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BLKÖ:Ruß, Leander

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 288. (Quelle)
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Ruß, Leander (Maler, geb. zu Wien 23. Sept. 1809, gest. zu Rustendorf bei Wien 8. März 1864). Ein Sohn des Karl Ruß [s. d. Vorigen]; den ersten Unterricht in der Kunst erhielt er von seinem Vater und später bezog er die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, an welcher er die künstlerischen Studien vollendete. Alsdann unternahm er eine Reise nach Italien, welches Glück seinem Vater, so sehr er dasselbe ersehnt hatte, infolge der ihm durch Maler Cauzig eingestellten Künstlerpension nicht gegönnt war. In Italien copirte Leander fleißig alte Meister und versuchte sich auch in eigenen Compositionen. Im Jahre 1833 der Künstler zählte damals 24 Jahre – wählte ihn der Freiherr Prokesch-Osten zu seinem künstlerischen Begleiter auf einer Reise nach dem Orient. Nach seiner Rückkehr malte er, in die Fußtapfen seines Vaters tretend, mehrere Bilder aus der vaterländischen Geschichte, deren eines: „Die Vertheidigung einer Bresche auf der Löwelbastei durch die Bürger Wiens“, im Jahre 1838 ausgestellt war und für die Belvedere-Gallerie erworben wurde, wo es sich noch in der Abtheilung für moderne Kunst befindet. Das Bild, auf Leinwand gemalt (6 Sch. 6 Z. hoch und 9 Z. breit, ganz dieselbe Größe wie seines Vaters Hecuba), wurde durch Lithographie vervielfältigt. Ein später von ihm gemaltes Bild: „Der Raubritter“, hat er selbst für das von dem älteren Wiener Kunstverein herausgegebene „Album der Künstler Wiens“ im J. 1844 lithographirt. Eine Uebersicht der wenigen, von ihm öffentlich ausgestellten Bilder folgt auf der nächsten Seite. Er hat überhaupt, da ihm keine Gelegenheit zu großen Compositionen gegeben ward und die Kunst auch nach Brot geht, den Reichthum seiner Künstlerkraft in kleiner Münze, als in Skizzen, Zeichnungen, Aquarellen u. dgl. m., verausgabt, daher in Oelfarbe von ihm gemaltes Bedeutenderes nur selten anzutreffen sein dürfte. Hingegen sind die von ihm hinterlassenen größeren und kleineren Skizzen und theilweise auch ausgeführten Zeichnungen, die einen Cyklus der vaterländischen Geschichte in tieferer Weise behandeln, als [289] bisher geschehen, sprechende Beweise dafür, daß er Bedeutendes hätte leisten können, wenn ihm Gelegenheit dazu geboten worden wäre. R. galt auch für einen geschmackvollen Anordner sogenannter lebender Bilder und wurde als solcher von Seite des kaiserlichen Hofes bei mehreren Gelegenheiten in Anspruch genommen. Als im Jahre 1839 der damalige Großfürst-Thronfolger, der jetzige russische Kaiser, am Wiener Hofe zu Besuch war, stellte er aus Anlaß der dem Gaste zu Ehren angeordneten Festlichkeiten im Rittersaale der Hofburg mehrere lebende Bilder nach berühmten Meisterwerken älterer und neuerer Zeit, welche R. selbst in einem eigenen Hefte Lithographien fixirt hat. R. zeichnete sich in seinen Arbeiten besonders durch die historische Treue seiner Bilder, namentlich im Costume, Architectur u. s. w. aus, so daß seine Bilder in culturhistorischer Hinsicht eine Bedeutung haben. So z. B. hat er in der großen Tuschzeichnung: „Die Gesandtschaft des Cheruskerfürsten Hermann überbringt dem Markomanen Marbod den Kopf des Varus“, welche Eigenthum der Staatsdruckerei ist, die Waffen und den Rüstungsschmuck nach den Funden in den keltischen Gräbern