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BLKÖ:Sedlaczek, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Šedivý, Prokop
Band: 33 (1877), ab Seite: 276. (Quelle)
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Sedlaczek, Johann (Flöten-Virtuos, geb. zu Ober-Glogau in Schlesien 6. December 1789, gest. in Wien 11. April 1866). Der Sohn eines Schneiders, erlernte das Handwerk des Vaters. Nebenbei übte er sich ohne Anleitung, u. z. meist nur an den arbeitsfreien Sonntagen im Flötenspiele. Später ertheilte ihm ein Kammermusicus des Grafen von Oppersdorf einige Unterweisung in der Behandlung seines Instrumentes. 21 Jahre alt ging er als Schneidergeselle auf die Wanderung. Als solcher war er nach Troppau, Brünn, Olmütz, endlich nach Wien gekommen und nun war er zum Längsten Schneider gewesen. In Wien wurde er, da er sich mittlerweile im Flötenspiele sehr vervollkommnet hatte, bei Privataufführungen und Serenaden, wie sie damals Beethoven, Hummel und Mayseder zu veranstalten liebten, verwendet, wurde dann Mitglied eines Orchesters und gab nun das Handwerk auf, von welchem ihm die Wanderlust geblieben, denn, da er sich als Flötenspieler zum Virtuosen seines Instrumentes herangebildet, unternahm er vom Jahre 1818 an Kunstreisen, wodurch sich sein Künstlerruf auch im Auslande verbreitete. In Wien hatte er schon im Jahre 1816 u. z. in Gemeinschaft mit Raphael Dreßler (geb. in Graz 1784, gest. 1835), der sich 1809 in Wien, wo er Flötist am Hoftheater wurde, niederließ und daselbst bis 1817 blieb, in welchem Jahre er einem Rufe nach Hannover folgte und dort starb, das erste Concert gegeben. Auf seinen Reisen besuchte er Deutschland, die Schweiz, später [277] Italien, wo er im Jahre 1820 in Verona zur Zeit des Congresses vor den dort versammelten Monarchen spielte, dann nach Neapel ging, wo er drei Jahre blieb und nun in Palermo, Rom, Florenz, Modena, Parma, Genua, Turin, Venedig sich öffentlich hören ließ. Aus Italien begab er sich über Wien und nach einem kurzen Besuche seiner Eltern in seine Heimat unmittelbar nach Paris, wo er mit Fétis concurrirte und demselben zwar nicht in Qualität des Tones und Eleganz des Styles, wohl aber in brillanten Passagen gleichkam. Um die Mitte des Jahres 1826 ging er nach London wurde daselbst Concertmeister, heirathete eine Engländerin und ließ sich nun bleibend in London nieder. Nach fast 20jährigem Aufenthalte in der Themsestadt, trieb ihn 1845 die Sehnsucht nach Wien zurück, wo er fortan bis an sein Lebensende blieb, das im Jahre 1866, nachdem er 77 Jahre alt geworden, eintrat. Nach seiner Rückkehr trat er nur mehr selten öffentlich in Concerten auf. Ein Jahr vor seinem Tode, am 23. April 1865, beschloß er in einem Concerte im Bösendorfer’schen Salon seine 50jährige Künstlerlaufbahn. Fürst Eßterházy hatte S. zu seinem Kammervirtuosen ernannt. S., zugleich Mitglied mehrerer philharmonischer Gesellschaften, war auch Componist; er hat für sein Instrument mehrere Variationen und andere kleinere Stücke geschrieben, wovon auch Einiges im Drucke erschienen ist, leider nicht sein schönstes Werk: „Le passage du Simplon“, worin die höchste virtuose Technik seines Spieles niedergelegt ist.

d’Elvert (Christian Ritter), Geschichte der Musik in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien mit Rücksicht auf die allgemeine, böhmische und österreichische Musikgeschichte (Brünn 1873, gr. 8°.) Anhang, S. 172. – Hanslick (Ed.), Geschichte des Concertwesens in Wien (Wien 1869, Braumüller, gr. 8°.), S. 251. – Hoffinger (J. Ritt. v.), Oesterreichische Ehrenhalle (Wien 1867, A. Schwaiger, gr. 8°.) Bd. IV (1866) S. 79. – Wiener Zeitung 1865, Nr. 92, S. 266 [daselbst wird Sedlaczek „der tiefste und ergiebigste, aber auch letzte lebendige Brunnen zum Quellenstudium der älteren Wiener Concertgeschichte“ genannt, und werden, wenn die Concert- und Opernfluth verbrauste, Mitteilungen aus seinem Leben und seinen interessanten künstlerischen Erinnerungen in Aussicht gestellt. Wie es dem Herausgeber dünkt, ist es bei dem bloßen Versprechen geblieben].