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BLKÖ:Náhlovský, Franz Seraph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Nagyváti, Johann
Band: 20 (1869), ab Seite: 73. (Quelle)
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Náhlovský, Franz Seraph (Theolog, geb. zu Sýkořice bei Turnau im Bunzlauer Kreise Böhmens 7. Jänner 1807, gest. zu Jaromiř 11. Juli 1853). Nachdem er die erste Erziehung im Elternhause genossen und dort jene Eindrücke religiösen Sinns und nationalen Bewußtseins empfangen hatte, die einen Grundzug seines Charakters bildeten, kam er auf das Gymnasium nach Gitschin, wo er von 1819 bis 1824 unter Professor Franz Šír in der nationalen Richtung fortschritt. Im Jahre 1825 bezog er die Prager Hochschule, wo er im genannten und im folgenden Jahre den philosophischen Studien oblag, worauf er, für das Studium der Theologie sich entscheidend, in das Leitmeritzer Seminar eintrat und im Jahre 1830 die Priesterweihe empfing. Schon in jener Zeit kam er mit mehreren, vornehmlich čechischen Literaten und darunter mit Anton Marek [Bd. XVI, S. 424) in nähere Berührung. Nun trat er in die Seelsorge und kam als Caplan nach Böhmisch-Dub im Bunzlauer Kreise, wo er durch neun Jahre seiner Gemeinde das Beispiel strengster Berufserfüllung gab. In jene Zeit fallen seine Bemühungen um Einführung einer analogen čechischen Orthographie in den Volksschulen, [74] auch richtete er um diese Zeit sein Augenmerk auf das theologisch-philosophische System, welches eben damals Bolzano [Bd. II, S. 35] zu begründen begann. Der Umgang mit ein paar benachbarten Pfarrern, beide Bolzano’s Schüler und begeisterte Anhänger, förderte ihn auch in dieser Richtung wesentlich. Im Jahre 1835 bewarb er sich um eine Katechetenstelle auf dem Gymnasium zu Leitmeritz und im Jahre 1838 um die Professur der Religionslehre an der philosophischen Facultät zu Innsbruck. Im Jahre 1839 aber wurde er unter Canonicus Přihonsky Vorstand des wendisch-sächsischen Seminars zu Prag, an welchem er durch neun Jahre, bis 1848, thätig war. Nun aber begann die Periode von Verleumdungen und Verfolgungen, welche störend in sein Leben griffen, wozu jedoch N. selbst, der doch die hierarchischen Verhältnisse seines Standes kennen mußte oder doch hätte kennen sollen, Veranlassung gegeben. Er hatte nämlich auf den 18. und 22. Mai g. J. zwei geistliche Versammlungen einberufen und die Verhandlungen derselben durch den Druck veröffentlicht. Dieselben betrafen kirchliche Reformen tief eingreifender Art, nach allen Richtungen hin, nach der dogmatischen, liturgischen und mit Inbegriff der kirchlichen Erziehung in Schulen, Seminarien und Klöstern. Es wurden alle Momente, die einer Reform zu bedürfen schienen, näher gewürdigt und nun auch die Mittel in Betracht gezogen, die zur Erreichung dieser wünschenswerthen Reformen in Anwendung kommen müßten. Dieß war der Gegenstand der beiden oberwähnten Versammlungen, an denen Prälaten, Domherren und andere Priester, im Ganzen 40 Prager Geistliche, theilgenommen. Das ganze Unternehmen fand bei den aufgeklärten, wissenschaftlich gebildeten Katholiken in Deutschland günstige Aufnahme. Der „Mainzer Katholik“ (1848, Nr. 107) und die „Tübinger Quartalschrift“, zwei in katholischen Kreisen maßgebende Zeitschriften, begrüßten das Unternehmen als ein zeitgemäßes, und auch ein in Wien erscheinendes neues kirchliches Organ: „Der Sprecher für Staat und Kirche“ (1848, Nr. 13) stand für die Sache in beifälligster Weise ein. Die niedere Geistlichkeit Böhmens, so die čechische wie die deutsche, wenngleich mehr zuwartend sich verhaltend, verfolgte doch mit Spannung und zustimmendem Interesse den Gang der Ereignisse, der