BLKÖ:Jireček, Hermenegild
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 10 (1863), ab Seite: 181. (Quelle) | |||
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Joseph’s J.[WS 1] [s. d. Folg.]. Die Gymnasialstudien legte J. zum Theil in Leitomischl (1839–1843), zum Theil auf dem akademischen Gymnasium in Prag (1844), die philosophischen und juridischen auf der Prager Universität (1845–1850) zurück. Mit Vorliebe betrieb er das Studium der böhmischen Sprache, verband aber damit auch jenes der übrigen slavischen Idiome. Zugleich betrat er das schriftstellerische Gebiet, zunächst jenes der Novellistik. In der Zeitschrift „Květy“, d. i. Die Blüthen, veröffentlichte er 1846 seine erste Novelle: „Syn“, d. i. Der Sohn, worauf eine Reihe von 15 Erzählungen, deren Stoff zumeist dem nationalen und historischen Leben der böhmischen Städte entnommen war, theils in den Zeitschriften „Květy“ und „Včela“, theils in den Feuilletons der Journale „Národní Noviny“ und „Vídenský Dennik“, theils in Almanachen (Perly české) folgte. Einiges wurde auch in’s Deutsche übersetzt, wie „Husar a jeho syn“, d. i. Der Huszar und sein Sohn (Agramer „Luna“ 1860); zwei größere der Erzählungen: „Theresienlust“ und „Zdislava“, erschienen in separater Ausgabe unter dem Titel: „Novelly“ (Wien 1853). Auch einen Versuch auf dem Gebiete der dramatischen Literatur machte J. mit dem Lustspiele „Tajemné psaní“, d. i. Der seltsame Brief, welches zum ersten Male im April 1853 im Theater an der Wien zur Aufführung gelangte und im 30. Hefte der Pospišil’schen „Divadelní biblioteka“, d. i. Theater-Bibliothek (Prag 1859), abgedruckt erschien. Nach Beendigung seiner Studien 1850 begab er sich nach Wien, wo er an der Redaction des politischen Journals „Vídenský Denník“ und des literarisch-belletristischen Blattes „Vesna“ bis 1852 Theil nahm. Sodann trat J. in den Staatsdienst, und zwar 1853 als Conceptspraktikant bei dem damaligen Ministerium für Cultus und Unterricht, und bei seinen Vorbereitungen zur Erlangung des juridischen Doctorgrades beschäftigte er sich ausschließend mit historischen Studien überhaupt und dem des slavischen Rechtes insbesondere. In dieser Richtung veröffentlichte er außer einer statistischen Skizze des Schul- und Unterrichtswesens in Rußland: „Učení a učeliště v Rusích“ (Böhm. Mus. Zeitschr. 1853), bei Gelegenheit seiner Promotion zum Doctor der Rechte an der Gratzer Universität eine Abhandlung in deutscher Sprache: „Ueber Eigenthumsverletzungen und deren Rechtsfolgen nach dem altböhmischen Rechte. Ein Beitrag zur Geschichte des Rechtes in Oesterreich“ (Wien 1855, 8°.), welche Bearbeitung eines bis dahin wenig oder gar nicht gekannten Gebietes vielfach [182] gewürdigt wurde. Seither schrieb er mehrere Abhandlungen rechtshistorischen Inhalts in čechischer Sprache und zwar in der Zeitschrift: Časopis Musea královstvi českého: „O soudech župních neboli cudách“, d. i. Von den Župengerichten (1856); – „O soudu mezním“, d. i. Von dem Grenzgerichte (1858); – „Příspěvky k literarnímu rozboru památníkův práva slovanského v Čechách a na Moravě“, d. i. Beiträge zur literarischen Kritik der slavischen Rechtsquellen in Böhmen und Mähren (1861 und 1862); – in der juridischen Zeitschrift Pravník: „O starých soudech slovanských v zemi české“, d. i. Von den alten slavischen Gerichten in Böhmen; in den Rozpravy: „Srovnalost starého práva slovanského se starým právem hellenským, římským a germanským“, d. i. Parallele des alten slavischen Rechtes mit dem alten Rechte der Griechen, Römer und Germanen. Da sich ihm bei den historischen Untersuchungen immer mehr die Ueberzeugung aufdrängte, daß die Geschichtsschreibung eines Landes, wenn sie