BLKÖ:Huebmer, Georg
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 9 (1863), ab Seite: 387. (Quelle) | |||
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[388] bei jeder Gelegenheit, die sich darbot, aus. Im Jahre 1779 begann das Oberverwesamt Reichenau (bei Gloggnitz) Unterhandlungen mit dem Grafen Hoyos, als Eigenthümer der unter dem Namen des Naßthales bekannten unermeßlichen Urwälder, wegen Abstockung dieser Forste. Es handelte sich nun um die Herstellung einer Schwemme, auf der das gefällte Holz bis nach Hirschwang gelangte, von wo es dann auf das Land gebracht wurde und für das dortige k. k. Eisenwerk zur Verkohlung bestimmt war. Indem nun nach einem geeigneten und erfahrenen Holzmeister gesucht wurde, bezeichnete das k. k. Oberwaldmeisteramt zu Eisenerz die Gebrüder Huebmer. Nachdem die Brüder die Oertlichkeit in Augenschein genommen, erklärten sie die Schwemme für ausführbar und erboten sich zum Ausbau und zur Leitung derselben. Da das Reichenauer Oberverwesamt an der Möglichkeit der Schwemmanlage zweifelte, so schloß es mit den Brüdern H. den Vertrag nur unter der Bedingung, daß sie keine Geldvorschüsse anzusprechen haben sollten, bis das ganze im Naßthal geschlagene Kohlholz – nahezu 3–4000 Kubikklafter – an Ort und Stelle in Hirschwang eingebracht war. Die Brüder gingen auf die gestellte Bedingung ein und begannen im Frühlinge 1782 die Arbeiten; mit dem Frühlinge 1783 konnte die Schwemme beginnen und das geschlagene Holz war in Hirschwang zur Verkohlung gestellt. Huebmer’s Ruf war sofort begründet und nun hatte er sich eine ehrenvolle Stellung und eine dauernde Existenz errungen. Bis zum Jahre 1799 führte Georg mit seinem Bruder Johann gemeinschaftlich das Geschäft; im letztgenannten Jahre zerriß der Tod dieses Bündniß. Johann starb, aber Georg erklärte, sofort die Kinder des verstorbenen Bruders als Teilnehmer am Geschäfte belassen zu wollen, betrieb auch die zweite Heirath der Witwe, damit diese den Kindern einen Vormund und zugleich einen Vertreter bei dem Geschäfte geben konnte. An diesem zweiten Manne seiner Schwägerin, an Johann Pilz, auch einem aus Gosau gebürtigen Holzgedinger, fand H. einen erwünschten Gesellschafter, der ihn im Geschäfte wesentlich förderte. Indessen wurde seine Stellung im Dienste der k. k. Hauptgewerkschaft eine immer schwierigere. Seine Sache verstehend und stets siegreich verfechtend, trat er den Schreibern im Amte vielleicht etwas zu barsch entgegen – Huebmer war ein Sohn des Waldes; kurz es gab bald Spannungen und Conflicte mit den Directoren, die ihm die Lösung seines immer lästiger werdenden Verhältnisses höchst erwünscht machten. Huebmer hatte schon längst, da er ja in dem unermeßlichen Waldgebiete der gräflich Hoyos’schen Herrschaften arbeitete, die Aufmerksamkeit des Grafen Johann Philipp Hoyos auf sich gezogen. Diesem legte H. nunmehr Pläne vor, wie er die ungeheuern, bisher unbenützten und auch kaum zu benützenden Urwaldforste seiner Besitzungen besser nutzbar machen könne. Die Unterredung H.’s mit dem Grafen hatte zu Weihnacht 1802 Statt und war von dem besten Erfolge begleitet, als der am 31. März 1803 erfolgte Tod des Grafen Hoyos unseren Huebmer vernichtend traf. Glücklicher Weise aber kannte des Grafen Sohn, Johann Ernst [s. d. S. 346 d. Bds.], den Bauer Huebmer so gut wie der Vater und ging auf die Pläne, die ihm Georg vorlegte, ohne Bedenken ein. Am 15. August 1805 schloß Graf Hoyos mit Huebmer einen umfassenden [389] Holzlieferungsvertrag ab, kraft welchem Huebmer in der Eigenschaft eines gräflich Hoyos’schen Schwemmmeisters installirt wurde. Laut dieses Vertrages übernahm Huebmer die Verpflichtung, alljährlich 14.000 Klafter Scheiter nach Wien zu stellen. Sofort trat Huebmer aus dem Dienste der Hauptgewerkschaft; der Unverstand freute sich, den Mann los geworden zu sein, in welchem das Amt eine Capacität ohne Gleichen besaß. Aber was soll das