BLKÖ:Kudlich, Hans
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 13 (1865), ab Seite: 301. (Quelle) | |||
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Lasser gestellte und von Reden voll Sachkenntniß unterstützte Antrag der Entlastung gegen Entschädigung trug Rechnung den Rechtsansprüchen aller Parteien und dem Rechte überhaupt. Kudlich’s ausschreitender Antrag machte ihn begreiflicher Weise bei einer in jenen Tagen allgemeiner Begriffsverwirrung sehr zahlreichen Partei zum Manne des Tages und diese Position benützte K. zu unheilvollen Unternehmungen. Als ihm am 27. September 1848 von seinen Anhängern in Wien ein Fackelzug bereitet wurde, eine damals häufige Ovation, forderte er das zahlreich versammelte Landvolk auf, sich in den Tagen der Gefahr auf die gegebenen Nothsignale mit Waffen zu versehen und in Massen zu erheben. Bei einer Festlichkeit, welche am 1. October d. J. auch ihm zu Ehren in dem bei Wien gelegenen Orte Stadtenzersdorf bereitet worden, rief er mit seinen beim Feste anwesenden Genossen die zahlreiche Versammlung zum Widerstande gegen die Regierung auf und stellte in einer Anrede die Einführung der Republik in Aussicht. Am 6. October d. J., am Tage des entsetzlichen, an Latour begangenen Mordes sollte eine Grenadier-Division von Wien nach Ungarn marschiren. Da war es Kudlich, der das versammelte Volk aufrief, diesen Abmarsch zu vorhindern, womit gleichsam das Signal zu der darauf gefolgten blutigen Katastrophe gegeben war. Bald darauf unternahm er eine Reise nach Gmunden und Vöklabruck, in der Absicht, den Landsturm zum Schutze und Entsatze von Wien aufzutreiben. Als der Reichstag in Kremsier aufgelöst worden, ergriff K. der sich in Erinnerung an die erwähnten Thatsachen als Rechtskundiger im Kaiserstaate nicht mehr ganz sicher halten mußte, die Flucht; entwickelte aber, sobald er die Grenze überschritten, seine bisherige Energie in nicht geringerem Grade. Sein Bruder Joseph Hermann saß damals im Frankfurter Parlamente. Hans wendete seine Schritte nach der alten Reichsstadt, [302] dort setzte er sich mit Dr. Zimmer in Verbindung, um das nördliche Böhmen zu revolutioniren, ging dann auch nach Leipzig, wo er mit der revolutionären Partei nicht minder thätig war. Im Mai 1849 begab er sich in die Pfalz, wo bereits der Aufstand ausgebrochen war, um diese Provinz von Bayern loszureißen und die Republikanisirung des ganzen Deutschland zu fördern. Bei der in der Pfalz aufgestellten provisorischen Regierung übernahm er sofort die Stelle eines Secretärs im Justizministerium, und war in den radikalsten Organen der Presse für die Zwecke seiner Partei thätig. Als der Pfälzer Aufstand niedergedrückt war, floh K. in die Schweiz, wo er aber seine bisherige Thätigkeit fortsetzte, indem er Tirol zu insurgiren suchte. Zu diesem Zwecke soll er auch Ludwig Snell aufgefordert haben, eine Geschichte von Tirol zu schreiben, welche das Land für die Zwecke der revolutionären Partei gewinnen sollte. Auch hatte er bei dem abenteuerlichen Vorhaben, das Tiroler Jägerregiment mit Hilfe eingeschmuggelter Broschüren für die Sache des Aufstandes zu gewinnen, die Hand tief im Spiele. Aber mit diesen Bestrebungen hatte K. wenig Glück. Da genügende Inzichten vorhanden waren, welche seine gerichtliche Verfolgung rechtfertigten, so wurde am 27. Februar 1849 gegen ihn, als Flüchtigen, ein Steckbrief erlassen, die Untersuchung als gegen einen Abwesenden von dem Wiener Criminalgerichte durchgeführt, welche mit seiner Verurtheilung in contumaciam zur Todesstrafe endigte. K. vermälte sich in der Schweiz mit der Tochter des Züricher (1861 verstorbenen) Professors Vogt, einer Schwester des bekannten Naturforschers und Radicalen Karl Vogt. Da er sich auch in der Schweiz nicht mehr für sicher hielt, verließ er Europa und gründete sich in Nordamerika eine neue Heimat. Indem er die Rechtswissenschaft mit der Arzeneikunde vertauschte, wurde er Arzt und lebt als solcher zur Zeit in Hoboken bei New-York. – Sein Bruder Joseph Hermann K., der schon oben erwähnte Abgeordnete des Frankfurter Parlaments, lebt als Privatier und Hausbesitzer zu Troppau in Schlesien und beschäftigt sich zu seinem Vergnügen mit publicistischen Arbeiten für die in Troppau erscheinende Zeitschrift Silesia. Ein von ihm verfaßter, in der Nummer vom 6. Februar 1864 enthaltener Leitartikel, überschrieben: „Trotz alledem und alledem“, worin er die Politik des Grafen Rechberg in der schleswig-holsteinischen Frage angegriffen, hatte seine Verurtheilung zu zweimonatlicher Haft zur Folge.