auf unverrückbarer Grundlage ruhen soll, von der eindringlichsten, und soweit es die Quellen zulassen, detaillirtesten Kenntniß der Topographie einerseits, andererseits aber von der möglichst vollständigen Kenntniß der Individualität der in der Geschichte auftretenden Persönlichkeiten bedingt sei, unternahm er es in ersterer Richtung eine Topographie von Böhmen und Mähren nach den bis zum Jahre 1200 reichenden Quellen zusammenzustellen; das Ergebniß dieser Arbeit waren die in den Zeitschriften Památky archaeologické und Časopis českého Museum 1856 bis 1859 veröffentlichten Abhandlungen: „Župy české do roku 1200“, d. i. Böhmische Župenbezirke bis zum Jahre 1200; – „Morava do r. 1200“, d. i. Mähren bis zum Jahre 1200; – „Kaple a kostely sv. Klimenta“, d. i. Capellen und Kirchen des h. Clemens; – „Místní jména v Čechách“, d. i. Ortsnamen in Böhmen; – „O starých cestách přes pomezí české a moravské“, d. i. Die alten Pässe über die böhmische und mährische Grenze. In der anderen Richtung, betreffend die historischen Persönlichkeiten, schilderte J. in den „Rozpravy“ in dem Aufsatze: „Biblí kralická a překladatele její“ das Leben der Uebersetzer der berühmten Kralitzer Brüderbibel; ferner einige der merkwürdigeren čechischen Kriegsmänner und Condottieri des 15. Jahrhunderts, u. z. im Almanach Perly: „Jan Jiskra z Brandysa“ (1855); – im Časopis českého Museum: „Mikuláš z Husi“; „Jeníkové z Mećkova“; „Talafús z Ostrova“ (1859); im Dunaj: „Válečníci čeští XV. stol v Rakausích“, d. i. Die böhmischen Kriegsmänner des 15. Jahrhunderts in Niederösterreich (1861) – und in den Památky archaeologické: „Hynek Krušina z Lichtenburka“; „Pán Jan z Opočna“; „Pán Janek z Opočna“ (1861); „Vojevudei krále Jiřího“, d. i. Feldherren des Königs Georg (Podiebrad) (1862). In den Jahren 1858–1860 leitete J. die Herausgabe der periodischen Schrift „Světozor“, eines Beiblattes der „Slovenské Noviny“, gab eine Anthologie der böhmisch-humoristischen Literatur unter dem Titel: „Veselé čtení se spisů českých starověkych a novověkych“ (Wien, Olmütz 1860, Hölzel) heraus, und lieferte den beschreibenden Text zu dem Bilderbuche: „Naturbilder aus Oesterreich“ in böhm. Ausgabe: „Obrazy z říšé rakouské“ (Wien 1860). Auch brachte er [183] eine Sammlung böhmischer und slovakischer Urkunden zur ungarisch-österreichischen Geschichte unter dem Titel: „Listiny slovenské“ zum Drucke. Sein neuestes Werk ist: „Slovanské právo v Čechách a na Moravě“, díl I, d. i. Slavisches Recht in Böhmen und Mähren, I. Theil (Prag 1863, Bellmann), in welchem die Geschichte des slavischen Rechtes in den genannten Ländern von den ersten Nachrichten an bis zum Schlusse des 10. Jahrhunderts dargestellt wird. J. ist seit 1857 Conceptsadjunct des nun mit dem Staatsministerium verbundenen vormaligen Ministeriums für Cultus und Unterricht; correspondirendes Mitglied der böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, ord. Mitglied der historischen Section der mähr. schles. Gesellschaft in Brünn, Ehrencorrespondent des mährischen Landesarchivs und correspondirendes Mitglied der archäologischen Museumssection in Prag.
Jireček, Hermenegild (slavischer Rechtshistoriker, geb. zu Hohenmauth in Böhmen 13. April 1827). Jüngerer Bruder- Ost und West (Wiener Parteiblatt, Fol.) 1862, Nr. 331–343. – Wurzbach von Tannenberg (Constant Dr.), Bibliographisch-statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) III. Bericht (1855), S. 48, Marginal 1604; S. 104, Marg. 3534; S. 267, Marg. 8157, und S. 488, Marg. 15.380. – Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst (Beilage der Wiener Zeitung) 1855, S. 196.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Joseph’s H.