BLKÖ:Szlemenics, Paul von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 42 (1880), ab Seite: 222. (Quelle) | |||
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[223] Familie in Oedenburg, von wo der Großvater unseres Paul, Joseph Szlemenics, unter König Karl III. zur Zeit des zweiten türkischen Krieges nach Kecskemét übersiedelte. Daselbst besuchte Paul das Gymnasium der Piaristen, sodann zu Pesth, wohin seine Eltern ihn vornehmlich zur Erlernung der deutschen Sprache schickten, die Rhetorik, zu Waitzen die Philosophie und da er in den geistlichen Stand zu treten beabsichtigte, auch den ersten Jahrgang der theologischen Studien. Bald aber gab er die Theologie auf und widmete sich an der Pesther Hochschule den Rechtswissenschaften, zugleich mit besonderem Eifer Nicolaus Révay’s [Bd. XXV, S. 374] Vorträge über ungarische Sprache hörend. Nachdem er schon 1803 als beeideter k. Tafelnotar in den praktischen Dienst getreten war, beendete er im folgenden Jahre die juridischen Studien und übernahm in der Familie des Grafen Franz Eszterházy in Wien eine Erzieherstelle, in welcher er fünf Jahre verblieb, bis er 1809 sich einer Concursprüfung für das Lehramt des ungarischen Civil- und Criminalrechts an der Akademie zu Preßburg unterzog und dasselbe auch erhielt. Bereits Professor der Rechte, erwarb er am 20. Juni 1810 das Advocaten-, am 29. August 1811 das Doctor-Diplom. Aus Anlaß seiner kleinen „Discussio…“, betitelten Streitschrift wurde er von Georg Grafen Festetics, dem er persönlich nicht bekannt war, zum Ehrenmitgliede des sogenannten Pristaldeum, eines von demselben zur Bildung praktischer Rechtsgelehrten gegründeten Institutes, ernannt. Indessen hatte er auch schon durch seine Lehrthätigkeit die Aufmerksamkeit der maßgebenden Kreise auf sich gelenkt, und er wurde von Seite des Senates der Pesther Universität wiederholt für eine Professur an derselben in Aussicht genommen, ohne sie jedoch zu erhalten. Dagegen ernannten ihn das Preßburger und später das Szathmárer Comitat zum Beisitzer ihrer Gerichtstafeln, und unter den im Jahre 1830 von Seiner Majestät dem Kaiser bestätigten ersten Mitgliedern der 1825 von Stephan Grafen Széchényi gegründeten ungarischen Akademie der Wissenschaften befand sich auch Paul Slemenics, und zwar für die rechtswissenschaftliche Classe derselben. Umfassend ist die schriftstellerische Thätigkeit dieses Rechtsgelehrten, der mehreres sowohl in lateinischer als ungarischer Sprache veröffentlicht hat. Seine in ersterer erschienenen selbständigen Schriften sind: „Elementa juris criminalis Hungarici“ (Preßburg 1817, 2. Aufl. 1827; 3, vermehrte Aufl. 1833); – „Discussio opusculi, cui nomen: Ratio Jurisprudentiae Hungaricae ad ductum Institutionum Kelemeniarum“ (Preßburg 1817); dies ist eben der Titel der oben erwähnten Schrift, in welcher Szlemenics für seinen Lehrer Emerich Kelemen [Bd. XI, S. 137, Nr. 3] eintrat. nachdem Alexander Kövy [Bd. XII, S. 270] dessen „Institutiones juris hungarici“ in scharfer Weise angegriffen hatte; – „Elementa juris Hungarici civilis privati“ Zwei Bände (ebd. 1819); – „Aliquid ad rationes Jurisprudentiae hungaricae“ (ebd. 1820), wieder eine Vertheidigung Kelemen’s gegen Alexander Kövy; – „Elementa juris Hungarici Judiciarii civilis“(ebd. 1829); – „Additamenta ad editionem tertiam Elementorum Juris Judiciarii civilis tam criminalis Hungarici“ (ebd. 1841). In ungarischer Sprache: „Közönseges törvényszék [224] polgári magyar törvény“, d. i. Allgemeines ungarisches Civilrecht (Preßburg 1823), es ist dies eine ungarische Uebersetzung seines oberwähnten lateinischen Werkes, worin er in Behandlung des Stoffes noch seinen Meister Kelemen zum Vorbilde nahm und nur bei controversen Fragen seiner eigenen Ueberzeugung folgte. Das Curatorium der von der Familie Marczibányi gegründeten Stiftung sprach ihm 1824 für dieses Werk den Jahrespreis zu. In der zweiten lateinischen Ausgabe dieses Werkes aber hielt sich Szlemenics schon an das System, welches er in der ungarischen Bearbeitung eingeschlagen hatte, und legte dasselbe auch der dritten Ausgabe zu Grunde; – „Fényitő-törvényszéki magyar törvény“, d. i. Ungarisches Criminalrecht (ebd. 1836, 3. Auflage 1861), auch dieses Werk ist eine Umarbeitung des obenerwähnten ursprünglich in lateinischer Sprache erschienenen. Er legte diese Uebersetzung, die er auf eigene Kosten