BLKÖ:Stolz, Michael
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 39 (1879), ab Seite: 174. (Quelle) | |||
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Joseph Stolz [siehe den Vorigen] ist, so dürfte seine Geburt um das Jahr 1815 fallen. Sein Vater hatte sich in Wien sechs Jahre lang in der Bildhauerei ausgebildet, war aber, durch Familienverhältnisse gehindert, diese Kunst zum Lebensberufe zu wählen, nach Tirol zurückgekehrt, wo er Pfarrmeßner zu Matrei wurde. Da Michael entschiedene Anlage zur Kunst des Vaters zeigte, so gab ihm derselbe den ersten Unterricht darin, und der Sohn machte sich später durch seine Arbeiten einen Ruf, der weit über die Grenzen seines Vaterlandes reichte. Wer eigentlich seine ferneren Lehrmeister gewesen, wo er sich zu dieser Tüchtigkeit in der Technik und gesunden künstlerischen Auffassung seiner zu lösenden Aufgaben emporgearbeitet, finden wir nirgends angedeutet; wie denn der Meister auch lange im Stillen, ohne sonderlich bemerkt worden zu sein, gearbeitet hat. Erst durch den Hochaltar in der Stadtpfarrkirche zu Wels gelangte sein Ruf zu eigentlicher Bedeutung. Der alte, schon sehr schadhafte Bau war bereits 1844 abgebrochen worden, und die Aufstellung eines neuen hatte sich in Folge mißlicher Umstände mehrere Jahre hindurch verzögert. Eine zu diesem Zwecke 1853 endlich eröffnete Subscription in der Pfarrgemeinde wurde 1855 geschlossen. Von verschiedenen Seiten, von dem Bildhauer Schneider [Band XXXI, Seite 37, Nr. 11] in Linz, Friedrich Diebold in München und Franz Sitte [Band XXXV, Seite 37] in Wien, liefen nun Altarprojecte ein, über welche man sich aber nicht einigen konnte, so daß man Michael Stolz, der damals bereits Lehrer an der k. k. Oberrealschule in Innsbruck war, zur Einsendung eines Entwurfes aufforderte. Zu Weihnachten 1855 kam er selbst mit seinem Projecte nach Wels, wo man sich nach genauer Prüfung für dasselbe entschied. Anfangs September 1856 war das Werk fertig, und am 29. d. M. fand die feierliche Einweihung desselben statt. Da dieses Werk wesentlich zur Charakteristik des Schaffens dieses Künstlers dient, geben wir davon eine gedrängte Beschreibung. Der reiche, aber nicht übergroße gothische Bau ist in den strengen Formen gehalten, wie man sie am Anfange des 14. Jahrhunderts handhabte. Die Vorderseite der Mensa ist mit den Bildnissen Christi und der Apostel geschmückt. Diese kleinen Statuen stehen unter mit Säulchen und Fialen (die mit Blumenknäufen verzierten pyramidalen Ausläufe der Strebepfeiler) gezierten Spitzbogen, wodurch die Mensa das Ansehen eines großen altdeutschen Reliquienschreines erhält. Ein weit ausladendes Gesims vermittelt den Uebergang vom Reliquienschrein zum Altartische. Auf dieser Mensa erhebt sich der Altaraufsatz. Er wird durch vier aufstrebende Pfeilerbündel, deren Sokel mit den auf Goldgrund gemalten Bildnissen der vier großen Propheten und der vier Evangelisten geziert sind, in drei Theile zerlegt, welche in der Höhe in drei Giebeln enden, von denen der [175] mittlere die beiden anderen verhältnißmäßig überragt. Jeder der drei Theile erhält zunächst einen schön gegliederten Unterbau von der Höhe der Pfeilersokel. Auf diesem Unterbau erhebt sich in den Seitentheilen je eine Nische, welche die Kirchenpatrone, die beiden h. Johannes, den Täufer und den Evangelisten, aufnehmen. Jede Nische ist mit einem Giebel mit Kreuzblumen gekrönt. Der mittlere Theil besteht unten aus dem originell und schön construirten Tabernakel. Darüber erhebt sich die Hauptnische zur Aufnahme der Statue der Unbefleckten. Das Tabernakel und diese Nische erglänzen im reichsten Schmucke. Die weite Hohlkehle, welche Tabernakel und Statue umgibt, nimmt unter reichen Baldachinen, wie man es an den Portalen mittelalterlicher Dome sieht, Engelgestalten in sich auf, welche die neun Chöre der Engel repräsentiren. Den Giebel dieser Mittelnische ziert ein Relief, das die h. Dreieinigkeit darstellt, den Vater mit Bezug auf das h. Meßopfer, den hingeopferten Sohn im Schoose. Sowohl der schmuckvolle Bau mit seinen mannigfaltigen bedeutsamen Verzierungen, wie die reiche, bunte, aber wohlgestimmte Fassung des Altares nach mittelalterlichem Muster, eine in