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BLKÖ:Redtenbacher, Ferdinand

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Redlmayer
Band: 25 (1873), ab Seite: 113. (Quelle)
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Redtenbacher, Ferdinand (Director des Karlsruher Polytechnicums, geb. zu Stadt Steyr in Oberösterreich 25. Juli 1809, gest. zu Karlsruhe 16. April 1863). Im Elternhause die erste Jugendzeit verlebend, trat er, 11 Jahre alt, in ein Kaufmannsgeschäft, so daß seine Elementarbildung in einer Zeit unterbrochen wurde, in welcher sie eben am fruchtbarsten zu werden beginnt. Aber schon zwei Jahre später kehrte R. zur Schule zurück, und zwar kam er in die Realschule nach Linz, wo er sich drei Jahre vornehmlich mit Mathematik beschäftigte und dann bei der Linzer Baudirection als Aushilfszeichner von Bauplänen eintrat. Aber auch diese mechanische Beschäftigung wollte dem denkenden strebsamen Jünglinge auf die Dauer nicht zusagen; 1825, damals 16 Jahre alt, ging er nach Wien, um an der dortigen polytechnischen Schule seine wissenschaftliche Ausbildung zu vollenden. Vier Jahre lag R. daselbst mit größtem Eifer dem Studium ob und bildete sich vornehmlich unter Artzberger’s und von Ettinghausen’s Leitung in den technischen Wissenszweigen aus. An der Anstalt, an welcher er seine letzte Ausbildung erhalten hatte, fand er auch im November 1829, damals 20 Jahre alt, einen Posten als Assistent für das Lehrfach des Maschinenbaues, auf welchem er durch vier Jahre thätig war. Aber in der Zwischenzeit setzte er seine Studien und sonstige Ausbildung, für welche ihm die Kaiserstadt alle Behelfe darbot, in ununterbrochener Weise fort. Von wissenschaftlichen Capacitäten mit Recht empfohlen, erhielt er im Jahre 1833 die Stelle des Lehrers der Mathematik und des geometrischen Zeichnens an der höheren Industrieschule in Zürch, wo er schon zwei Jahre später zum Professor der praktischen Mathematik ernannt wurde. Während seines Aufenthaltes in Zürch hatte er öfter Gelegenheit, in die für die damalige Zeit ausgezeichnete mechanische Werkstätte von Escher und Wyß zu gelangen. Diese Fabrik wurde [114] damals von einem Engländer geleitet, welcher nach Schablonen arbeitete, wobei von Theorie keine Rede war. Hier nun bereicherte und erweiterte Redtenbacher seine Erfahrungen und seinen Gesichtskreis. Bald begann er einen Plan zu entwerfen, mit dessen Hilfe die Wissenschaft der Praxis näher gebracht werden sollte. Er arbeitete an einer Sammlung von Formeln, nach welchen construirt werden sollte, woraus dann später die „Resultate für den Maschinenbau“ entstanden. In seiner Stellung zu Zürch verblieb er bis zum Jahre 1841, in welchem er dem Rufe der großherzoglich baden’schen Regierung als Professor des Maschinenbaues an der polytechnischen Schule zu Karlsruhe folgte und an welcher er durch 21 Jahre bis zu seiner Erkrankung mit der ganzen Kraft seines reichen Geistes gewirkt hat. In Anerkennung seiner Verdienste um die Anstalt, deren glänzender Aufschwung mit seinem Namen unzertrennlich verknüpft bleibt, wurde er am 4. September 1854 zum Hofrath ernannt und ihm mit Erlaß vom 15. Mai 1857 die Direction der Anstalt übertragen. Diese legte er am 18. Jänner 1863 krankheitshalber nieder und wenige Monate darnach raffte ihn der Tod nach langem schweren, wohl durch Ueberanstrengung seines Geistes hervorgerufenen Leiden im Alter von erst 54 Jahren dahin. R. war seit dem Jahre 1844, in welchem seine erste wissenschaftliche Arbeit über den Bau der Turbinen – die bibliographischen Titel seiner Schriften folgen weiter unten – bis zu seinem Tode schriftstellerisch thätig. Seine „Resultate für den Maschinenbau“, welches Werk innerhalb zwölf Jahren vier Auflagen erlebte, kann als epochemachend