Anfange des Jahres 1686 wurde Tököly von dem Sultan, der sich dessen weiter als Werkzeug für seine Zwecke bedienen wollte, in Freiheit gesetzt und für seine weiteren Operationen mit 9.000 Mann türkische Truppen unterstützt. Dagegen fand er in Ungarn selbst nur wenig Anhänger, konnte somit Munkács nicht entsetzen und auch sonst keine bedeutende kriegerische Unternehmung ausführen. Hierzu gesellte sich noch von Seite der Türken neuerliches Mißtrauen gegen Tököly, wozu dessen zweideutiges Verhalten immerhin Anlaß genug gab, daß ihn diese im December 1687 neuerdings festnahmen und nach Constantinopel brachten, wo er aber sogleich wieder in Freiheit gesetzt wurde. Mittlerweile hatten sich die Ungarn völlig unterworfen und den Erzherzog Joseph mit Zusicherung der Erbfolge für seine Nachkommen zum Könige gewählt, selbst Siebenbürgen und die Walachei sich unter den Schutz Oesterreichs gestellt, und endlich am 14. Jänner 1688 mußte auch Munkács nach dreijähriger Belagerung capituliren, worauf die Gemalin Tököly’s und deren Kinder aus erster Ehe. unter diesen der nachmals so berühmte Franz Rákoczy II., nach Wien gebracht wurden. Auf diese Nachricht eilte Tököly von Constantinopel herbei, erließ ein Manifest an die ungarische Nation, sammelte ein Heer, brachte aber kaum 8.000 Mann zusammen, an deren Spitze er bei Großwardein von dem österreichischen General Heister[WS 1] überfallen und völlig geschlagen wurde, so daß er nur mit wenigen Reitern nach Gyula entkam. Zwar erhielt er vom Sultan aufs Neue die Bestätigung als Fürst von Ungarn und von Frankreich Unterstützung an Geld, aber er war ohne Land, da die Kaiserlichen ganz Ungarn inne hatten und unter dem Prinzen von Baden selbst in Bosnien eindrangen. Nach dem Tode des Großfürsten Apaffi I. von Siebenbürgen übernahm dessen minderjähriger Sohn Apaffi II., von Oesterreich beschützt, unter der Vormundschaft des Grafen Teleky die Regierung. Tököly, von dem Sultan zu der großfürstlichen Würde dieses Landes erhoben, drang unvermuthet mit 16.000 Mann daselbst ein und schlug den Grafen Teleky und den kaiserlichen General Heister[WS 1] im September 1680 bei Zernyest. Ersterer fand in dieser Schlacht den Tod. Heister[WS 1] gerieth in Gefangenschaft, ward indeß 1692 gegen Tököly’s in Wien gefangen gehaltene Gemalin ausgewechselt. Bald nach diesem Siege mußte sich aber Tököly vor dem Prinzen von Baden in die Walachei zurückziehen. Als jedoch die Türken, durch den Abzug der kaiserlichen Truppen ermuthigt, in Ungarn bedeutende Eroberungen machten, fiel er wieder in Siebenbürgen ein, besiegte im Jänner 1691 [234] den Prinzen August von Hannover bei Teres, wo dieser auch den Tod fand, zog sich aber der ungünstigen Witterung wegen bald wieder in die Walachei zurück. Nach dem Verluste der Schlacht bei Salankemen am 19. August 1691, in welcher er die türkische Reiterei befehligte, wäre er in Belgrad von dem wüthenden Pöbel, der ihn für einen Verräther hielt, fast ermordet worden. Auch an allen folgenden Kämpfen der Pforte gegen Oesterreich nahm Tököly Theil, aber seine Truppen schmolzen immer mehr zusammen, und da er vom Podagra gequält, kein Pferd besteigen konnte, machte er seine Kriegszüge zu Wagen mit. Indeß war sein Einfluß auf den Sultan immer noch bedeutend. Als dann Mustapha II., der 1695 den Thron bestieg, mit einem zahlreichen Heere auftrat und einige Eroberungen machte, erhielt Tököly’s Hoffnung neue Nahrung, wurde aber schon durch die Schlacht bei Zenta am 11. September 1697 vernichtet. Er befand sich mit dem Sultan bei derjenigen Abtheilung des Heeres, welche die Theiß überschritten hatte, und entfloh mit ihm in die Türkei. Obwohl er Alles aufbot, um den Abschluß des Friedens zwischen der Pforte und Oesterreich zu verhindern, so kam dieser doch am 11. September zu Stande. Von Tököly war in dem Friedenstractat keine Rede, der neunte und zehnte Artikel forderten aber, daß den Rebellen, die als Räuber anzusehen und zu bestrafen seien, durchaus kein Zufluchtsort in Ungarn gestattet werde. Deshalb blieb er mit seinen Anhängern, etwa 1400 Familien, in der Türkei. Nachdem er im Jahre 1698 den letzten Versuch, die Ungarn zu seinen Gunsten aufzuregen, ohne Erfolg gemacht hatte, lebte er mit seiner Gemalin, welche am 8. Februar 1703 im Alter von 60 Jahren starb, abwechselnd zu Constantinopel und Galatha, ohne an den Unruhen, die sein Stiefsohn Franz Rákóczy II. erregte, sich zu betheiligen. Bereits seit 1695 war ihm von dem Sultan eine ansehnliche Pension gewährt worden, dazu erhielt er 1698 mehrere Güter und den Titel eines Grafen von Widdin. Er starb am 13. September 1705 auf dem Landgute Asmid bei Nikodemien in Kleinasien, wo er zuletzt, wie Einige wissen wollen, sehr kümmerlich gelebt haben soll. Mit einem schönen Aeußern und einem sehr einnehmenden Betragen verband er einen hohen Muth, scharfe Beurtheilungskraft, gereifte Einsicht und eine Geistesgegenwart, die ihn nie verließ. Hinter seinen zur Schau getragenen Plänen verbarg er immer einen versteckten und that dann etwas, wessen sich weder der Sultan noch seine nächste Umgebung versah. Ein Rebell gegen Kaiser und König, versuchte er Ungarns Unabhängigkeit mit Hilfe der Türken zu erkämpfen, ohne zu bedenken, daß es dann nur ein Vasallenstaat der Türkei geworden wäre, da es ja unfähig war, ist und bleiben wird, auf eigenen Füßen zu stehen. Aber wenn ihm auch sein Plan nicht gelang, das Verdienst, Ungarns alte Verfassung wieder hergestellt zu haben, bleibt ihm unbenommen. Mit Emmerich erlosch das Geschlecht der Tököly von Käsmark, das ein Jahrhundert hindurch gleich einem feurigen Meteor am Horizonte ungarischer Magnatenmacht und Herrlichkeit unheimlich genug geglänzt, das durch seine Verbindung mit dem Erbfeind der Christenheit, dem Türken, nicht blos Oesterreich, sondern Europa geängstigt hatte, aber wie das Geschlecht aus unreinen Elementen, aus dem Schoose eines Roßtäuschers hervorgegangen, so ging es in abenteuerlicher Schmach unter, indem der Letzte seines Stammes ein Bettelkostgänger der Moslems wurde. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. a b c Vorlage: Heisler.