BLKÖ:Schwanthaler, Franz Xaver
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 32 (1876), ab Seite: 282. (Quelle) | |||
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[283] Bruders Franzens; die Jugendzeit verbrachte er im Vaterhause, und schon bei seinen ersten Arbeiten gab sich eine Richtung kund, die weit hinaus ging über das Handwerksmäßige seiner Kunst, welche in dem Orte, wo er lebte, eben nicht viel Gelegenheit fand, sich in einer ihr entsprechenden Weise zu entwickeln. Als sein Vater starb, ging der junge Künstler nach München, wo er bei seinem Oheim Franz freundliche Aufnahme und auch, freilich nicht immer gerade solche Beschäftigung fand, wodurch er sein künstlerisches Talent nach dessen voller Bedeutung hätte zur Geltung bringen können. Denn in der ersten Zeit seines Münchener Aufenthaltes gab es noch wenig Beschäftigung und erst, als sein Vetter Ludwig in den im Auftrage des Königs Ludwig I. ausgeführten Arbeiten sein großartiges Talent in einer Weise bethätigte, daß der König seine schöpferische Kraft immer wieder in Anspruch nahm und ihn immer wieder mit neuen Aufträgen beschäftigte, erst dann, an seines Vetters Seite, brachte Xaver auch sein Talent zur Geltung und half demselben in wirksamster Weise bei Ausführung aller Arbeiten. Dadurch wurde er freilich dem großen Publicum weniger bekannt, da sein gut Theil Arbeit in den Werken seines Vetters steckt, was doch den jungen Mann, der mit inniger Liebe und Treue an seinem leider oft kränkelnden Vetter hing, weder verstimmte, noch in seiner Thätigkeit beirrte; der ihm dadurch entrissene Ruhmesantheil hinderte ihn durchaus nicht, sich mit ganzer Seele der Ausführung der Aufgabe zu widmen, die eben wieder sein Antheil geworden. In den von Ludwig Sch. ausgeführten Arbeiten in der Residenz, in der Glyptothek, im Kunstausstellungsgebäude, in der neuen Pinakothek u. s. w. sind auch Xaver’s Leistungen versteckt, und nur die Werke selbst könnten es verrathen, an welchen Stellen sein Meißel thätig gewesen. Aber auch noch in anderer Richtung verdient X. Erwähnung. Als ausgezeichneter Praktiker stand er bei den häufigen Krankheitsanfällen Ludwig’s demselben als Ordner und Leiter des großartigen Ateliers mit Allem, was darum und daran hing, in werkthätiger Weise mit Umsicht und Verständniß zur Seite. Auch wirkte er künstlerisch und sonst sehr fördernd auf das Gewerbsleben, indem er eine Reihe von zweiundzwanzig Jahren hindurch an der Modellirschule gründlichen und nutzreichen Unterricht im Bossiren ertheilte. Als sein Vetter Ludwig endlich mitten in Vollendung großer Aufträge aus den Lebenden gerissen wurde, ging, was früher Xaver für ihn zu leisten hatte, von nun an auf Wag und Gefahr seiner selbst. Xaver setzte nun die Arbeiten seines Vetters zum großen Theile fort. Von seinen selbstständigen Arbeiten sind zu erwähnen ein großer Theil der Modelle zu den Ornamenten des königl. Hoftheaters; viele Büsten, Statuen und Statuetten; von seinen in Marmor ausgeführten Statuen gingen namentlich in den letzteren Jahren mehrere nach England und Amerika; von seinen Statuetten sind aus früherer Zeit, insbesondere jene Gangkofer’s, des Erbauers der Frauenkirche, dann des Königs Ludwig und Wallenstein’s, beide aus Gyps, als besonders gelungen bemerkenswerth. In der Walhalla sind die Büsten des Kaisers Karl V., Friedrich Barbarossa’s und Mozart’s Werke seines Meißels. Eines der beiden Giebelfelder für die Propyläen führte er im Auftrage des Königs Ludwig in Marmor nach dem Entwurfe seines Vetters [284] Ludwig ganz selbstständig aus; das zweite zu vollenden, war ihm durch seinen plötzlichen Tod – er erlag, 55 Jahre alt, einem Choleraanfall – nicht gegönnt. So hatte er auch eine Gruppe, welche aus des Künstlers Skizzen der König von Württemberg ausgewählt und ihm zur Ausführung übertragen hatte, nur zur Hälfte vollendet; mehrere kleinere plastische Werke sind bei seinem Ableben ganz oder doch nahezu vollendet vorgefunden worden. Noch sei seiner kolossalen Christus-Statue gedacht, welche er im Auftrage des Klosters Weingarten in Württemberg ausgeführt und welche zu den schönsten Werken des uns zu früh entrissenen Künstlers zählt. – In Beziehung zu den zwei erwähnten Künstlern steht auch das am 21. September 1868 zu Ried gefeierte Schwanthalerfest. Da nämlich, so weit man zurückdenkt bis zum Jahre 1838, das Haus Nr. 35 in Ried im Besitze der Familie Schwanthaler gewesen, so wurde an diesem Hause eine marmorne Gedenktafel mit der Inschrift: „Stammhaus der Schwanthaler“, mit vier, von Professor Rudolph Schwanthaler in München ausgeführten Medaillons, welche die Bildnisse des Peter (Ludwig’s Großvater, der in Ried ansässig geblieben), Franz [s. d. S. 282] Ludwig und Xaver [s. d. Obigen] Schwanthaler darstellen, angebracht. Dann folgten die Einzelnheiten des Festes, darunter die Festrede, welche sich über die Ursache dieser Feier und die Bedeutung der Gedenktafel ausbreitete. Nach der Enthüllung veröffentlichte die Gemeindevorstehung, daß die Gasse, in welcher das Schwanthalerhaus steht und welche bis dahin die „Obere Pfarrgasse“ hieß, von nun ab den Namen „Schwanthalergasse“ führen werde. Während der Tage vom 18. –21. September war eine Sammlung von Werken mehrerer Sproßen dieser Familie zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt. Wenn das Müller-Klunzinger’sche Künstler-Lexikon Franz Xaver Schwanthaler den Letzten der Schwanthaler’schen Familie nennt, so verweisen wir zur Richtigstellung dieser Notiz auf vorgenannten Rudolph Schwanthaler und die von ihm zum Schwanthalerfeste in Ried ausgeführten Medaillons.
Schwanthaler, Franz Xaver, gewöhnlich blos Xaver (Bildhauer, geb. zu Ried im Innviertel Oberösterreichs am 16. November 1799, gest. an der Cholera in München am 24. September 1854). Ein Neffe des Vorigen, ein Vetter des berühmten Ludwig Sch. Den ersten Unterricht in der Kunst erhielt er in Ried bei seinem Vater Peter, dem jüngeren- Münchener Zeitung, 2. October 1854, Nr. 234, in der Beilage. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XVI, S. 114. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 503. – Rechenschafts-Bericht des Verwaltungs-Ausschusses des Kunstvereins in München für das Jahr 1854 (München 1855, Georg Franz, 4°.) S. 52.