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BLKÖ:Jünger, Johann Friedrich

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 300. (Quelle)
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Jünger, Johann Friedrich (Roman- und dramatischer Dichter, geb. zu Leipzig 15. Februar 1759, gest. zu Wien 25. Februar 1797). Sohn eines Kaufmanns, der eine sorgfältige Erziehung erhielt, sich aber, dem Wunsche des Vaters folgend, für den Handelsstand ausbilden sollte. In der That kam er auch als Lehrling in ein Handelshaus nach Chemnitz, welches er aber bald wieder verließ, um nach Leipzig zu den Studien zurückzukehren. Daselbst beendete er die Rechte und gab, seine akademische Laufbahn beschließend, die Dissertation: „Exercitatio juris civilis de conditione nominis ferendi ultimis voluntatibus adscripta“ (Lipsiae 1780, 8°.) heraus. Aber auch die Laufbahn des Rechtsgelehrten sagte J. wenig zu, und da er in den schönen Wissenschaften ein glückliches Talent beurkundete, und seine Arbeiten in einem Freundeskreise, welchem Gallisch, Rhabek, Stieglitz u. A. angehörten, Beifall fanden, warf er sich auf die Literatur. Einige kleinere Gedichte, unter anderen das vielgesungene Lied: „Genießt den Reiz des Lebens“, gedruckt in den Leipziger Almanachen, die Anfänge eines komisch-satyrischen Romans und einige Lustspiele fallen in jene Periode. Eine Hofmeisterstelle bei zwei Prinzen, welche J. angenommen, legte [301] er auch bald nieder, und schon 1787 ging er nach Wien, wo die Reformen des Kaisers Joseph mit lohnendem Erfolge jene Seite des geistigen Lebens berührt hatten, welche die Veredlung des Genusses bezweckten. Das von dem Kaiser 1776 gestiftete Nationaltheater, wo dieser edle Fürst gern seine Erholung suchte, vereinigte eine Reihe hervorragender Kräfte, und an diesem wurde J. 1789, der durch einige gelungene dramatische Arbeiten sich in weiteren Kreisen bekannt gemacht hatte, als k. k. Theaterdichter angestellt. Bis zum Jahre 1794 blieb J. auf dieser Stelle, welcher er im genannten Jahre durch eine, mit dem Nationaltheater vorgenommene Veränderung verlustig wurde. Wohl war sein Entlassungsdecret in den schmeichelhaftesten Ausdrücken abgefaßt, aber der Dichter doch mit einem Male auf sich selbst und seinen literarischen Erwerb angewiesen, der eben nicht reichliche Ernten trug. Zurückgezogen von aller Welt, um die Aussicht gebracht, auf einem Gebiete, dem dramatischen, auf welchem er sich bisher mit Glück bewegt, auch ferner in einer Stellung wirken zu können, die ihn nicht den Launen des X und Y preisgab und ihm also volle Freiheit des Schaffens gewahrte, auf den sparsamen Erwerb seiner Feder angewiesen, von jeher zur Melancholie geneigt, obwohl die Producte seiner Muse des heitern Elementes die Hülle und Fülle besaßen. Alles dieß zusammen genommen, wirkte auf das reizbare Gemüth J.’s ein und es verdüsterte sich seine Stimmung nur noch mehr, als ihn eine Augenschwäche übermannte und ihn das Uebel in seinem literarischen Erwerbe empfindlich störte. Sein Leiden zu wenig beachtend, ließ er sich erst, als die Symptome einen bedenklicheren Charakter annahmen, von, einem Arzte behandeln, welcher das Uebel verkannte und den Dichter in einen solchen Zustand versetzte, daß der herbeigerufene geschickte Arzt nicht mehr helfen konnte. Erst 39 Jahre alt, starb der Dichter, der gleich vielen Anderen den ganzen Jammer einer sogenannten „literarischen Existenz ausgekostet hatte. „Gewiß ist das Schriftstellergewerbe das mißlichste und undankbarste von der Welt“, schreibt J. selbst an einer Stelle seiner Werke; „seine schönen Jahre, seine Gesundheit, seine Kräfte für die