Kudlich, Hans (Reichstags-Deputirter, geb. zu Lobenstein in Oesterreichisch-Schlesien im Jahre 1823). Hatte die Rechte beendet und bereitete sich eben vor, die juridische Doctorwürde zu erlangen, als die denkwürdige Bewegung der Märztage ausbrach und er in Folge der für den österreichischen Reichstag ausgeschriebenen Wahlen zu Benisch in Schlesien in denselben gewählt wurde. Im Reichstage gehörte K. zu jenen Führern der äußersten Linken, deren Ausschreiten die Glorie der Märztage mit Bürgerblut befleckte und die den siegreichen Bruch eines unhaltbaren Systems zu einer Revolte und Auflehnung gegen Gesetz und Recht für Utopien benützt hatten. Im Reichstage war es K., welcher der Erste die Idee der Grundentlastung aussprach, welche aber, wenn sie in der Form, in der er sie zu begründen beliebt hatte, angenommen worden wäre, unübersehbares Elend und eine Verwickelung in den socialen Verhältnissen hervorgerufen haben würde, deren Ausgang sich gar nicht ermessen läßt. Denn erst der von den Abgeordneten Helfert und- Gallerie denkwürdiger Persönlichkeiten der Gegenwart. Nach Originalzeichnungen, Gemälden, Statuen und Medaillen (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) Bd. II, S. 28. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 1043. – Deutsche Reform (polit. Journal) 1850, Nr. 750 Abendblatt. – Reichstags-Gallerie. Geschriebene Porträte der hervorragendsten Deputirten des ersten österreichischen Reichstages (Wien 1849, 8°.) 3. u. 4. Heft, S. 70. [Da der Zeichner dieser Porträte für einen Liberalen vom reinsten Wasser gilt, so dürften einige Züge aus seinem Bilde Kudlich’s, welche in jenen Tagen entworfen wurden, als kein geringer Muth dazu gehörte, dem gefeierten Volksmanne dieses mittelst Druckerschwärze bekannt zu geben, hier am Platze sein. „K.’s Name ist bekannter geworden als vielleicht irgend einer durch seinen Antrag und seine Rede wegen Aufhebung des Unterthansverhältnisses. Es zeigt jedenfalls von totaler Unreife, zumal der politischen Kritik, wenn, wie es fast durchgehend geschah, Herrn K.’s Rede für seinen Antrag als bedeutend bezeichnet wurde. Wir vermissen bei K.’s Rede Schönheits- und Ordnungssinn[WS 1], zwei Eigenschaften, deren [303] der Volksredner leicht entbehrt, die aber unumgänglich nothwendige Erfordernisse des parlamentarischen Redners sind. Seine Reden und vorzüglich jene über die Unterthänigkeits-Verhältnisse tragen den Stempel dieser Unvollendung. Alles ist darin zusammengewürfelt – ohne Zusammenhang. Er sondert die Gründe nicht nach den verschiedenen Richtungen – er vermischt die Gefühlsseite mit jener der Politik – er vermengt die Gründe des Rechts mit jenen der Zeitgemäßheit oder Klugheit. ... Seinen politischen Grundsätzen nach gehört K. der doctrinären historischen Demokratie an, welche ohne schöpferische Ideen – ihr Alpha und Omega in der Erklärung der französischen Menschenrechte findet – eine Demokratie, welche mit allen Mängeln nicht die Vorzüge, nicht die Kraft und nicht das Verdienst ihrer Vorbilder, nämlich Originalität, besitzt. Kudlich’s Vortrag ist singend, seine Sprache hat einen slavischen Accent, Physiognomie und Kleidung studentisch.“] – Porträt. Dasselbe befindet sich – sehr ähnlich im Holzschnitte ausgeführt – in der Leipziger Illustrirten Zeitung vom Jahre 1848.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Ordungssinn.