erscheinen ließ, der Akademie vor, deren Mitglied er bereits war. Der berühmte ungarische Criminalist Samuel Fabriczi unterzog dieses Werk einer eingehenden kritischen Prüfung und stellte es „wegen der logischen Anordnung der Theile, wegen des das Ganze durchwehenden Geistes der Humanität und wegen seiner in Bezug auf den Styl krystallhellen, die ernste Würde der Wissenschaft mit dem Annehmlichen paarenden Deutlichkeit“ in die Reihe der ausgezeichnetsten wissenschaftlichen Werke; eine vierte verbesserte und mit den neuesten Gesetzen und Verordnungen vermehrte Auflage, welche im Jahre 1865 bei Heckenast in Pesth erschienen ist, hat nach des Verfassers Tode Valentin Okross bearbeitet; – „Magyar törvények történetirata rövid vázlatban előadva“, d. i. Geschichte der ungarischen Gesetze, vorgetragen in kurzen Skizzen (ebd. 1845) und „Magyar polgári törvény“, d. i. Ungarisches Civilrecht, 4 Bände (ebd. 1845). Nicht minder zahlreich sind seine in einzelnen Fachblättern erschienenen Abhandlungen, und zwar in „A magyar tud. társaság Éykönyvei“, d. i. Annalen der ungarischen gelehrten Gesellschaft: „Ueber die Eidesgenossen“ [1838, Bd. III]; – „Ueber die Widerwärtigkeiten der Nothwendigkeit des königlichen Consenses“ [ebd.]; – „Ueber den den Mädchen gebührenden vierten Theil“ [1840, Bd. IV]; – „Von den erblichen Gütern“ [1842, Bd. V]; – „Geschichte der ungarischen Gesetze vom Ursprunge Ungarns bis zum Aussterben der Arpaden, nachgewiesen aus Urkunden und Diplomen“ [1845, Bd. VI]; „Geschichte der Könige aus verschiedenen Häusern“ [1846, Bd. VII]. In der Zeitschrift: „Tudományos gyüjtemény“, d. i. Wissenschaftliche Sammlung: „Bemerkungen über einige Gegenstände des ungarischen Rechts: a) Von den mit dem Gesetze im Widerspruch stehenden Privilegien. b) Hat die fürstliche Erlaubniß zur Erbeinsetzung immer Macht? c) Von dem Rechte des oberherrlichen Besitzes“ [1817, Bd. V]. Im Athenäum: „Ueber den Adel der königlichen Trabanten“ [1832, Bd. III, Nr. 11 u. 12]. Mehreres hinterließ er auch in Handschrift, und zwar eine Darstellung der glänzenden Verdienste des reg. Herrscherhauses um die Vervollständigung der ungarischen Gesetzgebung, in ungarischer Sprache; dann mehrere lateinische Abhandlungen, darunter eine mit dem Preise Vitéz betheilte über vaterländische Institutionen, über die Quelle der ungarischen Rechtsalterthümer, eine [225] Lehre über den politischen Amtsstyl u. d. m. Als Szlemenics vorgerückten Alters wegen in den Ruhestand übertrat, wurde er durch Verleihung des Titels eines kaiserlichen Rathes ausgezeichnet, nachdem er schon früher (1839) in Würdigung seiner Verdienste um den öffentlichen Unterricht und die Literatur in den Adelstand erhoben worden war. (Sonderbarerweise findet er sich in Iván Nagy’s Adelswerke [Magyarország családai czimerekkel...] nicht angeführt.) Mit seinem Uebertritt in den Ruhestand gab er aber das literarische Schaffen nicht auf. So besorgte er die vermehrte und verbesserte Auflage der ungarischen Sprachlehre von Farkas, welcher er im Anhang eine kurze Syntax beifügte; übersetzte die Metamorphosen Ovid’s, die Oden des Horaz und das Lehrgedicht „Ueber die Natur der Dinge“ von Lucretius. Nach kurzer Krankheit wurde er im Alter von 74 Jahren seiner Familie durch den Tod entrissen. Die Gedächtnißrede, welche sein College in der ungarischen Akademie der Wissenschaften auf ihn hielt, schloß dieser mit den Worten: „Szlemenics war in allen Lebensverhältnissen: als Gatte und Vater, als Christ und Mensch, als Lehrer und Schriftsteller der Gegenstand allgemeiner Liebe und Verehrung“.
Szlemenics, Paul von (Rechtsgelehrter und Fachschriftsteller, geb. zu Kecskemét am 22. Jänner 1783, gest. in Preßburg am 26. December 1857). Ursprünglich wohnte die- Die Gedächtnißrede des Professors Pauler in den Schriften der ungarischen Akademie der Wissenschaften, welche auch in der zu Pesth erscheinenden Zeitschrift für Gesetzkunde und Rechtspflege (1858) abgedruckt ist. – Preßburger Zeitung, 1858, Nr. 233, im Feuilleton: „Paul von Szlemenics“. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) S. 560. – Toldy (Ferencz), A magyar nemzeti irodalom története a legrégibb időktől a jelenkorig. Rövid előadásban, d. i. Geschichte der ungarischen National-Literatur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Pesth 1864/65, Gust. Emich, gr. 8°.) S. 263, 264, 305 u. 306.