BLKÖ:Patrčka, Michael Silorad
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Pattis, Joseph | ||
Band: 21 (1870), ab Seite: 351. (Quelle) | |||
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Hanka, Adalbert und Wenzel Kramerius, Ziegler u. A. kennen lernte. Auch versuchte er schon damals, in seiner Muttersprache Verse zu schreiben. Im Jahre 1812 geriethen seine finanziellen Verhältnisse in solchen Verfall, daß er seine Heimat verlassen und wo anders sein Unterkommen suchen mußte. Vorerst begab er sich nach Wien, von dort kehrte er nach Prag zurück, dort und hier bei den Zeitungen, welche Hromadko, Kramerius und Schönfeld herausgaben, eine Stelle suchend. Nachdem alle seine Bemühungen erfolglos geblieben waren, kehrte er in seine Heimat zurück, wo er bei den damaligen [352] Rüstungen für den Feldzug des Jahres 1813 sofort ausgehoben und in das Regiment Gyulay eingetheilt wurde. Da er im Schreiben und Lesen geschickt und in der deutschen und čechischen Sprache gut bewandert war, wurde er schon in kurzer Zeit Unterofficier und bald darauf Feldwebel. Nach beendigtem Kriege arbeitete P. einige Zeit bei dem von Hromadko in Wien begründeten čechischen Journal, gab aber diese Stelle bald wegen nicht hinreichender Bezahlung auf und wurde nun Lehrer an der militärischen Erziehungsanstalt in der Festung Josephstadt. Dort beschäftigte er sich nebenbei viel mit schriftstellerischen Arbeiten und mit dem Studium der Physik und lateinischen Sprache. Im Jahre 1823 gab er diesen Posten auf, übersiedelte nach Jaromeř, wo er sich mit Anna Zeilenthal verheirathete, von dort ging er wieder nach Kuttenberg, überall um eine Lehrerstelle sich bewerbend. Als alle seine Bemühungen fehlschlugen, warf er sich auf die Mnemonik und gab in Prag und an anderen Orten Proben seiner Gedächtnißkunst, beschäftigte sich daneben viel mit physikalischen Untersuchungen und ersann mancherlei mechanische Apparate; versuchte es dann wieder mit der Musik und selbst mit der Pyrotechnik, Alles nur, um seinen Lebensunterhalt zu finden, aber da ihm alle Geldmittel fehlten, auch ohne einen nur einigermaßen lohnenden Erfolg. So in allen seinen Erwartungen getäuscht, gebrochen an Leib und Seele, von seinen ihm zunächst stehenden Angehörigen theils verlassen, theils hintergangen, beschloß er sein bedrängnißreiches Leben zu Jaromeř im Alter von 51 Jahren, eine Witwe mit vier unversorgten Kindern zurücklassend. P. nimmt, wie sein Biograph es ausdrücklich versichert, keine mittelmäßige Stelle in der neueren čechischen Literatur ein. Durch fast zwanzig Jahre hat er an allen in Prag, Königgrätz und Wien erscheinenden čechischen Zeitschriften mitgearbeitet; schon im Jahre 1812 schrieb er čechische Gedichte und seine im Jahre 1815 von Kramerius in Prag herausgegebenen Kriegslieder (Písně vojenské) wurden bereits im Jahre 1813 bei Leipzig und in Paris von den böhmischen Regimentern gesungen. Von 1813 bis 1816 schrieb er für die literarische Beilage der Hromadko’schen Zeitung verschiedene, theils humoristische, theils belehrende Aufsätze. Nachdem diese literarische Beilage aufgehört hatte, arbeitete er für Hybl’s „Hyllos“ (1820) und für den „Čechoslav“, 1820 bis 1824, Erzählungen, Fabeln, humoristische und andere Gedichte u. dgl. m. Zu gleicher Zeit unterstützte er sehr eifrig den Geistlichen Joseph Liboslav Ziegler bei seinen verschiedenen literarischen Arbeiten; schrieb für den „Dobroslav“ Erzählungen (Vaclava Terezka), satyrische Aufsätze (Michanice), Dramen (Kasa a Bivoj), Biographien österreichischer Feldherren; für die Zeitschrift „Milozor“ eine Biographie Wallenstein’s und eine Abhandlung über Wallenstein’s Feinde, zu welchen Arbeiten ihn zumeist Ziegler, ein standhafter Bewunderer Wallenstein’s, anregte und darin auch mit den nöthigen Materialien unterstützte, überdieß andere Erzählungen, Fabeln, Aphorismen, Schul- und Handwerkslieder; für den „Přítel mladeze“, d. i. Jugendfreund, Fabeln und eine Biographie Pestalozzi’s; für die Zeitschrift „Milin“ (1825), eine Biographie Zriny’s; für Tomsa’s „Poutnik Slovanski“ humoristische und biographische Artikel. In der Folge, als ihn häusliche Sorge und [353] Kümmernisse um seinen Lebensunterhalt niederdrückten, hatte auch die literarische Fruchtbarkeit P.’s nachgelassen, ganz jedoch war sie nie erstorben, wie seine Arbeiten in „Jindy a Nyní“ (Einst und Jetzt), 1829–1833, und in den „Květy“ (Blüthen), 1834–1836, Belege dafür geben. Sein Biograph räumt zwar ein, daß mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Standpunct der Literatur und die Ansprüche der Aesthetik P.’s Arbeiten eben keinen erheblichen Werth besitzen, aber als Pionnier zur Weckung des čechischen Nationalbewußtseins und einer čechischen Nationalliteratur – so wenig bedeutend die Originalarbeiten bisher auch sein mögen – darf Patrčka umsomehr gelten, da er unter den mißlichsten Verhältnissen, ja in Armuth und Elend seiner Aufgabe treu geblieben. Auch bedauert sein Biograph, daß es dem armen P. wegen Mangel pecuniärer Hilfsmittel nicht gegönnt war, seine verschiedenen physikalischen Erfindungen für das praktische Leben auszuführen. Einer Eigenschaft aber gedenkt sein Biograph nicht. P., der in der Musik gut bewandert war, hat sich auch in der Composition versucht, und der III. Jahrgang der Zeitschrift „Dobroslav“ bringt in einigen Beilagen auch einige Liedercompositionen Patrčka’s, so zu dem Gedichte von J. Mark: „Kvílení“, und zu zwei eigenen Gedichten: „Na růžičku“ und „Na Semorická luka“. Mehreres Andere wird wohl in Handschrift geblieben sein.
Patrčka, Michael Silorad (čechischer Schriftsteller, geb. zu Solnic in Böhmen 21. Juli 1787, gest. zu Jaromeř ebenda 25. April 1838). Sein Vater war ursprünglich Strumpfwirker seines Zeichens, später führte er ein Krämergeschäft. Die Elementargegenstände und Musik erlernte der Sohn zu Kralik, dann kam er nach Kostelec zu einem Kaufmann und von dort kehrte er nach Haus zurück, wo er seinem Vater im Geschäfte half und es dann einige Zeit selbst führte. Sein geschäftlicher Beruf hinderte ihn jedoch nicht, an der Lecture deutscher und čechischer Bücher, unter welch letzteren er die damaligen Schriftsteller des Tages,- Michl (Joh. V. Justin), Literární letopis čili obraz slovesnosti slovanův nařečí českého v Čechách, na Moravě a v Uhrách od l. 1825–1837 (Prag 1839, 8°.) p. 308. – Lumír, belletristický týdenník, d. i. Lumír, belletristisches Wochenblatt. Herausg. von Mikowec (Prag, gr. 8°.) Jahrgang 1860, Nr. 49, und Jahrg. 1861, Nr. 7; „Erinnerung an Michael Silorad Patrčka“. – Jungmann (Josef), Historie literatury české, d. i. Geschichte der böhmischen Literatur (Prag 1849, F. Řiwnáč, 4°.) Zweite, von W. W. Tomek besorgte Auflage, S. 607 [nach diesem geb. am 16. Juli 1778]. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 161 [nach diesem geb. am 21. Juli 1787].