Tirol noch nicht dagewesene Ausführung, machen einen ebenso ansprechenden als erhebenden Eindruck. Bald darauf erhielt unser Künstler Aufträge von dem Kirchenrathe zu Münster in Westphalen für einen neuen Altar in der dortigen Liebfrauenkirche. Er löste die Aufgabe in einer seinem Rufe entsprechenden Weise. Der Altar ist in reichem, rein gothischem Style gehalten und verbindet auf das glücklichste die constructiven Formen der Gothik mit den, den Holzarten eigenthümlichen ornamentalen; er steigt auf der einfachen, mit einem kräftig vorspringenden Sims und mit Dessins gezierten Mensa m drei Theilen neben einander empor. Der mittlere Theil überragt die zwei abseitigen, und jeder Theil endet wieder in drei Baldachinen, von denen ebenfalls immer der mittlere der höchste ist. Ueber diesen erhebt sich noch hoch, den drei Theilen entsprechend und künstlich verbundenes luftiges Maaßwerk. Der mittlere Theil enthält unten den Tabernakel in zwei übereinander angebrachten Abtheilungen; die untere gemauerte und durch ein eisernes, mit dem Bilde des Gekreuzigten geschmücktes Thörchen verschließbare zur Einsetzung des Allerheiligsten; die obere, eine reich gezierte Nische zur Aussetzung desselben. Die Giebel am Tabernakel sind mit Engeln, welche die Leidenswerkzeuge tragen, unter zierlichen Baldachinen geschmückt. Da der Altar der Mutter Gottes geweiht ist, trägt er auch ihr Bildniß. Neben dem Tabernakel ist im Bezuge zu diesem und zum Geheimniß der Wandlung Maria und der Erzengel Gabriel, das Geheimniß der Menschwerdung angebracht. Oben erblicken wir in der Hauptnische unter den drei Baldachinen des mittleren Theiles die Hauptvorstellung, die Krönung Mariens durch den göttlichen Sohn. Der ewige Vater erscheint unter den erhöhten mittleren Baldachinen und Engel feiern den Triumph mit. Unter dieser Vorstellung, in der Predella zu selber, ist das selige Hinscheiden der Gottesmutter dargestellt. Die zwei Seitentheile enthalten unter den Baldachinen, an Flügelaltäre erinnernd, zwei Reliefs, groß genug, daß die Vorstellungen auch von der Kirche aus gesehen werden können, das auf der Epistelseite die Geburt des Heilandes, das auf der Evangelienseite [176] die Anbetung der h. drei Könige darstellend. Unter den Mittelbaldachinen über diesen Tafeln sind zur rechten Seite Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist angebracht, als die bedeutungsvollen Repräsentanten des alten und neuen Bundes; auf der entgegengesetzten Seite begegnen sich der Juden- und der Heidenapostel Petrus und Paulus, andeutend die Erweiterung der Kirche durch die Bekehrung und Aufnahme der Heiden in dieselbe. Zu unterst an den Seitentheilen sind die heiligen Verwandten Maria’s und die beiden Erzengel Michael und Raphael zu sehen. Das ganze Werk, kunstgerecht in seiner Anordnung, musterhaft in seiner Ausführung bis in die Einzelheiten, ist ebenso richtig in seiner kirchlichen Auffassung, als sinnig in der Ausdeutung der heiligen Geheimnisse der Kirche. Dieser wie der Welser Hochaltar sind als des Künstlers Hauptwerke zu bezeichnen. – Zunächst an diese reihen sich seine plastischen Schöpfungen für den Hochaltar, die Seitenaltäre und die Kanzel der Pfarrkirche zu Andelsbuch in Vorarlberg; auch den Bau der Kirche hat der Künstler im J. 1859 übernommen und mustergiltig selbst ausgeführt. Er fertigte dazu die Statuen der Apostelfürsten Petrus und Paulus in Lebensgröße, für den Hochaltar bestimmt. Diese schönen Standbilder sind trefflich modellirt und ausgeführt, voll Kraft und Leben, Ausdruck und Würde. Für die reiche Mensa sind in Relief gearbeitet: Christus am Kreuze, ein Herz-Jesubild und der Engel mit dem Schweißtuch; für die Mensen der Seitenaltäre: die Unbefleckte, der h. Dominicus, die h. Katharina von Siena, der h. Joseph, der h. Aloysius und Antonius. Außerdem arbeitete er für einen dieser Altäre ein schönes Kruzifixbild, ferner für die Kanzel den Erlöser und die Symbole der vier Evangelisten. – Die nächste bedeutendere Arbeit war die Tiroler Landes-Adresse vom Jahre 1863, deren Plan wie den Grundgedanken zu den Illustrationen auf den sechs Pergamentblättern er selbst entworfen und deren Zeichnungen August von Wörndle componirt und ausgeführt