BLKÖ:Litta, Pompeo Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Litta, Anton | ||
Band: 15 (1866), ab Seite: 280. (Quelle) | |||
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Cagnola [Bd. II, S. 230] Unterricht in der Architectur, bei Pater Pagani, bei Pollini und zuletzt bei Professor Basilio in der Musik. 21 Jahre alt, war er bereits Secretär der Staatsconsulta der cisalpinischen Republik. Als aber die Aushebung zur Heeresergänzung im Jahre 1804 stattfand, traf ihn das Loos und er trat als Gemeiner in die italienische Artillerie, welche damals einen Theil der französischen Armee bildete. Sein braves Verhalten vor dem Feinde, namentlich in der Schlacht bei Austerlitz, veranlaßte seine Beförderung zum Lieutenant im Corps der Veliten. Nicht minder zeichnete er sich später auf dem Schlachtfelde von Ulm aus, wo seine Bravour allgemeines Staunen erregte, er aber, wie er später oft erzählte, vergeblich einen Säbelhieb über’s Gesicht zu bekommen suchte, um so für sein ganzes Leben eine unauslöschliche Decoration zu tragen. Nun kam er als Lieutenant in’s Artillerie-Corps zurück, machte den Krieg vom [281] Jahre 1809 mit, focht bei Sacile, Raab, und erkämpfte sich bei Wagram den Capitänsrang und das Kreuz der Ehrenlegion. In den letzten Tagen des Kaiserreichs befehligte er an der adriatischen Küste eine der beiden Artillerie-Abtheilungen, welche im Jahre 1811 gegen die versuchten Landungen der Engländer errichtet worden waren. Noch einmal, am 13. Februar 1814, wird sein Name bei der Vertheidigung Ancona’s gegen die an Macht bedeutend stärkeren neapolitanischen Truppen mit Auszeichnung genannt. Litta befehligte damals die Artillerie und brachte mit derselben eine solche Wirkung unter den Stürmenden hervor, daß der Handvoll Belagerter, die bereits keine Lebensmittel und keine Aussicht auf Verstärkung hatte, eine ehrenvolle Capitulation zugestanden wurde. Nun enden die militärischen Thaten des späteren Gelehrten. Mit Napoleon’s Sturze trat er aus den Reihen der Krieger und lebte sofort ganz der Wissenschaft. Von früher Zeit her, noch als er im Heere diente, beschäftigte ihn der Gedanke, eine Geschichte der berühmten Familien seines Vaterlandes zu schreiben. Nach dieser Richtung hin verfolgte er auch emsig seine Zwecke, forschte in Bibliotheken nach alten Handschriften, las die wichtigsten Werke über die Geschichte Italiens, machte sich die genauesten Auszüge u. dgl. m. So zum Beispiel hat er sich bloß zum Zwecke seiner Arbeit einen Auszug aus Muratori’s Annalen Italiens gemacht, eine Arbeit, deren Mühe und Geduld nur jener ermessen kann, der dieses classische und umfangreiche Geschichtswerk jemals ernstlich zu benützen benöthigt war. Dieser Auszug, so wünschenswerth für den wissenschaftlichen Gebrauch seine weitere Verbreitung wäre, blieb bisher ungedruckt. Bald nach seinem Austritte aus dem Heere besuchte er Frankreich und die verschiedenen Staaten Italiens, theils Materialien für seine Arbeit sammelnd, theils Verbindungen mit Gelehrten anknüpfend; dann kehrte er nach Mailand zurück und verließ diese Stadt, ausgenommen, wenn er sich auf sein Landgut Limida in der Provinz Como begab, oder in den letzten Lebensjahren die Bäder im Veltlin besuchte, nicht wieder. Er lebte nur seiner Arbeit, und in ihr, und wenn er genöthigt war, ihm übertragene Ehrendienste, die er nicht gut ablehnen