BLKÖ:Prantner, Ferdinand
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 23 (1872), ab Seite: 195. (Quelle) | |||
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Noch sind bemerkenswerth:
1. Ferdinand Prantner[BN 1][WS 1] (geb. um 1817, gest. Ende April 1871), der sich unter dem Pseudonym Leo Wolfram bekannt gemacht. Er lebte als Staatsbeamter im Chiffrecabinet des Ministeriums des Aeußeren angestellt, in Wien. Lange Zeit bekleidete er die Stelle eines Hofsecretärs. Da erschien zu Anfang der Fünfziger-Jahre sein Roman: „Dissolving views“, 3 Bände (Hamburg, Hoffmann u. Campe, 8°.), der durch die ebenso geistvolle als rücksichtslose Enthüllung österreichischer Zustände, namentlich aber durch die markante Zeichnung, ja die, wie man zu sagen pflegt, zum Sprechen getroffene Aehnlichkeit der Personen in allen, namentlich in den höchsten Kreisen so gewaltiges Aufsehen erregte, daß die Kempen’sche Polizei darauf Verbot legte, worauf denn nur um so mehr Exemplare in’s Land geschmuggelt wurden. Der zweite Roman war „Verlorene Seelen“ betitelt und erschien zuerst in Otto Janke’s „Roman-Zeitung“, später in desselben Verlag besonders herausgegeben auch in 3 Bänden (Berlin 1867, 8°.). Brachten die „Dissolving views“ fast nur Typen aus dem socialen Leben der höheren, fast exclusiven Gesellschaft, so enthalten die „Verlorenen Seelen“ meist wieder nur sprechend ähnliche Typen aus der clericalen Welt. Außerdem erschien von Leo Wolfram im Feuilleton der „Neuen freien Presse“ im Jahre 1868 der Roman „Das Goldkind“, welcher das traurige Duell des Grafen Rechteren zum Gegenstande hat. Noch werden demselben mehrere äußerst pikante und satyrische Feuilletons [196] in der „Neuen freien Presse“, unter andere jenes über das „Ferenthum“ zugeschrieben. Unsere Quelle berichtet nun ferner: „Zu einem Aufsteigen in seiner Stellung konnte dem damaligen Hofsecretär – unter den früheren Verhältnissen die Art seiner schriftstellerischen Thätigkeit nicht verhelfen, die Ministerien Goluchowski, Schmerling und Belcredi ließen den entschieden freisinnigen Mann einfach sitzen“, eine Vernachlässigung, welche die neue Aera bereits gut gemacht hat. Prantner wurde zu Anfang des Jahres 1868 zum Sectionsrath ernannt, später ihm der Orden der eisernen Krone 3. Classe, dann December 1869 der Titel und Charakter eines Hofraths und zuletzt 1870 eine wirkliche Hofrathsstelle verliehen. Seit einigen Jahren bereits ist von P. nichts mehr im Drucke erschienen. P. wird überdieß als ausgezeichneter Zitherspieler und großer Kenner der sogenannten „Holzpoesie“, der Schnaderhüpfeln aus Oberösterreich und Steiermark, gerühmt. Er sprach sieben Sprachen und wird als Verfasser einer politischen Broschüre bezeichnet, welche zur Zeit erschien, als Schmerling an der Spitze des Cabinets stand und dessen Politik in günstiger Weise beleuchtete. Man bringt mit dem Erscheinen derselben den Umstand in Verbindung, daß P., dessen Stellung im Staatsdienste durch das oberwähnte Werk: „Dissolving views“ gefährdet war, im Amte verblieb. Er war zweimal vermält; aus erster Ehe stammt die Tochter Hedwig [siehe über dieselbe weiter unten]; P.’s zweite Gattin Helene ist eine Schwester des als Musik-Enthusiasten bekannten (1868 verstorbenen)Dr. Joseph Bacher [siehe Bd. XXII, III. Folge der Nachträge, S. 470]; sie ist eine ausgezeichnete Pianistin, Schülerin Thalberg’s, eine gründliche und feine Kennerin der englischen Literatur, und wird ihr der nicht geringer Antheil an den Arbeiten ihres Gemals zugeschrieben. Auch soll Bauernfeld ihr zu Ehren sein Schauspiel „Helene“ betitelt haben. [Deutsche Blätter. Beilage der Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, 4°.) 1868, S. 20. – Wanderer 1866, Nr. 347. – Neue freie Presse 1867, Nr. 843, im Feuilleton. – Klapp (Michael), Wiener Bilder und Büsten (Troppau 1867, H. Kolck) S. 188.] –
Berichtigungen und Nachträge
- ↑ Prantner, Ferdinand. Nachtrag zu S. 195 des XXIII. Bds., in den Quellen, Nr. 1. Prantner starb am 30. April 1871. Die „Neue freie Presse“ widmete ihm, als ihrem Mitarbeiter, einen längeren Nekrolog. Nach seinem Tode erschienen, aus seinem Nachlasse herausgegeben: „Wiener Federzeichnungen“ (Berlin 1872, Otto Janke, 8°.).
- Neue freie Presse 1871, Nr. 2402, im Feuilleton: „Ein Ritter vom Geiste“; – die selbe, Nr. 2473, 2474, in der Rubrik: „Eingesendet“ [Herausgeber dieses Lexikons bittet die Herren Redacteure der „Neuen freien Presse“, die in dieser Controverse ausgesprochenen Ansichten über die unbefugte Benützung fremder Arbeiten auch diesem Lexikon gegenüber aufrecht zu erhalten]. – Neues Wiener Tagblatt 1871, Nr. 209: „Vom Lesetisch“, von Arnold Hilberg. – Stamm’s Böse Zungen 1871, S. 171: „Erklärung“. [Bd. 24, S. 129.]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Zu dieser Person gibt es Band 58, S. 31 f., einen 2. Artikel.