hat. Die Ornamente der einzelnen Blätter, sowie der Deckel, sind auch nach den Zeichnungen unseres Künstlers ausgeführt. Ferner rühren von ihm die Entwürfe und Zeichnungen zu zwei Glasgemälden und zu zwei romanischen Altären für die nach ihrem Brande im romanischen Style umgebaute Kirche zu Platt in Passeier. Alle diese Arbeiten veranlaßten, daß Stolz im Jahre 1867 mit einem Stipendium betraut wurde, welches ihm ermöglichte, eine Kunstreise nach Italien anzutreten. Im October g. J. brach er denn auch von Innsbruck auf, überschritt, nachdem er die Kunst- und Baudenkmale Südtirols besichtigt, Anfangs November die Veroneser Klause, bereiste den genannten Monat hindurch das toscanische Gebiet und traf am 7. December in Rom ein. Als im Frühjahr 1868 sein Urlaub zu Ende ging, bat er um Verlängerung desselben und erhielt ihn bis zum Ablaufe des Schuljahres 1868. Nach seiner Rückkehr trat er mit mehreren Werken auf, welche den Einfluß dieser Kunstreise deutlich an sich tragen, so zunächst mit einer Statue der unbefleckten Jungfrau für die Pfarrkirche in Kaltern, welches Gebild zu den schönsten Schöpfungen der heutigen Bildnerei zu zählen ist. Die in einfachster Fassung, ruhig und edel gehaltene Statue, gehüllt in den weißen mit goldenen Lilien besäeten Mantel, dessen Bordurenrand die Sternbilder [177] der lauretanischen Litanei zieren, ist eben so originell als durch ihren Liebreiz fesselnd. Von seinen übrigen Arbeiten seien noch erwähnt der im streng gothischen Style ausgeführte Altar in der gothischen Capelle des Schlosses Ambras in Tirol, deren Restauration zu Ende der Sechziger-Jahre (1867–1868) stattfand. Ungemein sinnig hat der Künstler die Liebe und Anhänglichkeit des Tirolers für sein angestammtes Kaiserhaus in diesem Werke auszudrücken verstanden. In Relief-Figürchen sind nämlich die Patrone des Kaiserhauses: Franz Joseph, Elisabeth, Gisela und Rudolph dargestellt. Der obere Aufbau des Altars enthält den Tabernakel für die Aufbewahrung und Aussetzung des Allerheiligsten und die von einem Baldachin überdachte Statue des heiligen Nicolaus, des Patrons der Capelle, in vollem bischöflichen Ornat mit Gold- und Bildstickerei, in feiner geschmackvoller Weise prachtvoll ausgestattet. Auch die übrige Ornamentik ist ebenso zart als reich durchgeführt. In den letzten Jahren wurde dem Künstler die Restauration der berühmten Kreuzigung von Wechselberg in Sachsen übertragen. Gegenwärtig zeichnet derselbe einen Seitenaltar für St. Pauls (über Etsch), der, dem Kirchenpatron gewidmet, unter einem reich detaillirten gothischen Giebelbau das Leben des Apostelfürsten in legendarischen Scenen darstellt. Diese Reliefs gruppiren sich um die Hauptfigur, welche als Statue den mittleren Baldachin einnimmt und sich wirksam als die Weihefigur des ganzen Altars manifestirt. Der Heldenapostel findet in der Mensa die erste Adoration des Jesukindes durch die Magier, das Vorbild der Berufung des Heidenthums zur Christus-Religion. Stolz zählt zu den begabtesten und phantasievollsten Künstlern seiner Gattung. Seine Entwürfe gothischer Altäre, in seinem Atelier zu sehen, sind ebenso prächtig als originell. Er verschmäht jene berüchtigte Stanzengothik, welche als Sclavin der Mode die Aeußerlichkeiten der wahren Gothik als Zierat sich aneignet, ohne die Gesetze der Architektonik gründlich zu studiren. Er ist in den Geist des gothischen Styls eingedrungen, und in seinen Werken paßt bei freiem Fluß seiner schöpferischen Phantasie Alles harmonisch zusammen.
Stolz, Michael (Bildhauer, geb. zu Matrei in Tirol, Geburtsjahr unbekannt). Zeitgenoß. Da er der jüngere Bruder des 1877 verstorbenen Directors der Tiroler Landes-Irrenanstalt zu Hall,- Katholische Blätter. Herausgegeben vom katholischen Centralvereine in Linz (4°.) Jahrg. 1856, Nr. 85 und 86: „Die Einweihung des neuen Hochaltars in der Stadtpfarrkirche zu Wels“. – Bote für Tirol und Vorarlberg, 1857, Nr. 45: „Kunst“. – Morgenblatt (Stuttgart, Cotta) 1858, S. 24: „Correspondenz aus Tirol“. – Tiroler Stimmen (Innsbruck, 4°.) 1863, Nr. 180–182: „Die Landes-Adresse“ [eine ausführliche Beschreibung der Illustrationen nebst Angabe des Antheils der einzelnen Künstler an der Ausführung derselben].