konnte, zu versehen, so that es ihm nur um seine Arbeit leid, der er wieder einige Stunden täglich entziehen mußte. Im Jahre 1819 erschien das erste Heft seiner Familien Italiens und seither in ununterbrochener Folge im Ganzen 78 Hefte, welche die Genealogie von 113 Familien enthalten. Mit großem Kostenaufwand fügte er seinen Genealogien Abbildungen von Münzen, Denkmälern, Bildnissen und anderer Gegenstände bei. Anfänglich wurde das Werk auswärts gedruckt, später aber hatte er in seinem eigenen Hause eine Buchdruckerei und Kupferstecherei errichtet, und förderte so mit allen nur denkbaren Mitteln, die ihm sein großer Reichthum gewährte, die Fortsetzung seines Werkes. Daß es ihm dabei, so sehr er von Seite der Wissenschaft gewürdigt und geehrt wurde, nicht an Verfolgern und Feinden fehlte, liegt in der Natur dieser Arbeit. „Ich schreibe Geschichte und nicht Lobreden, mein Ideal ist die Wahrheit“, pflegte er oft zu sagen und ließ die Schmähungen derjenigen, die sich durch sein Werk verletzt glaubten, mit Ruhe über sich ergehen. Unter diesen Beschäftigungen floß sein Leben in Ruhe dahin, nur den Anforderungen seiner Mitbürger entzog er sich [282] niemals, wenn es galt, in Deputationen, Berathungen und Ausschüssen für das allgemeine Wohl zu wirken. Im Jahre 1845 wurde er zum Vice-, im Jahre 1847 zum Präsidenten des „Istituto lombardo delle scienze e lettere“ ernannt und um diese Zeit mit dem Orden der eisernen Krone ausgezeichnet. Aus diesen ihm so theuer gewordenen Arbeiten und Forschungen, riß auch ihn das Jahr 1848. Nicht er hatte, sondern er wurde gesucht und zum Mitgliede der provisorischen Regierung ernannt, ihm auch bald darauf das Ministerium des Krieges und endlich gar das Commando über die Nationalgarde übertragen. Diese unfreiwillig übernommenen Aemter legte er nieder, sobald der Aufstand bewältigt war, aber er floh nicht aus Mailand. „Ich will lieber im Gefängniß in der Festung Mantua oder Verona sitzen, als für einen Augenblick oder für immer mein Vaterland verlassen“. Als er zur Verantwortung gezogen wurde, verlor er die Ordensauszeichnung und die Präsidentenstelle des Istituto. In der letzten Zeit, insbesondere ein Jahr vor seinem Tode, war L. leidend und suchte vergebens in der reineren Luft seines Landhauses zu Limida und in den Veltlinbädern zu Masino Heilung seiner Leiden, ohne sie jedoch zu finden. Dieß aber schmälerte seinen Arbeitseifer nicht; „Arbeit ist meine Arzenei und nur durch sie lebe ich“, pflegte er oft in seiner Krankheit zu sagen. Als er bereits schwer krank das Bett hüten mußte, fand ihn eines Tages sein Sohn außer dem Bette und über einen Tisch geneigt, mehrere Pläne sorgfältig studirend. Auf die liebevollen Vorstellungen seines Sohnes entgegnete er nur: „Lasse mich nur die Blätter da ansehen, heut stirbt sich’s noch nicht“. An seinem Todestage noch dictirte er mehrere Geschäftsbriefe, die nach seinem Tode zu bestellen waren, versuchte noch mehrere Papiere, welche die Familie Saluzzo betrafen, zu lesen und gab dann Befehl, daß sie der Familie zurückgeschickt werden sollen, beklagend, daß er sie nicht mehr habe benutzen können. Seine Kräfte nahmen immer sichtlicher ab und noch wollte man ihm eine Arzenei reichen, aber mit lächelnder Miene sie ablehnend, rief er: „Wozu, da ich sterbe; die Arzenei hat mit meinem Körper nichts mehr zu schaffen“. Dieß waren seine