in dieser Richtung bezeichnet werden. In seinen „Prinzipien der Mechanik“ entwickelte er klar und scharf seine eigenen Ansichten über Stoff und Kraft, welche er mit nicht geringerer Schärfe in den Detailarbeiten über die „Calorische Maschine“, die „Gesetze des Locomotivbaues“ und „Bewegungsmechanismus“ niederlegte. In seinem Werke über das „Dynamidensystem“ gab er die Grundzüge einer mechanischen Physik, basirt auf die früher entwickelten Hypothesen über das Wesen der Materien und der derselben innewohnenden Kräfte, darin mit mathematischer Schärfe die mannigfaltigen Erscheinungen der Wärme und des Lichtes auf mechanische Vorgänge zurückführend, worauf er in einer kleinen Schrift über die „Abkühlung der Weltkörper“ eine Anwendung dieser Theorien auf die Entstehung der Weltkörper durch den sogenannten Ballungsact versucht und die wahrscheinliche Temperatur derselben unmittelbar nach ihrer Bildung und den Proceß der allmäligen Abkühlung festzustellen sucht. Die Titel seiner Werke in chronologischer Folge sind: „Theorie und Bau der Turbinen und Ventilatoren“ (Mannheim 1844, mit 6 kleinen und 11 großen lith. Tafeln, Lex. 8°.; zweite Aufl. 1848, 8°.); – „Theorie und Bau der Wasserräder“ (ebd. 1846, mit 6 kleinen und 23 großen lith. Tafeln, Lex. 8°.; 2. Aufl. 1855, mit 6 kleinen 25 großen lith. Tafeln, 4°.); – „Resultate für den Maschinenbau“ (ebd. 1848, mit 23 lith. Tafeln; 2. Aufl. 1852, mit 44 lith. Tafeln; 3. Aufl. 1856, mit 41 lith. Tafeln; 4. Aufl. 1860, Lex. 8°.), von diesem Werke erschien auch eine französische Uebersetzung; – „Prinzipien der Mechanik und des Maschinenbaues“ (ebd. 1852, mit 5 lith. Tafeln; 2. Aufl. 1859, Lex. 8°.); – „Die Luftexpansionsmaschine (Calorische Maschine)“ (ebd. 1852, mit 3 lith. Tafeln; 2. Aufl. 1853, mit 6 lith. [115] Tafeln, gr. 8°.); – „Die Gesetze des Locomotivbaues“ (ebd. 1855, mit 18 lith. Tafeln, 4°.); – „Die Bewegungsmechanismen[WS 1]“ (ebd. 1857, mit 60 lith. Tafeln, Fol.); – Dieselben, neue Folge (ebd. 1861); – „Das Dynamidensystem“ (ebd. 1857, mit 1 lith. Tafel, 4°.); – „Die anfänglichen und die gegenwärtigen Erwärmungszustände der Weltkörper“ (ebd. 1861, 8°.); – „Die Maschinenbau“, 1. u. 2. Band (letzterer nicht ganz vollendet) (ebd. 1862 und 1863). Charakter und Fülle dieser Arbeiten zeugen für die geistige Spannkraft R.’s, der an seinem letzten Werke über den Maschinenbau bis zum vorletzten Tage vor seinem Tode gearbeitet hat. „Das Außerordentliche des Mannes“, schreibt bei Gelegenheit seines Ablebens die „Karlsruher Zeitung“, „tritt am augenfälligsten darin hervor, daß alle diese verschiedenartigen großen Leistungen die Elasticität seines Geistes so wenig zu erschöpfen vermochten, daß derselbe mit voller Frische in den weiten Räumen der moralischen Wissenschaften und der bildenden Künste sich nicht nur genießend erging, sondern auch hier noch überall productiv auftrat, sei es in dem durchaus selbstständigen Urtheile, das sich ihm aus jeder Lectüre ergab, sei es in raschen, scharfen Bleiskizzen oder in ausgeführten Oelgemälden. Nur selten wohl hat ein Mann der exacten Wissenschaften, der in denselben eine so umfassende und hervorragende Thätigkeit entfaltet und der durch seine Jugendbildung so ausschließlich auf sie hingewiesen war, zugleich in Philosophie, Geschichte, Literatur mit der innigen Hingebung an jedes Große, mit der warmen Begeisterung für jedes Edle gelebt, welche Redtenbacher jeder Idee und jeder Persönlichkeit von Bedeutung entgegentrug, mochte sie dem entlegenen Alterthume oder der frischen Gegenwart angehören. Von den abstractesten Fragen der Metaphysik bis zu den Details der Geschichtsforschung faßte sein Geist mit unermüdlichem Eifer und unvergleichlicher Frische jedes wissenschaftliche Problem, ebenso