Belehrung und Aufklärung seiner Mitbürger aufzuopfern, und doch vom größeren Theile dieser Mitbürger falsch oder gar nicht verstanden, verkannt, oder höchstens für das Beförderungswerkzeug ihrer Verdauung oder für ein drolliges Antidotum der Langenweile gehalten zu werden; oft mehr Anstrengung, mehr Kopf auf einen einzigen Bogen zu verwenden, als mancher der in großen Aemtern und reichen Besoldungen steht, in ganzen langen Jahren braucht, und doch von solchen Männern kaum über die Achsel angesehen oder was noch schlimmer ist, von ihnen als dem aufgeklärt sein sollenden Theile der Nation, mit den Sudlern in eine Classe geworfen zu werden; in eben der Stunde seinem Geiste Munterkeit, Witz und Laune abdringen, abtrotzen zu müssen, wo uns das Herz blutet, Brod suchen und wie Butler, Steine finden – wahrlich ein glänzendes, ein beneidenswerthes Loos das des Schriftstellers!“ In dieser Stelle dürfte das Loos Jünger’s, wie es ihm selbst erschien und der Erklärungsgrund der tiefen Melancholie, der er zuletzt als Opfer fiel, zu suchen sein. Jünger war ein fruchtbarer Schriftsteller und auf dem Gebiete des Romans sowie, u. z. mit bei weitem günstigeren Erfolge auf jenem des Lustspiels thätig. Daß er es mit [302] seinem Schriftstellerberufe nicht zu leicht nahm, dafür spricht die Thatsache, daß von seinem dreibändigen Roman: „Huldreich Wurmsamen“ die ersten zwei Bände 1781 und 1782, der dritte aber erst 1787, also der ganze Roman erst innerhalb 7 Jahren erschienen war. In einer Nachschrift zum dritten Theile dieses Romans (S. 303–313) schildert er selbst die Anfänge seiner schriftstellerischen Laufbahn und seine Aengstlichkeit im Beginne des Schaffens. Jünger’s Werke und seine Charakteristik als Schriftsteller folgen unten.

l. Jünger’s Romane und dramatische Werke. a) Romane und Erzählungen. Eigenes und Uebersetztes. „Huldreich Wurmsamen von Wurmfeld, ein komischer Roman“. 3 Theile (Leipzig 1781–1787, 8°.); es ist die erste größere Arbeit, mit der J. in die Oeffentlichkeit trat. Die ersten zwei Bände folgten in Jahresfrist auf einander, der dritte erschien erst sechs Jahre später. In einem Nachworte zum letzten Bande theilt er manches zur Geschichte dieses Buches mit, das ein deutscher Tristram werden sollte, und zu jener seines Lebens, von dem er selbst gesteht, daß es manche gewaltsame Wendung genommen, und wohl nie eine sehr günstige nehmen würde, wie es sich leider erfüllte. – „Der kleine Cäsar, ein komisch satyrischer Roman, nach dem Englischen des Coventry“. 2 Theile (Leipzig 1782, 8°., mit K. K. von Chodowiecky). – „Des Grafen Heinrich von Moreland merkwürdige Geschichte und Abentheuer“. 2 Bde. (Leipzig 1783, 8°.); Jünger nennt sich in der Vorrede, übrigens ist der Roman eine Bearbeitung nach Broke. – „Camille oder Briefe zweier Mädchen aus unserem Zeitalter“. 4 Bde. (Leipzig 1786 und 1787, 8°.); ist auch nach dem französischen „Camille ou lettres de deux filles“ (Paris 1783) bearbeitet. Aber auch der französische Roman ist nicht Original, sondern eine Uebersetzung aus dem Englischen. – „Vetter Jakob’s Launen“. Sechs Bändchen (Leipzig 1786–1792, 8°.); es ist dieß eine Sammlung von romantischen und scherzhaften Erzählungen, theils von Jünger selbst erfunden, theils Beffroy de Reigny’s „Lunes de Cousin Jacques“ nachgebildet. Eine holländische Uebersetzung erschien unter dem Titel: „Luimen van Meef Jacob. Naar het hoogduitsch“ (Rotterdam 1791, 8°.). Ein Seitenstück, aber eine platte Nachahmung, sind die von einem Anonymus herausgegebenen „Vetter Michel’s Launen“ (Neuburg 1802). – „Der Schein betrügt“. Erster Theil – zum Glück vielleicht nur Roman. Zweiter Theil – leider! vielleicht nur Roman“ (Berlin und Liebau 1787, 8°.); Labaume besorgte davon eine französische Uebersetzung unter dem Titel: „Marianne et Charlotte ou l’apparence est trompeuse“. 