arabische Pferd im Eselstalle? Mit dem Jahre 1805 beginnt nun jene gewaltige Thätigkeit Huebmer’s, die ihm ein bleibendes Andenken seines Namens sichert. Hier übrigens kann nur des wichtigsten, was H. schuf, und selbst dessen nur in aller Kürze gedacht werden, und zwar vor Allem des sogenannten Huebmer’schen Durchschlags am Gschaid. Zum Verständniß in Kürze das Folgende: Hat man von Reichenau aus das Höllenthal, die Naß und die wilde Prein durchwandert, so gelangt man in das Thal des Waldbauers. Im Westen dieses Hochthales ragen nach rechts und links zwei mächtige Kalkalpen in die Lüfte, der eine der Lahnberg – 4734 Fuß hoch – der andere der Gippel – 5274 Fuß hoch – genannt. Dießseits dieses Geschaides – Wasserscheide – wurde das Holz von jeher gefällt, da der Preinbach die Gelegenheit zum Flößen bot; jenseits aber liegt der Urwald, welcher wegen der Steilheit der Einsattelung fast ganz unbenutzbar blieb. Befindet man sich auf dem Wege vom Waldbauer aufwärts noch ungefähr 200 Fuß unter dem Gschaide, so erblickt man im Näherkommen eine anscheinend unbedeutende künstliche Oeffnung in dem Berge. Diese ist gebaut und gestützt wie ein Stollen und aus ihr dringt eine Wasserriese, welche sich rasch in die Tiefe des dießseitigen Thales hinabsenkt. Neben der Riese zieht sich der Fußpfad in das Dunkel des Ganges, dessen fernes Ende wie ein kleiner Lichtpunct erscheint. Das ist Huebmer’s Durchschlag, ein Felsenstollen von 227 Klaftern Länge, durch welchen er die jenseitigen Gewässer mit den dießseitigen vereinigte und somit seine Wasserriese genügend füllte, um das im Urwalde geschlagene Holz in jene Bäche zu leiten, mittelst welchen es dann, 20 Stunden weit und 3000 Fuß tiefer, nach Wiener Neustadt geschwemmt werden kann, von wo es in Schiffe geladen und auf dem Neustädter Canale nach Wien geschafft wird. Vom Jahre 1811 bis zum Jahre 1827 bestand er den Kampf mit der Natur, den Elementen und den Verhältnissen. Im Jahre 1813 hatten ungeheure Wassergüsse die ganze Schwemme, die er an der Schwarza errichten half, zu Grunde gerichtet und H. an den Bettelstab gebracht. Die Holzknechte mit ihren Weibern und Kindern, die in seinem Dienste standen, waren daran, brotlos zu werden. Aber er, den sie ihren Vater nannten, verließ sie nicht. „Ihr bleibt Alle in meinem Dienste und euer Stück Brot soll nicht verkürzt werden, welche Entbehrungen ich mir auch selbst auferlegen muß“. So aber, wie er gegen die Arbeiter es hielt, ebenso hielt es der Graf Hoyos gegen ihn. In den Stunden der Noth war der Graf für ihn der Helfer; mit adeligem Rittersinne, Hochherzigkeit und ungemessener Freigebigkeit stellte er dem in seinen Mitteln plötzlich so beschränkten Huebmer alle Summen zur Verfügung, welche es ermöglichten, die Schwemmanstalt so schnell als möglich wieder herzustellen. Später wieder, in den Jahren 1815–1817 hinderte ihn die eingetretene Theuerung [390] an der Ausführung seines Durchschlages zu arbeiten, ihn zwingend, mehr auf den Erwerb sein Augenmerk zu richten. Endlich, im August 1822, als die Knappen bereits 480 Fuß vorgedrungen waren, fielen plötzlich so viel böse Wetter – Stickluft – ein, daß an eine Fortsetzung der Arbeit im ersten Augenblick nicht zu denken war. Da gerieth Huebmer auf den einfachen Gedanken, das durch die Felsen mitten in den Stollen herabsickernde Wasser zur Ventilation zu benützen. Er fing es in einer Rinne auf und leitete es bis zum Eingange des Baues, wo er es, da es schon ein Bächlein bildete, auf ein breitschaufliges Mühlrad fallen ließ, mit welchem er einen Blasebalg in Bewegung setzte, der nun durch gelegte Brunnenröhren die frische Luft zutrieb und die schlechte zugleich ausblies. So konnte schon in einigen Tagen wieder gearbeitet werden und zwar so gut und sicher, als hätte man die kostbarsten und zusammengesetztesten Gebläse angewendet. Endlich, im Jahre 1827, nach 16 langen Jahren seit dem ersten Beginnen, war der Durchschlag vollendet und der 8. März war der Tag, an welchem sich die von beiden Seiten eingedrungenen Arbeiter mitten im Gange die Hände reichen konnten. So hatte der Mann, der nicht schreiben konnte, der einfache Holzknecht, der das Wort Mathematik vielleicht niemals nennen gehört, einzig und allein durch das genaue Studium der Oertlichkeit und das ihm angeborene Genie sich in seinen Berechnungen nicht im Mindesten geirrt, so daß die Arbeiter sowohl in wagrechter als seitlicher Richtung auf das Genaueste zusammentrafen. 