übrigens eine für die Hoffenden unerwartete Wendung nahm, welche jedoch bei dem damaligen Stande der Dinge vorauszusehen war. N. selbst wurde alsbald in drei Diöcesen, der Leitmeritzer, Dresdener und Prager, als ein Verführer und politischer Rädelsführer bezeichnet, dann in Haft genommen, auf das Prager Schloß abgeführt und daselbst durch drei Wochen gefangen gehalten. Den stärksten Druck auf ihn übten die deutschen Bischöfe aus, die damals eben zu Würzburg versammelt waren und es durch Drohungen und andere Machinationen endlich dahin brachten, daß N. seine Stelle aufgeben mußte. Nun fand N. für den ersten Augenblick Unterkunft als Prediger in Leipzig und später als Lehrer am katholischen Gymnasium zu Dresden, nachdem alle seine Versuche, im Vaterlande zu bleiben, vergebens gewesen waren. Im Juni 1849 aber erhielt er eine Pfarre in der sächsischen Bergstadt Freiburg. Ohnehin von schwächlicher Gesundheit, nochmehr aber niedergedrückt und physisch und moralisch erschüttert durch das Mißlingen seiner nichts weniger [75] als agitatorischen, sondern reiflich überlegten und durch die Forderungen der Zeit geweckten und gebotenen Pläne, ferner gebeugt durch die Schicksalsschläge, die ihn in so kurzer Zeit getroffen, suchte er in einem Bade des Siebengebirges Stärkung, und dort noch wurde ihm in den ersten Tagen des September 1849 die Genugthuung: von Emanuel Ritter Tiegl von Lindenkron auf die Pfarre zu Sazowa, dort, wo im 12. Jahrhunderte Prokop, von den Herzogen Udalrich und Brzetislaw unterstützt, das nachmals berühmte und im Jahre 1786 aufgehobene Benedictinerstift gegründet, als Pfarrer präsentirt zu werden. Diese freudige Wendung seines Geschickes richtete ihn für den Augenblick wohl auf, aber nach einiger Zeit machte sich das alte Leiden wieder fühlbar und nahm endlich so entschieden und rasch zu, daß er schon seit März 1853 seine geistlichen Functionen einstellen und um seine Versetzung in den Ruhestand bitten mußte. Sie wurde ihm auch gewährt; er begab sich nun zu seinem Bruder Johann, der als Müllner zu Jaromiř lebte, und starb dort mitten im Sommer im Alter von erst 46 Jahren. Später wurde sein Leichnam nach Prag überführt und dort an der Seite seines (1850 verstorbenen) Vaters auf dem Teinfriedhofe beigesetzt. Náhlovský war als Mensch und Priester ein Muster bürgerlicher und geistlicher Tugenden. Selbst von der strengsten Sittenreinheit, vereinte er in sich einen seltenen Adel der Denkungsart mit den edelsten Gefühlen der Freundschaft und Herzensgüte. Für das allgemeine Wohl schwärmend, wurde er bei seinen Bemühungen, es für seinen Mitbürger zu gewinnen, ein Märtyrer seiner Ideale. Mit Bolzano [Bd. II, S. 35], Fesl [Bd. XIV, S. 446][WS 1], Prihonsky, Schneider, Pazout bildete er jenen leuchtenden Priesterkranz in Böhmen, der in der Geschichte der Theologie und Philosophie eine bleibende Stelle einnehmen wird. N. war Mitglied vieler Wohlthätigkeitsvereine, ein fleißiger Sammler der Schriften Bolzano’s und bearbeitete aus ihnen das Werk: „Ueber die Wohlthätigkeit, dem Wohle der leidenden Menschheit gewidmet“ (Prag 1847, Credner, 8°.). Außerdem schrieb er viele, bald größere, bald kleinere Aufsätze für verschiedene čechische und deutsche Zeitschriften und ein bleibendes Denkmal seiner kirchlichen Reformbestrebungen, ein sprechendes Document, was er denn eigentlich gewollt, ist die von ihm herausgegebene Schrift: „Versammlung zum Geistlichen, gehalten zu Prag am 18. und 22. Mai 1848“ (zweite Auflage Prag 1848, bei F. A. Credner und Kleinbub in Commission, 8°.).

Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. V, S. 612, Nr. 1. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XIV, S. 447].