2 tome (Paris 1794, 18°.). Die Bearbeitung in ein Lustspiel siehe weiter unten bei Jünger’s dramatischen Arbeiten. – „Ehestandsgemälde“ (Leipzig 1790, 8°.); das Werk zerfällt in 2 Abtheilungen; in der ersten, welche die Umarbeitung einer Erzählung aus dem 3. Bändchen von „Vetter Jakob’s Launen“ ist, schildert J. in 72 Capiteln die gute Ehe; in der zweiten Abtheilung in 65 Capiteln das Gegenstück zur guten Ehe. Diesem Werke ist Jünger’s von Geyser gestochenes Porträt beigegeben. – „Des Herrn von Gorgy’s sämmtliche Werke, frei übersetzt“. 6 Bdchn. (Berlin 1793, mit K. K.) Bd. 1 u. 2: „Lidorie“; Bd. 3 u. 4: „Gustav“; Bd. 5 und 6: „Victorine“. Gorgy, ein französischer Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, aus der Dauphiné gebürtig und ein knechtischer Nachahmer der mit Tristram Shandy beginnenden sentimentalen Romane, scheint einen nicht unwesentlichen Einfluß auf J. den Erzähler geübt zu haben. – „Der Melancholische. Eine Geschichte, frei nach dem Englischen“. Drei Bände (Berlin und Leipzig 1795 und 1796, 8°., mit 3 K. K.). – „Wilhelmine oder Alles ist nicht Gold was glänzt, eine Geschichte“. Zwei Theile (Berlin 1795 und 1796, 8°.). – „Fritz, ein komischer Roman“. Vier Theile (Berlin 1796 und 1797, 8°., mit K. K.; neue Auflage 1807–1810), ein fünfter und sechster Band sind von fremder Hand nach Jünger’s Tode zugefügt worden. – „Prinz Amaranth mit der großen Nase; eine moralische Erzählung aus den Jahrbüchern der Regierung Königs Dideltapp des Großen und dessen Gemalin Kikelkakel der Weisen, nebst historischen Nachrichten von der Königin Karunkel, dem Prinzen Hämpeditchen und dem Zauberer Talpatsch“. Erstes Bändchen (Berlin 1799, 8°.); von diesem Romane der aus Jünger’s Nachlasse veröffentlicht wurde, erschien nur dieser eine Band; in Form eines Feenmärchens werden darin die Mängel mancher Polizeieinrichtungen und die Thorheiten [303] des Hoflebens gegeißelt; es ist eine beißende Satyre, wie es scheint, auf erlebte Zustände. – Ein auch nach Jünger’s Tode unter seinen Namen erschienener Roman: „Fritz der Schwabe und seine Basen“. Zwei Bändchen (Leipzig 1798), ein schlechtes Machwerk, ist eine auf Jünger’s guten Namen verübte literarische Schwindelei.
l. b) Dramatische Werke. Eigenes und Bearbeitungen. Diese bestehen aus einigen einzeln erschienenen Stücken und aus drei mehrbändigen Sammlungen, deren letzte nach seinem Tode herausgegeben wurde. Die ersteren sind: „Der blinde Ehemann, Operette in zwei Aufzügen nach J. C. Krüger“ (Berlin 1784, 8°.); Jünger bearbeitete das von J. C. Krüger verfaßte dreiactige Lustspiel als Operette. – „Das Weibercomplott, ein Lustspiel in fünf Acten“ (Leipzig 1786), eine Bearbeitung des Lustspiels: „Les bourgeois à la mode“ von Dancourt; das Stück befindet sich auch abgedruckt in dem von J. G. Dyk herausgegebenen „Komischen Theater der Franzosen für die Deutschen“. – „Adolphine Rosenthal, oder der Schein betrügt, ein Lustspiel in fünf Acten“ (Leipzig 1861, 8°.); nachgedruckt in Pilsen. – „Der Instinct, oder wer ist der Vater zum Kinde? Lustspiel in einem Acte“ (Leipzig 1786), nach einer dreiactigen französischen Posse von Du Presny bearbeitet. – „Jeannot, oder Wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht sorgen, ein Lustspiel in einem Acte“ (Leipzig 1786, 8°.); auch abgedruckt im obenerwähnten „Komischen Theater der Franzosen“. – Die Sammlungen der dramatischen Arbeiten Jünger’s erschienen unter folgenden Titeln: „Lustspiele. Erster bis fünfter Theil“ (Leipzig 1783–1789, 8°.); diese Sammlung enthält folgende Stücke: Theil I: „Die Badecur, in zwei Acten“; – „Freundschaft und Argwohn, in fünf Acten“; – Theil II: „Der Strich durch die Rechnung, in vier Acten“ [dänisch von S. Sönichsen (Kopenhagen 1792, 8°.)]; – „Der offene Briefwechsel, in fünf Acten“; – Theil III: „Verstand und Leichtsinn, in fünf Acten“; der Vorbericht zu diesem Stücke ist eine Abhandlung über Zweck und Werth des Lustspiels; das Stück, im größeren Theile. Original, lehnt sich doch auf einige Scenen von Vanbrugh und Cibber’s: provok’d husband; – „Der doppelte Liebhaber, in drei Acten“, nach Cibber; – Theil IV: „Das Kleid aus Lyon; in vier Acten“; – „Der Revers, in fünf Acten“; – Theil V: „Der Wechsel, in vier Acten“; – „Dank und Undank, in drei Acten“, frei nach l’Ingrat von Destouches [dänisch von P. D. Faber (Kopenhagen 1791)]; alle Stücke dieser wie der folgenden Sammlungen sind auch einzeln ausgegeben worden. – Die zweite Sammlung erschien unter dem Titel: „Komisches Theater von J. F. Jünger. K. K. Hoftheaterdichter. Erster bis dritter Band (Leipzig 1792–1795, Göschen, mit K. K., 8°.) Band I: „Die Entführung. Lustspiel in drei Acten“ [französisch unter dem Titel: l’enlèvement (Halle 1797), dänisch (Kopenhagen 1797)]; – „Der Ton unserer Zeiten. Lustspiel in einem Acte“, ist eine Uebersetzung von Saurin’s Moeurs du tems; – „Das Ehepaar aus der Provinz. Originallustspiel in vier Aufzügen“; eine kleine Szene darin ist aus Florian’s„bon menage“ entlehnt; – Band II: „Er mengt sich in Alles, Lustspiel in fünf Aufzügen“, frei nach Mistreß Centlive; – „Die unvermuthete Wendung, Lustspiel in vier Aufzügen“; – Band III: „Die Geschwister vom Lande, Lustspiel in fünf Acten“; – „Maske für Maske, Lustspiel in fünf Acten“, letzteres nach Jeu de l’amour von Marivaux; – „Die Komödie aus dem Stegreif. Lustspiel in einem Acte“; frei nach l’Impromptu de Campagne von Poisson. Auch schickt J. dem ersten Bande des „Komischen Theaters“ eine Vorrede voraus, worin mehreres zur Geschichte des deutschen Theaters und Dramaturgisches enthalten ist. – Die nach seinem Tode erschienene Sammlung führt aber den Titel: „J. F. Jünger’s Theatralischer Nachlaß. Zwei Bändchen“ (Regensburg 1803 u. 1804) und enthält Bdchn. I: „Der Krug geht so lange zum Wasser bis er bricht, Lustspiel in drei Acten“; – „Was sein soll, schickt sich wohl, Originallustsp. in drei Acten“; – „Ein seltener Fall oder die Mutter, die Vertraute ihrer Tochter, Lustsp. in drei Acten“; – „Die Charlatans oder der Kranke in der Einbildung, Posse in drei Acten“; – „Das Recidiv. Lustsp. in drei Acten“; – Bdchn. II: „Stolz und Liebe, Lustsp. in fünf Acten“; – „Die Flucht aus Liebe, Lustsp. in fünf Acten“; – „Selim, Prinz von Algier, Trauersp. in fünf Acten“; – „Die beiden Figaro, Lustsp. in fünf Acten, frei nach Morvelly“; – „Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro, Lustsp. in fünf Acten, frei nach Beaumarchais“.
I. c) Die übrigen Arbeiten Jünger’s. Gedichte und andere Arbeiten Jünger’s befinden sich [304] in den Musenalmanachen seiner Zeit, in G. W. Becker’s „Erholungen“, in dessen „Taschenbuch für das gesellige Vergnügen“, in Schiller’s „Thalia“ und anderen Journalen. Vier und zwanzig Jahre nach seinem Tode gab Johann Georg Eck Jünger’s „Gedichte“ (Leipzig 1821, 8°.) heraus. Jünger selbst aber besorgte die Herausgabe der Gedichte seines frühverstorbenen Freundes Friedrich Andreas Gallisch, der sich durch seinen damals gern gelesenen Roman „Nettchen Rosenfarb“ bekannt gemacht hatte. Den Gedichten voraus schickte J. eine Lebensskizze seines Freundes.