400 Centner Pulver hatte H. zu Sprengungen verbraucht und sechs Knappen mit sechs Taglöhnern hatten seit Jahren ununterbrochen gearbeitet. Als H. sein Werk glücklich ausgeführt sah, sank er gerührt auf die Knie und dankte Gott, daß er ihm, dem unwissenden, einst armen Holzknechte, erlaubte, ein Werk auszuführen, worüber die Gelehrten den Kopf ungläubig geschüttelt. Als der Durchschlag fertig und die eine der Quellen der stillen Mürz in jene Wasserriese geleitet war, welche Huebmer durch den Stollen führte, konnte die obere Hälfte der Bergwände bequem abgestockt und die gewonnenen Scheiter in die Riese gebracht werden. Schon im ersten Jahre kamen hierdurch 9000 Klafter Holz nach Wien. Aber noch immer hatte es große Noth mit dem Fortschaffen des Holzes aus den unteren Theilen der Berge, da diese sehr steil aufsteigen und das Aufwärtsschleifen des Holzes durchaus nicht erlaubten. Auch dafür wußte H. Rath und baute einen Canal 300 Fuß unter der Höhe des Durchschlags. In dieses an dem jähen Abhange des Gipfels gelegene, in die Felsen gesprengte Bett leitete er sodann die beiden anderen Ursprünge der stillen Mürz, erbaute Schiffe, welche 8–12 Klafter Scheit fassen können und ließ diese Fahrzeuge, welche sogleich im Urwalde beladen werden konnten, von Pferden bis in die Nähe des Durchschlags ziehen. Dort hatte er nun von diesem untern größern Canale bis hinauf zur Durchschlagswasserriese, welche 2 Stunden lang ist und von 20 Quellen bewässert wird, zwei Holzaufzüge errichten lassen, mittelst welcher die auf dem Canale gebrachten Scheiter auf Wagen, von denen der eine beladen bergan, der andere zugleich leer bergab geht, zur Wasserriese hinauf und in den Durchschlag gebracht werden, um nun zugleich mit den Gewässern, die seit der Entstehung dieser Gebirge immer nach [391] Westen floßen, an der östlichen Seite der Höhe in die Thäler hinabzueilen. Es wäre noch Manches von den genialen Anläufen und Ausführungen dieses schlichten Bauers zu berichten, aber schon das Streben, möglichst klar zu werden, ließ uns die uns gezogenen Grenzen etwas überschreiten. So hat H. eine unwirthbare und von Bären, Wölfen, Luchsen und anderem reißenden Gethier bewohnte Wildniß urbar gemacht, in eine nutzbare wohnliche Gegend umgestaltet. Noch mehr, den in seinen Diensten stehenden Holzbauern widmete er auch seine Aufmerksamkeit. Wie er, hingen auch die meisten von ihnen der protestantischen Kirche an. Das nächste Pastorat Mitterbach bei Mariazell in Steiermark ist 11 Stunden von den Schwemmwerken entfernt und der Pastor nur im Stande, ein paar Mal im Jahre nach dem Naßwalde zu kommen. Da baute H., als er vermögend geworden war, mitten im Naßwalde – 2408 Fuß über dem Meere – ein Bet- und Schulhaus und besoldete den Pfarrer aus eigenen Mitteln. Am Durchschlage stiftete er eine zweite Schule, wo er gleichfalls einen Lehrer aus eigenen Mitteln bestellte und dadurch ermöglichte, daß die Kinder der Holzknechte den nöthigen Unterricht erhielten, dessen theilhaftig zu werden Bauer Huebmer nicht so glücklich gewesen. Huebmer, ein Mann aus dem Volke und ein Wohlthäter desselben – man nannte ihn allgemein nur den Vater der Gegend, in der er schuf – starb allgemein tief betrauert im Alter von 78 Jahren. Ein Stein auf seinem Grabe gibt Nachricht den spätesten Enkeln von seinem rastlosen, opfervollen und segensreichen Wirken.
