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BLKÖ:Potocki, Stanislaus Kostka

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Potocki, Stephan
Band: 23 (1872), ab Seite: 169. (Quelle)
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38. Stanislaus Kostka Potocki (Staatsmann, geb. zu Lublin im Jahre 1752, gest. zu Willanow 14. September 1821), ein Sohn des lithauischen Artillerie-Generals Eustach P. [Nr. 16] und Bruder des Ignaz [Nr. 2], erhielt seine Erziehung im Convicte Konarski und machte dann Reisen nach Italien und Frankreich. Nach seiner Rückkehr in die Heimat ernannte ihn der König im Jahre 1781 zum kön. Untertruchseß, welches Amt er aber schon im Jahre 1784 niederlegte. Von 1782 an war er auf allen folgenden Landtagen als Deputirter von Lubelsk thätig und that sich als tüchtiger, sach- und fachgewandter Redner hervor; auch sonst entwickelte er in verschiedenen Geschäften des Landtages eine umfassende Thätigkeit. Im Jahre 1792 zum General der Artillerie ernannt, ging er in’s Feld nach Lithauen, wo er aber wenig Glück hatte. Nach dem Sturze Polens zog er sich auf seine Güter in Willanow zurück und lebte daselbst ausschließlich seinen literarischen Neigungen und Arbeiten, war einer der Gründer der Warschauer gelehrten Gesellschaft, und als die preußische Regierung das Lyceum in Warschau errichtete, übertrug sie dem Grafen Stanislaus die Obhut dieser Anstalt. Als die Franzosen in’s Land kamen, wurde der Graf Mitglied der damals organisirten Regierungscommission, nach dem Frieden von Tilsit und Errichtung des Herzogthums Warschau, 1807, zum Senator-Wojwoden ernannt und fungirte einige Jahre als Präsident der Stände und Minister. Unter seiner Leitung stand das Unterrichtswesen [170] und das Cadetencorps, und er erwarb sich auf diesem Posten große Verdienste um sein Vaterland. Während seiner vieljährigen Leitung des Unterrichtswesens hoben sich die Schulen, wurden gelehrte Institute, Bibliotheken, Museen, Cabinete theils ganz neu errichtet, theils ältere restaurirt und neu ausgestattet, und ungeachtet der für dergleichen nichts weniger als günstigen kriegerischen Zeiten und des Mangels der erforderlichen Mittel, entwickelte sich unter seiner sorgsamen und umsichtigen Oberleitung in dieser Richtung ein stetiger und fühlbarer Fortschritt. Er führte der Erste von Seite der Regierung die Prüfungscommissionen ein und übernahm den Vorsitz in denselben, organisirte neu die Gesellschaft für den Elementarunterricht, errichtete mit Lubieński gemeinschaftlich die Rechtsschule, dann eine medicinische und theologische Lehranstalt. Nach Wiedereinsetzung des Königreichs im Jahre 1815 behielt P. die Unterrichtsangelegenheiten unter seiner Leitung und wurde Minister für Unterricht und Cultus. Damals entstanden durch seine eifrige Mitwirkung die Warschauer Hochschule und andere wissenschaftliche Anstalten. Dabei war er selbst literarisch thätig und übte – obgleich er den französischen Richtungen huldigte – immerhin wesentlichen Einfluß auf den geistigen Umschwung im Lande. Im Jahre 1818 wurde er Präsident des Senates, auf welchem wichtigen Posten P. durch seine staatsmännische Umsicht und Energie im hohen Grade ersprießlich wirkte. Mit dem Erzbischofe Malczewski gemeinschaftlich erwirkte er in Rom die Erlaubniß zur Aufhebung der Klöster im Königreiche, und um diesen so wichtigen Schritt vor der Oeffentlichkeit zu rechtfertigen, veröffentlichte er eine besondere Schrift, in welcher er die Ideen, die ihn zu diesem Vorgange veranlaßten, darlegte. Aber seine Gegner – und daß ein Mann seines Schlages deren mehr als genug besaß, wer zweifelt daran? – konnten diese That des Grafen nicht verwinden, und eben diese Rechtfertigungsschrift, in welcher sie demagogische Ansichten fanden, diente ihnen zum Sturze des Grafen. Im Jahre 1820 wurde er seines Ministerpostens enthoben, behielt aber jenen eines Senats-Präsidenten sowie seine Stimme im Ministerrathe bei. Doch nicht lange mehr war es ihm vergönnt zu wirken, mehrere Monate später starb er auf seiner Besitzung zu Willanow im Alter von 69 Jahren. Von seinen im Drucke erschienenen Schriften sind vor Allem bemerkenswerth seine zahlreichen Reden, welche theils einzeln, theils in Sammelwerken abgedruckt erschienen sind und von denen eine Sammlung in zwei Bänden noch bei seinen Lebzeiten unter dem Titel: „Pochwały, mowy i rozprawy“, d. i. Lobreden, Vorträge und Abhandlungen (Warschau 1815, gr. 8°.) erschienen sind. Außerdem gab er heraus: „O sztuce u dawnych czyli Winkelmann polski“, d. i. Von der Kunst der Alten oder der polnische Winckelmann (ebd. 1815); – „O wymowie i stylu“, d. i. Von der Rede und vom Style, 4 Bände (ebd. 1815, 8°.) – und „Podróż do Clemnogrodu“, d. i, Reise nach Clemnogrod, 4 Bände (ebd. 1820), P. ist nicht nur eine Zierde seiner berühmten Familie, sondern auch bedeutend als Staatsmann und unter Polens verdienstvollen Männern einer der verdientesten. Graf Stanislaus war (seit 1776) mit Isabella Fürstin Lubomirski vermält und stammt aus dieser Ehe Graf Alexander [Nr. 4], dessen Sohn Graf August (geb. 1811), kais. russischer Oberstallmeister und vermält mit Gräfin Alexandra Potocka von der podolischen Linie, nunmehriger Chef der Potocki’schen Linie von Willanow in Polen ist. [Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon. Zweite Abthlg., Bd. IV, S. 737, Nr. 7 (nach diesem geb. im Jahre 1759, gest. 14. August 1821). – Biographie nouvelle des Contemporains etc. Par M. M. A. V. Arnoult ... (Paris 1824 ut s., à la librairie histor., 8°.) Tome XVIII, p. 44. – Biographie des hommes vivants … (Paris 1819, L. G. Michaud, 8°.) Tom. V, p. 97. – Woycicki (K. Wl.), Historyja literatury polskiej w zarysach, d. i. Geschichte der polnischen Literatur in Umrissen (Warschau 1845, Sennewald, gr. 8°.) Bd. III, S. 371. – Chodynicki (Ignacy), Dykcyonary uczonych Polaków etc., d. i. Lexikon der gelehrten Polen (Lemberg 1833, 8°.) Bd. II, S. 344. – Rycharski (Lucyan Tomasz), Literatura polska w historyczno-krytycznym zarysie, d. i. Polnische Literatur im historisch-kritischen Grundriß (Krakau 1868, Himmelblau, gr. 8°.) Bd. II, S. 55. – Encyklopedija powszechna, Bd. XXI, S. 430.] –