II. Quellen zur Biographie Jünger’s. Allgemeine (Jenaische) Literatur-Zeitung 1798, Intelligenzblatt Nr. 17, S. 130. – Bergk, Kunst Bücher zu lesen, S. 292. – Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 93. Stück 1, S. 85. – Eichhorn (Joh. Gottfried), Geschichte der Literatur (Göttingen 1805 u. f.) Bd. IV, Abthlg. 2, S. 1089. – Europa, herausg. von Gust. Kühne (Leipzig, 4°.) 1859, Nr. 37, S. 1333: „Zur Erinnerung an den Lustspieldichter Jünger“. – Horn (Franz), Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen ... (Berlin 1822 u. f., 8°.) Bd. III, S. 438. – Jördens (Karl Heinrich). Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten (Leipzig 1806 u. f., Weidmann, 8°.) Bd. II, S. 522; Bd. VI, S. 361. – Leipziger gelehrtes Tagebuch auf das Jahr 1797 (herausgegeben von Eck), S. 110 u. f. – Meusel (Joh. Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1806, Gerh. Fleischer, 8°.) Bd. VI, S. 315. – Neuer deutscher Merkur 1797, April, Nr. 9, S. 399. – (Salzmann, C. G.), Denkwürdigkeiten aus dem Leben ausgezeichneter Deutschen (Schnepfenthal 1802, gr. 8°.) S. 595 u. f. – Wurzbach von Tannenberg (Constant, Das Schiller-Buch. Festgabe u. s. w. (Wien 1859, gr. 4°.) S. 276, Marg. 2822.
III. Porträt. Geyser sc. (8°.) [auch vor seinem 1790 erschienenen Werke: „Ehestandsgemälde“].
IV. Zur literarischen Charakteristik Jünger’s. Bis vor Kurzem war Jünger verschollen und vergessen. Die Literaturhistoriker haben ihn kurz abgefertigt. Gervinus in seiner „Geschichte der poetischen Nationalliteratur der Deutschen“ (Bd. V, S. 536) speist ihn mit der Phrase ab, „daß ihm die Welt und ihr Treiben aus dem Standpuncte eines wohllebenden Leipziger Studenten erschienen sei“; Goedeke in seinem „Grundrisse“ (S. 634) kennt ihn als Lustspieldichter gar nicht und führt nur seine Romane auf; noch bemerkend, daß Jünger mit Schiller, mit dem er im gleichen Jahre geboren ist, in Gohlis lebte; Laube in seiner „Geschichte der deutschen Literatur“ (III, S. 224) meint: „Jünger und Bretzner hatten von Kotzebue die Oekonomie der Stücke für eine rasche Unterhaltung genügend vorgearbeitet“; Menzel in seiner „Literatur der Deutschen“ bemerkt, „daß, wie Schröder, so auch Jünger gute Lustspiele geschrieben, wobei er vom vornehmen Leben mehr zum bürgerlichen überging“: Heinrich Kurz in seiner „Geschichte der deutschen Literatur“ (III, S. 381 u. 507) schreibt, „daß Jünger manche gute eigene Schöpfung geliefert habe. Er hat vorzüglich die Gattung von Lustspielen bearbeitet, die sich zum Zwecke setzte, die neuen Ideen über Leben und Erziehung u. s. w. durch dramatische Veranschaulichung zu verbreiten, doch hat er auch manche geschrieben, die diese Tendenz nicht haben und in denen sich sein Humor und Witz in aller Freiheit und Frische entfaltet; auch seine Romane, die er jedoch den Lustspielen nachsetzt, findet er nicht ohne Werth, man sieht es der leichten lebendigen Darstellung an, daß der Verfasser den dramatischen Dialog zu behandeln gewohnt ist. Auch fehlt es ihm nicht an Laune und selbst an Humor, doch verleitet ihn gerade dieser zur Weitschweifigkeit.