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BLKÖ:Khuen, Andreas

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: 230. (Quelle)
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Khuen, Andreas (Humanist, geb. zu Wien 26. August 1807). Sohn eines fürstlich Auerspergischen Beamten; beendete das Gymnasium und widmete sich anfänglich in besonderer Vorliebe für die Jugend dem Lehramte. Doch schon nach drei Jahren entsagte er seinem Plane, da er nach dem damaligen Schulsysteme außer Lesen, Schreiben und Rechnen nichts weiteres lehren durfte. Er trat nun 1829 in Staatsdienste und 1832 in die Buchhaltung der niederösterreichischen Stände, wo er noch zur Stunde als Registrator und Expeditor dient. Die Lücken seiner mageren Gymnasialstudien suchte er nachträglich durch Besuch naturwissenschaftlicher Vorträge bei Dr. Ritter von Holger, Baron von Pasqualati und Dr. Endlicher zu ergänzen. Schon damals erschienen von ihm in [231] verschiedenen Tagesblättern kleinere Aufsätze; auch arbeitete er für den „Oesterr. Lloyd“, dessen Director, der nachmalige Minister Freiherr von Bruck, ihn zum Referenten für die Abtheilung der Consumtibilien, Leder- und Wirkwaaren in der großen Industrieausstellung zu Wien im Jahre 1839 bestellte. 1834 schrieb Kh. nach Zschokke’s Muster ein Gebetbuch für gebildete Christen, betitelt „Des Christen frommer Glaube“, das jedoch erst nach langem Kampfe mit der damaligen Censurbehörde das Imprimatur erhielt. Von 1845–1849 gab er am Gymnasium in der Josephstadt außerordentliche Vorlesungen über Geognosie in Verbindung mit Chemie, wozu er seine eigene reichhaltige Sammlung der verschiedensten Gebirgsstufen benützte. Vom Entstehen des durch Castelli [Bd. II, S. 303] im Jahre 1847 gegründeten Thierschutz-Vereins in Wien Mitglied desselben, wurde er im Jahre 1850 in dessen Ausschuß gleichzeitig zum Directionsmitgliede gewählt und ihm das Secretariat übertragen. Von Jugend auf ein Freund der Thierwelt, bot sich ihm nun Gelegenheit, für eine humanitäre Behandlung der Thiere und dadurch zur Verbesserung der Sittlichkeit des Volkes, namentlich in den untern Classen, einflußreich zu wirken. Seine Bemühungen nach dieser Richtung hoben den Verein selbst. Als dann im Jahre 1852 das Vereinsblatt: „Der Thierfreund“, gegründet wurde, übernahm Kh. dessen Redaction und führt sie noch zur Stunde. Mit Aufsätzen, wie unter vielen anderen die folgenden: „Mangel an Mitleid ist die Wurzel aller Uebel“; – „Religiöse Stellung der Thierschutz-Vereine“; – „Was ist Thierquälerei?“; – „Sind Gesetze gegen Thierquälerei nothwendig?“; – „Ueber Erziehung und Schule vom Standpuncte der Thierschutz-Vereine betrachtet[1]“, suchte er die Absichten des Vereins und dessen wohlthätige Wirksamkeit in weiteren Kreisen bekannt zu machen. Schon im Jahre 1850 hatte der Verein Versuche angestellt, den Genuß des Pferdefleisches als Nahrungsmittel einzuführen, sie aber wieder fallen gelassen, erst Kh. nahm sie von Neuem auf und es gelang ihm, am 28. April 1853 das erste Pferdefleischessen, wozu 50 Personen[WS 1] die Karten gelöst hatten, zu Stande zu bringen; da man aber zur Kenntniß von Vorbereitungen einer Demonstration gekommen, welche der Sache geschadet und auch sonst vielleicht üble Folgen gehabt haben würde, wurde das Mahl vor der Hand vertagt. Als er bald darauf in Dr. jur. Wildner Edlen von Maithstein den Mann fand, der sich für die Sache lebhaft interessirte, ging schon am 14. Jänner 1854 in des letzteren Hause zu Döbling die Mahlzeit für 50 Personen vor sich, wobei Pferdefleisch, auf verschiedene Weise zubereitet, zur Tafel kam. Der gelungene Versuch wurde bald bekannt und die Nachfrage war so groß, daß am 30. Jänner 1854 im Hause Wildner’s eine provisorische Pferdefleischbank errichtet wurde, wo der Zudrang besonders an Sonntagen so groß war, daß polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Binnen drei Monaten wurden 150 Pferde ausgeschrotet, welche ein Fleischquantum von circa 60.000 Pfunden gaben, wovon das Pfund zu 5 und 6 Kreuzer verkauft wurde. Im Jahre 1855 bestanden bereits fünf Pferdefleischbänke, welche 472.000 Pfund ausschroteten. Kh. ließ sich nun angelegen sein, den Genuß des Pferdefleisches auch in anderen Städten einzuführen. [232] So gelang es ihm, die erste Filiale zu Jamnitz in Mähren und zu Triest im Jahre 1852 zu gründen, an die sich bald andere in Mähren (17), in Böhmen (9), Ungarn (4), Siebenbürgen (1), Steiermark (1), Galizien (1) und im Banate (3) anschlossen. Dem stärksten Widerstande in seinen Anstrebungen begegnete er in Niederösterreich, wo sich erst später einige