hatte er für die mannigfaltigsten Erscheinungen des wirklichen Lebens das regste Verständniß, und in Allem war er stets er selber. Daneben ging die ausgedehnteste Lectüre in den verschiedensten Gebieten des Wissens fort und man konnte den todtkranken Mann über Milton oder die Alterthümer Roms, über Wilhelm v. Humboldt oder die neuesten Kämpfe in Preußen, mit einer Wärme, einem eindringenden Verständniß reden hören, als wenn dieser Geist von den Leiden des Körpers gar nicht berührt würde. Er behauptete seine eigenste Natur bis zu dem Augenblicke, wo sie dem Schicksale der Sterblichen erlag; sein männlicher, starker, scharfer Geist ging aufrecht bis an den Rand des Grabes.“ Bald nach seinem in Karlsruhe erfolgten Tode wurde über Anregung der Studirenden des polytechnischen Institutes in Wien im Festsaale desselben eine Gedächtnißfeier zu seinen Ehren veranstaltet, welcher der damalige Staatsminister Anton Ritter von Schmerling und eine ausgewählte Gesellschaft beiwohnten. In der Festrede gab Professor Ritter von Burg eine ausführliche Biographie R.’s. Es war die erste Feier dieser Art, welche im polytechnischen Festsaale stattgehabt, vielleicht überhaupt die erste, die einem eben Verstorbenen und eben nur ihm allein in Oesterreich veranstaltet wurde. Sein Andenken in Karlsruhe wurde noch überdieß dadurch verherrlicht, daß dem Verblichenen im Jahre 1866 von der Maschinenbauschule daselbst ein Denkmal errichtet wurde, über welches [116] die unten folgenden Quellen Näheres mittheilen.

Oesterreichische Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und öffentliches Leben. Beilage der k. Wiener Zeitung (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1863, Bd. I, S. 570. – Der Alpen-Bote (politisches Blatt, Gmunden, 4°.) VIII. Jahrg. (1863), Nr. 17; – derselbe, Nr. 20: „Die Redtenbacher-Feier im Polytechnikum“. – Vorstadt-Zeitung (Wien) 1863, Nr. 110. – Süddeutsche Zeitung 1863, Nr. 245. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) 1866, Nr. 1220: „Das Redtenbacher-Denkmal in Karlsruhe“. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1863, J. A. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 584. – Das Redtenbacher-Denkmal in Karlsruhe. Bald nach seinem Tode bildete sich in Karlsruhe ein Comité, um durch Sammlung von Beiträgen dem verdienten Gelehrten ein würdiges Denkmal zu errichten. Bald flossen reichlich die Beiträge von allen Seiten, namentlich von seinen Schülern aus allen Weltgegenden, zusammen. Das Denkmal selbst besteht aus Redtenbacher’s Büste in doppelter Lebensgröße, nach einem Modell des Bildhauers Moest in Karlsruhe in der Erzgießerei von Lenz und Herold in Nürnberg gegossen. Die Büste steht auf einem neun Fuß hohen Postamente von Syenit, welcher von dem Steinhauermeister Ackermann aus Weißenstadt in Bayerisch-Oberfranken gebrochen und gearbeitet wurde. Die Inschrift des Steines ist folgende: „Ferdinand | Redtenbacher | geb. 25. Juli 1809 | gest. 16. April 1863.“ Die Enthüllung fand am 2. Juni 1866 in Anwesenheit des Prinzen Wilhelm von Baden und des baden’schen Staatsministeriums in feierlicher Weise Statt. Im Maschinenbau-Saale des Polytechnicums hielt Professor Dr. Grashof eine Festrede über Redtenbacher’s Wirken zur wissenschaftlichen Ausbildung des Maschinenbaues. Ein Studirender des Polytechnicums übergab alsdann das Denkmal der Anstalt, der Director derselben übernahm es im Namen des Polytechnicums. – Auf der Abbildung seines Denkmals in der Leipziger Illustrirten Zeitung, 47. Bd. (1866), S. 324, steht irrig: gestorben 16. April 1866, statt 1863. – Ob die Festreden des Ritter von Burg in Wien und des Dr. Grashof in Karlsruhe im Drucke erschienen, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bewegungsmenachismen.