“ Auf diese hingeworfenen Aeußerungen beschränkt sich das innerhalb 6 Jahrzehende über Jünger gefällte Urtheil. Auf die warme Charakteristik Döring’s in Ersch und Gruber’s „Encyklopädie“ (II. Section, 28. Theil, S. 474 u. 475) verweisend, sei hier der jüngsten Erinnerung an den verschollenen Poeten gedacht, welche die von Gustav Kühne redigirte „Europa“ (1859, S. 1333) brachte, als anläßlich eines Gastspieles der Berliner Soubrette Ottilie Génée in Dresden im Jahre 1859 das Jünger’sche Stück „Die Entführung“ neu einstudirt wurde. Daselbst werden Jünger und Bretzner neben einander gestellt und es heißt im Verlaufe dieser Darstellung: „Die Gestalten, die in beiden Stücken erscheinen, haben viel Conformes. Väter, die sich wie Tyrannen in ihrem Hause geberden, für die Töchter Männer auswählen, ohne Rücksicht darauf, ob diese sie lieben oder nicht, die erwachsenen und bereits zu Doctoren und Officieren avancirten Söhne in Gegenwart ihrer Bräute mit Ohrfeigen traktiren, die Diener schimpfen, [305] prügeln und allerlei dergleichen Rohheiten und Gewaltthätigkeiten begehen, die aber doch z. B. wenn sie sich ein Haarbeutelchen angetrunken, ihre schwache Stunde haben, sentimental werden, und sich so zu sagen um die Finger wickeln lassen; ferner gewöhnlich zwei Liebespaare, deren eines aus einem jugendlichen Brausekopfe und einem sanften nachgiebigen Mädchen, das, wie es scheint, nicht bis drei zählen kann, aber ohne viel Skrupel ihren Courmacher auf Strickleitern in’s Schlafzimmer steigen läßt, und deren anderes dagegen aus einem schüchternen, sehr modesten Jünglinge und einem gar muthwilligen Dämchen besteht, die sich auch vor dem bärbeißigen Vater oder Vormund nicht im Geringsten fürchtet, sondern ihm schmeichelnd um den Bart zu gehen weiß; dann auch ein paar stark schon den Vierzigen zuneigende Junggesellen, die mit ihrer Medisance und Blasirtheit sich brüsten, aber zuletzt die frischesten Mädchen zu Frauen bekommen und den alten faden Gecken ausstechen, welcher seinem antiquirten Aeußeren durch Toilettenkünste und Modenarrheiten den Schein der Jugendlichkeit zu geben versucht, der sich wunderwie klug dünkt und dem weiblichen Geschlechte unwiderstehlich zu sein meint, während er allgemein für einen Strohkopf anerkannt wird und die Frauen ihn insgesammt zum Besten haben – das sind so ziemlich vollzählig nebeneinander die Figuren, welche in Jünger’s und Bretzner’s Lustspielen vor uns erscheinen und es ist, wie man aus diesem Verzeichnisse abnehmen kann, fast keine einzige darunter, an der man seine rechte Freude hat. Am liebenswürdigsten mag noch die Soubrette sein, jenes lustige Mädchen, welches durch Klugheit und guten Muth die Verwicklungen zuletzt zu lösen versteht; indessen ihre Naivität ist doch auch nur eine gemachte, und ihr Witz wird oft unziemlich, oder wenigstens sie hört unpassende Scherze aus dem Munde der Herren an, ohne zu erröthen. Mit Einem Worte: Es ist in diesen Lustspielen von ästhetischer Feinheit, von sittlichem Zartgefühl sehr wenig die Rede und der Geist, der darin waltet, ist ohne idealen Anhauch. Nicht vergessen darf aber werden, daß Jünger allenthalben in höherem Grade als Bretzner, das Maß beobachtete und immer der feinere Mann blieb. Seine Sprache, wiewohl ohne Poesie, wird doch niemals eigentlich roh und gemein; und im Ganzen genommen, ist anzuerkennen, daß das feinere Wesen seiner Lustspiele mit dazu beigetragen hat. unsere Bühnen-Literatur aus den steifen Formen und Fesseln der Zopfzeit zu erlösen. Während die Geister ersten Ranges sich gegen die Comödie spröde verhielten und sie nicht cultivirten, mußte man froh sein, daß wenigstens Dichter zweiten und dritten Ranges, wie Kotzebue, Iffland, Jünger u. A. auf diesem Gebiete sich fruchtbar erwiesen. Von Jünger’s Stücken der besseren Art sind außer der Entführung noch zu nennen: Das Ehepaar aus der Provinz, Die unvermuthete Wendung, Der Ton unserer Zeiten, Er mengt sich in Alles. Er hat mit diesen Lustspielen auf spätere Autoren, wie Töpfer, Blum, Albini, Angely u. A. zum Theile sehr wahrnehmbar eingewirkt.“