Schulmänner (9) fanden, die der Tendenz des Vereins huldigten. Dermalen zählt der Verein 45 Filialen und Delegationen. Um seinen Bestrebungen für den Thierschutz dauernden Nachdruck zu geben, versuchte er mit einigen gleich gesinnten Lehrern „Schulvereine im Interesse des Thierschutzes“ in’s Leben zu rufen. Auch diesem Unternehmen stellten sich nicht geringe Hindernisse entgegen, doch aber drang er mit seiner Idee durch, und schon 1859 zählte der Schulverein 53 Filialen mit ein paar Tausend Kindern. Diese Vereine der Kleinen haben zwar keine Rechte, aber Pflichten, die denselben von der Wand der Schulzimmer in einem kurzen „Mahnruf“ stets in das Gedächtniß gerufen werden. Für jene Kinder, die sich durch eine besondere thierfreundliche Handlung bemerkbar gemacht haben, stiftete er durch einen hohen fürstlichen Gönner eine silberne „Denkmünze“. Einen Fingerzeig aber, wie viel den Thierschutzvereinen noch zu wirken übrig bleibt, gibt der Umstand, daß nicht alle Kinder einer Schule sich in das zu diesem Ende eingeführte „Gedächtnißbuch“ einschreiben, weil sie dem Vogel- und Fischfange, dem Werfen und Schlagen nach Thieren, dem Besuche der Schlachthäuser u. s. w. entsagen müssen. Nicht ungesagt darf bleiben – denn es gehört zur Geschichte all’ dieser Bestrebungen – daß gegen den Verein fortwährend Gegner auftraten. Die ersten Angriffe erfolgten von Seite des „Humoristen“ (Saphir) und der Volksschrift „Hans Jörgl“ (Weiß); die Genannten wurden von Kh. in dem Vereinsblatte widerlegt; aber bedenklicher und ernster waren die Angriffe von einer anderen Seite, denn zwei theologische deutsche Zeitschriften traten zugleich gegen die Thierschutzvereine auf. Dr. Sebastian Brunner schrieb in der von ihm redigirten „Wiener katholischen Kirchenzeitung“ 1857, Nr. 44 und 45, einen Artikel über die Thierschutzvereine, der mit den Worten schloß, „daß sich hinter der Maske der Thierschutzvereine kuriose Grimmassen zeigen, die auf ganz andere Dinge hindeuten“, er legte diesen Vereinen zur Last, sowohl in katholischen wie protestantischen Ländern, krassen Materialismus zu verbreiten, so eine gewichtige Grundlage des Christenthums zu untergraben und indirect alles gesunde Staatenleben unmöglich zu machen. Kh. entgegnete in seinem Blatte „Der Thierfreund“, Nr. 7 vom Jahre 1857, in einer für die damaligen Verhältnisse so energischen Weise, daß unter seinen Anhängern Besorgnisse entstanden. Sämmtliche Journale in Wien, voran „Die Presse“, und einige außerösterreichische Blätter brachten schon am nächsten Tage diese Entgegnung und traten so zu sagen dadurch für Kh. ein. Die Kirchenzeitung setzte zwar ihre Angriffe fort, doch auf ihren Lesekreis beschränkt, blieben dieselben ohne merkliche Wirkung. Später klagte „Das österreichisch-pädagogische Wochenblatt“ Kh. wegen eines Vortrages „Ueber Erziehung und Schule“ bei dem Unterrichtsministerium an, daß er es an der schuldigen Achtung gegen das österreichische Schulwesen fehlen lasse. Kh. wandte sich auf diese Anklage [233] mit einem Memorandum direct an den Minister und bezeichnet und beweist darin mit aller Offenheit die Mängel, welche den Volksschulen ankleben. In neuester Zeit verfaßte er über Aufforderung der Generalversammlung eine Jugendschrift: „Blicke in das Leben der Thiere“, es sind naturgeschichtliche Betrachtungen, die als Vorschule zum Unterrichte in der Naturgeschichte des Thierreiches benützt werden können; das Büchlein wird vom Vereine als Prämienbuch vertheilt. Kh.’s Bestrebungen wurden in dem Kreise, in welchem er so erfolgreich thätig gewesen, mehrfach gewürdigt. Die Generalversammlung der Mitglieder des Vereins im Jahre 1853 ehrte ihn durch die Ehrenmedaille und 1856 widmete ihm die Direction eine eigene Dankadresse. Se. königl. Hoheit Prinz Adalbert von Bayern übersendete ihm die Verdienstmedaille für „erwiesene Humanität“ und obwohl Ehrenmitglied der Brudergesellschaften in Linz, Triest, Hamburg, Breslau, Berlin, Dresden, Frankfurt am Main und Paris, sendeten ihm die Vereine in Linz, Breslau und Paris noch überdieß die Ehrenmedaillen, als Zeichen der Anerkennung seines unermüdeten Strebens für Ausbreitung der Vereinsgrundsätze.

Presse (Wiener politisches Blatt, Fol.) 1857, Nr. 161: „Thierfreund contra Kirchenzeitung“. – Katholisches Repertorium (Innsbruck, 4°.) 1857, Nr. 71. – Porträt. Mit dem Facsimile der Unterschrift und der Devise: Offen, rechtschaffen, beharrlich (Leybold lith. 1856, gedr. bei Höfelich’s Witwe in Wien).

  1. Erschien in der Zeitschrift des Dresdener Thierschutz-Vereins.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Personnen.