bei Hallstadt ausgeführt. In den Ausstellungen in der Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien waren in den Jahren 1828 bis 1839 und dann nach langer Pause im Jahre 1848 folgende Gemälde des Künstlers zu sehen, und zwar im Jahre 1828: „Petrus und Johannes am Eingang des-Tempels“; – „Das Ende der Sündfluth“; – „Der Sturm“; – 1830: „Ritter Ivanhoe befreit die Jüdin Rebecca“; – 1832: „Don Quichotten’s Sancho Pansa wird in einer Schenke fuchsgeprellt“; – „Rinaldo, im verzauberten Walde einen Baum fällend“ (Gerus. liberata, canto XVIII.); – „Die lustigen Wiener auf dem Lande“; – „Dem während des Reitens schlafenden Sancho Pansa wird sein Esel gestohlen“; – 1834: „Ansicht bei Cairo“; – „Sphinx bei den Pyramiden von Gizeh“; – 1835: „Maria von Sikingen erbittet von dem sterbenden Weislingen die Begnadigung ihres Bruders Götz von Berlichingen“; – „Stiftung des Klosters Zwettl durch Azza von Kuenring“; – 1837: „Leopold VII. der Babenberger öffnet den Wiener Bürgern seine Schätze zur Vergrösserung ihres Handels und ihrer Gewerbe“; – „Der Araber, seine Familie vertheidigend“; – 1838: „Die Bürger Wiens vertheidigen die Bresche an der Löwelbastei am 6. Sept. 1683“; – 1839: „Nach der Schlacht“; – „Kaiser Joseph II. und der Pensionist“; – 1848: „Kriegslist der Bürger der Stadt Dürnstein an der Donau durch Aufstellung von Masken, Brunnenröhren statt der Kanonen auf den Wällen, welche den über die Besatzung der Stadt getäuschten Feind zum Abzug bewog“ (Episode aus dem österreichischen Successionskriege 1741) (600 fl.). Von anderen Arbeiten des Künstlers sind noch bekannt: ein Altarbild: „Der heilt. Hyazinth“ in der Pfarrkirche zu Zlin im Hradischer Kreise Mährens, dann einige, welche in den Monatsausstellungen des österreichischen Kunstvereins zu sehen waren, und zwar im Mai 1859: „Die Gründung Wiens“, eine Tuschzeichnung; im März 1865 aus seinem Nachlasse von der Staatsdruckerei ausgestellt: „Auerochsenjagd“, – „Die gute und die schlechte Presse“, zwei Tuschzeichnungen, und im Jahre 1870: „Sommerlandschaft“, Oelbild, das um den Preis von 600 fl. zum Kaufe ausgeboten war. In den verschiedenen Almanachen, welche in Wien erschienen sind, finden sich Stiche nach seinen Zeichnungen, an welche kein höherer Maßstab anzulegen ist. In neuerer Zeit brachte die Leipziger „Illustrirte Zeitung“ im Februar 1861 einen großen Holzschnitt nach einer Zeichnung von ihm: „Kaiser [290] 'Karl V. im Kloster zu St. Just“. R., der auch den Grafen Breuner auf einer größeren Reise begleitet haben soll, war in den letzten Jahren kränkelnd und enthielt sich gänzlich von der praktischen Ausübung seiner Kunst. Er verbrachte den größeren Theil des Jahres in dem nächst Wien gelegenen Dorfe Kaltenleutgeben, wo er in der dortigen Kaltwasserheilanstalt vergeblich Linderung des Uebels suchte, das ihn im Alter von 55 Jahren dahinraffte.

Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XIV, S. 81. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien 1836, gr. 8°.) S. 394. – Hoffinger (J. Ritter von), Oesterreichische Ehrenhalle (Wien, Ant. Schwaiger u. Comp., gr. 8°.) II. 1864. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1864, Nr. 81. – Wiener Zeitung 1864, Nr. 68, S. 890. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VI, S. 665, Nr. 3. – Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste zu St. Anna in Wien (8°.) 1828,1829, 1830, 1832, 1834, 1835, 1837, 1838, 1839, 1848.