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BLKÖ:Lentulay, Emerich

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 369. (Quelle)
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Lentulay, Emerich (croatischer Deputirter, geb. in Croatien im Jahre 1774, gest. zu Agram 6. Mai 1864). Der Name dieses „constitutionellen Croaten“, denn in dieser Bezeichnung ist sein ganzes Wesen zusammengefaßt, tritt erst mit den Wirren des Achtundvierziger [370] Jahres in den Vordergrund, in welchem er eine bedeutende und einflußreiche Rolle spielte. Vor dem Jahre 1848 war er einer der ansehnlichsten Würdenträger des dreieinigen Königreiches. Auf dem denkwürdigen Landtage des genannten Jahres, auf welchem er als ältester Obergespan fungirte, war es sein Einfluß, der die Wahl Jellačić’s zum Ban bewerkstelligte und war er der Erste, der dem ungarischen Ministerium den Krieg erklärte. Als Ban Jellačić mit einer Deputation seiner Landsleute sich zum kaiserlichen Hoflager, damals in Innsbruck, verfügte, wurde Lentulay zu seinem Locumtenens bestellt, ein Amt, welches in der Regel in Abwesenheit des Bans der Bischof von Agram bekleidet. Stellvertreter des Bans wurde L. auch dann, nachdem der Ban seinen Zug in’s Ungarland unternahm, blieb es durch diese ganze und auch noch einige Zeit nach dessen Rückkehr. Den wichtigsten Moment seiner politischen Haltung bildet aber der Protest der unter seinem Vorsitze gehaltenen Banalrathsversammlung, mittelst welchem das von dem Ban Jellačić gestellte Ansinnen, die Reichsverfassung vom 4. März 1849 kundzumachen, entschieden abgelehnt wurde. „Indem alle das dreieinige Königreich betreffenden Angelegenheiten, heißt es in diesem Proteste, einzig und allein auf dem Landtage dieser Königreiche in Verhandlung genommen werden können und der Nation das heilige, unverletzbare Recht zukomme, zu verlangen, daß selbe einzig und allein durch ihre Gesetze, nicht aber durch allerlei Verordnungen, Patente und Erlässe regiert werde, erklärt der Banalrath offen, daß er als der die drei constitutionellen Königreiche leitende Körper jene octroyirte Verfassung, die am 4. März d. J. auf eine unconstitutionelle Weise den übrigen Ländern des Kaiserreiches gegeben wurde, nicht ohne den gesetzlichen Landtag der Nation publiciren könne, und dieß um so weniger, als gerade die octroyirte Verfassung nicht nur gegen die politischen und historischen Rechte der drei Königreiche, gegen die Banalwürde und gegen die Zukunft der ganzen Nation verstößt, sondern durch dieselbe auch die alten Grenzen des Vaterlandes verletzt werden, indem die tapfere croatisch-slavonische Militärgrenze, die stets einen integrirenden Theil Croatiens ausmacht, davon getrennt und einem neuen, aus derselben Grenze geschaffenen Kronlande zugetheilt wird.“ Dieser Protest wurde am 4. August 1849 mit Lentulay’s Unterschrift veröffentlicht. Die darauf erfolgte Antwort war eine Rüge, daß der Banalrath kein berathender, sondern ein vollziehender Körper, und daß er nicht berufen sei, über die Befehle des Bans zu verhandeln, und dieß um so weniger, als ein Befehl an den Locumtenens beilag, ohne Verzug den ihm gewordenen Auftrag zu vollziehen. Der Locumtenens hatte zum letzten Male fungirt, er wurde alsbald in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Lentulay war ein Mann von altem Schrott und Korn – der Deák Croatiens – und stand im Lande in hoher Achtung. Mit einem Blatte, das seine Unterschrift trug, konnte man Alles erreichen. Als ihn der Agramer Adel ob der beunruhigenden Gerüchte, die sich damals im Lande verbreiteten, besorgt befragte und auf die Nachrichten, die in den Zeitungen standen, hinwies, erwiderte Lentulay: „Wozu lest ihr den Plunder? Ich lese nie etwas, was mich nicht angeht, und wenn auch das, was geschrieben steht, krumm erscheint, so schreibt ihnen zurück, sie mögen’s grad [371] schreiben“. Lentulay war in fremden Händen ungefügig. Croatien verdankt ihm während der kurzen Zeit seiner Amtsthätigkeit viel. In den letzten Jahren verlor er das Augenlicht und starb als Greis von 90[WS 1] Jahren an Altersschwäche. Seine Bestattung war seit jener des Banus Jellačić die großartigste Trauerfeier, welche Agram gesehen.

Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský i konversační, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil II, S. 337. – Hlas, d. i. die Stimme (das Votum) (čechisches, in Prag erscheinendes Parteiblatt) 1864, Nr. 133.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 86.