letzten Worte, die Pupille verdüsterte sich, er hatte geendet. Die von ihm herausgegebenen Werke sind: „Famiglie celebri italiane“ (Milano 1819–1856, Fol.); bei Lebzeiten Litta’s sind 78 Hefte erschienen, nach seinem Tode wurde das Werk von seinem Sohne Balzarino in Gemeinschaft mit dem Brescianer Federico Odorici auf Grundlage der vorhandenen Materialien fortgesetzt und vier Jahre nach des Vaters Tode erschien das erste Heft dieser Fortsetzung, die Familie Malaspina enthaltend; – „Ritratti dei Visconti signori di Milano con le loro vite estratte dalle familie celebri italiane“ (Milano 1847, 4°., con fig.). Auch besorgte er die Herausgabe der von Pater Affó verfaßten „Vita di Pier Luigi Farnese primo Duca di Parma“, welche im Jahre 1821 erschien, worauf derselben im Jahre 1833 die Herausgabe der von Gian. Girolamo de Rossi verfaßten „Vita di Giovanni de’ Medici detto delle Bande nere“ folgte. L. war Mitglied vieler gelehrten Gesellschaften und Vereine, darunter seit 1839 wirkliches Mitglied des Istituto lomdardo, dessen Vice- und 1847 wirklicher Präsident er später war, und bei der Gründung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften [283] in Wien befand sich Litta unter der Zahl der von Sr. Majestät (am 14. Mai 1847) ernannten wirklichen Mitglieder; von vielen Regierungen war er mit Orden ausgezeichnet, aber L. prunkte mit allen diesen Auszeichnungen nicht und nach seinem Tode fand sich ein Verzeichniß derselben vor, mit der Ueberschrift: „Vanitas vanitarum“. Litta ist auf seinem Landgute Limida an der von ihm seinem Sohne bezeichneten Stelle bestattet. Der Sohn ließ dem Vater ein kostbares Grabmal mit der von Vincenz Vela gemeißelten Büste desselben errichten.
Litta, Pompeo Graf (Geschichtsforscher, geb. zu Mailand 24. September 1781, gest. ebenda 17. August 1852). Entstammt einer reichen lombardischen Adelsfamilie; die Mutter Antonia war eine geborne Brentano. Die erste Erziehung genoß er im Elternhause, und besuchte dann die Collegien in Mailand, Como, Siena und Venedig. Schon damals legte er eine große Vorliebe für ernste Beschäftigungen an den Tag und sammelte mit Eifer Bücher u. dgl. m.; insbesondere betrieb er aber in jener Zeit mathematische Studien, nahm bei- Bianchi (Bernardino), Pompeo Litta, Schizzo contemporaneo (Milano 1856, Redaelli, 8°.). – Il Fuggilozio (Milano, schmal 4°.) Anno II (1856), No. 39, p. 623. – Panorama universale. Giornale settimanale ecc. ecc. (Milano). Anno I (1856), No. 14: „Schizzi contemporanei“. – Giornale del I. R. Istituto lombardo (Milano, 4°.) Tome IX, p. 253: „Necrologo“ di Francesco Ambrosoli. – Almanach der kaiserl. Akademie der Wissenschaften (Wien, 8°.) IV. Jahrgang (1854), S. 85. – Neumont (Alfred v.). Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken (Berlin 1862, R. Decker), Bd. II, S. 277. – Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) VI. Jahrgang (1847), Nr. 24, S. 305. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) IV. Suppl. Bd., S. 469 [nach diesem geboren am 27. September 1781]. – Saint-Maurice Cabany (Charles Ed.), Notice necrologique sur le Comte P. Litta Biumi etc. etc. (Paris 1853, 8°.). – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850, 8°.) Tome XXXI, p. 367 [nach dieser wie nach Meyer geboren 27. September 1781]. – Porträt. Dasselbe im Holzschnitt auf S. 624 des Fuggilozio 1856. –