Huebmer, Georg (Schwemmmeister, geb. in der Gosau 11. April 1755, gest. 20. März 1833). Sohn protestantischer Bauersleute in der Gosau, einem zwischen Oberösterreich und Salzburg in friedlicher Abgeschiedenheit gelegenen Thale. Als Georg, 17 Jahre alt, und sein 19jähriger Bruder Johann eine Verwendung als Holzknechte in den Salinenwäldern vergeblich suchten, entschlossen sich beide Brüder zur Auswanderung. Mit dem Segen ihrer Eltern traten die Brüder im Mai 1772 ihre Wanderung an und gingen nach Linz. Dort erfuhren sie, daß Herr von Führnberg auf seinen Herrschaften im Viertel Ober-Manhartsberg große Holzabstockungen vornehmen lasse; sie wanderten nunmehr hin und fanden auch sogleich Aufnahme als Holzknechte. Dort blieben sie bis 1774, traten dann in Dienste eines andern Gutsherrn und 1776 in jene der Hauptgewerkschafts-Direction in Eisenerz. Dort bewährten sie bei Abstockung der Urwaldungen der Herrnalpe, welche ungeheuer holzreich, wobei aber auch die Schwierigkeiten, das geschlagene Holz herauszuschaffen, fast unbesiegbar waren, ihre ganze Tüchtigkeit, und man zeichnete die beiden Holzknechte- Donau-Zeitung (Wiener polit. Blatt, Fol.) Jahrg. 1860, Nr. 62, 65, 70–72: „Georg Huebmer und seine Schöpfungen in den Urwäldern Niederösterreichs“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber), Bd. VIII (1847), S. 88: „Die Holzknechte in Niederösterreich. II. Ein Mann aus dem Volke“ [mit H.’s Porträt, Ansicht des H.’schen Durchschlages bei Geschaid und seines großen Holzaufzuges]. – Raffelsberger, Geographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. IV, S. 1077, im Artikel Naßthal. – Oesterreichs Walhalla (von Triml) (Wien 1849, A. Pichler’s Witwe, 12°.) S. 21 und 60. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut. gr. 8°.) III. Suppl. Band, S. 1505. – Gallerie denkwürdiger Persönlichkeiten der Gegenwart. Nach Originalzeichnungen, Gemälden, Statuen und Medaillen (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) Bd. I, S. 46 [auf Tafel XLVI H.’s Porträt]. – Porträt. Ein im Holzschnitt ausgeführtes, in der oben bezeichneten „Illustrirten Zeitung“ – auch soll eine Radirung von Stöber vorhanden sein. – Grabdenkmal. Seinen Grabhügel auf dem stillen schönen Friedhofe mitten im Naßwalde deckt ein Stein mit folgender Inschrift: Ruhe sanft von Deines Tagwerks Last und Hitze! | Ob auch Deine Hülle modert, | Bleibt doch Dein Name unvergeßlich und theuer Allen, | Denen Du Vater, Freund, Tröster und Rathgeber warst, | Unauslöschlich in diesem Thale, | Eingegraben in des Berges Tiefen, | Geschrieben in den Wäldern rings umher | Und segnend dankend ruft einst noch der Enkel Stimme: | Hier ruht Georg Huebmer. | Geboren den 11. April 1755, | Gestorben den 20. März 1833.